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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 24
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Zimmern, Helen: Neapel, [2]
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Das Kaiserwilhelm-Denkmal in Breslau
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37F

--^z Die Kunst-Halle.

Nr. 2^

behangenen fallen des Schlosses von Helsingör
herumirrt. Dieses ziellose Wandern ist vortrefflich
zur Anschauung gebracht nnd tritt ans mancherlei
Bestandtheilen des Details hervor. Ein solch charakte-
ristischer Zug ist der Umstand, daß Gphelia's langer
Schleier in Fetzen gerissen ist und, ohne daß sie es
merkt, von einen: Pfeiler festgehalten wird. Ara-
besken und Grnamentfiguren verbinden alle Theile
dieser Deckenmalerei zu einem Ganzen, das in Form
und Farben das Auge überall wohlthuend berührt.
Eine Besprechung der Staffelei-Gemälde dieses jungen,
poesiebegabten Künstlers, der sich die Malweise seines
Meisters Morelli so trefflich zu eigeu gemacht hat,
ist mir innerhalb der von der „Kunst - Halle" vorge-
schriebenen, knappen Grenzen leider nicht möglich.
Zn seinem Atelier zeigte er mir auch die Skizze des
kürzlich von ihm für das neue Theater in Tapua ge-
malten Vorhanges. Die Komposition ist ebenso
hübsch wie originell. Inmitten einer heiteren süd-
lichen Landschaft steht ein mit einer groben Gardine
behangener Wagen, und die vor denselben gespannt
gewesenen Ochsen ruhen gemüthlich im Grase,
während auf dem als Bühne dienenden Gefährt,
dem antiken Thespiskarren, drei maskirte Schauspieler
ihre Kunst zur Erbauung der umstehenden Zuschauer
ausüben. Antike Arabesken, mit Emblemen der
Schauspielkunst untermischt, schließe:: das Ganze rings-
herum ein.
Ä.
Das Raster Wilhelm-Denkmal
m Breslau.
^^i^orüber ist der Jubel und Trubel der Kaiser-
und Zarentage; schon hat das traurige Ge-
schäft des Abrüstens der vergänglichen Fest-
bauten und Straßen - Dekorationen begonnen, aber
schiebend und drängend umgiebt noch jetzt eine sich
immer erneuernde Menge das Kaiser Wilhelm-
Denkmal, wie in jenem Augenblicke, da bald nach
der feierlichen Enthüllung desselben in Gegenwart
des deutschen Kaiserpaares der Platz den heran-
fluthenden schaulustigen Schaaren freigegeben wurde.
Unverhüllt ragt es nun in die Luft, das Denkmal,
welches „dem großen Kaiser das dankbare
Schlesien" in seiner Hauptstadt gesetzt hat, eher als
viele anderen Provinzen des Reiches, eher als dieses
selbst.
Sechs Jahre und wenige Monate sind seit der
Konkurrenz vergangen, in der unter beinahe einem
halben Hundert von Entwürfen der des Bildhauers
Thristian Behrens und des Architekten Hugo
Licht mit dem ersten Preise ausgezeichnet und zur
Ausführung bestimmt wurde. Die Forderung war

damals ein Reiterstandbild für einen gegebenen Platz.
Natürlich ein Reiterstandbild, denn ein größeres öffent-
liches Denkmal, welches den Herrscher sitzend oder zu
Fuß zeigt, erscheint in unseren Tagen unbegreiflicher-
weise nicht denkbar. Der Platz aber hätte nicht besser
gewählt werden können. Ai: der verkehrsreichsten
Ader der Stadt, der vom Ringe ausgehenden in die
vornehme Kaiser Wilhelm - Straße einmündenden
Schweidnitzer Straße, in der Nähe des Königlichen
Schlosses, sollte es sich erheben. So liegt es in der
Nähe des Verkehrsstromes und doch dem geschäftigen
Alltagstreiben etwas entrückt, nicht auf ödem Platze,
sondern von Häusern seitlich umgeben und doch nicht
von ihnen erdrückt; den Hintergrund aber bildet der
Himmel und die Bäume der schönen gärtnerischen
Anlagen, welche dei: alter: Stadtgrabei: begleiten,
an dessen Wasserlauf es mit der Rückseite grenzt.
Das Hineinkomponiren in die geschilderte Umgebung,
gerade diesen Theil der schwierigen Aufgabe, hatte
der preisgekrönte Entwurf am glücklichsten voi: allen
gelöst. Im Einzelnen freilich, besonders in betreff
des Kostüms des Kaisers, bedurfte es während der
Ausführung noch mancher Abänderungen; doch wollen
wir uns hier nicht weiter mit der Entstehungsgeschichte
befassen, sondern das Denkmal betrachte::, wie es sich
jetzt dem Beschauer darbietet.
Auf einem ziemlich hohen Stufenbau erhebt sich
vorn :n sein abgewogenen Maßen und Formen der
oblonge Sockel, welcher die Hauptfigur trägt. Der
Kaiser, in großer Generalsuniform, von weiten: falten-
reichen Mantel umwallt, den Helm mit dem wehen-
den Federbusch auf den: Haupte, blickt etwas seitwärts
nach unten; die Linke hat er leicht in die Hüfte ge-
stemmt, mit der Rechten hält er die Zügel des Rosses,
das den Kopf ein wenig gesenkt ruhig dasteht und
nur mit dem rechten Vorderfuß ausgreift. Vorn zu
beiden Seiten und unterhalb dieses piedestals und mit
ihn: verbunden tragen zwei pfeilerartige Sockel zwei
sitzende weibliche Gestalten. Durch ihre Attribute,
Melzweig, Schriftrolle, Buch und eine Pallasbüste
einerseits, Waffenschmuck, Harnisch, Helm, Schwert
und Schild andererseits, hat der Künstler sie als Ver-
körperungen der erhaltenden Staats- und der zer-
störenden Kriegskunst gekennzeichnet. Zwischen beiden
zeigt eine langgestaltete Nelieftafel die Germania, um
deren Thron sich der Kronprinz Friedrich Wilhelm,
Bismarck, Moltke und die anderen Helfer an den:
großen Werke Kaiser Wilhelms schaaren. Hinter
dem Hauptsockel liegt eine weite Plattform, die nach
den: Wasser zu durch eine Pergola abgeschlossen wird,
welche zwei mächtige Obelisken flankiren; Waffen-
trophäen und Adler, die auf ihren abgestumpften,
kapitellgekrönten Spitzen sitzen, schmücken diese. Reiter-
figur und Relief bestehen aus Bronze; erstere bei
Miller in München gegossen, ist etwas goldtoniger
als jenes aus der Gießerei von Gladenbeck in Berlin*
Die beiden gewaltigen Weiber und die Adler sind aus
 
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