Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

DOI Heft:
Nr. 21
DOI Artikel:
Berliner Chronik
DOI Artikel:
Allgemeine Kunstchronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0379

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 2 s

Die Kunst-Palle.

ZZs

der Westhalle ist zunächst die gesammte Baukunst-Abthcilung
untergebracht, die gerade diesmal durch Modelle und far-
bige Skizzen ein volksthümliches Gepräge zeigt. Außerdem
hat dort eine große Zahl von Gemälden und Bildwerken
aus verschiedenen Ländern ihren Platz erhalten. Mir heben,
um nur Einiges zu erwähnen, das goldleuchtende Decken-
gemälde „Ikarus" vou Karl Narr hervor, ferner die
beiden Historienbilder von Louis Kolitz „Die Schlitten-
fahrt des großen Kurfürsten über das Kurische Paff" und
„Friedrich der Große am Tage vor Leuthen", sodann den
dekorativen Brautzug von Ernst pildebrandt, den der
Künstler für das Passage-Panoptikum gemalt hat, und das
große, patriotische Bild „Fürst Bismarck und die deutschen
Lisenhüttenleute". In einer besonderen Koje fesseln die
eigenartigen gothisch-stilisirten Wandmalereien von Max
von Mann-München, die ganz im mittelalterlichen Lha-
rakter Motive aus altdeutschen Sagen und Dichtungen be-
handeln." Endlich befindet sich in diesem westlichen Annex
die von uns kürzlich reproduzirte große Radirung der „Ruhe
auf der Flucht" (nach van Dyck) von Prof. Stang-Amster-
dam und ein feines Aquarell unseres geschätzten Mitarbeiters
L. von Iordan-Weimar, „Bei Bad Elster". — Ls steht
nunmehr fest, daß auch im nächsten Jahre eine inter-
nationale Ausstellung (1.897) und zwar abermals ge-
meinsam von der Akademie und dein Künstlerverein veran-
staltet werden wird.
* Berliner Gewerbe-Ausstellung. In Gruppe
VIII (Graphische und dekorative Künste und Buchgewerbe)
erregt eine pandweberei der Damen A. und B. Fährmann
allgemeine Aufmerksamkeit. Das Stück (Nr. (765) stellt
Kaiser Wilhelm II. als lebensgroßes Kniebildniß dar nnd
dürfte p/2 m hoch und ( m breit sein. Allein zur Fertig-
stellung des Kopfes war der Zeitraum eines Jahres nöthig
und für die mannigfache Schattirung der Töne an zwei-
tausend verschiedenartig nuancirte Farbenfädchen erforder-
lich. Im Allgemeinen (so schreibt der Lok.-Anz.) ist die
malerische Wirkung sehr wohl erreicht, so weit das bei einer
so stückweisen, miniaturartigen Arbeit, da der Gesammtein-
druck nicht im Auge behalten werden kann, überhaupt mög-
lich ist. Die Schatten stehen nicht schroff neben den lichten
Stellen und auch der pintergrund mit seinen gelbgranen
Tönen schmiegt sich dein Ganzen harmonisch vermittelnd an.
Einige pärten, so beim Kebergang vom Fleischton zum Stoff
und auch iu der Zeichnung des Gesichts, wirken zwar nicht
gerade angenehm, waren aber wohl kaum bei der Schwierig-
keit des ganzen Verfahrens zu vermeiden; denn selbst in
recht guten Brüsseler Gobelins finden sich ähnliche Mängel,
wobei freilich die Zeichnung fast immer hohen künstlerischen
Anforderungen genügt. Der Gobelin, welcher sich unter
Glas und Rahmen befindet und von einem blausammetnen
Baldachin überdeckt ist, kostet incl. dieser Beigaben die re-
spektable Summe von 20000 Mk.
* Der Geh. Laurath Bluth hat iu seiner Eigenschaft
als Konservator der Denkmäler der Provinz Brandenburg
eine „AnIeitung für die Pflege und Erhaltung der
Denkmäler in der Provinz Brandenburg" ausge-
arbeitet, im Auftrage der Provinzialkommission für die
Denkmalspflege in der Provinz Brandenburg. Das Büch-
lein (klein 8", 57 S.) definirt den Begriff des Denkmals
und giebt Mittheilungen über die Erhaltung der Denk-
mäler, erläutert auch die vorgeschichtlichen Alterthümer, die
Münzenfunde, die kirchlichen Gebäude nebst deren Aus-
stattung, sowie die profanen Denkmäler. Die letzteren
Gegenstände sind so eingehend behandelt, daß sie eine auch
sür den Laien leicht faßliche Geschichte der brandenburgi-
schen Baukunst geben. (Monatsbl. der „Brandenburgia"
Nr. 2, (896.)
* Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelin. Lins
der beiden großen Reliefs, Darstellungen des „Krieges"
und des „Friedens" hat Prof. Reinh. Begas unlängst
vollendet. Dieses Relief wird zur Zeit bereits für den
Bronzeguß vorbereitet. Die Darstellung des „Krieges" wirkt
ergreifend: „Auf wilden: Roß stürmt die Kriegsfurie ein-
her, die Fackel in der pand; neben ihr jagen zwei unheim-
liche, megärenartige Gestalten, die eine schwingt das Schwert,
und Alles sinkt zermalmt zu Boden; das wogende Korn-
feld wird niedergeritten, und als Mxfer des Krieges liegen

die nackten, jugendschönen Körper hingestreckt auf der Lrde.
Auf der linken Seite kanern Armuth und Noth, zwei ganz
realistisch aufgefaßte alte Weiber; zu ihren Füßen sicht
mai: zwei verhungerte Knaben mit abgemagerten Gliedern."
* Lrdmann Lucke. Von dem verstorbenen Meister
enthält die diesjährige Ausstellung eine Bronzegruppe „Die
Freunde". Dargestellt ist ein junger Ldelknabe neben einem
ponny in Lebensgröße. Thier und Knabe zeugen von
meisterhaft feiner Durchbildung der Formen. Durch Lncke's
Tod ist einer feiner letzten Aufträge erledigt morden. Der
Kaiser hatte ihn zur Ausschmückung der Sieges-Allee heran-
gezogen und ihm die jugendlich aufzufassende Figur Friedrichs
des Großen und die permen mit den Köpfen des Feld-
marschalls von Schwerin und des Komponisten I. S. Bach
aufgetragen.
Adolf Brütt. Lin dunkelfarbiger Bronzeguß
der „Schwerttänzerin" des Künstlers schmückt die Vorhalle
des Gcwerbe-Ausstellungs-Pauptgebäudes und ist für die
Lotterie als Gewinn angekauft.

Allgemeine Runstchronik.
* Dresden. In: „Sächsischen Kunstvcrein" zeigt
auch während der heißen Jahreszeit die Ausstellung manchen
wechsel in den Kunstwerken, der das Interesse an diesen
nicht erlahmen läßt. Kürzlich erfreute man sich an neuen
frischen Arbeiten von (Heinrich partung, F. Skarbina, F.
M. Bredt, willroider, Reiniger u. a. Zur Zeit stehen die
Konkurrenzskizzen zu einem für den Marktplatz in Marien-
berg bestimmten Monument perzog Peinrichs des Frommen
im Mittelpunkt der Ausstellung.
* Erfurt. Die Stadtverordneten - Versammlung be-
schloß, dein Schöpfer der Wandgemälde im Treppenhause
des Rathhauses, Prof. Kämpffer-München, in Aner-
kennung der künstlerischen Ausführung derselben und in
pinsicht auf das nicht sehr hohe ponorar, das der Künstler
beansprucht hat, aus dem Festsaalfonds eure Ehrengabe von
2000 Mark zuzusxrechen und beim Kultusminister zu bean-
tragen, dein Künstler aus Staatsmitteln eine Prämie in
gleicher pöhe zn gewähren.
* In Großenhain (Sachsen) wurde kürzlich das auf
dem Platze vor dem potel de Saxe errichtete Bismarck-
Denkmal enthüllt. Es besteht aus einer vom Bildhauer
Bruno Kruse-Berlin modellirten und von Bierling-Dres-
den in Erz gegossenen Büste in doppelter Lebensgröße und
einem vom Baumeister Ernst Fleischer-Dresden entworfenen
2P2 Meter hohen Sandsteinsockel, der sich auf einem gra-
nitenen Fundament erhebt.
s Braunschweig. Eine Atelierausstellung bei Prof.
Karl Echtermeier, dein geschätzten Bildhauer, machte
die Besucher, der „D. wacht" zu Folge, mit drei neuen
sepulkralen Schöpfungen bekannt. Das bedeutendste darunter
ist ein für den Dörener Friedhof in pannover bestimmtes
Grabdenkmal. Ls besteht aus einen: großen Sarkophage
im romanischen Style, über dei: sich eine mit einem langen
faltigen Gewände bekleidete Frauengestalt in sitzender Stellung
niederbeugt. Die Linke ist auf den Sarkophag gestützt,
während die Rechte einen Kranz von Rosen hält. In voll-
endeter weise ist es dem Künstler gelungen, in diesen:
Frauenbilde mit dem von Gran: und Schmerz durchfurchten
Antlitz die Trauer zu verkörpern. Dieses herrliche, plastische
Werk wird in karrarischen: Marmor ausgeführt. Ls ist
bereits das achte Grabdenkmal, das von den: Künstler in:
Auftrage für den Dörener Friedhof in pannover ausgesührt
worden ist. von gleich formvollendeter Ausführung ist das
Modell zu einem für den dortigen Lentralfriedhof bestimmten
Grabdenkmal, einen Lngel darstellend, der mit verklärten:
Antlitz zu dein Kreuze als den: Zeichen emporblickt, in den:
der Tod überwunden ist. Außer diesen großen plastischen
Werkei:, die sich den besten Lchtermeier's anschließen, fand
sich ein Reliefbildniß Johann peinrich Lampe's ansgestellt,
das der Künstler im Auftrage der Frau Vieweg, geborene
Brockhaus, ausgeführt hat. Abgüsse dieses schönen Reliefs
hat Frau Vieweg zur Lriunerung an den hundertfünfzigsten
Geburtstag Lampe's der voi: ihn: gegründeten Bram:-
 
Annotationen