Die Kunst-Halle — 1.1895/1896
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DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:Berliner Kunstchronik
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D i e K u n st -Kalle.
Nr. 5
Jubiläumsausstellung im Jahre t896, ist vom Magistrat,
im Wesentlichen aus den S. so dieser Zeitschrift erwähnten
Gründen, abgelehnt worden. bl. vr.
* Die „naturalistische" Ente. Aus dem zum ost-
germanischen Typus gehörigen Gräberseld bei Rampitz
a. d. Md er ist unter verschiedenen interessanten Grab-
beigaben auch eine geschickt aus Thon gesonnte Ente (etwa
ein Drittel der natürlichen Größe) in tadelloser Erhaltung
ausgegraben und dein Märkisch c n Al useu m vor einigen
Tagen einverleibt worden. Das zierliche Nachwerk ist
durchaus nach den: lebenden Thier gearbeitet, mit Kitzen
derartig versehen, daß es aus einen Tisch gesetzt und an-
gestoßen ganz natürlich wackelt. Ls ist dies der erste und
einzige derartige Kind ans unserer Provinz. Tonst sind
Thierdarstellungen in den ostgermanischen Gräberseldern mit
Leichenbrand nicht ungewöhnlich, die Thiere sind aber regel-
mäßig symbolisch stylisirt und statt der Kiße mit einer Art
Untersatz versehen. Das seltene Stück gehört der vollen
Bronzezeit und etwa dem 5. Jahrhundert v. Ehr. an, hat
also das achtbare Alter von vielleicht 2^00 bis 2500 Jahren.
Als Verfertiger sind unsere Altvorderen, die Germanen,
anzusprechen, welchem Stamm der Neister jenes Werkes
angehörte, läßt sich zur Zeit leider noch nicht feststellen.
l8. UrioävI.
* Bei Schulte finden sich gegenwärtig interessante
Sonderausstellungen von K M. Bredt, Arthur Kampf,
w. Leistikow und Wilhelm Bolz. Außerdem sind vertreten:
Begas ,jr., L. Knzelberg, K. Hermann, Bans Latt,
N. Pfretzschner, B. Muitmann, N. Schlafhorst mit plasti-
ftben Arbeiten und Leon Abry, Apol, B. Blichmann,
R. Kiese, kB. Bamacher, G. L. Neyn, K Bochmann,
A. von Kowalski, E. Rosenstand, Alex. Struys, w. Kas-
pari, p. Brockmüller, L. du Bois-Reymond, A. Böcklin,
R. Gudden u. m. A. nnt neuen Gemälden.
Der U ober schuß der diesjährigen Großen Ber-
liner Kun st a nsstell n n g beträgt tzio oon Nark. Das Er-
freulichste daran ist, daß also entsprechend die Summe, die
im nächsten Jahre zum Ankauf von Kunstwerken zur Ver-
fügung steht, verhältnismäßig groß ist.
" Freie Künstler-Vereinigung. In den Vorstand
wurde auf der Bauptversammlnng kürzlich gewählt: A. von
Beyden, Mar Liebermann, L. Dettmann, Willy Döring,
A. Schmidt-Nichelsen, A. Bormann, Ernst Bansmann . . .
Bekanntlich wurde diese Fraktion des „Vereins Berliner
Künstler" vor drei Jahren von M Nitgliedern des Vereins
begründet, in der edlen Absicht: „auf jede Art dahin zu
wirken, daß die Beziehungen der Berliner Künstlerschaft zu
den Künstlerschaften in nnd außerhalb Deutschlands in einer
für das Berliner Kunstleben förderlichen weise gewahrt und
gekräftigt werden, und daß jedes individuelle künstlerische
Schaffen sein Recht finde." Sehr schön! Leider hört man
von dieser freien Vereinigung nur immer einmal im Jahre,
wenn die wichtige Aktion der Vorstandswahl in Frage
kommt. Es geht doch nichts über so eine feierliche Band-
lung!
* Nenzeliana. Zum Nenzelfest, das der „Verein
Berliner Künstler" am 8. Dezember bei Kroll feiern wird,
hat der Kaiser sein Erscheinen angekündigt. Es steht anch
eine besondere Auszeichnung des Neisters bevor, während
des Balles bei Kroll finden verschiedene Aufführungen statt:
ein Festspiel von Iulius Wolff," lebende Bilder nach
Menzel'schcn Werken und, außer kleinen Bunwresken der
jungen Akademiker, noch eine Pantomime von R. Schott. . .
Kürzlich ist eine zierliche Nenzel-Statuette, von T. Pracht
modellirt, in den Bandel gekommen. Reinhold Begas
arbeitet an einer Ncnzel-Nedaille.
* Ueber den inneren Ausbau des Rei ch stags-
gebäudes und seine technische Ausführung sprach kürz-
lich im Architekten-Verein Regierungs-Baumeister P. wittig.
Die Gesammtkosten des inneren Ausbaues belaufen sich auf
6^/2 Millionen Mark, wovon auf den Sitzungssaal allein
P2 Million entfällt. Möbel, Teppiche und Fenstervorhänge
kosten rund 600 000 Mk., die elektrischen Beleuchtungs-
gegenstände HOO 000 Mk. Für Tischlerarbeiten wurden
ftft Million ausgegeben. Alles ist vom Besten und auf's
Beste gemacht. Auch darin hat sich Paul Wallot als
der große Meister bewährt, daß ihm das Kleinste nicht zu
klein war, um sich darum zu kümmern und für den wahren
Ausdruck des Wesens jeder Konstruktion und jedes Ma-
terials zu sorgen. Erläutert war der Vortrag durch zahl-
reiche Photographien, Steinproben und Modelle.
* D e r B a u e in es n eu en R a t h h a u s e s i n L h a r -
lottenburg erscheint nunmehr gesichert. Der Thar-
lottenburger Magistrat hat in seiner letzten Sitzung den
Beschluß gefaßt, das Gebäude in der Berlinerstraße 72
nnd 73 zu errichten.
* Zum Jubiläum der Akademie der Künste
t 8 9 6 wird eine Geschichte der Akademie als Festschrift vor-
bereitet.
D a s M ä rki sche Pr 0 v in zial - Mus e n in wird dem-
nächst in zwanglosen Besten Abbildungen seiner hervor-
ragendsten Kunst- und Alterthumsgegenstände nnt kurzem
erläuternden Tert herausgeben. Die Bestellung und der
Vertrieb des Werkes wird von dein bekanntn Kunstverlag
vr. Mertens öd To. in Lharlottenburg übernommen. Das
erste Best, welches noch vor Weihnachten erscheinen dürfte,
behandelt auf zwölf Tafeln öen großen Silberfund von
Ragon bei Frankfurt a. d. G., welchen das Museum
in diesen: Jahre angekauft hat. Derselbe gehört unter die
sog. Backsilbersunde und etwa in die Zeit von Z030 n. Ehr.,
also in die Periode der Wendenherrschaft. Der Fund (ca.
20 Pfund Silber) enthält nordische und byzantinische
Schmucksachen, viele Münzen, darunter arabische. Die Be-
schreibung der Fundstücke rührt von den: Kustos Rudolf
Bochholz, die der Münzen von dem Nnmismatiker I)r. Bahr-
feldt her, während der Geheime Regierungsrath Ernst
Friedel den geschichtlichen Theil verfaßt hat. wir werden
auf diese umfängliche, mit großer Mpnlenz ausgestattete,
in gr. Folio angelegte Publikation seiner Zeit zurück-
kommen.
* Das Kgl. Institut für Glas in al er ei in Berlin
bat kürzlich die alten Glasgemälde, welche die Lhorfenstcr
der ehemaligen Wallfahrtskirche zu Kentz in Pommern
schmücken, wiederhergestellt. Die Darstellungen aus den vier
in Frage kommenden Fenstern gehören theils der christlichen
Symbolik und der Marienlegende an, theils geben sie von
den fürstlichen und adlichen Stiftern dieser Werke Kunde.
So sieht man auf einen: der Glasgemälde die Gestalt des
perzogs Barnin: VI. von Pommern (y l^Oö), der nnt
einer Schwester des Kurfürsten Friedrichs I. von Branden-
burq vermählt war. Bedeutende Kräfte auf den: Gebiete
der'Beraldik, Genealogie und Alterthumsknnde wurden bei
der Ergänzung der Fenster zn Rathe gezogen. Beu hinzu-
qefüqt wurde nur eine auf die Wiederherstellung durch das
Königliche Institut bezügliche Inschrifttafel mit der Jahres-
zahl t895.