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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 20
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Stahl, Fritz: Die Internationale Kunstausstellung: Deutschland, [1]
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Ueber die Nachbildung des nach einem Gemälde gestellten lebenden Bildes
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3fO

H Die Kunst-Halle. --

Nr. 20

Geder und Bochmann, deren jetzige Werke nur
durch den grauen Grundton „modern" sind, aber
deren frühere mir viel lieber waren, gehören hier zu
den Neuen, Männer, deren sichere Beherrschung der
alten Ausdrucksmittel überall sonst sie zu besonders
beliebten Stützen der herrschenden Gesellschaft machen
würde. Die Düsseldorfer Sezessionisten stellen denn
auch in München im Glaspalast aus, und gehören
selbst hier noch höchstens zur Mittelpartei. Die Be-
rechtigung der Sezession in Düsseldorf liegt freilich
darin, daß sie schlechterdings mit Ausnahme der beiden
Achenbachs, die ja schon mehr historisch sind, fast alle
Talente umfaßt, die diese Kunststadt überhaupt birgt.
Unter den Landschaftern nenne ich zuerst den mir
bisher unbekannten An ton Henke, der mit seiner
„Waldeinsamkeit" gleich in die vorderste Neihe tritt.
Vorn spielt die Sonne über den Boden, den das Laub
des letzten Jahres gelb färbt. Dann aber beginnt
der tiefe Schatten, das geheimnißvolle Dunkel: nur in
der Ferne schimmert zwischen den silbergrauen Stämmen
hier und da tiefblau der Himmel. Mit reifer Kunst
sind die Töne zu einander gestimmt. Die Zartheit
der dabei doch breiten Mache fällt um so mehr auf,
als gerade einige der besten Düsseldorfer, z. B. der
brillante Landschafter Olof Jernberg, auch Tugen
Kampf und bferzog, und ebenso in seiner drastischen
Kneipenszene st In Hals Gerhard Janssen in ihren:
Vortrag mindestens hart bis an die Grenze des Bru-
talen gehen, Hermann's schöntoniger „Herbstnach-
mittag in Amsterdam" und Nocholl's „Nast im
Walde" mit dem kühlen Bächlein im Grunde unter
den Bäumen, durch deren Laub das Sonnenlicht so
lustig flirrt und flimmert, sind in Berlin nicht neu.
Klaus Meyer hat ein Triptychon: „Die Nachbarn":
rechts der flötende Jüngling, links das lauschende
Mägdelein und inmitten die geschäftige Straße. Es
ist durch die Anlage etwas so Schiefes und Ver-
künsteltes in den: Werk, daß man sich nicht einmal
an den: Gelungenen der einzelnen Bilder freuen mag.
Nüttgen's „Madonna" hat trotz der Alterthümele:
Züge von frischer Empfindung. Zn: Bildniß ver-
treten L. Keller, Schneider-Didam und T. Sohn
ein tüchtiges Mittelgut.
Ganz für sich allein steht Alexander Frenz
mit ganz eigenartig phantastischen Schöpfungen, die
zwar noch nicht reif sind, aber durchaus einen echten
Künstler verrathen. Er wählt alte Motive, Allegorieen
und Symbole, und macht die todt geglaubten lebendw,
er wandelt die schemenhaften Gestalten in blutwarme
Wesen. „Der Frühling küßt die Erde." Die Erde
ist ein junges Weib, rosig und blond, der Frühling
ein brauner Züngling. Er naht im brausenden Flug
durch die Luft, heißes Verlangen in: Herzen, einen
Blumenkranz in der Hand, ihr Haupt zu schmücken.
Sie sitzt auf blumiger wiese an: Bach und hebt mit
einen: Lächeln seligen Entzückens den Kopf zurück,
Kranz und Kuß zu empfangen. Oder: „Der Züng-

ling am Scheidewege". Ein hohes Weib in dunklem
Gewand führt ihn. wohin sie weist, wird die Straße
zum engen steinigen Hfad. Wohl mahnt sein ernster
Sinn ihr zu folgen: aber eine andere Erscheinung
lockt sein sehnendes Herz. Auf der gleißenden Marmor-
bank am weg, unter grünen Gewinden, aus denen
rothe Blumen glühen, sitzt ein Weib von lockender
Schönheit: ein rothes Gewand verhüllt kaum den
rosigen Leib, ihre Hand hält die Laute, wer hätte
geglaubt, aus diesen fast abgedroschenen Stoffen noch
Kunstwerke schaffen zu sehen: es grenzt an's wunder-
bare. Aber es sind eben nicht Zllustrationen zu alten
Legenden, sondern es sind tiefe Erlebnisse einer Künstler-
seele, die sich — ich würde sagen: zufällig, wem: es
nicht nothwendig geschähe — mit schon verarbeiteten
Erlebnissen anderer dem Stoffe nach decken und sich
so äußerlich diesen fertigen Bildern anschließen. Zn:
Gehalt sind sie durchaus neu und des Künstlers. Er
wird noch Anderes erlebe:: und mit seiner inneren
Reife wird dann auch die Form das Etwas ge-
winnen, das ihr noch fehlt: das Zwingende in Linie
und Farbe.

Neber die Nachbildung des nach einem
Gemälde gestellten lebenden Bildes.
vorn Amtsgerichtsrath Grünewald in Metz.

(Z(>ie aus dem geistigen Vermögen hervorgegangenen Ge-
danken und Vorstellungen werden durch die Urheber-
gesetze zu Gunsten ihres Schöpfers in der: Formen und
körperlichen Stoffen, wodurch sie in die äußere Erscheinung
treten, gegen Lin- und Uebergriffe unbefugter Dritter ge-
schützt. Auf dem Gebiete der bildenden Künste kommt diese
geistige Thätigkeit, welche vorzugsweise ästhetischen Zwecken
dient, irr den Former: des Bauwerks, der Bildhauerei, Zeich-
nung oder des Gemäldes zum Ausdruck. Auf die Bau-
kunst als solche wurden jedoch die Grundsätze des Urheber-
rechts nicht ausgedehnt, weil bei ihrer: Erzeugnissen der
ästhetische Zweck in der Regel gegenüber dem des ma-
teriellen Gebrauchs zurücktritt.
Bezüglich der übriger: Kunstformen ist die Nachbildung
eines Merkes der zeichnenden oder malender: Kunst durch
die plastische Kunst oder umgekehrt für statthaft erklärt, in-
dem man mit Recht davon ausging, daß das Interesse des
Urhebers eines Griginalwerkes durch eine derartige auf
einen: ganz anderen Kunstgebiete erfolgende Nachahmung
nur unerheblich geschädigt und ein zu weit gehender Schutz
gegen das allgemeine Interesse verstoßen würde. Dagegen
ist die Nachbildung verboten, wenn bei dessen Hervorbringung
ein anderes Verfahren oder ähnliches Darstellungsmittel der
nämlich e «Kunstgattung, wie beimGriginal angewendet wird.
Nach diesen in der deutschen, österreichischen und ungarischen
 
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