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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 13
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Feld, Otto: Die Pariser "kleinen Salons"
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Der erste wirthschaftliche Künstlerverband
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0234

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202

Die Runst-Halle. ?>-<>

Nr. (3

Jahr hindurch dem berühmten Meister als Lehrgeld zahlt,
will man doch wenigstens einmal im Jahre das Vergnügen
haben, in einer eigenen Ausstellung vor Müttern und
Freundinnen zu paradiren, und der schöne Jahresbeitrag,
mit dem man die Mitgliedschaft so eines eleganten Klubs
bezahlt, wie die großen Aufwendungen für das luxuriöse
Atelier wären ja ganz umsonst, könnte inan seine Künstler-
schaft nicht wenigstens in der glanzvoll arrangirten Aus-
stellung des vornehmen Klubhauses dokumentären. Das ist,
wenn auch nicht künstlerisch gedacht, doch so menschlich, so
begreiflich, also verzeihlich! Schlimmer ist es schon, wenn
wir in einer solchen Ausstellung Bildern anerkannter Künst-
ler begegnen, die den Eindruck erwecken, als habe der Naler
sie hierher geschickt, weil sie ihm für die große Ausstellung
nicht gut genug schienen. Und das ist nicht mehr verzeihlich.
Denn wenn diese „kleinen Salons" auch meist nur einem
„geladenen" Publikum geöffnet sind, so giebt es doch auch
unter den „Geladenen" kunstverständige Leute, und ihnen
muß es recht schmerzlich sein, den gefeierten Meister auf
solchen malerischen Sünden öffentlich zu ertappen.
Aber freilich — welche Unzahl von Ausstellungen, die
sämmtlich alljährlich von den namhaften Künstlern Meister-
werke fordern! „wo soll man für alle die Ausstellungen alle
die Bilder hernehmen?" schrieb mir vor einigen Wochen einer
der führenden deutschen Meister! Ja, wahrhaftig, für den
Gewissenhaften ist's schwer. Man schafft doch nicht unauf-
hörlich „unsterbliche" Werke. Aber eigentlich sollte man
dem Publikum nur sein Bestes geben. Indeß — leider
„muß" man in unseren Tagen ausgestellt haben, muß
man auch darunter gewesen sein, mag man wollen
oder nicht. Freilich, viel schöner wäre es, wenn's anders
zu machen ginge. Die Ausstellungen wären dann so
erfreulich klein, und man könnte mit Vergnügen darüber
berichten.
Das kann man jetzt nicht immer behaupten. Von den
beiden Salons der „Vowmss pkintros" nun schon gar nicht.
Welche Gelfarbenverschwendung! I wie viel hübsche Kleidchen
hätte man für all das Geld kaufen können, das hier auf Gold-
rahmen so nutz- und geschmacklos ausgegeben? wer zählt
die Fülle der Blumen-, Früchte- und Austernstillleben, wer
nennt die Namen all der holdselig lächelnden oder trüb-
sinnig klagenden Studienköpfe in Gel, Pastell, Aquarell und
wie die Techniken alle heißen, in denen wider den heiligen
Geist der Kunst gesündigt ist — von der Anzahl Land-
schaften gar nicht zu reden. Schaudervoll, höchst schauder«
voll! Und um so grausamer, als hier eine Fülle von Fleiß,
Geduld und Seßhaftigkeit, eine Fülle von goldgerahmten
Hoffnungen und wünschen in diesen Kunst-Massengräbern
eingebettet ist. Fleißig wahrlich sind diese Mädchen! Nicht
nur die (Quantität des hier Ausgestellten beweist es. wer
je in so ein Damen-Atelier geschaut, je die Klage der armen
Modelle über die Nimmermüdigkeit so einer Malerin gehört,
der weiß wie sie schaffen und sich mühen. Ach, und das
Resultat ist — mit ganz wenigen Ausnahmen — so wenig
erfreulich. Meist wird doch nichts weiter erreicht als eine
gewisse Geschicklichkeit in der Handhabung des Materials
oder die Fähigkeit, die Manier irgend eines Meisters nach-
zuahmen. Soll ich Ihnen ein paar Namen aus diesen
Salons aufzählen. Es lohnt wohl nicht der Mühe?! Es
find doch nur Ausstellungen von — in weibliche Handarbeit
übersetzten Bouguereau's und Lefevre's und wie die großen
und kleinen Meister alle heißen, die ihre Unterricht ertheilende

Hand zu immer weiterer Verbreitung künstlerischer Mittel-
mäßigkeit bieten. —
Aber leider sieht's in den beiden „männlichen" Klub-
Salönchen auch nicht viel besser aus. Da haben wir zu-
nächst die Ausstellung des „Osrole a-rtistäquo st litto-
rairs" in der Rue Volny. Tadellos korrekte Diener mit
tadellos ausgestopften Waden in tadellos weißen Strümpfen
am Eingang und in dem Treppenhaus des pomphaften
Klubgebäudes. Eine Atmosphäre von Vornehmheit über
den dicken Teppichen und um die natürlich „geladenen" Be-
sucher des Salons, überall Vornehmheit und gewählter Ge-
schmack, nur — in der Ausstellung nichts davon. Der
Dilettantismus überwiegt und auch die paar berühmten
Namen können hier so wenig wie in dem nicht weniger
vornehmen Salon des „Oorols ä« VDnion urtästicine"
die Ausstellung retten. Gb sie dort nun Henner, Munkacsy
Lefevre heißen oder hier Benjamin Lonstant, Dagnan-
Bouveret, Detaille u. s. w., sie geben im besten Falle nichts
Neues, Einzelne sogar recht Mittelmäßiges. Lin wenig
höher ist wohl das Gesammtniveau der zweitgenannten
Ausstellung, die wenigstens eine sehr interessante „Maternite"
von Henri Gervex und eine breit und duftig hingesetzte
Studie von Roll „Dans nn jaräiiD als Labsal bietet. —
(Schluß folgt.)
O
Der erste wrrkhschaWche Künstler-
verb and.
Vj m 20. März hatte eine Versammlung der Berliner
Illustratoren eine Kommi sion mit dem Auftrage be-
traut, die Gründung eines „Verbandes deutscher
Illustratoren" vorzubereiten. Derselbe soll „ihre
Standesinteressen in künstlerischer und vermögensrechtlicher
Beziehung" wahren. Herr Rechtsanwalt Dr. Paul
Michaelis setzte in klarer weise die einschlägigen Gesetze
auseinander, Herr Schlattmann schilderte die thatsäch-
lichen Verhältnisse, Herr Redakteur Fritz Stahl gab seiner
Freude Ausdruck, daß endlich auch die Künstler begännen,
ihren wirthschaftlichen Interessen die nothwendige Auf-
merksamkeit zuzuwenden, wie es alle anderen Stände längst
thäten. Sie erfüllten damit nur eine Pflicht gegen sich
selbst und gegen die Kunst, die auch darunter leide, wenn
die Künstler wirthschaftlich schlecht gestellt seien. Er hoffe,
die Maler und Bildhauer würden bald auf diesen: Wege
folgen. —
Es kommt nun vor allen: darauf an, für den Verband
alle Illustratoren Deutschlands zu gewinnen. Nur dann
kann er wirken, nur dann stark genug werden, um nötigen-
falls die Erfüllung seiner gerechten Forderungen zu er-
zwingen. Die Einigkeit ist hier leichter als sonst zu er-
reichen, weil die Zahl der Künstler, die in Betracht kommen,
immerhin beschränkt ist und weil sie nur in wenigen Städten
 
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