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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 1 - Nr. 10 (1. Januar - 14. Januar)
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Erjheint 1&g1io, Sonn⸗ und %eiertagß_ — —
Samftags wit Unterhaltungsbeilage. Breis viertellaͤhrlich
M. 1.20 ohne Trägerlohn u. Boftauffchlag. . Beftelungen
bei den Poſtanſtalten u. bei der Expedition Ploͤckftraßze 103,

— — —4

- Morgen,
Pfälzer Bote.“

— ——

Das Jahr 1889 hat nun ſeinen Lauf vollendet;
Neujahr ift wieder da, ein Meilenſtein am Wege
des Lebens. Da ruft es dem Wanderer Halt! zu;
er ſteht einen Augenblick ftill, er ſchaut rückwaͤrtrs
und ſchaut v vrmwaärts,

Vie verſchieden mögen dabei die Betrachtungen
ausSfallen! Die glüclihe Jugend, welche in ihrer
Hoffnungsſeligkeit glaubt, was ſie begehrt, erwaͤrtet
von dem neuen Jaͤhre zunächſt und mindeftenZ die
Erfüllung derienigen WünfgHe, die das alte Jahr ihrer
Anſicht nach zu erfuͤllen verpflichtet war, aber alg
Schuld hinterlaſſen hat. Aher je mehr Jahre und
Erfahrung man hinter ſich hat, defto weniger giebt
man auf „fromme“ Wünſche und der alte Gries8:
gram, der beinahe verlernt hat zu wünſchen und zu
hoffen, ſchüttelt hedenklich den Kuͤpf und denkt+ Neues
Jahr — ' alte Nöthenz mit den 366 Tagen don
denen jeder ſeine Laſt hat, kehren ‚ebenfovtele Mühen,
Leiden und Täufehungen, vielleicht auch Crfolge wie-
der Aber dürfen wir am Jahreswechſel {o verzagte,
düſtere Gedanken haben? MNein, denn das wäre Un-
recht gegen Gott, der in ſeiner unerforſchlichen Weis-
hett d Güte wie den Wechſel der Jaͤhre, 19 auch
den Wechſel der Schickfale für uns geordnet hat.
Wir dürfen uns darüber nicht beklagen wenn dieſes
irdiſche Leben ſich nicht ſo zu einem Paradieſe ge⸗
ſtaltet, wie wir es zwar wünfchen, aber ninimermehr
verlangen können Erſt wenn wir den irdiſchen
Lebenslauf in dieſem Sammerthal vollendei haben
ſo wie die Erde jetzt ihren Umlanf um die Sonne
vollbracht hat erſt dann wird dem armfeligen Grden-
Lwohner der wahre Neujahrsmorgen himmliſcher
Seligkeit anbrechen wenn er ſein Srdenleben auf
dieſes Ziel gerichtet gehalten hat!

Und ſo müſſen wir denn zunächſt an unſer
eigene8 Gewiſſen die Frage ſtellen und beantwortert.
Von dieſer Autwort Hängt es fuͤr den Einzelnen
ab, ob er das verfloſfene Jahr guͤt obder ſchlecht
nennen kann! Wünſche und Bitten ‚am Neujahrs⸗
tage thun's nicht allein. Fällt bei dem Ruͤkblick auf
das vergangene Jahr die Bilanz ungünſtig aus, dann
Luß man den thatkraͤftigen VBorfag faffen in neuen
„Sahre heſſer zu leben wie im alten, mehr an ſeiner
Werbollfommmeing‘ zu arbeiten. Cin Zeder iſt feines
‚Glücdes oder auch ſeines UnglicS eigener Schmied!
Nicht ein böſes Schickſal, ſondern wir ſelbſt machen
die Jahre ſchlecht; wir ſelbſt müſſen ſie mit Gottes
Hilfe auch gut machen, ſo weit c8 auf Erden mög—
lich iſt Wenn wir ſelbſt beſſer werden, dann wird’s



auch beſſer ſein!
— —

77 Dorenzathe. 7

Roman von Melati van Zava.
Aus ba Hollandiſchen überfeht von © v. Üeemfiede,

Fortſetzung

S0 gab Dies. zu, obfchon ich e8 nicht aus Erfahrung wiſſe;
bannnı fam das Eeſprach auf die Weife, wie hier die meiſten
Ehen zu. Stande Lomnien inı Gegenſatz zu Hollaͤnd. Allmählich
brachte ich ihn ſo dahin, wo id ihn haben wollte, und fragte
dann plötzlich:

„Unbd Sie, meiıf Lieber, Sie haben eine Stellung, die Sie |
in Stand febt, eine Fran zu ernähren; Sie ſind jung und
ftattlich. Warum ſchauen Sie ſich nicht unter den Töchtern des
Landes um 2“

Seine Miene verfinſterte fich, und nach einer kleinen Weile
iprach er zögernd: „Daram darf ich nicht mehr denken Ich bin
verheirathet.“ .

„Herheiratfet1“ rief Madame Ducombel, ‚„Wer. hätte das
gebacht! Mber er Hat keinen Trauring am Finger das weiß
ich gewiß! Ddanach gucke ich immuıter, Und wo iſt feine Frau 2“

„Wir Leben gefhieden, das ij* für uns Beide befjer,“ fegte
er mur hinzu und, weiter Kichis S S

Mich die Bemerkung machte, daß es wohl ein trauriges
2008 jei, noch ſo jung und fchonm auf Seben8zeit mit SJeman-
dem verbunden zu fein, mit dem ma Soch. nicht zujammen
leben fönne, [ab ich, daß e& ihır fehr die Sache
3u veben, und brachte ich daher das Gefpräch auf ein anderes

Thema,“ G
} Der Aernſte! Haft Du es gehört, Iſabella wer hätte
9a3 _gebadt? Berheirathet und gejhieden! Nun, iqy-will da-
za Meiten, daß die Schuld ganz an ihr liegt und niayt an
— 4—— — —

„Darf ich um Shre Discretion erfuchen, meine Damen $
®r hat mir ziwar Feine Verfchwiegenheit geboten, aber ich halte
25 Doch fir neine Pflicht, c3 Niemanden zu fagen, al8 allein
Solchen, denen ich e8 mit Grund anvertrauen Darfı.“ .

‚ „&eiß, Balentine e8 fhon?“ frug Iſabella, ihrer Stimme
te möglichite Feſtigkeit gebend



für Stadt


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zeile 10 Pfg., bei WiederHolungen Rabatt
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Heidelberg, Mittwoch, — 1890.

Wie ſtellt ſich nun die Bilanz des vergangenen
Jahres für das öffentliche Leben? MWir wollen
heute noch nicht einen eingehenden Rückblick auf die
Ereigniſſe des Jahres 1889 werfen, das Soll und
Haben noch nicht im Einzeluen feftftellen, fondern nır
im Allgemeinen die Bilanz ziehen. Das Jahrhundert⸗
Jahr der großen franzöſifchen Nevolution ift im Al-
gemeinen ruhig verlaufen! Sein größter Vorzug be⸗
ſteht darin, daß es uns den Frieden erhalten hat.
Wohl tauchten auch inı letzten Jahre dunkle Wolken
anı politiſchen Horizont auf, aber die Kriegswolken
haben ſich nicht entladen, ſondern wieder verzogen.
Freilich. die Sichexung eines dauernden Friedens hat
ins das Jahr nicht bringen koͤnnen, iroß des Czaren⸗
beſuches am Berliner Hofe, aͤber das drohende Ge⸗
ſpenſt eines Krieges iſt auch nicht in eine ſo bedroh⸗
liche Nähe gerüct, daß unter der Kriegsgefahr und
Lriegsfurcht Handel und Wandel hätlen Leiden müſſen.
Der blinde Kriegslärm vor zwei Jahren zur Zeit der
Septennatswahlen, aus dem der CartellReichstag als
Aulgſtproduet hervorging, hat nicht mur dem politiſchen
Leben Eintrag gethaͤn, ſondern auch das Geſchaͤfts⸗
leben ſo ſehr geſchädigt, daß ſchließlich wohl auch den
Cartellbridern die Augen aufgegangen find 1und auch
ſie die Wiederholung des bliuden Kriegslärms nicht
wünſchen.

Alſo den äußeren Frieden nehmen wir in das
tene Jahr mit hinüber. Aber wie ſteht es mit dem
Frieden im Zunern? Leider hat das vergangene
Jahr auf dieſem Rechnungsblatt wenig Gutes zu der⸗
zeichnen. Für den ktrchenpotitifchen Frieden
iſt wenig bder gar nichts geſchehen; die Trümmer
der unſeligen Maigeſetze und die Waffen des Cultur⸗
kampfs werden conferbirt, als ob ſich um Ehren⸗
denkmäler handle. Man bentüht fich 1118 einzureden,
daß der Culturkampf ſchon ganz beendet ſei. Aber
man blicke nur hin auf unfer Baͤdnerland, wo die
unfelige Macht des freimaurifchen Liberalismus, dem
ſich, ſelbſt wenn ſie wollten, die Hochgeſtellten nicht
entziehen können, dem laͤthöliſchen Volke ſelbſt das
Vrenthält, was demſelben in anderen civiliſirten
Staaten zur freien Ausübung feiner Religion geſtattet
iſt. Fernex: Zeigt ſich nicht bald hier, bald dort,
daß der alte Culturkampfgeift noch lebt, und ſehen
wir nicht ſchon das Wetterleuchten eine8 neuen Cultiur-
lampfes den der Geiſt fanatiſchen Haſſes gegen die
katholiſche Kirche, wie er im Evangeliſchen Bunde“
zu Tage tritt, anfachen möchte?

Wie traurig es mit dem ſoctalen Frieden
beſtellt iſt, dafür hat das Jahr 1889 mit feinen bis
jeßt in ſolcher Ausdehnunz noch nicht dageweſenen
Maſſenſtrikes der arbeitenden Bevölkerung einen
hetrübenden Beleg geliefert. Man denke mur an den
großen Bergarbeiterftrife vom Mai D, S, der gegen
Ende des Jahres auf's neue auszubrechen drohte.

„Ich erzählte es am folgenden Tage meiner Frau, al8 ſie
dabei faß; fie wurde Leichenblaß ıund war den ganzen Abend
und ein paar Tage laug etwas ſtiller, aber jebt ift fie Wwieder
die Alte.“

„S3 thut mir leid, e& wäre ein hübſches Paar geweſen.“

„30 hätte, wenn fie ſich wirklich liebten gerne den Staͤn—
dezunterſchied überfehen, Dabei wird Brons in anderer Weiſe
ſich einen Namen erwerben, ohne daß er auf den uralten Titel
eine& Borfahren zu pochen braucht, er wird ein berühmter
Mann,“

Iſabelle fühlte ſich nach dieſem
bdrängt, ihren Vater zur Eile anzutreiben, und es Ichien, daß
er mun wirklich den Anfang damit machen wollte.

Man fagt,“ ſo ſchrieb er, „daß der alte Stiefelwichfer
Dummbheiten gemacht hat-und in SGefahr ſchwebt, zu faliren,
Ich werde dafür forgen, daß Dır Deine Freiheit zuruͤckerlaͤngſt.
€ iſt eine Schande, zu einer ſolchen Familie zu gehören.”

Der Vicomte ahnte nicht, daß ſeine Tochter nichts {o ſehr

Lerlangte/ als wirklich auf immer mit einen Mitgliede dieſer
Hamilie berbunden zů jfein,
So perging der Winter allımählich, Langjam und eintönig
vwoyt für 5ſabella in dem großen Paris als für Alfred in
der ſtillen Haide, Beide dachten unaufhörlich an einander,
beide waren zu ftolz, den erſten Schritt zur Verſöhnung zu
thun; Ifabella, weil fie fürchtete, daß fie ihm gleichgiltig ge⸗
vorden war, Alfred weil der Gedanke ihm zumwider war, daß
ſeine Frau ihn allein für gut hielt, ihr ein SJahrgehali auszui⸗
zahlen, das er nur mit großen Opfern zufammenfparen Ionnte,
denn von ſeinem Vater Geld zu nehmen für einen Zweck, den
Brons, wenn er ihn fannte, fehr mißbilligen mwürde, fand er
unedel, Außerdem wußte er, däß der alte Herr fich in ein Netz
unangenehmen Dinge berwickelt hatte, die ihnt, wenn auch nicht
den ganzen Untergang, fo doch. eine große Verninderung feines
Bermögen8 zuziehen würden.

Sn der Woche naͤch Oftern Konnte Madanıe Ducombel
nicht mehr umbin, ihren Freunden eine Soiree anzubieten, und
ſie erfuchte Sfabella freundlich, aber dringend, Toilette zu
machen *
* Säle waren gut gefüllt und die jungen Leute begierig,

Geſpräch noch mehr ge—





25, Jahrgang.

Wohl iſt es bis jetzt noch nicht {o weit gekommen,
aber der Friede iſt auch noch keiueswegs wiederher
geſtellt und die wachſende Gährung unter den Berg⸗
arbeitern nehmen wir in's neue Sahr Hiniüber, mit
hr zugleich die Sorge vor neuen StrifeS, vor neuerr —
Störungen des ſoeialen Friedens. Die {ociale Revo⸗
lution iſt nicht mehr ein Schreckbild der Phantaſie
angſtlicher Leute, ſondern ſie klopft vernehmlich an
die Pforten, und der Maſſenſchritt der Unzufriedenen
übertönt den Parademarſch der Soldaten.

Und wenn wir die ührigen Zuftände in unferent
inneren. Staatsleben anfehen, finden wir nicht vom
Aufang des vergangenen Jaͤhres an biz zu deſſen
Ende uͤberall Unficherheit, Verwirrung, Unzufrieden
heit? Das wenig erbauliche Kapitel don den „Wal⸗
derfee-Frictionen“, welches unfele Offictöſen aufge⸗
ſchlagen haben, hat uns erkennen laſſen, daß aug in
* höheren? Regionen nicht Alles nach Wunſch
geht.

Was wird nun das neue Jahr bringen? —
Wie ein großes Fragezeichen ſteht es vor uns. Wird
die Sonnẽ des Friedens amı hlauen Himmel glänzen,
werden Wetterwolken fie verdunkeln? Niemand der⸗
mag das zu ſagen Aber wir brauchen uns nicht ver⸗
geblich zu bemühen, den Vorhang der Zukunft luften
au Wollen, denn wir glauben ja Alle an eine gött⸗
liche Vorſehung, die mit Weisheit und Güte die
Schickſale der Völker wie der einzelnen Menſchen
lenkt. Im Vertrauen auf die göttliche Vorſehung
treten wir getroſt in das neue Jahr hinein: Thuen
wir mur unſexe Pflicht, — für das Uebrige wird Golt
ſorgen! Und dannt wuͤnſchen wir allen Leſern:

Glückſeliges neues Jahr!

Deutſches Reich
* Berlin, 30, Decentber.

—Cin Coſtümball am kaiſerlichen Hofe
— ba8s iſt die neueſte Nachricht, die auf dem Umwege
über Konftantinopel zu uns dringt. Das türkiſche Blatt
„Hakikat! meldet nämlich der Magdeb Ztg.“ zufolge/
daß der deutſche Kaiſer im Laufe dieſes Winters in
königlichen Schloſſe ein Coſtümfeſt zu geben gedentt bei
welchem für alle Eingeladenen die orientaliſche Tracht
vorgeſchrieben ſein ſoll

— Der Cultusminiſter hat von den Medieinal⸗
Behörden Berichte über den Verlauf der Influenza-
Epidemie eingefordert.

Fusſanð.

Rom, 29. Dec Lina Crispi, eins von den
drei Weibern des alten evolutionars, hat kürzlich
eine Reiſe von Rom nach Lalermo gemacht. An aͤllen
groͤßeren Stationen waren für das Frauenzimmer koſt⸗
bare Speiſen beſtelt! ſie hatte einen eigenen Zug fülg-
ſich, in welchem ſich Wohnräume, Schlafeabinet Repräs

ein wenig zu ‚tanzen; Mabdame Ducombel geftattete e& gerne

4 * * 5 übel daran —

ollte ſie ſi en Beinamen der /ſchwarzen Sybhinr“ ni

— — * 244
ie ſah an diefem Abend in ihrem helblauen Kei s

ſonders gut aug; die Anſtrengung, der 4*4

um die Ehre des Haufes aufre

erjcheinen, gab ihren Wangen ein h

ſich! Auch Soſthenes der zufällig

keinen Augenblick und ſchien ſie jeßt auch zu bewun

?Bebetniqebanfefln) ana%tbgß, der * immer feinet Sorge anver=. ;

yaut war, Der Abend war ſchon mehr als! f

Sabella fich ermüdet in ei ( — —



Profelſor Brebal/ verin
ihn 4 Frage:
„Shevalier, Sie haben erſt yorgeſtern die Yrovi
44 * Sie auch * von dem — * *
me bon Cohance vorgefallen fein foll? 1n er ſtf
5 8* erſt 7* mir erfahren,“ — ; *
abame Ducombel, die am nämlichen Tiichi faß
fügte 55 O da
Es iſt ſchrecklich! Zwanzig Arbeiter ſollen verſchu
und von den Ingenieurd die unmittelbar 44 *
Hilfe zu ringen hörte maı noch nichts, Ich habe bei 2*
cburt Elegrayhiſch um nähere Berichte angefragt,“
„ m30 weiß nichtS dadon ; da3 haben die Leute übrigens
Mlımer 3u ermarten, Ddie {o gefährliche Mrbeit verrichten, S&
gibt fo biele Verrichtungen auf der Welt, warum gerade ſo
— Lefährliches ausgeſucht? Fehlt Shnen etwas, Gräfin?
Sie find 10 bleich und Ihre Hände zittern,“ .
Lein e8 ift nicht3 ,, , nur die Hitze!“
Vein Gott, . Kind, was iſt Dir 2
grßfr{)re'cft‚ Dı wirft noch ohnmächtig⸗
Wein!“

v 8” vief ihre Tante
geſchwind ein Släschen

Fortſetzung folgt.)


 
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