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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 201 - Nr. 210 (3. Septmber - 14. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#0809

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Erfeheint täglidq mi Ansnahme der Somn- nud Feiertage,
Samftags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlich
* 1.20 ohdne Traͤgerlohn ı. Poftanffhlag. Beſtellungen
dei den Boftanftalten 1, bei der Expedition Zwingerfhaße 7.

















Anzeige-Blatt für die Amt8bezirke Heidelberg,
Ladenburg, Weinheint, Schmwebingen, Philippsburg.
Wiesloch, Bruchfal, Brelten Nedargemünd, Mosdbac,
Cherbach, Buchen, Walldürn T.-Bifchofsh. Wertheim 2C.

B zihri;

— ——

2 2




Druck, Verlag ır. Erpedition von Gebr. guber
in Heidelberg, Zwingerfirake 7.







r— — —
Abonnements

den täglich erſcheinenden Pfälzer Boten für den
Mat September werden noͤch fortwährend ent—
“engenommen: von allen Poſtanſtalten, von
* Agenten und von der Erpedition des

Etes, Zwingerſtraße Nr. 7 in Heidelberg.
— — —

® Zym 100 des Dl. Bayltes Oregor
des Oroßen.

B Am dritten September dieſes Jahres werden es
* Jahre, feitdem Gregor der Große den Stuhl
heil. Petrus beſtiegen Hat:

überreich an hervorraͤgenden Verdienſten war, daß
den Beinamen „der Große“ erhielt, ſo iſt der
5* aufgetaucht, zur dankbaren Erinnerung an
4 ein Zroßes Zubelfeſt zu feiern BZu dieſem.
hat ſich unter ausdruͤcklicher Bewilligung und
— —— des hl. Vaters zu Rom ein Comitee
Idet, welches ſich in einem Yufruf an alle Katho—
N des ganzen Erdkreiſes wendet, um ſie zur Be—
gne an der geplanten Jubelfeier aufzufordern.
SM Sinne einer Begründung des Projektes heißt es



diefem Auftufe:
ELein Volk und kein Staat, keine Nation und
e Geſeliſchaft hat ſo viele wahrhaft große

* änner hervoͤrgebraͤcht, wie die Kirche Gottes auf
wen; mur die katholiſche Kirche hat Heilige. Wenn
* die Welt ihre Größen feiert, guͤch recht frag—
"\Den Größen Monumente errichtet, ſo find wir, die
"Slieder der ſtreitenden Kirche gewiß berechtigt und
M der bittern Noth und Draugſal dex Zeit doppelt
Vaunf hingewieſen, Aug und Herz zu den glänzenden
oen der unſterblichen Helden und Lichtgeſtalten
C triumphirenden Kirche zu erheben, um dort
"Mufter und Vorbild, Muth und Kraft, Hilfe und
"Stoft im harten Kampfe der Gegenwart zu finden.“

Und in der That, geſtattet die Zeit, in welcher
7 Gregor lebte und wirkte, nicht mit der Gegen—
quit die lehxreichſten Vergleiche? War vielleicht der
fäqmpf, den die Kirche damals gegen den Byzantismus
— weniger heiß als heute gegen die allgewaltige
Wurde der Cölibat weniger an—
Infen als in unſern Tagen, ſchoß das Sektenweſen
* eben ſo üppig unter dem Weizen der Kirche
or al8 jebt? Bon allen Seiten wurde Petris
fflein angegriffen, hoch gingen die Wogen und


drohten es zu verſchlingen, aber noch ſchlimmer
waren die innern Kämpfe. Feile Simoniſten hatten
ſich eingeſchlichen und waren den Wölfen zu vergleichen,
die in Schafskleidern daherkamen, um ihrer Raubluſt
unter die Maske beſſer fröhnen zu können. Aber
St. Gregor ſtand am Steuer und leitete das Fahr—
zeug der Kirche unbeſchädigt durch die Klippen, an
denen hätte es zerſchellen ſollen. Siegreich ging es
unter ſeiner ſtarken Leitung aus dem Kampfe hervor,
triumphirend über alle ſeine Feinde. Unter den
ſchweren Kämpfen, die damals die Kirche gegen innere
und äußere Feinde zu beſtehen haͤtte, ſeufzte Alles
nach einer durchgreifenden Reformation.

Gregor der Große gilt ſelbſt bei den proteſtan—
tiſchen Hiſtorikern als ein Papſt von bewunderungs—
werther weltumſpannender Thätigkeit. Leo von Halle
rühmt an ihm, daß er in jeder Beziehung den großen
Auforderungen in ſeiner ſchweren und für die Stellung
der römiſchen Kirche ſo erſprießlichen Zeit entſprach
„An ſeine Thätigkeit,“ ſagt er, „knuͤpfte ſich die
Retlung römiſcher Bildung in Italien, alſo für die
Welt.“ Johannes von Müller nennt ihn „einen
wahren Biſchof, durch Wärme der Andacht, Salbung
des Wortes und ſeelenvollen Geiſt ausgezeichnet!.
Baxman ſagt in ſeinem Werke /Politik der römiſchen
Päpſte: Gregor ſteht in den Reihen ſeiner Vor—
gänger und Nachfolger erhaben da . Sein Regiment
wiegt ein paar Jahrhunderte auf und er verdient

innerhalb ſeines Gebietes den Beinamen, der
ihn auszeichnet, „der Große.“ Selbſt Luther
hatte für dieſen Papſt Worte des Lobes.

Nach ihm hat derſelbe „all' Ding aufs feinſt geord—
net und in Stand und Regel gefaffet.“ Auch iſt er
ein heilig Mann geweſt,“ fagt er.

Gehen wir jetzt kurz auf ſein Leben und ſeine
Thaten ein.

Papſt Gregor I., der Große, ſtammte aus einer
römiſchen Senatorfamilie. Er iſt geboren zu Rom
als Sohn des Gordian und deſſen heiligmäßiger Frau
Sylvia. Seiner Geburt entſprechend, bereitete er ſich
durch das Studium der Rechte auf ein hohes Staats⸗
amt vor. Schon mit 34 Jahren wurde er Prätor
der Stadt Rom. Alsbald nach dem Tode ſeines
Vaters verwandte er ſein ganzes Vermögen zu mild—
thätigen Zwecken, richtete in ſeinem väterlichen Hauſe
ein Kloſter ein, gründete mehrere Spitäler und ward
ein wahrer Vater der Armen. Noch heute wird im
Kloſter der Abtei San Gregorio Magno der Marmor—
tiſch gezeigt, an dem er täglich 12 Arme ſpeiſte; er
gab das oͤffentliche Leben auf und widmete ſich ganz



— —

dem Dienſte der Armen, der Lieblinge Gottes Dieſem
ſtillen Wirken ward er indeß bald entriſſen, als ihn
Papſt Benedikt I um 577 zum Diakon der römiſchen
Kirche maͤchte. Der Nachfolger dieſes Papſtes, Pe—
lagius II., die hohen Eigenſchaften dieſes heilig—
maͤßigen Mannes erfennend, machte ihn zu ſeinem

Apokriſiar RNuntius) am kaiſerlichen Hofe in Kon—
ſtaͤntinopel! Der Drang zum beſchaulichen Leben 11.

zum Dienſte der Armen ließ ihn nicht lange in dieſer
hervorragenden Stellung ausharren. Um 585 zog
er ſich wiederum nach Rom in die Einſamkeit feines
klöſterlichen Lebens zurück. Da ſah er eines Tages
auf dem Sklavenmarkte einige prächtig geſtaltete Jüng—
linge mit blonden Haaren und helblauen Augen;
die ſchwermüthige Trauer dieſer aus dem fernen
Britanien nach Rom geſchleppten nordiſchen Rieſen
bewegte das Herz des mitleidigen Gregor, und er
faßte den Plan, in dem Lande dieſer Männer das
Evangelium zu verkünden um ein unverdorbenes Volk
der Civiliſation des Chriſtenthums zu gewinnen Er
ſicherte ſich in aller Stille Freunde für dieſen Plan
und rüſtete alles zur Abfahrt. Da aber wurde das
römiſche Volk ſein Vorhaben gewahr. In großer
Menge zog es ihm nach Oftia, wo er heimlich ſich
einzufchiffen gedachte, nach, und zwang ihn, nach Rom
zurückzukehren.

Kurz darnach, 590, ſtarb Papſt Pelagius Il.
Clerus und Volk wählten einſtimmig den Diakon
Gregorius zum Papſte. Kaum hatte dieſer davon
Kunde erhalten, ſo begab er ſich auf die Flucht. Aber
das Volk, ſeine Demuth erkennend, hatte vorgeſorgt.
Alle Thore der Stadt waren geſperrt und beſetzt Er
bat und beſchwor den Kaiſer Maritius, gegen die
Wahl zu wirken. Allein dieſer beſtätigte dieſelbe und
ließ Gregorius als Papſt ausrufen. Gregorius ver—
ſteckte ſich in der Stadt. Aber das Volk wußte ſeinen
Wohlthäter und Liebling aufzufinden. Im Triumph
wurde er zur Peterskirche geführt und auf den Stuhl
des hl. Petrus gehoben.

Und nun den Willen Gottes
in Demuth ſich beugend, ergriff er mit feſter Hand
das Steuerruder des Schiffleins Petri. Unendliche
Drangſale, die Bedrängungen der Oſtgothen und Lon—
gobarden, Peſt und Hungersnoth durchwütheten
Ztalien; das ſpäter eingetretene Schisma der griechi—
ſchen Kirche warf ſchon damals ſeine Schatten voraus;
in Afrika hatte die Sekte der Donatiſten die blühende
Kirchenprobinz vergiftet; Oberitalien beharrte im
Schisma — furz, die ganze civiliſirte Welt ſchien ſich
aus den Angeln heben zu wollen. Die kräftigmilde

erkennend 1und ihm











Y Der Maire von Niesweiler. (naud. verb.)
Y Eine elſäſſiſche Erzählung.)
S dem Franzbfiſchen übertragen von Philipp Freidank,



— und Zochter blieben ftil. Sie jah-n die tiefen
bescufalten zmwijchen den Augenbrauen Meifters Fob und
ira CL die Eine noch die Andere hat den Muth, deffen Hin-
in““.men zu unterbrechen, welches ſich beim erſten Anlaß
ein wirtlidhes Ungewitter ummwmandeln fonute. _
ı.. Bor mehr als einer Stunde batte der Befißer von
im‘ebfihof zu Mittag gefpeift und ſeine Pfeife brannte
%{.‘18! noͤch nicht! Gretchen ſeufzte jedesmal, wenn ſie einen
* Eauf die Uhr warf und die Mutter, welche dieſe Blicke
Breift, lächelt traurig. E
X Rloglich erheben fich außerhalb des Hauſes auf dem
e von Straßburg her erregte Stimmen. Die blonde
lepter _ des Gutäbejiber3 zittert vor Erregung und ein
Gidaftes Roth ergießt fih über ihr lieblihes Gejichthen.
15“‘98 Minuten vergehen.. Meiſter Zob iſt immer noch in
o“e düfteren Gedanken verfunken; Mutter Ottilie und ihre
N chter verfuchen den Sinn der zwiſchen den unſichtbaren
prechern ausgetaufchten Worte zu errathen.

der Endlich zeigte ſich eine Gruppe von Menfchen, und in
* Mitte einer Anzahl Iräftiger Bauerngeftalten zeiate ſich
%lälunger Mann. Seine jchlanfe hohe Figur, die matte
g{.ö He jeines Gefichtes und jeiner Hände verrieth eine zarte
Hi Perkonftitution. — Der Maire von Riesweiler, Zrig
iegbacb, war e8 ; er blidte durch ein gewiſſes Fenfier des
xqieheü)nffé, riß ſich von ſeinen Gefährten 108, durchſchritt
© den weiten Hof und trat in die Küche ein.
linn Meilter_ Job erhebt fih; Ottilie bietet dem Anfomm-
hom Cinen Siß an, und {üße Geficht Gretchens neigt ſich
® etwas tiefer auf ihre Stiderei.
üg „Yia, Fritz, bringſt du uns genaue Nachrichten? Ift es
®, daß es diefen derwünſchten Krieg gibt?” fragte Job
N Der junge Mannn antwortete nicht und dies genügte
%E\fter Sob. Er ſchlug mit feiner derben Fauſt auf den
ngd) und Gretchen erbleichte. Der bekfümmerte Geficht8-
druc des MaircS von Rieszweiler ſieß keine andere An-



— —



nahme als daß es Kriege gebe, zu

Welche unglücliche, Narrheit !“ ſchrie der Beſiger von
Biederhof. Woͤlle Gott doch verhüten, daß wir Deutſch
werden müfjen !” }
— Dhne ein Wort beizufügen, yreßte Job die Hand des
jungen Mannes und ging in Eile hinaus, wohl um eine
plötzliche Rührung zu verbergen. *

Ottilie ſchloß ſich ihıem Manne an, weil ſie eine zu
lebhafte Gemüthsbemwegung befürchtete und Fritz Diesbach
fand ſich mit ſeiner Verlobten allein

Gretchen entfloh ein Seufzer aus der gequälten Yruft ;
ſie ringt die Hände, wie um Gnade bittend und Thränen
rinnen über ihre bleichen Wangen, die angefangene feine
Stickerei durchnäſſend

Fritz Diesbach tröftete: Wein armes Gretchen, wir
ſind ſehr unglüclich, das iſt wahr aber wir müſſen ung
doch Muth bewahren. Die Kriegserklärung iſt noch nicht
geſchehen! Vielleicht wird der Krieg auch gar nicht
erflärt !“

Gretchen ſchüttelte hoffaungslos das blonde Köpfchen.

Der Krieg wird erklärt werden Friß, und Du mußt
dann fort, mich für immer zu verlaſſen!“

_ „Rede doch nicht fo,” murmelte der junge Mann „Du
nimmit mir ja alle meine Kräfte weg; ich würde ja nicht
mehr den Muth befigen, Dir Adien zu ſagen! beſonders
da ich auf dem Bunkte ftehe, den Zraum meines Lehens
erfüllt zu . jehen. Würdeſt Du eine Memme heirathen
wollen? Könnteſt Du den Maire von Rıesweiler ent-
ſchuldigen oder achten, wenn er ſich in der Stunde der
Gefahr verbergen würde?“

„Du wirſt die Anſtrenaungen eines Krieges gar nicht
ertragen, Frit Wenn Dich die Waffen des Feindes ver—
ſchonen, wirſt Du den Erſchopfungen der Strapazen er⸗
liegen.”“ Und die Tochter Meiſters Job betrachtete mit
Schrecken das blaſſe Geſicht und die feinen Glieder ihres
Verlobten

Dieshach laͤchelte unfreiwillig und meinte: „IH bin
nervig und deshalb ſtärker. als ich ausſehe Gretchen. Die
Gewißheit Deiner Liebe wird mich aufrecht erhalten und
Deine Gebeie werden mich geſund und heil zurückführen.



Weine nicht, Geliebte, Deine Thränen brechen mir das
Herz und werden meinen Muth nur abitumpfen.”

In dieſem Augenblicke traten Meiſter Zob und Frau
Ottilie wieder ein.

Alle Beide Hatten den Schmerz Gretchens beariffen.
und die Trauer ihres Kindes fügte dem Schmerze, welcher
ihnen der Gedanke verurſachte daß der Ausgang des
Krieges für Fraukreich ein unglücklicher ſein müfje, neuen
Kummer hinzu.

Als ſie ihre Eltern bemerkte, verſuchte Gretchen zu
lächeln, aber die Bewegung überwand ihr Herz Das arme
Maͤdchen verzichtete darauf, feine Thränen unter Lächeln
zu verbergen und verließ die Küche um ſich im Stillen
ausSszumweinen. —

Meiſtex Job überlief es wie mit einem Zornichauer,
während Muͤtter Ottilie ſchmerzlich flüſterte:! Armes
SGretchen !” :

Das reiche und vielbegehrte Mäddhen war in der That
ſehr unglüclich und es würde gern ihr Vermögen und ihre
Schönheit freiwilig. dahin gegeben haben, um ihr Glück
ungeftört behalten zu dürfen. ) Ü

Der Vater des Naires war der Intime Freund Weiſters
Keßplar. Mit einent inteligenten und rührigen Naturell
begabt. aber voll Inufionen, hielt ſich Franz Diesbach für
ein mechaniſches Genie. Er haͤtte ſein Vermögen verſchwendet
in der Erbauung von landwirtfchaftl. Maichinen, deren Un-
wendung nach jeiner Anſicht für die Ländereien des El—
ſaſſes eine Yuelle von Reichthümern gewarden wäre.

Meiſter Job führte einen nußlojen Streit gegen die
Phantaſie ſeines Freundes indem er deſſen vollſtändigen
Ruin vorausfante.

Der Heine Fris war 10 Jahre alt, als ſich die Brophe-
zeihung Meifters Iob erfülte. Einiae Monate ſpäter ſtarb
der unglücklihe Srıfinder, nachdem er ſeine Frau und ſeinen
Heinen Soyn der Fürforge des Beſitzers von Biederhof
empfohlen hatte.

Fortſetzung folat.)


 
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