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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 241 - Nr. 250 (21. Oktober - 31. Oktober)
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erſchent tüglich mit Anskahme ter Som- und Feiertage.
SamfiagS mit UnterhaltungSbeilage. Preis vierteljährlich
. 1.20 ohne Trägerlohn u. Pofranffolag. Beſtellungen
hei ben Poftanfalten ıt. bei der Erpeditton HZwingerfiiaße *

L





Iulius Jeder in Heidelberg.

Berantwortlidher Redalteur:












für Stadt












dn 22. Oktobe











Das yöpitlide Kunzlreiben
an die Birchöfe, die Geiftlichkeit und das Volk Italiens
irägt das Datum 15. Oltober. Ein vom gleichen
Taae datirter römiſcher Brief des Pariſer Univers
gibt folgende Andeutungen über den Inhalt des Akten⸗
ſtückes.

Von der Höhe des Apoſtoliſchen Stuhles wirft
Qeo XII oftmals ſeinen päterlichen Blick auf das
ihm ſo theuere Italien, welches ihm ſtets neue Bitter—
feit bereitet. Nach dem Beiſpiel des hl. Gregor des
Großen würde dẽr Papſt die Beſchimpfungen ſeiner
Perſon mit Schweigen übergehen; aber der Glaube
eine8 ganzen Völkes iſt in Gefahr, und deshalb iſt
e& ihm unmöglich, zu ſchweigen, Wie, man weiß,
führen allerwärts die geheimen Geſellſchaften Krieg
gegen die Religion und die Kirche Jeſu Chriſti
er in Stalien trägt dieſer Krieg einen heſonders
an8geprägten Charakler des Haſſes und der Ver—
wegenheit.

Um die Bevölkerung zu täuſchen, gab man vor,
es haͤndele ſich lediglich üm eine politiſche Frage, und
unter Ddiejem Vorwand ſtürzte man die weltliche
Herrſchaft. Heute ſcheut man nicht mehr vor der
Erflärung zuruck. daß man es auf die geiſtliche Ge—
walt felbſt abgejehex hat. „Die Wege bereiten zur
volljftändigen Beſeitigung des Papſtthumes, Italien
doͤn jeinem unverſbulichen Todfeinde befreien, aus
Kom den Mittelpunkt der allgemeinen Verweltlichung
machen, dott die magna charta der menſchlichen
Freiheit proflamiren,“ das ſind Ddie Beſchlüſſe der
fleiniaureriſchen Geſellſchaften, und Italien gehört zu
den Ländern, in welchen ſie ihre Thätigkeit am kühn—
ften detreiben. Auch hat der italieniſche Gewalthaber
Erispi es offen verfündet. „Der wahre und wirk⸗
lihe Kampf ſpielt ſich ab zwiſchen dem Kirchenglau—
ben auf der einen, der Vernunft und Prüfuns auf
der andern Seite. Die Regierung hat das Verdienſt,
dies zu verſtehen, und hat ſich für die Vernunft ent-
jchieden.“ Leb XIII. beſchwört die Biſchöfe und die
Geiſtlichkeit Italiens, ſich nicht entmuthigen zu laſſen.
Er erinnert ſie an die Unterweiſungen ſeiner fühern
Runſchreiben (Humanum genus ung Sapientiae Christi-
anae), welche für Italien eine beſondere Bedeutung
haben.

Dann zu Betrachtungen politiſchen und ſozialen
Charakter3 überleitend, erürtert der Papſt, wie der
von den geheimen Geſellſchaften gegen die Religion
geführte Krieg nothwendig mit der Vernichtung aller
Sittlichfeit, Sicherheit und Ruhe, allen nationalen
Gedeihens und Reichthums enden müſſe. Die That—

35 ! Kaidd verb.)



* * und Ichatten.
Original· Rovelle von Hans Jordaens.



Sie war mit einem Worte oriainell und dadurch um
o anziehenDder. — *

®eorg deralich Camilla in Gedanken mit einem eben
aufgeblühten Haideblümchen, das in ſeiner urmüchligen
Frijche an den fremden Boden erinnert, dem eS entjtammt,

Er wollte diejes Hatdeblümchen mit Nataliens Hülfe
pflegen und veredeln, und wenn -ihm dies gelungen, wollte
er e3 verpflanzen. —

An feiner Seite ſollte dasfelbe ſeine Heimath finden
und ferner dort blühen und gedeihen. .

Aber wie Konnte er jo eigenmächtig über die Zukunft
!fbtamißq;ä entſcheiden, ohne deren Gedanken hierüber zu
ennen ?

Konnte ſie nicht {hon andere Wünſche hegen, die ſeine
läne jäh durchkreuzten? - . *

Nein, das wenigjten3 war bei dem übermüthigen Kinde
Kinde nicht zu befürchten. . -

Nber eine andere Frage war es, ob Camila’s Eltern
ihre Sinwiligung geben würden.

Shre Eltern! ;

Bum erften Male fiel es Georgauf, daß er nicht wußte,
wer Die Eltern des jungen Mädchens waren; — Ddaß er
nicht einmal den Familiennamen Camilla’$ kannte.

Er hatte fih bei dem erften Zujammentreffen Ddaran
genüden Iaffen, in der AUnkommenden eine Confine Rolands
fennen zu lernen, an der er kein ſonderliches Intereffe
nehmen zu müſſen glaubte.

; Möalidh, daß Natalie hei der Vorſtelung den ausfiihr-
lichen Namen ihres jungen Gaftes genannt hatte ; keines falls
aber wußte er ſich darauf zu befinnen.

Sonderbar!

Höchit Jonderbar war es in der That, daß er erſt heute
dieſe Bemerkung machte. E

— Bei jeinem nächften Befuche in der Dannenbergfchen
ila mußte er den Stand ſeines Wiſſens in dieſer Be
ziehung zu ergänzen ſuchen







ſachen liegen übrigens vor und ſprechen beredter als
alle Worte. Richtẽn wir die Blicke auf den Papſt,
jo ift es unzweifelhaft, daß der Ruhm und die Größe
StalienzZ untrennbar ſind von der Religion, welche
die Seele nicht nur ſeiner kriegeriſchen Unternehm—
ungen, ſondern auch ſeiner beruͤhmten Schulen und
Univerfitäten war. Der gegenwärtige Krieg gegen
die Religion und das Papfttijum hat Italien in zwei
Lager gelheilt und iſt für die Geſammtheit der Katho—
liken ein ſtaͤndiger Grund, e& für einen Feind zu
halten. Stalien würde indeſſen ſeine Spaltungen
ſchwinden ſehen und ſein Name würde wieder, wie
eiuſtens, von allen Chriſten geachtet und geehrt
werden an dem Tage, wo den Zerechten Anſprüchen
des Papſtes Genugihuung widerführe und Kom
wieder die Hauptftadi nicht nur einer beſondern
Nation, ſondern der ganzen Welt würde. Das
Rundſchreiben endet mit einer rührenden Aufförderung
zu Gebet und zur Anrufung der Jungfran Maria,
der ſiegreichen Königin des Roſenkranzes

Deutſches Reich.

* Berlin, 20. Olt. Der Kaiſer ordnete die Her—
reife fämmtlicher kommandirender Generale zur Theil⸗
nahme an der Geburtstagfeier Moltkes an. — Der
Kaiſer empfing heute Mittag eine Deputation der
Altenburger Baͤuernſchaft mit Ddem Landrath S dr
an der Spitze. Letzterer ward hierauf zur Tafel ge—
zogen, woran auch der Stockholmer Geſandte Buſch,
Major Wißmann und Landesdirektor Levetzow kheil—
nahmen.

Frankfurt a. M., 20. Olt Der Nedakteur
des hiẽſigen ſozial⸗demokratiſchen Blattes Volksſtimme,
Hoch, wurde wegen Majeſtätsbeleidigung und Ver—
aͤchtlichmachung ſtaͤatlicher Einrichtungen enthaltender
Artikel dieſes Blattes, verhaftet.

* Straßburg, 20. Olt Aus guter, gewöhnlich
genau unterrichteter Quelle erfahre ich ſo ſchreibt man
der „D. Reichsztg.“, der Papſt halte durchaus an
einem S[Jäfjfer für den Straßburger Biſchofsſitz.



Herr Stadlpfarrer und KeichStagSabge-
Frdueter Winterer ſei dafür auserſehen Ich
gebe die Nachricht ſo, wie ſie mir zugeht, ohne ſie

verbürgen zu wollen. Man ſagt, der Kaiſer ſei nicht
abgeneigt. (Wir würden uns freuen, wenn dieſe
Naͤchricht ſich beſtätigen würde)

Ausland.
” * Brüffel, 20. Ott. Wie Liberalen bejubeln
ihren Sieg und erflären, daß nun der König die vom
Lande geforderte Parole empfangen habe. Im Brüſſel



ein Blick auf die Uhr belehrte ihn, daß ſeine Eltern ihn
wohl jhon feit einer Weile beim Frühßück ermarteten.

Als er bald darauf den Speiſeſaal betrat, fand er,
wie er richtig vermuthet Hatte, feine Eitern bereits dafelbit
anwefend; denn der Commerzienrath hielt als ein yünkt-
licher SGejdhäftsmann auch ſehr auf einen geregelten Gang
feines häustichen Lebens.

Man war in dem Zur Lenne’ihen Hauſe ebenfells
gewohnt/ ehe getafelt wurde, das Erſcheinen Jämmtlicher
Hamilienmitglieder abzumwarten, und 0 jaß der Ban-
quier heute Morgen, da beide Sdhne nodh fehlien, in jeine
vörſenblätter vertieft am ZFrühkücstijich, während die
Commerzienräthin, in ihren Seffel zurücgelehnt, bei der
eintretenden Stille dann und wann die Augen ſchloß

Die geſtrige Opern Vorßellung war für fie ungemein
aufregend gemefen, und ſie Hatte in Jolge Ddeffen ſchlecht
geruht. — Frau Zur Lenne war in ein faltige8, mit kunſt⸗
voller Stiderei ausgefiatietes Morgengewand von rothem
Caſchmir gefleidet, das der Commerzienrath eigen? von
Indien für fie verſchrieben hatte

Er liebte e3,. feiner Frau von Beit zu Zeit ein bübſches
Geſchenk zu madhen, das aleichzeitig auch einen praktiſchen
Bwed hatte und leßtere fand ſich eines Morgens „ganz
angenehm überrafcht” von der „aNerfiebiten ” Aufmerfjam-
feit“ ihres Gemahls, als ihre Kammerfrau das indiſche
HZürfengewand vor ihy ausbreitete.

Ein {olches Morgenkfeid hatte ıhr in ihrer Garderobe
ſchon lange gefehlt, und e& war quf, Daß es nun da war.
Eie hatte alio nicht nöthig, ſelbſt deswegen an ihren
parifer Kleiderhändler zu ſchreiben.

Beim Eintritt Georgs legte der Banguier feine Zei-
tungsblättex hin, und die Commerzienräthin vichtete 1i
in tbäem Sefjel auf, um ihrem Sohne den Morgenkuß
zu geben. . } n

Der Banquier ſab ein wenig ungebuldig nach der Zhür,
die ſich ſchan wieder aeſchloſſen Hatte, und ſeine Hemahlin,
die dieſen Blick bemerkte, fragte Georg zugewandt:

— „Warum haſt Du den Kleinen nicht mitgebracht,
Liebchen? Wir warten ſchon eine Weile auf Euch.“












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in Heidelberg, ZwWingerfiraße 7. |











und den größeren Provinzialſtädten hatten die Liberalen
2—300 Stimmen Mehrheit. In den Worſtädten
wurde ein erdrückender Sieg von den wereinigten
Liberalen und Sozial-Demokraten erzielt.
riſtiſch iſt der große Erfolg im ganzen Lande, den
die Sozialdemokraten über die Kaͤtholiken errangen.

Aus Baden.
Heidelberg, 21. Okt.

® die Bad. Landesztg erhob vergangene
Woche in einer Briefkaſtennoliz gegen den Pf D. die
Anklage, er habe einen ihrer Originatartikel als Leit—
artifel zum Abdruck gebracht, ohne ſie (ie Ldoztg)
als Quelle anzugeben. Wir waren uns bewußt, daß dies
nichtider Fall ſei und baten deshalb brieflich die
Redaktion der Badiſchen Landeszeitung um nähere
Bezeichnung desjenigen Artikels, den ſie im Auge habe.
Wir erhalten nunmehr die Antwort, daß das genannte
Blatt auf einen Artifel „Zur Brandweinbeſteuexung
in Baden“ hindeuten wollte, der allerdings Ende
Auguſt im Pfälzer Boten erſchienen iſt Wir
konftatiren indeſſen, daß wir den betr. Artikel nicht
der Badiſchen Lan deszeitung entno mmen
haben.
andern Blatte, in welchem wir ihn ohne jenes
Zeichen eines Originafartitets abgedruckt
fanden und brachten ihn auch im Pf Boten — eben—
falls ohne jedes Zeichen einer originalen Ab ſtammung
— zum Abdruck. Wir haben aljo korrekt gehandelt.
Wenn der Pfälzer Bote ebenfalls wie die Lan—
desztg. es thut, für jeden feiner Originalartikel,
der in andern Blättern ohne Quellenangabe zum
Abdruck gelangt, in Briefkaſtennotizen Lamento ſchla⸗
gen würde, ſo hätte er wahrlich viel zuthün Kommt
e& doch vor, daß, dem Pfälzer Boten entnommene
redaktionelle Arbeiten, faſt durch die ganze bad.
Preſſe wandern.! So faͤnden wir z. SZ. in einem
Maunheimer Blatt an einem Tage vier Lokal—
notizen, welche wörtlich dem Pf. Boten ohne Quellen-
angabe entnommen waren.
aber der Angriff auf den Pfälzer Boten einen an—
deren Zweck: Unfähig auf unſere polemiſchen Er⸗
örterungen zu reagiren, fucht ſie auf dieſe Weiſe ſich
an uns zu reiben — „gewißein ſchöner Beweis für
die Wohlanſtändigkeit des genannten Blattes.“

— Die AugSburger Poſtzeitung bringt
einen Artilel „Zur Lage in Baden,“ in welchem in
ſcharfen Zügen die Wirkſamkeit Jol19yS und Tur—
ban’8 in Parallele geſtellt wird Nachdem der
Verfaſſer die Rückſichtsloſigkeit, mit welcher Folly
Ich hatte Feine Ahnung davon, daß Leander noch nicht
hier jei.“ war Georg3 Antiwvort, während er ſeinen Plas
am Tifche einnahm. „Da i mich ſelbſt jhon verſpätet
hatte, glaubte ich der Letzte zu jein.“

Ber Funge ſchläft wie ein Naulwurf in den bellen
Tag hHinein,“ ſfagte der Banauier, mifmuthig überdie
lange Wartezeit, „eine ſolche Ausdehnung der Nachtruhe
fanın unmöglich die Biligung des Arztes finden.“

— „Siebhen rege dich nicht auf um einer Bagatelle
mwillen,” flehte die Commerzienräthin änaſtlich, „im bin
überzeugt, der Kleine wird im Augenblik hier fein. — Er
war geſtern Abend mit mir im Theater und Hat ſich dort
ſehr ermüdet,“

Der Commerzinrath griff abermals zu ſeinen Blättern.

Es verſtrichen fünf Minuten und Leander trat ein.

Er ſah matt und ſchläfrig aus, und der Morgengruß,
den ev feinen Sitern bot, Mann etwas nachläffig.

Wie geht es Dir, mein Engel, fragte die Commer-
zienräthin zärtlich und küßte Lennder, Dder an ihrer Seite
Platz genommen Hatte, auf die Stirn.

„Mijerabel,“. Hang die kurze Antwort des
während cr zu einem kräftigen Gähnen anſchickte
— „Mijerabel,” wiederhHolte die Commerzienräthin mit
einent ängſtlichen Blick auf Leander. „Haft Du es gehört,
Liebchen,“ fuhr fie zu ihrem Gatten gewandt fort. „Der

sa‘fe‘in% iit„trauf. Wir werden gut thun den Arzt kommen
zu laſſen.
Er wird das Schulfieber hHaben,” meinte der Ban⸗
quier, der Heute Morgen nicht in der beſten Stimmung zu
ſein fchien, ohne von feinen Slättern aufzuſehen.

„D, ich begreife nicht! wie D {o hHerzlo3 ſprechen
Tannit, wenn e8 ſich doch um die Geſundheit des Kieinen
Handelt, Sieh doc nur, er nimmt nichts zu ſich — Er
will nichts anrühren heute Morgen.“

Der Banquier warf einen prüfenden Blick auf ſeinen
Sohn, der den Kopf in die Hand ageftüßt am Tiſche ſaß.

Fühlſt Du Dich unwohl Leander?” fragtie er.

Ich habe Ropfichmerzen,“ erwiderte der Iunge nach-





Jungen⸗


Zortſetzung folgt.





 
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