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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 281 - Nr. 290 (7. Dezember - 19. Dezember)
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yfheint tägliq mit Ausnahme der Sonnz und Feiertage.
Samftag3 mit Unterhaftungsbeilage, Preis vierkeljährlich
E, 1.20 ohne Trägerlohn ı. Boftanffchlag. Beftelungen




}





ür Stadt



hei den Boftanfiakten u bei der Erpebition Zwingerſnaße!













Berantwortlider Redaktenr :
Julius Yeder in Heidelberg.











Deutſches Reich.

+ SBerlin, 8. Dez Nach dem bekannten Worte:
Und der Kaiſer abſolut, wenn er un jern Willen
thut, ſind es gerade die nationalliberalen und
gonvermentalen Blätter, welche gegenüber der
Rede des Kaiſers über die Schule die meiſten Ein—
wendungen machen. Dasſelbe geſchieht auch von
hervorraͤgenden Mitgliedern der Schulreform Kon⸗
miffion — Ueber die bisherigen Sitzungen der Schul-
reform⸗Kommiſſion iſt folgendes mitzutheilen. Die
Samiftagsſitzung brach die Berathung über einen
gemeinjamen Unterbau für die beſtehenden Schul⸗
arten ab, verſchob aber die Abſtimmung bis zur
Zormulirung der Unterfragen. Sie berieth ſodenn
die Einſchränkung der alten Sprachen, die fakulta—
tive Einführung des Engliſchen und obligates
Zeichnen von Quarta an Gymnaſien. Zujammen-
jängend damit ſoll die vom Kaiſer angeordnete Frage
eröriert werden, ob eine Ermaͤßigung der Lehrzeit.
alſo Verminderung des Lehrſtoffs ſcharf ins
Auge gefaßt worden und wenigſtens das Ausſcheidende


zründet feine, dieſe Forderungen empfehlenden Theſen
wie folgt: „1. Die dem Lateinifchen gemidmete
Stundenzahl kann von Quarta an aufwärts um je
zwei Woͤchenſtunden Herabgefeßt werden, weil der ge—
ſonderte Betrieb der Grammatik mit Uebungen im
Ueberſetzen aus dem Deutſchen eine ſtarke Einſchränk—
ung erfahren, die Lektüre emer weiteren Sichtung
unlerworfen und die Uebung im freien, mündlichen
und ſchriftlichen Gebrauche des Laͤteiniſchen als Ziel
des Unterrichis aufgegeben werden kann Ob auch
in Sexta und Quinta eine Herabſetzung der Stunden—
zahl des Lateiniſchen möglich ſein wird, hHängt von
weiteren Verſuchen mit einer perbeſſerten Methode
des fremdſpraͤchlichen Anfangs Unterrichts ab. Da—
gegen kann eine erhebliche Berminderung der häus—
lichen Arbeiten für das Lateiniſche durch Verlegung
der Hauptarbeit in die Klaſſe ſofort eintreten.2
Für das Griechiſche genügen ſechs wöchentliche
Lehrſtunden von Untertertia an aufwärts, wenn
zugleich die Grammatik wirklich auf das für ein
zruͤndliches Verſtänduiß der Schriftſteller nothwendige
Maß beſchränkt und ihr Betrieb eng an die Lektüre
angelehnt wird. Die ſchriftliche Arbeit zur Berfeßung
nach Prima kann wegfallen. 3, Es empfiehlt fich,
das Engliſche in dex an den Gymnaſien der Provinz
Hannover beſtehenden Weiſe von Unterſekunda an
aͤufwärts mit je zwei wöchentlichen Lehrſtunden in

Licht und Ichatten. — verb.)

Oxiginal Novelle von Hans Jorvaen3.

75



Er ſties die zur Villa führende Treppe hinan und be—
trat den Gorridor.

Den Diener, der ihm ſchon draußen entgegeneilte und
ihm jeßt beim Ablegen ſeines Mantels behülflich war,
fraate er, ob die Geſellſchaft ſchon voNzählig verfammelt
jei, worauf er zu ſeiner nicht geringen Berwunderung den
Befcheid erhielt, daß die gnädine Herrichaft für diefen Abend
au8 der Stadt feine weitern Gäfte erwartet habe als den
Herrn Commerzienzath mit feiner Familie.

®Seora itieg die breiten Treppenſtufen hinan, ohne den
im Hausflur ſtehenden zierlichen Koffer zu bemerfen, an
bdem der Weg vorbeiführte, und der auf die fernere An—
wejenheit eineS auZwärtigen Gaſtes ſchließen ließ.

Ais Georg, oben angelanat, den ihm vom Diener be-
zeidneten Raum hetrat am ihm Natalie ſosleich mit freu-
digem Lächeln entgegen.

„Da find Sie ja endlich,“ Jagte fie, dem Freunde ihre
Hand reichend. „Wir Haben mit ſteigender Ungeduld Ihrem
Sr{heinen entgegengejehen.“ —

„Sch bedauere e& lebhaft, Io unpünktlih gemejen zu
jein,“ war ®ecorgs Antwort, — „Fndefjeu, 19 fehr Sie audh
auf mich gewartet hahen wie Sie freundlich verlichern, —
Shre Ungeduld, mich hier zu fehen, kann kaum ſo gr0ß ge-
wejen fein, al3 mein Berlangen ijt, die Neberrafchung
fennen zu lernen, die Sie am Heutigen Abend für mich in
Bereitihaft hHaden.“ . $ .

„Noch eine KHeine Weile müflen Sie iich gedulden,
Seorg, bis ich meine leßten Wnordnungen getroffen habe.
— Dann folen alle Geheimnife ſih lichten.“ *

Bei diejen Worten verließ fie das Zimmer mit einem
heiteren Lächeln gegen den Angeredeten, der ihr einen fra—
genden Blick nachfandke.

Es fiel Georg auf, daß ſein Bater, der ſeit der Flucht
Leander3 daz Hoviale ſeines CharakterS falt gänzlidh ein-
gebüßt hatte, heute Abend im Geſpräch mit dem Pıälidenten
die alte, muntere Laune wiedergewonnen zu haben jchien,






den Lehrplan aufzunehmen. 4. Der Zeichenunter—
vicht anı in Sexta wegfallen, muß dann aber über
die Quarta hinaus bis zur Oberjefunda einſchließlich
als Pflichtfach mit je zwei Wochenſtunden fortgeführt
werden; in Prima bleibt es beſſer Wahlfach, iwie
bisher 5. das Hebräiſche bleibt der Univerfität
vorbehalten.“ — Durch die in dieſen Theſen vorge—
ſchlagenen Anderungen des Stundenvextheilungsxlanes
wird zugleich erreicht, daß in den drei unteren Klaſſen
die Geſaͤmmiſtundenzahl um je zwei Stunden wöchent⸗
lich ermäßigt werden kann. — E3 ſprachen Kruſe
Volkmann (Pforta) und Geheimrath Schott⸗
müller

— Berlin, 8. Dez Im Abgeordnetenhauſe ſprach
am Samftag Windt horſt über die Lolks-Schul—
vorlage in altgewohnter Friſche. Seine Haltung,
welche fich mit der des preußiſchen Episkopats, wie
der Kultusminiſter aus einer Eingabe der Biſchöfe
weiß, deckt, war völlig ablehnend er hält die
Borklage nicht einmal für verbeſſerungs—
fähig. Wenn ſie Geſetz würde, müßte erſt recht der
Kampf entbrennen; denn das Centrum würde
alljährlich die Abſchaffung dieſes Geſetzes
beantragen müſſen. Durch dies Geſetz würde die
katholiſche Kirche genau dahin gebracht, wohin ſie
durch den Kulturkampf kommen ſollte. Der konſer—
vative Redner Buch gebrauchte zwar ſehr entgegen—
kommende Redewendungen! indeß hatte er derartige
ſachliche Einwendungen, daß daran allein ſchon die
Vorlage ſcheitern Dürfte. Kultusminiſtex Goßler be—
wegte ſich in Nebenpunkten und ſuchte abzulenken, um
ſchaͤrfe Debatten hintanzuhalten, weßhalb die Diskuſ—
ſion allmählig ſchläferig wurde. — Das neue
Weißbuch uͤber Oſtafrika enthält nichts, was ſeither
nicht ſchon bekannt geweſen wäre — Die national—
liberale, Börſenzeitung! ſagt, Kultusminiſter v. Goßler
ſei „anitsmüde“ doch werde er jetzt noch nicht
demiſſioniren. — In der Lucius 'ſchen Fideikommiß—
Stempel-Angelegenheit ſoll der Kaiſer vor
einigen Tagen einen Spezialbericht eingefordert haben.

Ausland.

Rom, 8. Dez. Papſt Leo wird die Eneyk-—
lica über den Sozialismus im Dezember nicht mehr
veröffentlichen. Cardinal Zigliara arbeitet mit dem
Papſte noch daran und wird die Enchklica daher vor—
ausſichtlich erſt im Januar fertig werden.

* NewYork, 8 Dez. Eine Depeſche aus
Pineridgemeidet Miſſonar Pater Fulins
welcher ſich behufs Unterhandlungen mit den Häupt—








Anzeige-Blatt für die Anıtsbezirkle Heidelberg,
Ladenburg, Weinheim, Schwetzingen PhilippSburg,
Wiesloch, Bruchfal, Bretten, Nedargemünd, Mosbach,
Eberbach Buchen, Walldlirn, T.-Bijhofsh. Wertheim 2C,



lingen in das Lager der aufſtändiſchen Indianer
begeben hatte, ſei nach der Ueberwindung mannich—
facher Gefahren nach Pineridge zurückgekehrt. Der⸗
ſelbe berichtet, daß <r Berathungen mit den Häupt—
lingen gepflogen habe; letztere hälten behauptet, bei
ihrer Abfindung durch die Unions-Regierung ſeien
Irrthümer vorgekommen, die ſie dem Hunger preis—
gegben hätten; jetzt ſcheuten ſie die Unterwerfung,
aus Furcht, wegen ihres Aufſtandes gezüchtigt zu
werden. Er, Pater Julius, habe die Häuptlinge in-
ſtändigſt gebeten, nach der Agentur zu kommen und
zu erklären, daß ſie die Räubereien einſtellen wollten;
ſie würden dann ſicher Verzeihung erhalten. Die
älteſten Häuptlinge hätten dann eingewilligt und
würden in nächſter Zeit in das Haus des Pater
Julius kommen und dort dem General Broote ihre
Klagen vortragen. Pater Julius ſchätzt die Zahl
der indianiſchen Krieger auf mehr als 2000 ; ihr
Lager ſei wohl befeſtigt.

Aus Baden.
Heidelberg, 9. Dezember.

S Bom Neckar Bekanntlich hat Se. Majeſtät
der Kaiſer in der Berliner Schuleonferenz ı. A. die
Aeußerung gethan: „Wenn die höhere Schule auf
dem Standpuͤnkte geſtanden Hätte, auf welchem ſie
hätte ſtehen müſſen, wenn ſie das gethan hätte, was
von ihr zu verlangen iſt, ſo hätte ſie von vornherein
von ſelber das Gefecht gegen die Sozialdemokratie
übernehmen müſſen.“

Wenn das ein kath. Badenſer liest und noch ge—
ſundes Urtheil beſitzt, müſſen ihm ſonderbare Gedan-
ken fommen. Die höheren Schulen Gymnaſien
und Bürgerſchulen unferes Muſterſtaates — arbeiten
nicht nur nicht gegen die Sozialdemokratie /ſie för dern
ſie mächtig. Dem kirchlichen und religiöſen Leben
entfremdet giebt eine große Zahl der Lehrer nicht mur
den Schülern das denkbar ſchlechteſte relig. Beiſpiel;
ſehr viele unterlaſſen es auch nicht, durch ſpöttiſchẽ
Bemerkungen, Geſchichtslügen und rohe Angriffe auf
den chriſtiichen Glauben den zarten Herzen der Ju—
gend — die Religion — zu entreißen Die Blüthen—
leſe, die kürzlich der Bad Beobachter brachte, ließe
ſich noch endlos vermehren. Was dieſe Jugend—
bildner etwa noch übrig gelaſſen haben follten, das
rauben dann gründlich gewiſſe Hochſchullehrer. Wie
ſagte doch vor einigen Tagen der Matador der bad.
Sozialdemokraten und Gottesleugner Rüdt? „Was
ich hier vorbrachte, das haben mich die vom Staate
gut bezahlten Profeſſoren gelehrt und ich ziehe nu

Druck, Berlagu Expedition von Gebr. Yuber
in Heidelberg, Zivingerfüraße 7.











— —











Jowie, daß ſeine Mutter von einer innexen Aufregung be-
fallen war, die fich erfennbar genug in dem ſtets wechſeln—
den Ausdruck ihres Geſichtes ſpieselte.
®eorg fragte ſich im Stillen, obwohl die Weſchaffenheit
der in Wusficht ſtehenden Ueberraſchung die Beranlaſſuns
zu dieſen feltſamen Erſcheinungen geboten hHaben könne
. Eiwa zehn Minuten mochten vergangen fein, als Na⸗
talie wieder bei ihm eintrat.
_ GSie trug ein zujammengefaltetes, weißes Tuch in der
Hand, mitdem fie auf Georg zuichritt und jcherzend fragte:
Das Chrijtkind erwartet un8. — Die Lichter find ange-
zündet. Sriauben Sie mir, Georg, Sie ganz, wie es ſich
gehört, zum Baume zu führen.“
Der junge Mann ließ es geduldig gefchehen, daB man
ihm laͤchend die Nugen verband und meinte, Nataile mache
die Wehhnachtzbeſcheeruns ſo natürlich, daß ibm wie in
jeinen Knabenjahren gunz ſonderbar befangen zu Muthe
wäre.

Gefolat von jeinen Eltern und dem Bräfidenten durch-
jhritt Georg an Natalienz Hand mehrere Gemächer.

Endlich blieb man ftehen.

Flüſternde Stimmen ließen ſich in ſeiner Nähe hören und
erwartungsvoll ſchob er die Binde zurück

Der Slanz von unzähligen brennenden Wachslichtchen
blendeie feine Augen, aber dach bemerfte er aleich den
ſtattlichen fremden Herrn, der dort in geringer Entfernung
bon ihm neben ſeinem Vater und dem Kräſidenten ſtand
und lachend zu ihm hinüberſah.

Wer konnte das ſein?

Aber dort!

Wer war es, dex auf der anderrn Seite des - rieligen
Tannenbaunies ſich änaſtlich an die Seite ſeiner Mutter
ſhmieaͤte und mit Halb {Hheuwem, halb bittendem Blick zu
ihn dem Neberrafchten, aufſah?

„Samilla!” riefGeorg, al traue er ſeinen Augen nicht

Sie flog ihm entgegen.
„Und ijt e3 denn wahr? — Il nicht Alles nur ein
Traum? Du liebſt mich wirklih?” fragie der Glücliche,

— e — — — — — ——
an ſeiner Bruſt aufzurichten.

O Georg, wenn Du wüßtelt, wie ich mich nach Dir
gefehnt hHabe,“ flüſterte Camilla mit kaun vernehmbarer
und ſchmiegte ſich beſchämt noch feſter an den Ge⸗
iebten.

Bei dem nun folgenden, leiſe geführten Gejpräche, das
auf die BethHeilinten jeit Menſchengedenken die gleiche, füß
berauſchende Wirkung ausübt, verſchwanden die Unwejenden
unhörbar aus dem Zimmer.

Die Beiden aber waren jo. verjunkfen in ihr neu ge-
fundenes Glück, daß ſie weder das Hinausgehen noch den
jpäteren Wiedereintritt Dder Ihrigen zu bemerken ſchienen

Sie wurden aus ihrer Weltveraeſſenheit erft wieder
aufgeweckt, al3 eine leiſe Stimme hinter ihnen jagte:

Loch ſieben Tage bahen Sie, Georg, dann dürfen
Sie ſich ganz beftimmt darüber entſcheiden ob Sie ſich an
der Reiſe in den Orient betheiligen werden, oder nicht

®Georg wandte ſich überxaſcht um und fah in die ſtrah⸗
lenden Augen NataliensS, die mit feinen Eltern, dem Prä-
ſidenten und dem Bater ſeiner Braut, denn als ſolchen
lernte Georg jebt den fremden Herrn kennen, wieder bei
ihnen eingetreten war.

Es bedarf der fieben Tage nicht, Natalie, um mir
über meine Abſichten in dieſer Beziebung klar zu werden,“
erwiderte Georg_mit bemwegter Stimme und drücte voll
Dankbarkeit die Hand Nataliens. „Mein Entſchluß ift be-
reits gefaßt. Ich denke nicht mehr an Ddie Meile nach
Eayblen Camilla müßte mich denn begleiten woNen.”

. „30 folge Dir, wohin Du auch immer geheft,” war
die von einem leuchtenden Blick auf Georg begleitete Unt-
wort des jungen Mädchens.

Nichts da! — „AuS dieſem romantiſchen . Neber-
einfommen wird nichtS,” entichied in dieſem UWugenblid die
Stimme des Grafen Landed, der die lebten Worten der
Beiden gehört hatte und ietzt näher Hinzutrat. Nach dem
gelben Fieber kannn Euch unmöglich verlangen und wenu
Ihr durchaus Pyramiden ſehen wollt, {jo könnt Ihr Euch
dieſelben hier ſelbſt bauen laffen. — Was jagen Sie ?”
wandte er ſich zu dem neben ihHm ſtehenden Barguier—





während er verfuchte, den Kopf des zitternden Mädchens

Ich theile vollkommen Ihre Unficht, daß wir ähnliche


 
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