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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 251 - Nr. 260 (1. November - 13. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#1017

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A

IN

2

— — —






Eijdheint tägli® zl Außuahme der Somn- und Feiertage.
SamftagS mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlid
ME 120 ohne Ttaͤgetlehn 1 Poſtauffchlag Beſtellungen





bei den Poftanftalten. u bei-der Erpedition Zwingerfiraße 7.











Berantwortlicher, Medakteur :
zuline Yeder in Heidelberg.







— — —





GS9H04L900008000080068
Beſtellungen

auf den „Pfälzer Boten fur den Mongte
November und Dezember werden noch immer bei
Jämmtlichen Poſtanſtalten, ſowie in unſerer Expedition
Heidelberg, Zwingerfiraße entgegengenommen
Die Ervedition



Siede I5 Neißss- uud Landtags-Ahgeordneten
Serrn Kechtsanwalt Marbe über das
Ordenswefen.

Meine Herren! Der ganze Verlauf unſerer groß—
artigen Verfammlung liefert den beſten Beweis dafür,
daß e& für uns ein waͤhres Herzensbedürfniß war,
von der großen Reihe der politiſchen und hedeutenden
Fragen hauptſächlich die ſoziale Angelegenheit in der
Weiſe zu behandeln, wie wir e& biſher ſchon gehört
Haben. Unſere Zeit iſt eine ernſte, ſie verlangt Klar—
heit und Wahrheit, es iſt nicht mehr möglich, mit
Hoffen und Unentſchloſſenheit ausZzufommen, Die
Zeit iſt vorbei, wo man ſich ſelbſt anlügen konnte,
al8 ob e& beſſer und anders wäre, als es in dieſer
Zeit in der That iſt. Wir müſſen die Dinge er-
fennen, wie ſie ſind, und nehmen, wie ſie ſind! Von
der Verflachung/ die uns die liberale Herxſchaft auf
den verſchiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens ge—
braͤcht hat, müſſen wir uns losreißen, wir müſſen
prinzipiell manche Dinge behandlen und fie Durchzus
jühren ſuchen, mag es toſten, was e& wolle. Gerade
mein Hert Vorredner hat uns gezeigt, wohin der
kurzfichuͤge Liberatismus führen mwürde und führen
müßte, wenn man ihm die Herrſchaft noch länger ge—
waͤhren wollte. E3 würde manche Einrichtungen in
Gefahr bringen, die uns hoch und heilig ſind und
darum muß man ſich davon abwenden und die Mittel
ergreifen, die nothwendig ſind, um uns vor ſolchen
Gefahreu zu ſchützen. So kann ich ſagen keine Au—
torität, ſei es Golt oder Teufel, ſei es Himmel oder
Hölle, Sie haben e& gehört, ſoll mehr gelten. In
einer ſolchen Zeit iſt ein klares Auge ein feſter Muth
und ein offenes Wort am Platze Darum, angeſichts
der Roͤch und der Gefahr/ rufe ich offen aus ein
Wort, daß es hineindringe in alle Lande, in alle
Städte, in alle Dörfer, hinauf auf den Schwarzwald
und hinauf in den Taubergrund, es iſt das Wort:
Ohne Orden kann die katholiſche Kirche ihre Aufgabe

47 Eicht und Ichatten. — —
Original⸗Novelle von Hans Jordaens

Seorg hatte einen Arm auf den runden Ti{jch geleat,
der in der Mitie des ZimmerS ftand, und {pielte nachläfiig
mit den jeidenen Quajften, die zwilchen den ſchweren Falten
— den Kanten des Tiſches niederfliebenden Decke ſich
verſtecten

ei den lebten Worten Rolanda hob er mit einem
zubhigen Lächeln den Kopf und fagte zu dem Beſucher
gewandt:

„Wo3 Ihre letzte Befürchtuns betrifft, Herr v. Gehren,
ſo bin ich in der glüclihen Lage, über diejen Bunkt ganz
hinwegjehen zu fönnen. Der Himmel hat mich ſo reichlich
mit ®lücsgitern überfchüttet, daß ich um eine Bergrößerung
derfelben nicht zu forgen hrauche Es wird mir eine Freude
fein, den irdijhen Bejiß {päter mit der Erwählten theilen
zu Bönnen. — Sind wir nur einig?”

RKoland ſpraug von ſeinem Sitze auf.

„Gewip ! Vollommen einig.”

— @8 war ihm, al® bätte ex den ermorden müffen, Dder
vielleicht jchon binnen Kurzem durch die Bande der Ver⸗
wandtidhaft ihm nahe gerüct ſein würde. 1

Die beiden jungen Männer reichten ſich die Hände.

_ Kalt und höflich, wie der Empfang, war auch der Ab⸗
ichied zwijchen ibnen )

YAl3 Roland ihn verlaffen Hatte, ftand Georg o eine
geraume Weile in dem Zimmer und ftarrte nachdenklich auf
chineſiſchen VBafe.

WazZ bedeutete nur dieie merkwürdige Unterredung ?

Solte am Ende Natalie — — $

„ Mein, e8 war nicht möglidh ; — ihr Herz war keiner
Leidenſchaͤft fähis. Anr

Nur ruhige, freundfchaftliche Gefühle konnten in ihrer
Seele Raum finden.

Budem wäre e3 gegen alle menſchliche Erfahrung, ge-
wejen, wenn DHerr. von -Gehren , aus. ſolchem Grunde eine
Ünterredung mit ihm geſuch Hätte. Y

Der junge Maler ichwärmte 1a ſelbſt für-Natalie ; wie
Hätte der ſelbe JO gegen ſein eigenes Snterreffe handeln können.



in jozialer Hinſicht nicht löſen. wir müſſen Orden
haben, Orden, Orden! ECangandauernder Beifall und
Kufe! ſehr richtig.) Ihr Zuruf würde mich beinahe
der Mühe - überheben, noch viele Worte weiter 3
ſprechen, und ich will mich bei Der vorgerückten Zeit
auch möglichft kurz faſſen und uur ein paar Ge—
danken zur Begründung meines Wortes an dasſelbe
anfniüpfen. Bie Gründung und Ausbreitung aller
Srden zu allen Zeiten iſt immer und immer hervor⸗
gegangen auͤs den jozialen Nothſtänden des Volkes.
Schauen Sie hin auf die Zeit. wa der hl. Benedikt,
der hl. Franzisfus, der hl. Dominikus, der hl. Igna»
tiu8 Srden gegründet haben, immer war ein ſozialer
Roͤthfland vorhanden, dem dieſe einzelnen vollendeten,
heiligen, intelektuell und moraliſch vollkommenen
Männer zu begegnen ſuchten! dadurch daß ſie Gleich⸗
gefinnte heranzubilden ſuchten daß fie mit dieſen ar⸗
beiteten, Litten, ſtritten und ſtarben und dadurch ganze
Laͤnder herausgerifjen haben aus der Noth, in der
ſie ſich befanden. (Bravo!) Eine ſolche Zeit iſt auch
die jeßige. Will man in der That dem ſozialen Noth⸗
ſtande begegnen, gut, ſo muß man alle Kräfte an-
ſpannen und namentlich die höchſten moraliſchen
Kraͤfte anfpannen und naͤmentlich die höchſten mora-
liſchen Kräfte, und wo finden wir ſie anders, als in
unferen kaiholiſchen Orden? Solche Männer ſind
leider in unſerm deutſchen Reiche theilweiſe ganz aus-
geſchloſſen, unſere Jeſuiten 3. B. ſind an vielen Orten
nur unter Beſchränkungen zugelaſſen, wie 3. B in
Preußen und in anderen Ländern unſeres deutſchen
Naterlandes. Sie ſind aber ganz ausgeſchloſſen,
wenigſtens in dem, was ſich auf die rechtliche Ge—
{taltung der Dinge bezieht und was die Männer⸗
orden anlangt in unjerem Lande Baden, gewiß nicht
zum Glück und noch weniger zum Ruhme des Landes.

Wenn wir nun den Ruf nach den Orden erheben,
ſo geſchieht es im Namen der Freiheit und im Namen
der Gerechtigkeit Eebhafter Beifall.) Wir verlangen
Orden zuͤr Rettung unferer Familien, zur Rettung
don un8, zur Retiung der Gemeinden, zur Rettung
des Vaterlandes und auch zur Rettung unſerer Gegner.
Sehen wir hin, wie allenthalben die Genußſucht/ die
Beranügungsfucht ſich ausbreitet, ſo daß man ſich
oftmal3 ganz darüber entſetzt, weil man ſieht, daß
das zum Verderben führen muß. Schauen wir hin,
wie Kohheit und Verwilderung in verſchiedenen Kreiſen
unfjeres Volles zunehmen, . und ſehen wir hin, wie
man ſo vielfach das Volk ſich auflehnen ſieht gegen
die AYutorität. — Non serviemus! Wir wollen nicht
Ddienen, — wollen nicht dienen weder Gott, noch dem






ote

Anzeige-Blatt für die Anıt3bezirke Heidbelberg,
Ladenburg, Weinheim, Schwebingen, Philippsdurg,
Wiesloch, Bruchfjal, Bretten, Nedargemünd, Mosdas,
Eberbach, Buchen Walldürn, T.-Bifchofeh. Wertheimt 2c.



Kaiſer, wir wollen herrſchen. Wenn wir dieſe Dinge
laufen ließen, wie fie gehen, ſo würde Fluch u, Elend
die Folge davon ſein Jaber gerade, weil wir das nicht
thun dürfen wir dürfen nicht müßig zuſchauen —
niuffen wir Mittel anwenden, um diejem Nothſtande zu
begeguen Deßwegen rufen wir die Orden ins SanDd.
(Beifall.) Man verfucht zwar durch verſchiedene Einricht-
ungen des Staates und der Schule dieſen Nothſeand zu
befämpfen. Von der Schule will ich in dieſem Augen⸗
blick nicht ausführlich ſprechen ich ſage nur, wenn
es eine richtige Thätigkeit wäre, und wenn es eine
chriftlich konfefſionelle Schule märe, ſo würde fie Man—
chem abhelfen können; aber wie ſie jetzt beſteht, kann
ſie ihre Aufgabe auf keiner Stufe und in keiner Hin⸗
ſicht erfüllei Auch die Kirche, die zu Diefem die
Mittel hätte, iſt vielfach beſchränkt, und dieſe Schran-
ken dürfen nicht länger beſtehen bleiben.

M, H! Die gegenwärtige Lage iſt, wie ich ſchon
benierkte eine ſehr ernſte, wir dürfen nicht mehr in
dieſer Vieldeutigkeit, wenigſtens Zweideutigkeit, in der
man noch da und dort operirt, Dverharren, ſondern
wir miüffen uns in dieſer Hiuſicht gerade in dieſer
Zeit, 10 manche Zweideutigkeiten herrſchend ſind wo⸗
durch die Gejchäfte des Liberalismns jehr gut bejorgt
werden, beſtreben, klare -VBerhältnifje 3 ſchaffen.
Anders mus es werden. Wir verlangen Orden im
Namen der Freiheit und der Gerechtigkeit. Wir wollen
frei ſein, damit wir fromm ſein können. Eebhafter
Beifall.) *

Meine Herren! Wenn man erkeunt, daß gegen—
über der Goͤnußſucht freiwillige Entſagung, gegenüber
dem Reichthum freiwillige Armuth, gegenüber der Em-
pörung freiwilliger Gehorjam geboten iſt — dann muß
man dieſe Tugenden auch üben dürfen im Namen der
Freiheit Gebhafter Beifall.). . OYder ſollte eS im
Qande Baden nur Herrn Dr. Rüdt in Heidelberg
möglich ſein, in zwei Jahren 140 Mal predigen 3zU
dürfen vom Unglauben, während Gottesglaube SGot-
tesfurcht und Goͤttesliebe von einem Urdensmann nicht
gepredigt werden darf? Einem Ordensmann, mag er
aun eine fchwarze, weiße oder braune Kutte anhaben⸗
wird das Predigen nicht erlaudbt, aber einem Un-
glaubensapoſtel wie Herrn Dr. Rüdt wird es ge-
ſtattet! und doch rühmt man fich, tolerant zu ſein
im Lande Baden. Wir wollen ja nur die Freiheit,
die auch Herrn Dr. Rüdt geſtattet iſt, keine andere,
und ich meine, die könnte uns nicht länger vorent—
halten mwerden. Eebhafter Beifall.)

Ich hoffe, man wird einſehen lernen, daß die Zeit
gekommen iſt, in welcher es Noth thut, ſolche Männer




















— —





— s — —

Sedenfal8 aber ſchien man in der Willa ſeine Abſichten
früher bemertt zu Haben, a!3 er vermuthete, und demgemäß
würde er alfo früher, als eigentlich ſein Plan war, mit
jeiner Erllärung hervortreten müffen..

Koland jtürmte unterdefien durch die Straßen der Stadt.
Er mar froh, al8, endlich die Thüre des Hauſes hinter
ihın zugefallen war, defjen Luft ihnr zu eritiden drobte.

„ Wie lalt und gefühNo3: mar dieſer Kaufmannsfohn,
diefer alverehrte Georg Zur Lenne! —

Und diejem hHätte er .gefagt, Deß Natalie ihn liebe ?
* Nein, Gott jei Dank, daz Wort tam nicht über ſeine

ippen.
Mber was hatte er nun mit der ganzen Unteredung
erreicht?

Lichts gar NichtS. **

Er füblte {ich unglüclicher als vorher; denn wie würde
Natalie die.Gewikßheit aufnehmen, datz ihr jede Hoffnung
benommen ſei?

Der. Gedanke hiergu machte, daß Roland die Kegen-
tropfen wie eine Erquidung empfand, die ihm Dder Wind
unaufhörlich in fjein erhitzies Geficht trieb, während e€r,
Sturm und BZeit nicht achtend, durch die Straßen eilte. —

17. Rapitel. ; }

Am Nachmittag erit fehrte Roland in die Villa zurück

Cr hatte Beit gebraucht, fih zu ſammeln und den
Sturm inr jeinem Herzen . niederzuklämpfen, den das Ge⸗
ſpraͤch mit @eorg in jeinem SHnnera beraufbeſchworen

Nber mwie nun Natalie das Gefürchtete mittheilen?

War c& Zufall, daß er bei ſeiner Rückkehr Natalie
allein in dem Gartenfaal anweſend fand ? }

Still und Iuhig wie immer, Jaß fie:da und nickte dem
Eintretenden mit freundlichem Säcdheln zU.

Koland ergriff einen Stuhl und ſetzte ſich Natalie
gegenuber

Seine Pulſe klopften fieberhaft. — . *

MWarum mußte geräde er der Berkündiger dieſer Nenig-

keit ſein?
Naͤlaͤlie erfuͤhr gleich, was ſie doch

. Wber es war beffer,
einmal wiſen mußte. ;
; Dusbift außergewöhnlich lange geblieben,“. beaann ſie









jeßt zu dem jungen Mann gewandt. „Hat Dein Gemälde
Sich {o in Anfpruh genommen, daß Du Dich nicht von
der Staffelet trennen konnteſt?

Noland ftrih aufgeregt mit der Hand das lange Har
zurück das ihm über die Stirue fiel. . .

„Nein, durchauZ nicht. — Du wirſt Dich wundern,
wenn i Dir fage, daß ich heute überhaupt Feinen Pinſel
angerührt habe! f

Natalie {ah zu ihrem jungen Freunde hinüber. E

„Warum willit Dır mir elwas verbergen ?” fraugte e
Jächelnd, „ich fehe Dir an, daß etwas ganz Beſonderes
Deine Gedanfen befchäftigt.” }

. „Das hHaft Recht, Natalie,“ Hang die raſche Antwort,
ich hörte in der Stadt eine N uigkeit, die mich nicht wenig
überra{®hte. — Camila hat einen VBerehrer.”

Zaͤs gewichtige Wort war gelproden. c

Roland {ah, - wie Natalie erblaßte; doch fie beiaß
Milnensfraft genug, fihzu beherrien und mit anfdheinen-
der Ruhe zu erwidern: .

„Camifla ift alt'und hübjdh genug,
zu haben. Wilit Du mir fagen, von wem Du jprichit 2”

“Sch iprehe von dem Hern Banquier, Dder allen
Srnites beablichtigt, au meiner Coufine eine Zrau Zur
Lenne zu madhen.” *

Daͤs Wort war feinen Lippen entflohen und ließ ſich
nicht zurücnehmen; doch Raland hätte gewünſcht/ die Macht
Ddazu zu befiben, ais er die Wirkung des Gefagten bei Na⸗
talie beobachtete ;

MNatakie ſaß vor ihm mit geſchloſſenen Augen. ;

Eine fait geiiterhafte Biäffe Hatte ihr Antlig überzogen,
und die Hände ruhten einander verſchlunaen im Schooße

¶Rehrere Sehunden peinlichiter Stille vergingen, dann
richtete. fie Jich- ein-mwenig in ihrem Sige auf und' jagte mıf
tonlojer Stimme und einer erzwungenen Kuhe : *

Ich daͤchie nicht, das ſchoͤn ſo bald zu Hüren. — Aber
es iſt beffer, daß Ales 10 gelommen ift. — Willſt Du zu
meinent Vater gehen, Roland ? ... Er fragte .. ſchen Ddiefen
Mittag nach Dir.“

Fortſetzung folgt.)

um viele Verehrer


 
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