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bei den Poſtanſtalten u bei der Erpedition Plöcjtraße 103,
für Stadt
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des bad Unterlandes. Preiz pro ſpalt Petit⸗
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Nr. 6.
Oeſterreichiſches.
In unſerm Nachbarſtaat Oeſterreich findet feit
langer Zeit ſchon ein Kampf aller Nationali-
täten ſtatt. Und was dieſe Thatſache noch betrü—
bender macht, iſt, daß auch im Klerus es ſolche gibt,
welche in Ungarn und Böhmen, in Polen und in
Krain, in Erbatien und Dalmatien alle Exceſſe des
Nationalismus mitmachen. Und doch kaun nichts
dem Geiſte und dem practiſchen Zwecke der Kirche,
als der göttlichen Heilsanſtalt für alle Menſchen
ohne Unterſchted, mehr widerſprechen, als die
Uebertreibung der Nationallitätsidee.
Die Urſache dieſer betrübenden Erſcheinung in
Oeſterreich beſteht darin, daß die Kathöliken einer
politiſchen Auffaſſung zuneigen, welche früher berech⸗
tigt ſein mochte, heute aber mit großen Gefahren
verbunden iſt. Faſt alle Führer der Katholiken in
Defterreich-Ungarn ſind nänilich Föderaliſten und
Gegner des Einheitsſtaates. Sie vertreten deßhalb
das „Staatsrecht“ der Ungarn und Böhmen u. f. w.,
und kämpfen für die „hiſtoͤriſch-politiſchen Individua⸗
litäten. Der katholiſche Klerus und der katholiſche
Adel ſtehen faſt ausnahmslos auf föderaliſtiſchem
Standpunkte und vertreten die weitgehendſten
For derungen der Nationalitäfen Caͤrdi—
nal Rauſcher welcher dieſer Auffaſſung abhold war,
und centraliſtiſchen Neigungen offenen Ausdruck gab,
galt den kaͤtholiſchen Foͤderaliſten als politifcher
Ketzer. Ebenſo ergeht es heute dem bekannten Rathe
Lienbacher, welcher gerne ein katholiſches Cen-
trum als katholiſche centraliſtiſche Reichspartei
begründen möchte. Das Hauptorgan der öſterreichi—
ſchen Kaͤtyoliken, das Wiener Valerland“, hat über
ſchen Centrums bereits ſein ſchaͤrfſtes Verdammungs⸗
urtheil ausgeſprochen. Nur die Pflege der „hiſtoriſch—
Vlitiſchen Indibidnalitäten“, d. h. die ausſchweifendſte
NationalitätenverhHerrlichung gilt dem Wiener „Baterz
land als katholiſch.
Wir machen kein Hehl daraus, daß wir den
Föderalismus der öſterreichiſchen Kaͤtholtken für einen
großen politiſchen Fehler halten. Macanlay fagte
einmal treffend, die Wahrheit in der Politik ſei nicht
Gwarz und nicht roth, ſondern grau, die Farbe der
Erfahrung Die heutige Militärorganifa:
tion aller Staaten bediugt eine centraliftifche VBer-
waltung; die ganze volkswirthſchaftliche Euͤt—
Wwidelung fordert die Zuſammenfaͤſſüng großer Ge—
bicete. Indem die oͤfterdeichifchen Katholiken als poli⸗
tilde Fartei diefen Wahrheiten ſich derfchließen,
TOwächen durc ihren Föderalismu3 die milt-
tärifdhe Madhtftellung ebenfo, wie e der natlr-
liden volfswirth|haftlich en Entwicdehmg Kınft-
lide Schranten ziehen. &3 {heint, daß e& wieder
82
Dorenzathe.
Roman von Me lati van Zaba—
Zus dem Dolläudifdgen überfeht von L . Oeemfede.
Fortſetzung.
„Sollte ich wieder beffe werden il i
äa'ter verfchreiben, da 8 zu ſtolz * Z
7 anzunehmen, Ich werde Sie nicht mehr fehen
* 7 iſt _ groß gemug, um einander aus dem Wege zu gehen;
5 eben ift mir eine große Laſt. Leider ach! find weder
Ihre — Viniche im ‚Stande, e& abzukürzen.“
fred, ſprich nicht länger in ſo räthjelhaften, harten
8* Warum iſt das Leben Dir zur Laſt? Ich dachte,
— Lebe Loßer war; woran Habe ich nur dieſen Haß
AT * bin hart gewefen, ich habe Dich ſchlecht behanz
* 2 amals wuͤßte ich nicht! was Du für mich thateſt,
4* 2 Machte mich rajend. SIch oglaubte, daß Du
— — — Wenn dunnich aber zu fehr verab-
* — annft Du bon mir gehen, fobald Du Did ftark
%„Qm_ . «SCÖI für ” meinen heil will nicht von Deiner
* eichen, 10 Tange Dr fchiwach und hilflos bleibft; zu
— ich meine Bflihten ala Gattin verwahrloft.« —
Schluchzend lag fie neben ihm. am Boden; mer Hätte es
ihm je zu prophezeien gemagt, daß er die Gräfi
3U der er mie Zu einer Füriti — T DE ⏑⏑ —
Füßen erblieten würbe? 1 feinen
7* * 2 Alles 4 84
a chte Jich um und drückte den Kopf tief in die Ki
— drohten ihn zu erftien, ‚aber — *
— ſehr war feine Seele von Zorn und Zweifel erfült,
— 7* ich ihr glauben ! Könnie ich ihr glauben!“ Die-
8 ) fehrie unaufhörlich bei ihm zurück, aber adhl wer
8 — — wieder?
ſie ©D fuhr Slabella fort, ihn zu verforgen; er fa
q[ß“:;nääb ‚Tolgte jeber ihrev Bewegungen, doch fein Wort *
— nöthig war, famı über feine Lippen,
es, der * 15n ſie iſt! Wie traurig fieht fie au8?- Bin ich
19 leiden Läßt?“ Die quälenden Gedauken ließen
es Ihrem
etwas direkt aus
Heidelberg, Donnerſtag, 9. Januar 1890.
die maßgebenden katholiſchen Politiker von ihren föde—
raliſtiſchen Schrullen geheilt werden. Der katholiſche
Clerus könnte an dem neuen Huſſttis mus in
Bohmen bereits ſehen, wohin die Pflege des Foͤdera—
lismus und Nattonalismus führt. Wenn Fürſt Karl
Schwarzenberg jüngft im böhmiſchen Landtage den
Neuhuſſiten den Fehdehandſchuh hiiwarf, ſo darf der
unparteiſche Beobachter nicht vergeſſen, zu erwähnen,
daß die Schwarzenberger und ihre politifchen Freunde
durch übertriebenen Naͤtionalismius und Föderalismus
den Jungezechen den Boden geebnet haben.
In Ungarn iſt die ultramaghariſche Haltung des
Führers der Katholiken, des Grafen Albert Apponyi,
längſt zum Scandal ausgeartet.
Es wäre, ſagt mit Recht die „D. Reichsztg.“,
an der Zeit, daß die öſterreichiſchen Katholiken
ihre bisherige politiſche Stellung im Sinne der
Kräftigung der Einheit der habsburgi—
ſchen Monarchie modificiren. Leider Iſt
hierzu keine Hoffnung vorhanden. Jeder Centraliſt
gilt den maßgebenden katholiſchen Perſönlichkeiten als
politiſcher Ketzer. Entgingen doch ſelbſt die Fürſt—
biſchöfe und Cardinäle Rauſcher und Kutſchker dteſem
Vorwurfe nicht.
Deutſches Reich
* Berlin, 7. Januar.
S Der Kaiſer hat dem General Feldmarſchall
Grafen Moltfe als erneuten Beweis feiner Aller—
höchſten Huld eine werthvolle, goldene Doſe derehrt;
auch dem jetzigen Chef des Generalſtabes der Armee,
Graſen Walderfee, hat der Kaiſer zwei hohe, ge⸗
ſchliffene Kryſtallkaraffen mit kunſtreich ausgeführlen
goldenen Deckeln zum Weihnachtsfeſt verehrt.
— Das Bulletin von heute früh Lautet: „Diens
ſtag fruͤh, vier Uhr. Nachdem die Kaiſerin Auguſta,
wenn auch mit Unterbrechungen, geſchlafen, traten ſeit
drei Uhr ſtärkere Behinderung der Luftathmung auf.
Durch Erſchwerung der Expeetoration gehen die Kraͤfte
in beſorgnißerregender Weiſe zuruͤck.
— Die Ruͤckkehr des Fürſten Bismarck
nach Berlin wird jetzt für die Mitie des Monats
angekündigt, und zwar unter der Bedingung, daß die
an der Influenza erkrankte Fürſtin bis daͤhin wieder
geneſen ift. Das Befinden des Fuͤrſten ſelbſt wird als
ein unverändert gutes geſchildert!
= In Reichs tagkreiſen wird angenommen,
daß man mit der zweiten Leſung des Etats nach etwa
10 bis 14 Tagen (alfo ſpäteſteus bis zum 22. Jan.)
zu Ende kommen wird. Dann ſoll die zweite Leſung
des Sozialiſtengeſetzes folgen, endlich die dritte Leſung
Etats. Der Schluß dürfte dann im erſten Drittel des
Februar zu erwaͤrten ſein.
— Die Schloßlotterie ſoll, wie das Comite
durch die Zeitungen melden läßt, in allen fünf Klaſ—
ihnı keine Ruhe, Wäre er geſund und ſtark geweſen, ſo würde
er ihr ohne Zweifel Alles erzählt und um Yufllärung erfucht
haben, doch ſein kränklicher Zujtand machte ihn. erregt ımd
eigenfinnig.
Bſabella aber {ah, daß ihr Unglück entſchieden war; er
liebte ſie nicht mehr! Sie war in Holland und Frankreich
ſchon als feine Frau bekannt und ‚er verftieß fie nun DHffent-
lich; das Maß war voll! Wer weiß, ob feine Gedaͤnken nicht
unaufhörlich bei Valentine waren!
So brachten fie den Tag zu; der Abend kam und Dder
Morgen erſchien wieder, doch nichtz änderte ſich in ihrem Ver—
hältniß; fie blieben einander eben ſo ferne, obſchon fie ſich im
Geifte fortwährend mit einander beſchäftigken.
Gegen Abend ſetzte Ifabella ihren Hıut auf und fagte:
Ich werde oben nach den Kranken jehen! Yoonne wird
inzwiſchen hierher kommen.“
„Suten Abend !“
Auf Wiederfehen !“
Und fie ging, froh, allein fein zu fönnen mit ihren Gedan—
fen, die alle gleich traurig maren,
Auch er war zufrieden, ihr kummervolles Angeficht, das
ihm unaufhörlich ftumme Votwürfe machte, für - einige Zeit
nicht mehr erbliden zu müffen.
Brenis kam, um ihm ein wenig Geſellſchaft zu Leiften; er
fand ihn aber zu niedergefchlagen und zu wortkarg, um mit
hm über feine Frau zu reden. Yuonne trat auch ein und
brachte ein paar Briefe und Zeitungen, welche Alfred gleich-
giltig fortlegte. Kaum aber hHatte Breniz ſich empfohlen, als
er in großer Haft einen Brief in Lila-Enveloppe mit Goldlack-
ſiegel Herausgriff und Sffnete, *
„Seehrter Herr !“ las er, „eine jehr delikate Familkienans
gelegenheit nöthigt mid, das Wort an Sie zu richten, Meine
Tochter, deren Launenhaftes, phantaſtiſches Wefjen mir leider
ſchon viel Verdruß bereitete, jcHeint jeßt wieder eine nene Ca-
price zu hHaben. Wenngleich ihr Interejje c& erfordert, dDaß die
zwiſchen Ihuen und ihr beſtehende Scheinehe baldisſt aufgelöft
werde, will fie gerade jeßt, wo e3 für fie Dringend nothwendig
iſt in dieſer Saͤche handelnd aufzutreten, ihr ganzes früheres
25, Jahrgang.
den. Die 200,000 Loofe ergeben &4 200 Mark ein®
Einnahme von 40 Millionen Naxt, Die 10,000 Se-
winne, welche ſich auf die fünf Klaſſen vertheilen
mit 995, 379, 379, 733 und 7514 Gewinnen, bean—
ſpruchen im Ganzen nur eine Summe von 27,400,000
Mark, Der Geſammtpreis der angekauften Grund
ſtücke dex Schloßfreiheit beläuft ſich auf 4,900,000 M.
das iſt 2000 Mark für den Quadratmeter. Wo blet
ben die übrigen 7,700,000 Mart? S& geht
aus den Mittheilungen nicht klar hervor, ob Die
Reichsſtempelſtener im Betrage von 2 Millionen M.
5 Prozent des Nennwerthes der Looſe aus dieſen
7,100,000 Mark beſtritten werden wird oder obdieſe
Steuer dem Preis der Looſe noch zugeſchlagen wird.
Selbſt wenn man das Erſtere annimmt, ſö würden
die Proviſionen der Bankhäuſer und Kol—
rekteure bei der Lotterie 5,700,000 Mark be—
tragen, alſo eine noch höhere Summe erreichen,
als diejenige iſt, welche für den Zweck der
4 die Niederlegung der Schloßfreiheit, übrig
eibt.
Fus Baden.
Heidelberg, 8. Januar.
Ihre Majeſtät die Kaiſerin-Wittwell
B Augufta iſt geſtern Nachmittag 4 Uhr 30 B
5 Minuten in Berlin verſchieden. S
In dem Zuſtand Ihrer Majeſtät war gefteru a
38 Mittag eine gewiſſe Ruhe eingetreten, weshalb f
} die Mitglieder des Königlichen Hauſes auf B
kurze Zeit das Palais verließen. Nachmittags M
waren die Majeſtäten, ſämmtliche Mitglieder M
des Königlichen Hauſes wieder am Sterbehette M
verſammelt. Die Kaiſexin lag bereits von Heute M
früh ab in Agonie und vermochte die ihrdar- M
gereichte Milch und Eisſtückchen nicht bei fich B
zu behalten. Oberhofprediger Dr. Koegel war M
hereits ſeit 3 Uhr Nachts am Krankenbette der M
Kaiſerin, Mittags waren auch Feldınarfchall M
Graf Moltke, Graf Walderſee, der Hausminifter M
v. Wedell, der Staatsſekretar Graf Bismarck M
und die Herren aus der Umgebung des ver- M
ſtorbenen Kaiſers Wilhelm im Palais er
ſchienen.
Kaiſerin Auguſta die Mutter unſerer Landes-
fürſtin war am 30, Septenıber 1811 als Tochter des
Froßherzogs Karl Friedrich von Sachfen-Weimar und
Gemahlin Großfürſtin Maria Baulowna zu Weintar
geboren, Am 11. Suni 1829 wurde die Prinzeſſin
mit dem Prinzen Wilhelm von Preußen, dem nach-
maligen deutſchen Kaiſer und König Wilhelm I, ver-
mählt. Sie überlebte ihren Gemahl und ihren ein—
zigen Sohn (Kaifer Friedrich III.) nur 18/4, bezw.
11/2 SJahre,)
‚glaube nicht zu viel von Ihrer Loyalität zu verkangen, wenn
ich an Ihr Ehrgefühl appellire und Sie erfuche, wohl einſehen
zu wollen daß in diefem Augenblick da Ihr Bater fogulagen
ruinirt ift, eine Verbindung zwiſchen Ihnen und der Gräfin
Iſabela de Marcy Höchft unpaffend fein würde, Das SGeld,
das Sie Ihren VBerpflihtungen gemäß jährlich fiir Sie abjorn-
derten, ruht noch in meinen Händen; um ihr Zartgefühl zu
jhonen, hHabe ich ihr nie etwas von diefer Geldfrage mitgetheilt.
Ich will mid) nicht direkt an meine Tochter wenden, weil ic,
nachdem ich in meinem letzten Briefe die praktiſche Seite , der
Fraͤge vielleicht etwas zu, offenherzig Ddargelegt hatte, ein
Schreiben von ihr empfangen habe, worin fie die Achtung, die
ſie ihrem Vater ſchuldig ijt, 3ZU ſehr aus den Yıgen vers
ritterlichen Ehrgefühl, und da ich au8 SIjabellas Schreiben
jchließe, daß fieſich jegtreinbildet, Sie zu Hieben, halte ich mid fu‚g
verpflichtet, Ihre Vermittelung, in Anſpruch 8 neHmeln, + + +
Mehr laͤs Alfred nicht von den vier Seiten, die noch
folgten⸗ Z
]“ xief er der Bäuerin zu, „ich gehe nach oben!
;‚llgl)r?gng)eaä 7 Sie in des Himmels Namen da anfan-
gen, Herr %äonä_ld” —
Ich will mich ankleiden —
*— fönnen Sie das denn? Sie find noch viel zu ſchwach.“
„BWir wollen e& verfuchen !” *
Und wie mit neuem Lehen Dbefeelt, ſtieg er die Treppe
hinan, erfrifchte ſich Kopf_und Angeſicht und zog ſeine beiten
Kleider an Eine halbe Stunde {päter kain er wiedet herunter,
— — bleich und matt, aber ſo lebhaft wie in ſeinen
44 meine Frau noch nicht wieder da, vonne?“
Voch nicht, Vonſieurt
„Dann gehe ich ihr entgegen.“
„Gie verlangen zu viel von SIhren Kräften, Gerr Brons l“
5 %—@at'_fl}tc@tfj 3u jagen! Ich will gefund fein und alt wer-
en, Da8 iſt die Hauptjache! Heute Abend miüjfen wir etiwWas
Feines zum Souper haben, gute Yonne 1“
Verhaͤlten verleugnen und jich mit Ihnen ausſöhnen. Ich
Fortſetzung folgt.)