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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 261 - Nr. 270 (14. November - 25. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#1049

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Erjcheimt täglich mit Mngnahme der Sonnz und Feiertage.
8 mit ‚Unterbaltungsbeilage, Preis vierteljährlich

M, 1.20 ohne Zrägerlohn n, Poftauffhlag. Beftelungen

. Bei den Boftanftalten u, bei der Srpedition Zwingerfiraße 7,



Berantwortliher Redalteur:
Juliut Jeder in Heidelberg.







die Plichten eines Hausvaters

‚la dem Inkrafttreten des Invaliditäts= und Alters-
Q_?etficberungßgeiegeä am 1. Fanuar 1891 werden in
mer Reihe von Artikeln der „D. Verk Ztg.“ ſo an⸗
Haulich klargelegt, daß es wohl-verlohnt, die haupt⸗
uͤchflen Punkte daraus mitzutheilen, zumal über
leje Pflichten bei allen denjenigen Hausborſtänden,
Enicht zu den großen Arbeitgebern gehören, noch

iicht ailzuviel Klarheit herrſchen dürfte.

Verſicherungspflichtig ſind bekanntlich alle Perſonen,
riche als Arbeiter, Gehilfen, Geſellen, Lehrlinge oder
ienſtboten gegen Lohn oder Gehalt beſchäftigt
erden und das 16. Lebensjahr überſchritten haben.
Aſo nicht nur alle Dienſtmädchen Köchinnen, Kuechte,
hüffen verſichert werden, ſondern auch alle Bonnen,
Ndergärtnerinnen, ferner die Ausbeſſerinnen, die
klatleünnen die Waſch? und die Reinemacherinnen,
ldoid das Entgeld für die Dienftleijtungen aller *
er⸗
e wird mit Hilfe von „Quittungsfarten“} und
Beitragsmarken“; man klebt eine Beitragsmarke auf
* Quittungskarte auf und wenn die letztere gefüllt
Eefere man fie ab. Zu allererft hat alfo jeder
Dausvater dafür zu ſorgen das jeder, der in ſeinen
Fauoftand verſicherungspflichtigt iſt, eine Quittungs⸗
larte erhält. Man ſchickt, ſobald der erſte Januar naͤht,
ür Polizei und fagt dem Dienſtboten, er ſolle ſich
ne Quittungsfarte zeben laffen. Dabei wird man
Qut thun, ihm irgend etwas Amtliches, das Dienſtbuch
%. deral. mitzugeben, woraus der Geburtstag zu er-
hen ijt. Der Dienftbote oder Arbeitsmann erhält



ünn eine zweiblättrige Karte aus gelbem Kartonpapier,
Im ein Getinges größer al8 die Doppelpoftkarten.. —
luf der erſten Seite ſtehen der Stempel der Behörde


*


— — —


regeſtellt iſt. Die zweite und dritte Seite enthalten
S nummerirte Felder für die Marken Die vierte

eite trägt den Abdruck dreier, bei der Verwendung
Quittungskarten beſonders zu beachtenden Beſtimmi⸗
gen. Für die Ausſtellung ſolcher Quittungskarten
4 der Verſicherungspflichtige nichts zu zahlen, ſollte
In Mrbeiter vder Bienftbote in der Beſchaffung ſolcher
Lrie ſäumig ſein, ſo hat der Hausherr für ihn eine
beſorgen, woraus etwa 5 oder 10 Pfennig Koſten
eben werden, welche vom Lohn abgezogen werden
nen. Auf die zweite und dritte Seite der Karte
aß nun der Hausvater für ſein Perſonal die Bei—
——— aufkleben, und zwar jedesmal bei Lohn—
Daraus folgt, daͤß man jeden, der Lohn

Blung.
%) £Licht und Schatten, —
Original⸗ Novelle von Han 8 Jordaens.









Kein und dreimal nein entſchied Samilla heftig bei
während ihre Hand das zuſammengeballte Papier in
Talcbe kamvfhaͤſt umfaßte; ' „ich will-nicht ſelbſt der
*rfündiger. meiner Kindijhen Thorheit Jein.“

.. So blieben ihre Sippen gefchloflen, sbidon in dieſen
m‘.‘senblid Offenheit Natalie gegenüber das einzige Heil-
Ittel gewejen mwäre; denn Natalie würde niemalS an
Reoxg gezmeifelt und daher jedenfals ſofort den Betrug
— der hier obwaltete, ñ ;

i Aber Stolz und Eigenliebe, dir uns fo oft im Leben
limme Kathgeber find, hinderten Camila, ein Geſtänduiß
‘Emamen‚ welches ihr. den Kummer ferner Woͤchen und
dnate erſpart hätte
j S Verlaufe des Taaes beobachtete Natalie häufia
ıc Defremden das junge Maädchen, . mit dem jeit dem
Orgen, wie ihrem ſcharfen Wirge nicht verborgen bleiben
Unte, eine merfwiürdige: BVeränderung vorgegangen ' war.
jn Camilla, war noch ftiller aeworden als anı den vorher-
hbenben Tagen, und. ohne icde äußere Veranlaſſung


Ung nabe/lag,/ein Tangjamı au
nri‘ld)e dieſer Erſcheinung fein.
— Nataliens beſorate Fragen indeſſen, ob die
eren am Fuße ſich verſchlimmert haͤtten, ſchuͤttelte
nur immer.. wieder verneinend mit den Kopf,
ä“%hm)olte indefjen. noch beitimmter den ſchon geftern .ge-

erien Wunieh : S )

8 =SaB mi dach Bauſe liebe Natalie, zu Hauſe wird

Mir daid wieder gut.fein.“

ſeh So ſchwer ſie ſich entſcliezen tonnte, Camilla jetzt
4 zu laffen, jo fonnte-Natalie,doch nichts andersS,-als
— — 8 ju] D

1' nacdHgebeit, ‘ und fo berkieß Camila in den nächften
hacelt {chom Die freundlice Billa, mwo fie deit Üebermuth

ſteigendes Fieber könne die

Eckt *














Seidelberg, Samitag; den‘ 15- Rovember 1890.



fordert, fragt: Haben Sie Ihre Quittungskarte da?
Wenn nicht, ſo beſorgen Sie dieſelbe! Iſt ſie glück—
lich zur Stelle, ſo kann das Aufkleben beginnen —


Mit ſolchen muß ſich alſo der Hausherr oder die
Hausfrau vor der Lohnzahlung ausrüſten.

Diele Beitragsmarken, welche in vier Abſtufungen
zu 14, 20, 24 und 30 Pfg. zu haben find, werden
von den Poſtanſtalten feilgehalten. Dieſe Marken
enthalten u. A. auch den Namen der Verſicherungs—
anſtalt, von welcher ſie ausgegeben werden, und jede
Poſtanſtalt hält die Marken nur derjenigen Verſicher⸗
ungsanſtalt zum Verkauf, in deren Bezirk ſie liegt.
Der Hausvater darf nur die Marken derjenigen Ver—
ſicherungsanſtalt verwenden in deren Bezirk ſein
Hausweſen ſich befindet. Wer alſo z. B. innerhalb
des Weichbildes von Berlin wohnt, muß ſeine Marken
bei einer innerhalb des Weichbildes gelegenen Stadt-
poſtanſtalt kaufen; wer dagegen zu Charlottenburg
oder Schöneberg gehoͤrt, kann dieſe Marken nicht
brauchen, wenn er auch zum Beſtellbezirk einer im
ſtädtiſchen Weichbild gelegenen Poſtanſtalt gehört;
er muß Marken der Verſicherungsanſtalt der Provinz
Brandenburg — nicht der Stadt Berlin — haben
und die befommt er nur bei Poſtanſtalten außerhalb
des ſtädtiſchen Weichbildes. Der Hausvater wird
nun aber im Zweifel ſein, welcher der vier Sorten
von Marken er zu kaufen hat. Das hängt von der
„Lohnklaſſe! ab, in welcher der Dienſtbote oder der
Arbeiter gehört Nach dem Geſetz giebt es nämlich
4 Lohnklaſſen, in welche die Verſicherten nach der
Höhe ihres Arbeitsverdienſtes vertheiit ſind. Zur 1.
Lohnklaſſe gehören die Perſonen mit einem Jahres⸗
arbeitsverdienſt bis zu 350 ME., zur 2 Lohnklaſſe
diejenigen von 351—550 Mk, wer jaͤhrlich 551—850
Wk derdient, gehört zur 3. Lohnklaſſe, weſſen
Verdienſt über 850 Mark hinausgeht, zur 4. Lohn—
klaſſe

Um dies zu berechnen, iſt nun Folgendes nöthig;
hat man Arbeiter, die einer Krankenkaſſe angehören
ſo nimmt man den Tagesbetrag des Lohnes, von
welchem die Krankenkaſfenbeiträge berechnet werden,
multiplizirt ihn mit 300 und hat die Lohnklaſſe. Bei
den übrigen, insbeſondere bei Dienſtboten und den
auf einzelne Tage im Hauſe beſchäftigten Perſonen,
kommt es nur darauf an, wie hoch allgemein der von
der höheren Verwaltungsbehörde feſtgefetzte ortsübliche
Tagelohn iſt: das 306fache ergiebt die Lohnklaſſe.
In Berlin iſt der ortsübliche Tagelohn gewöhnlicher
Tagarbeiter feſtgeſetzt: für erwachſene (über 16 Jahr

Un einem Abend derſelben Woche figt Leander Zur
genne in ſeiner Lernftube an dem mit Büchern und Heften
bebedtem Schreibtijdhe , und entfaltet auf demfelben mit
boshaftem Lächeln ein Zeitungsblatt, das er auzZ feiner
Rockfaſche zieht. .

Er braucht nihtlange nach dem zu fuchen, was Unter
allen —— ſein beſonderes Intereffe in UAnfpruch
nimmt.

In ziemlich fetter Schrift ſteht hier unter den Schiffs⸗
nadhrichten Ddie an ſich höchſt unbedeutende Notiz aus
Southampton : }

Am geftrigen Tage iſt der Dampfer „Ariadne“ gapitan
N., mit achtzig Paſfagieren an Bord voͤn hier nach New-
York in See gegangen.“ :

Leander vergleiht noch einmal das . nebengedrudte
Dakum mit der Bemerkung „am gefirigen Tage,” dann
wirft er ungeduldig das Heitungsblatt zur Erde, während
er heftia ſagt: ( ; i {

Verdammt daß ich mich ſo in der Zahl ixren mußte,
— ®eorg war alſo {hon auf dem Schiffe, alg mein War⸗
nungStelegramm' in Southampton anlangte. Wie jchön
wäre es gewejen,“ wenn er dieſen Ramſtẽtten 'al8‘ einen
Intriauanten. einen Verbündeten der Graͤfin angejehen
hätte. — IYun,“ fügte er mit einem ſpöttiſchen Lachen hinzu;
„man muß auch mit Wenigem {hon zufrieden jein.
Einfiweilen” wollen mir tuhia abwarten, ob der Brief nicht
am Ende allein die gewünſchte Wirkung thut, und dem
auf einige Zeit das Moralpredigen der—
eidet





20. Kapitel.
Die „Ariadne”, die unſern Georg über die Wellen des
atlantiichen Oceans nach NewsYork trug, war ein {hönes;
{tattlicdhe8“ Schiff, das jhon manden Kahıpf mit Stiürm und


‚ :Bu den Baffagieten, de diefes Mal unter ſeiner Flagge
die dahrt zu dem. fernen:; Welttheile antraten, „zählte auch:


welche die Abſicht Hakten, von New-York aus, wo gelandet


Staaten, Weſt Sudien und das fuͤdliche merita anzutretern!













Anzeige-Blatt für die Anıtsbezirke Heidbelbarg,
Ladendurg, Weinheim, Schwetzingen Philippsdnrg,
Viesloch/ Bruchfal, Breuen Nedargemünd, Moshac,
Eberbach/ Buchen Walldürn T.-Bifhofsh. Wertheiu :

E






Drud,Verlag u. Expedition von Gebr. ubzr
in Geidelberg, Zwingerfraße 7,












alt, männliche Arbeiter auf ME 240, weibliche 1.50,
für jugendliche männliche Arbeiter auf M 1.20;
weibliche auf Mk. In Berlin gehört alſo ein er⸗
wachſenes Dienſtmädchen oder eine Nähetin, welche
nicht Milglied einer Krankenkaſſe ſind, der 2. Lohnklaſfe
an, während ein Taglöhner, der im Garten arbeitet,
oder ein Diener in der 3. Lohnklaſſe zu verſichern
ſind. Für die erſte Lohnklaſſe braucht man hieruͤach
eine Marke von 14 Pf., für Lohnklaſſe 2 eine ſolche
von 20 Pfg., für Lohnklaſſe 3 eine ſolche von 24
Pfg und Lohnklaſſe 4 eine Marke von 30 Pf. Für
jede Woche der Beſchäftigung iſt eine Marke einzu⸗
kleben und zwar bei der Lohuzahlung. Bekommt
Jemand für einen langen Zeitraum Lohn, ſo ſind bei
der Lohnzahlung ſo viele Marken auf die Karte zu
kleben, als er Wochen gearbeitet hat. Nun fommt
e& vor, daß Jemand, 3. B. eine Nähmamſell, nicht
die gaͤnze Woche an derſelhen Stelle beſchäftigt ift,
dann hat derjenige die Marke einzukfleben, bei waͤchem
der Verſicherte zuerſt gearbeitet hat. Wer alſo eine
Näherin am Moͤntag beſchäftigt, zahlt für die ganze
Voche; nimmt man ſie an einem ſpäteren Tage der
Woche, ſo muß man ſich bei der Lohnzahlung derge—
wiſſern, ob ſie bereits für die laufende Woche eine




Deutſches Reich.

* Berlin, 13. Nov. Dem Bundesrath iſt jetzt
guch der Militäretat und die Berechnung des
Matrikularbeitrags, zugegangen Derſelbe überſteigt
den, Matriknlarbetrag des laufenden Jahres um 22
Millionen. Die Mehranſätze des Militäretat® be:
tragen 20 Millionen im ordentlichen und etwas über
2 Millionen im außerordentlichen Etat Eine Denk
ſchrift weiſt die Nothwendigkeit einer weiteren Ver⸗
mehrung des Kadettenkorp3 nach. — Die Eroff—
nung des preußiſchen Landtags wurde in
den üblichen Formen vollzogen; jedoch waren ſeit
langer Zeit nicht ſoviel Landtagsmitglieder anweſend,
wie geſtern, wo der ganze Weiße Saal völlig gefullt
war Der Kaiſer ſah friſch und wohl aus, begrüßte
huldvollſt die Verſammlung und gab aus der Corbha
Inzig dem Centrumsmitgſied Frhrn. v. Huene die
Hand, was allerſeits vernierkt wurde, Die THron-
vebde enthält üher keine der Reformfragen pofitibe
Angaben, deshalb iſt ein eingehendes Urlheil unmög-
lich Die allgemeinen Saͤtze finden bei allen Abend⸗
blättern Beifall. Selbſt die hoffnungsſelige „Natlztg.“
begnügt ſich mit dem einfachen Abdruck der Throͤn⸗
rede, andere Blätter wie, „Kreuzztg“, „Sermanta“)
... Georg hatte mit dem feiten Vorfab das Schift beitiegen,
fih während, der Dauer der Seereije möglichit. von ‚allen
Mit-Paffagieren fern zu haͤlten um daduͤrch dem Anknüpfen
läſtiger Bekanntſchaften zu entgehen, und jeinem Borjaße
getreu, brachte er auch die exſten Taae der Faͤhrt faſt auf
dem entlegeniten Theile des Verdecks zu.

Sr wechfelte nur dann und wann einige Worte wit
dem Kapitän, einem freundlichen von der Sonre gebräunten,
Fräftigen Seemanne, bewunderte die Gewaͤndtheit der Mat-
rolen bei ibren verjchiedenen, beſchwerlichen Arbeiten und
ſah dann wieder ‚ auf das Geländer ‚gelehnt, . ‚von ‚ feinem
gewöhnlichen Wusfichtspunkte in die ungeheure, vor ihnfid
ausbreitende Waſferwüſte

Die Vellen tanzten in vhantaſtiſchen Sprüngen heran
fie thürmten, ſich ſpielend aufeinander / und drängten o
näher und näher an die Wände des Schiffes, bi8 plößlich
eine mächtige Woge ſich hHeranwälzte, nm die Ahnungslojen
zu verſchlingen

. So- ging es’auch im Leben dachte Georg trübe bei ſich
Die, dalſchheit der Nenſchen raudbt uns in einem: Augen-
blid, was ſich an aufrichtiger Empfiadung- an unjerm Herzen
emporranfte,

Die Matrofen batten ſich längft daran gewöhnt, „den
ſtilen Herrn,” der ſo ſichtliches Intereſfe an ihremn Urbeiten
nahıt und tleine Belehriungen ‚oder SGefälligkeiten Hets {D
reichlich zu belohnen wußte, mit einem höfliden Gruße
vorüber zu lajjen, wenn er auf dem VBerdecke. erfhHien, umMm...
jeinen‘ gewohnten Plas "einzunehmen, und au von den
aſiaaiexen jchien keiner mehr die Nbjicht"zir habeh, Georg
Einen Cinfiedlerleben, zu. entreißen, nachdem ein. Verfuth
der Anräherung ſchon bei Mehreren gejYeitert. war.

Aber wie eS immer _im Leben zu gejHehen Yfleat, daß


Thun und Laſfen zu beſprechen (je weniger wir Das Treiben
unjerer Umgebung . zu deacbten gewohnt ; jind, 10 ; bildete
auch Georas „jonmderbare „ und hoͤchſt auffällige“ Art bei
mander '®ruppe der Mitreijenden den Gegenitand fjehr
animirter Unterhaltung:

(Fortfeßung folgt.)


 
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