— — und. Feiertage,
— — —
Yulins Jeder in Heidelberg.
_ Mes Allexheiligenfeßles wegen erſcheint
morgen kein Pfälzer Bote, Die, nächke Nummer wird
Montag Mittag erpedirt. ;
Rede des Reichs⸗ und Landtagsabgeordneten
Frhr. v. Buol über die „ſoziale Frage.“
(Fortſetzung ſtatt Schluß)
Ich habe vorhin die große Ehre erwähnt, die uns
vom erſten Führer der Sozialdemokraten erwieſen
vorden iſt, indem er unſerer Partei zugerufen haͤt:
Dieſen feſten Thurm müſſen wir uns zum Ziele neh—
men, den müſſen wir zertrümmern. Das halten die
Herren für eine würdige Aufgabe. Ich habe nicht
gehört, daß ſie anderen Parteien auch den Kampf an⸗
gekündigt haben, ich habe nicht gehört, daß ſie z. B.
der nat lib. Partei den Kampf zu entbieten der Mühe
werth gehalten haben, im Gegentheil, ich habe heute
in dem Centralblatte dieſer Partei einen Artikel über den
Rückgang der liberalen Partei geleſen. Darin iſt geſagt:
„Rückgang“ ſei nicht die richtige Bezeichnung, die
richtige Bezeichnung ſei „Mbfanlen.“ Geiterkeit)
Ganz beſonders hat mich ein Antrag gefreut, den ein
wohlbekannter Mann aus Heidelberg dort geſtellt hat,
ſowie auch das, was er über ſeine perſönliche Stellung
geſagt hat Uns iſt es nicht erlaubt, einen Kapuziner
zum öſterlichen oder ſonſt einem kirchlichen Feſte zum
Predigen kommen zu laſſen derſelbe Herr aber hält
in den Städten des badiſchen Landes ſeine freirelig—
iöſen Reden. Es hat mich ſehr gefreut, daß er dort
gejagt Hat, er ſei eigentlich nicht für die Freireligiöſi—
tät und Freidenkerei eingenommen, aber während der
Dauer des Sozialiftengejeges habe er ſich nicht als
Sozialdemokrat geben fönnen, und er ſei überzeugt
geweſen, daß, wer Freidenker und freireligiös ift, auf
dem beſten Wege zur Sozialdemokratie iſt. Ein an—
derer hat geſagt, man ſolle nicht ſchärfer gegen die
Religion vorgehen, denn, wenn wir die Religlon an—
greifen, dann ziehen wir eine Mauer um uns herum,
an die ſich das Landvolk und alle die, die auf Re—
ligion noch etwas halten, anſtoßen. Meine Herren!
Wer Ohren hat zu hören und Augen zu ſehen, der
kann, wenn er überhaͤupt Luſt hat, zu hören und zu
ſehen, hier am allerdeutlichſten ſehen, was zu thım
wäre, Es iſt weiter geſagt worden Wir wollen die
freie Wiſſenſchaft und eine freie Forſchung, wir wollen
44) Eicht und Schatten, (#taıd. berb.)
Original⸗Novelle von Han Jordaens.
Georg fuhr nach Hauſe mit dem unbefriediaten Ge—
Jühle im Herzen, weldhes eine unerfüht gebliebene Hoffnung
Immer bei uns zurücläßt; doch machte ihm die Gemwißheit
Hreude, .bei Camilla heute Abend {hon eiwas mehr weib-
lide Nachgiebigkeit gefunden zu hHaben.
Sie hatte ihm eines ihrer brillanten Fantaſieſtücke
Banz in der Zorm vorgetragen, wie eı vor mehreren Tagen
1hr. daſſelbe erklärte, und wenn ſie auch damals feine Be-
lehrungen. in ihrer aewohnten kindiſch bochmüthiaen Weiſe
ablehnte, ſo bewies doch ibr Heutiges Spiel, daß fie nicht
ſo flüchtig, war, ais ſie ſich den Anichein,zu geben . Juchte.
Am andern Morgen war Camila. nicht wenig, über-
Xajdht, als fie, durch den Park {treifend,, plötzlich einem
Diener des . Hern Zur Lenne begegnete, der mit - einem
Bouquet in der Hand, auf die VBila.zujchritt,
NReugierig geworden trat fie dem Manne entgegen.
Waz bringen Sie?“ fragte Camilla vor ihm {tehen
bleibend in ihren univen Weifje.
Der junge, Herr läßt der anädigen Herrſchaft einen
agen nicht hHerausiommen können da er hHeute Mittag
hach- London reiſen müffe.. — Diefe : Blumen,“ fuhr der
iener fort, während er Camilla das Bouquet überreichte,
Herrſchaften hier zum Beſuch iſt und laͤßt fie,bitten, wäh-
rend ſeiner Abweſenheit darnach einen Kranz zu zeichnen!“
Camilla - belohnte den Diener und eilte dann in
idneNem Laufe der Billa zu, während fie, ſo weit dies die
ile geftattete) den reizenden Blumenſtrauß von allen Seiten
etrachtete.
„ „Sieh nur, liebe Natalie,” rief ſie Jhon an der Zhür,
. während jie in das Zimmer jtütmte und Das Bouquet hoch
Mn Die Luft hielt, „Keh nur, welch” reizende Rofjen i joeben
betomme. — Sind fie nicht, als mären fie im Batadiele
Gewahfen 7“ * * ——
für Stadt
e
einen neuen Staat ſchaffen und der mag von der
Kirche dann getrennt jein. Dann ſind wir auf dem
dann von ſelber fallen Ich habe auch
Verfammlungen, denen ich angewohnt habe, viel reden
gehört don der Trennung von Kirche und Staat,
Kirche und Schule, von Kampf gegen das Dogma.
Es ſind das lauter alte Bekannte, die ich beim Leſen
dieſer Verhandlungen wieder getroffen habe Ich will
darüber nicht weiter {prechen, nur das Eine möchte
ich äußern, daß mich das an Dinge aus meinem
eigenen parlamentariſchen Leben erinnert hat Wer
erinnert ſich bei dem Verlangen der vollſtändigen
Gleichheit der Frauen und Männer auf wiſſenſchaft—
Verhandlungen auf dem badiſchen Landtage, wo es
Wiſſenſchaft allein, nein auch zu wiſſenſchaftlichen
Erwerbszweigen, zur Ausübung der ärztlichen Praxis
und des Profeſſorenlehramts an Hochſchulen u. f W:
wer erinnert ſich nicht der Verhandlungen im Reichs⸗
tage, wo die Freiſinnigen ſich mit wahrer Begeiſter⸗
ung geeifert haben für die Zulaſſung der Frauen
Ueberzeugung war jenes ein ſchlechter Anfang der
erſte Schritt abwärts, der zweite aber iſt eine Folge
des erſten, und die weiteren Schritte können lediglich
zu dem gehören, gegen was wir in Halle proteſtirt
haben. Doch davon fürchte ich nichts Ich möchte
demjenigen, der die Luſt hat, oder die Neigung em—
pfindet, ſich nach jener Seite hin zu ſchlagen, in die
Lage ſetzen, einer Verſammlung von Frauen die Po⸗
litit treiben, anzuwohnen (Beifall.)” Ich habe auch
in den allerletzten Tagen
Frauenverſammlung geleſen, die in Berlin getagt hat,
und wer die Damenkritik über die in Halle gefaßten
Verſammlung angewohnt hat, der, glaube ich, wird
von ſeiner Neigung für längere Zeit kurirt ſein. Ich
ſage, mir genügt das, was ich bis jetzt kennen gelernt
habe Privateigenthum gibt es nicht, nur Staatseigen—
thum, es iſt ferner das Lohnverhältniß abgeſchafft,
es gibt keine einzelne Arbeitgeber und Arbeitnehmer
mehr, ſondern nur genoſſenſchaftliche Herſtellung der
Arbeit und nur genoſſenſchaftlichen Genuß der Arbeit,
und endlich ſoll das ſoziale Elend auf dieſem Wege
abgeſchafft werden, weil es auf einem anderen nicht
abzuſchaffen ſei! Weiter wird geſagt, es ſollen die
gegenwärtigen Mißſtände keine Auswüchſe der gegen—
Anzeige=-Blatt für die Mitsbezirte Heidbelberg,: ı
Ladendurg; Weinheim, ; Schwebingen, : PhilippsSdbauray ..
MWiesloch, Bruchfal, Bretten, Nedaxgemitnd,. DL 5
Cbexbach, Buchen Walldäun, T.-BijHof8h. Werthetnee
—
wärtigen Ordnung fein, ſondern Konſequenzen Dieſen
Sag muͤſſen wir zu unſerm Angriffshunkte nehmen;
er iſt ſo falſch als mur irgend eiwaͤs falſch fein kann.
Dem gegenüber ſteht die erhaltende Richtung in dieſer
Bewegung, auf der wir alle Gott ſei Daͤnk aus⸗
nahnislos {tehen. Wir woͤllen den Werth der irdi-
ſchen Güter als von Gott anvertrautes Gut erhalten;
wir wollen nach dem Raͤth der goͤttlichen Vorſehung
leben; mir wollen vor allem duͤrch die chriſtliche
Nächſtenliebe den Unterſchied der Klaſſen von reich
und arın exhalten eingedenk des Stifters unſerer Re⸗
ligion, der arm auf die Welt gekommen iſt und arm
auf der Welt gelebt hat; wir wollen unſern Glauben
an ein Jenſeits erhalten, weil er uns die Kraft ver⸗
Teiht, die Mühſale, ohne die das Leben nicht abgeht,
Ganz abgeſehen vom chriſt⸗
lichen Glauben und den chriſtlichen Grundſätzen würde
ich ſagen das iſt Theorie, was die Sozialdemokraten
ſagen und es Tieße ſich darüber ſprechen wenn über⸗
hHaupt die Auſchauung richtig wäre, daß Glück und
Zuftiedenheit zunehmen Dbei ſteigendem Befig und
Vermoͤgen! Ich ſpreche jedem die Keuntniß des
Menſchen und der Welt ab, der dieſe Behauptung
aufſtellt, ich ſtelle dem vielmehr die Behauptung ent⸗
gegen, daß durchſchnittlich Glück und Zuͤfriedenheit in
größerem Grade gefunden wird, wo neben dem Beſitz
des Noͤthwendigen Religloſität vorhanden iſt Es
ſind die Beſtrebungen dieſer beiden Lager innerhalb
der ſozialen Frage vorhanden: auf der einen Seite der
Kampf gegen die Kirche, der Kampf gegen die Religion
in zweiler Reihe der Kampf gegen den ſog. Klaſſen⸗
{taat, der Kampf gegen die Geſellſchaftsordnung auf
der andern Seite, dementſprechend ein Kampf für die
Kirche und eine Vertheidigung der Religion und das
Beftreben, mit Aufbietung aller Kraft die Klagen
und haarſträubenden Uebelftände zu beſeitigen Wenn
Sie mich fragen: welcher Aufgabe iſt überhaupt die
erſte Rolle zuͤzuſchreiben, ſo muß ich antworten: ich
glaube, das iſt ein ganz unnützer Wortſtreit Ich
krinnere mich und theile da ganz das, was in dieſer
Beziehung der Hochıw. Biſchof Korum hinſichtlich dieſer
Fraͤge auf dem Lütticher Köngreß geſagt hat: Laſſen
— Betlag ı. Erbedition von Webr.: — ——
in ‚Heidelberg, Zwingerſtraße 7.
beiters ſorgen, und ich will dann ſuchen, in der dritten
ſeine Seele zu gewinnen.“ Und ſo werden Sie von
mir erwarten, daß ich Ihnen darlege, in welcher
Weiſe die Aufgabe unſerer gegneriſchen Richtung in
dieſer ſozialen Frage gelöſt werden kann und was
uns in dieſer Beziehung zunächſt obliegt. Da habe
ich in einem Artikel gelefen, daß bei der Behandlung
und ſich ſelbſt vor die Dame auf die Kniee.
Natalie erbleichte und unwillkürlich fuhr ihre Hand
zum Herzen das 1{0 heftig zu ſchlagen beganmn.
Sine undeftimmte Ahnung fagte ihHr, wer der Ueber—
jender diefer anmufhigem Blumen Jei-
Che ſie iedoch eine Frage hätte ſtellen Tönnen, kam ihr
Roland, zuvor, der den Kampf. in ihrem Innern ahnte und
das Peinliche ihrer Lage zu mildern wünſchte
Matalie mürde e& waͤhrſcheinlich nicht auffällig finden,
wenn Du ihr nebenbei auch noch ſagen wollteſt, von w m
Du folche Aufmerkffamfkeiten anzunehmen gerubheft,“ begann
er mit hörbarem Spott zu Camilla gewandt ; denn obſchon
dieje eigentlich die unſchuldige Beranlaffung war, zürnte
er ſeiner Couſine wegen des neuen Kummers, den ſie Na-
talie Dereitete, Es gehört meines Wiſſens nicht zum guten
Zon, wenn eine junge: Dame in ähnlichen Dingen ſelbſt⸗
{tändig, zu handeln verfteht.“
Camilla ſah mit einem gerinaſchätzigen Lächeln zu dem
Vetter hinüber.
Nichts als die brennendfte Neugier, die ans Dir
{pricht,“, ſaate ſie mit einem Seitenblid zu ihm hin. —
Du verſchanzeſt Dich hHinter Natalie, um nur ja auf dem
ſchnelſten Wege zu exfahren, was Du zu wiſſen wünſcheſt
Es hätte Dir waͤhrſcheinlich viel taktvoller gefchienen,
wenn ich Div-gleich mit meinem Bouguet um den Hals
gefallen ‚wäre und Dir -gejagt hätte: Lieber Roland, „Keh,
dieje. Blumen ſchict Herr Zur Senne mir joeben, geſtaͤtteſt
Du, daß ich diefelben annehme.‘ Nicht wahr ?”
Etreitet Euch nicht wie die Rinder,“ ſaate Natalie,
die ihre Ahnung durch Camillas Worte beftätigt fand, mit
einem Verſuche zu lächeln und ihre ſchmale Hand alitt be⸗
ruhigend über das dunkele, wellige Haar des jungen Mäd:
en3, das noch immer, vor ihr. fniete. ‘ „SYr ſeid zwei
Hitzkopfe negeneinander, die ich wirklich unausSgejeßt vor
einem gefährlichen Streit zu hüten habe. —- Haft Du die
Blumen ſelbſt angenomtmen, Camilla ?”
‚,Fa Kebe Matalie, ich war eben im Parke als der
Diener damit hereinkam, ı — ‚Denke..Div; Herr Bur Lenne
wird unsS.in den nächſten Tagen nicht bejuden; er reiſt
heute Mittas nach Sondon.“
— — —
„Schon wieder,“ fagte Natalie mecdhanifch;, waͤbrerdſie
Igebanrennofl mit den Rofen fpielte, die in ihrem Schooße
agen. .
„Das war der Huftrag, den der Mann mit einem Gruke
für die gnädige Herr{chaft . bracte,“ . berichtete Camilla
weiter, „und mir übergab er das Bouquet, ich ſoll während
feiner Abweſenheit darnach einen Kranz zeichnen.“
Du ſoli dieſe Moosrojen zeichnen? fragte Roland
mit unverhohlener. Fronie ſeine Lonſine anfehend. .
„Mein liebenswürdiger Yetter Hült wich dazu natlirlich
nicht fähig,“ gab fie hoͤchmüthig zurüd: Ich kannn Dir
aber zum Xrofte verfihern, daß eS nichtDdie erſten derartigen
Rofen-fnd; ((Die-ich mir; ſelbſtſtaͤndig axraugirt und ohne
fremde Hülfe gezeichnet hHabe.” *
Aber auch dieje lebte ſtolz gegebene Erkflärung war
nicht im Stande, dem Vetter zu unponiren oder ihn von
ihrer Kunſtfertigteit zu überzeugen;., denn er erwiderte,
ohne ſich zu befinnen, mit ruͤckſichtsloler Offenheit:
Seſto ſchlimmer für Dich. Ich ſehe dgraus nur.
daß . Du- jchomn unverantwortlihH viel Zeit und Papier ver⸗
dorben haſt!
Familla ſchleuderte dem Vetter, der ſo unbarmherzis
mit ihr verfuhr, einen zornigen Blick zu
Waß «r nidt einmal geiten laffen wolte, was Andere
bei. ihr aufrichtig bewunderten überſties offenbar die Grenze
des Erlaubten
Sie wollte ihm Heftig darauf entgegnen; doch Yatalie
Hopfte ihr Tächelndauf die heiße Wange und jagte Janit :
„Beruhige Dich Liebe : Camila,,.. Ich bin überzeugt,
Du wirft dem Vetter, Rolaud bald genug den Beweis ge-
indem Du ihn {Jowohl wie Seorg. in den nächiten” Zagen
miteiner‘ Hübjch ausgeführten: Zeichnung berraſcheſt
Camilla’s {hwer ‚verwundete, Sitelkeit ſelerte bei Diefen
Worten, die:einedeutliche Anerfennung ihrer Kunſtfertiskeit
enthielten; ‚einen neuen Trinmph.
@ verſtand aber auch Nıemand,
ſprechen wie eben Natalie.
Fortſetzung folat)
ſo beruhigend und
tröſtend zu