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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 291 - Nr. 298 (20. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#1177

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Exjheint Laglig mu Angkahme der Sonn- und Feiertage.
Samjtag8 mit UznterhaliuiugsSeilage. Breis vierteljährlich
L 1.20 ohne ZTrägerlohn u. Yoranficlag. Beftellungen
bei den Bojiaufialten u br der Wrxpebition Zwingerfisaße 7.








— —

I ů — Redaltenr:
2 Yılins Seder in Heidelberg.









AUnzeige=-Dlatt für die Amtshezirfe Heitelverg,
Vabenburg, Weinheinm, Schwegingen, Phılippsburg,
ZpieSloch, Bruchſal Bretten, Nedargemund, Mosbach,
Eberbach Buchen, Waldlirn, T.-Birhofsh. Wertheiun2c.








— —



Drud, Berlag ı. Crpedition von Hebr, Yuber
in Heidelberg, Zwingerſtraße 7.



E

39©




Tage der Beſtellung an, bis zum 1. Januar 1891
den Pfälzer Boten gratis zugefandt. Des⸗
gleichen diejenigen neuen Lejer, welche den Pfälzer
Boten bei den Agenturen oder bei den Trägerinnen
beſtellen.

Kurz nach Neujahr beginnen wir mit der Ver—
öffentlichung eines neuen höchſt intereſſanten und ſpan—
nenden Romanes,

Ein ſchön ausgeſtatteter Wandkalender wird
mit Beginn des neuen Jahres jedem Abonnenten
des Pfälzer Boten gratis zugeſtellt

Der Preis des täglich erſcheinenden Pfälzer
Boten bleibt derſelbe wie bisher 1 Witk. 20 Pig.
pro Quartal ohne Poſtbeſtellgebühr und Trägerlohn.

Im Intereſſe einer ununterbrochenen Zuſtellung
des Pfälzer Boten bitten wir recht frühzeitig,
alſo ſchon jeßi zu beitellen. Probenum—
mern werden in beliebiger Anzahl gratis und franch
verſendet!

Jeder Abonnent des Pfälzer Boten möge e&
ſich angelegen ſein laſſen, mindeſtens einen neuen
Abonnenten für unſer Blatt zu gewinnen

Die Expedition

— — ——⏑

Dn ſolſt kein filſches Zengniß geben wider
‘ Deinen Kächlien!

Aus dem Mündiner Zremdenblatt).

Das Verlangen der deutſchen Katholiken nach der
Aufbebung des Zeſuitengeſetzes ruft den „Cvangeli-
ſchen Bund“ unter ſeine Fahne, auf welcher die
Worte ſtehen: „Nieder mit Rom; nieder mit dem
Ultramontanismus d. h. dem Katholizismus; nieder
mit den Jeſuiten!“

Auch die Freimauerei kämpft mit erneuter Wuth
gegen die Jeſuͤiten. Die Schrift des Freimaurers
Henne am Rhyn „Der Jeſuit“ zirkulirt in Tauſen—
den von Exemplaren Die Mittel in dieſem Kampfe
wider die Jeſuiten ſind die Lüge und die Verleumd—
ung Allerortens werden Petitionen verfaßt gegen die
Rückfehr. der Jeſuiten! — Die Jeſuiten nennt man ;

— * —




Der alte Görres ſagte:
Was man nicht direkt gegen die Kirche und gegen
die Ihrigen auszulaſſen wagt, da befördert man unter
der Adreſſe der Jeſuiten an Ddie, welcdhe es angehen
mag. Allen Haß und SGrimm, den man
gegen die Kirde niht zu bändigen weiß,
hat man von jeher gegen die Jeſunitenab⸗
geladen.

Man ſagt, daß ſogar Profeſſeren der Univerfität
zu Halle eine Petition veranlaßt hätten, aus jenem
Hale, aus welchem der Philoſoph Wolf, welcher die
Jeſuiten „eminent gelehrte Männer“ nanute, auf Be—
treiben der Profeſſoren mit königlicher Kabinetsordre
vom 15 November 1723 bei Meidung des Stranges
ausgewieſen wurde.

Handelt man D un wirklich im Intereſſe des Frie—
dens oder iſt es etwas Anderes was man fürchtet?

Jüngſt gab ein Berliner Blatt, die Brliner
Morgen Zeitung! die AIntelligenz, die hoöhe wiſſen—
ſchaftliche Bildung der Jeſuiten zu, behauptete aber,
die Wiſſenſchaft ſei den Jeſuiten nicht Selbſtzweck,
und ſie ſeien! ſelbſt bei der größten Lauterkeil der
Individuen ſtets geneigt und bereit! die Wiſſen—
ſchaft zn ihren Zwecken zu heiragen; d9
zufälſchen Darın liege DieGejahr, die
von Seiten der Zefjuniten drohe.

Das i{t’S alfo, was man fürchtet. Die geiſtige
Potenz der Jeſuiten 1{t’8, welche das ungeſtörte Breit—
machen der Proteſtantiſchen Wifjenjchaft“, und die
die Freiheit Anderer mißachtende Geiſtesfreiheit be-
einträchtigen könnte. Daher alſo die Hetze, daher die
Verfolgungswuth!

Der Hauptverein des Evangeliſchen Bundes“
ſendet, wie wir hören eine Betition an den Reichs—
tag; und das Niemals?t, das als Forderung aus-
geſprochen werden muß, wird einen Donnernden
Viderhallim ganzen evangel Vohke
finden

Wer iſt denn nun eigentlich dieſer Ebangeliſche
Bund“? — Als Profeſſor Dr. Nippold zu Fena,
der ſich durch ſeinen fanatiſchen Haß gegen die katho—
liſche Kirche auszeichnet, an die ſchweizeriſche Geiſt—
lichfeit eine Einladang ergehen ließ, antwortete der
Baſeler „Kirchenfreund“: „Einen Agitationsverein
nach Art des ſogenannten Epang Bundes! brauchen
wir nicht, und wollen wir nicht Wer jein
Vaterland tieb Hat, gibt denen kein Ge—
hör weſche dieſen Bund von Außenherein
tragen wollent

Ein Berliner proteſtantiſcher Thebloge ſchrieb dem

2

Berliner Tagblatt: „Es iſt Zeit, daß man dem
„evangeliſchen Bund einmal näher ins Auge ſchaut
Auf den Schlachtruf: „Hie Wittenberg, hie Rom“
Jammeln ſich die Maſſen Man braucht ſich
der Nothwendigkeit einer Abwehr nicht zu verichließen,
wenn man auch an dem Gepolter und Sch mug
eines ſolchen Konfeſſionskrieges kein Ver?
gnügen findet! Wenn man eine Kirche
befämpft, c muß man ihr Brinzip be-
fämpfen, man muß den Gegner ins Herz treffen.
Aber wenn man jelbit kein BPrinzip hHat,
wiefann man dann um Brinziptien käm—

pfen ... Es werden verroſtete Schiagwoͤrte her—
vorgeholt .. . . alle Schlupfwvinkel ausgefehrt, alle
Ecken durchſtöbert; hier eine Lüge, doͤrt eine Be⸗
leidigung .. . alle8 brühwarm an die Oeffentlich—
feit.... In der gegenwärtigen evangeliſchen Theo-

logie ſind alle Entwicklungsſtufen vertreten von der
Caͤlvin ſchen Orthodoxie bis Strauß und Schwalbe
Und un alle dieſe verſchiedenſten einander belämpf-
enden Richtungen will der neue Bund das Band des
Friedens ſchlingen, alle vereinen, alle berſöhnen?
Ein ergötzliches Schauſpiel!“

Und das Band des Friedens das Alle
vereinen ſoll, das iſt der Haß gegen Rom,
— Daß gegqen Ddie —
Furcht vor denſelben

Ein hervorragender Proteſtant, Bejtalozzi, welcher
der Generalverjamnmlung in Eiſenach beigewohnt
äußerte über den Evangeliſchen Bund“: Haͤtte die
Chriſtenheit der erſten Jahrhunderte nach den Prin—
zipien gelebt, welche im Evangel Bunde? Giltigkeit
gewinnen und verkörpert werden ſollen, fo gäbe e8
oͤhne Zweifel keine chriſtliche Kirche mehr ... Es
ımag eine Gemeinſchaft des Geiſtes vorhanden ſein
die Gemeinſchaft des Geiſtes Chrifti il
esnichte

Dem Geiſte Ehriſti entſpricht e& ſicherlich nicht,
den Haß zu predigen Haß erzeugt die Lüge
und die Verleumdung; jeder Ehrliche wird ſich
abwenden von dem, deſſen leitender Beweggrund der
Haß iſt.

Es iſt völlig wahr, was jüngſt der „Badiſche
Beobachter“ ſagte: Wiſſfenſchaftliche und
ſitttiche Größe Geiſtesadelund Geiſtes—
reichthum haben die Bedeutung der Je—
ſuiten ſtets gewürdiget nur Geiſtesroͤh—
heit und Geiſtesbeſchränktheit haben
ſie verfolgt!! ;

Es verräth einen hohen Grad von Unwiſſenhei

















Ein adeliger Sproß. (Madd. verb.)
Novelle von Antonie Haupt

7



Liane hatte, durch Adalbert’2 Heimkehr aus der Fremde
daran.erinnert, Das Srfennen“ von Proch gewählt und
{irug es nun mit einer weichen Innigkeit und einer Tiefe
der Empfindung vor daß Laura, naͤchdem ſie geendet ihr
tief beivegt nur ſtumm dafür danken konnte

Qiane aber empfand jekßt, wie tief fie den Mann ge-
Fränft, der ihr mit {o rüchaltlojer Freundlichkeit entgegen-
gekommen war, und ftatt heute wieder gut zu machen, was
ſie verbrochen, hatte ſie ihn durch ihr falſches Urtheil auf’s
Neue verleßt.. Sie mußte zu ihm hin, fie mußte ihn
um Verzeihung bitten und ihm fagen, wie ſehr fie bedauere,
ıbm wehe gethan zu haben.

„Komm,“ jagte Laura „IaB uns etwas Munteres, ein
fomijches Duett, oder {jo Etwas zujanmımen fingen, daß wir
au8 der weichen Stimmung herauskommen ich will Deine
Mautter bitien un zu begleiten.” —

Ach nein!“ rief Liane heftig, „die iſt jetzt an die Küche
gefeſſelt ; aber Doktor Waldburg wird e& gewiß gerne thun,
wenn i ihn darum bitte.“ . —

Der,“ Ihmolte Laura, „Hielt e& ja nicht der Mühe
werth Deinem. Gejange zuzuhören,. ſcheint alfo gar keinen
Sinn für YMufik zu hHaben. Und, ich muß geftehen, etwas
mehr Lebensart hHätte ich ihm auch zugetrauf, al8 daß er
jo ohne Weitere3 bei meinen erjten Ylforden nıit der
®randezza eines Spaniers gur Thür Hinausichritt. Der
fönnte lange warten, bis ich ihnum die Begleitung meines
SejangeS erfuchte.“ S

Ale3 Zürnen half ihr nichtS, Liane huſchte von dannen,
und Qaura jah ihr kopfichüttelnd nach.

Adalbert hHafte aus Lianen’3 Berlegenheit und ihren
ſchüchlernen Blifen geichiofjen, Dag feine Gegenwart ihr
unangenehm jet; um fie nun davon zu befreien, Wwar er
hinausgegangen. Mıgmulhia ließ er ſich unter der hohen
Q nde, ganz nahe beim Fenfter, auf eine Bank nieder, aber
bald feljelte ihn ihr herrlidher Gejang 1o, ' daß er ales
Yindere darüber vergaß. Er verſetzte ſich lebhaft in





4
}

}



Lage ihres heimkehrenden Wanderburfchen; unerkannt und
hetrübt durchwanderte er mit ihm die Sträßen Wie glücd-
Iich war doch der Burſche, er hatte ja noch eine Mutter,
die ihn liebend ans Herz Ichließen Lonnte. ‘ Miıt welch
innigem Ausdrucke ſang Liane ietzt ſeine Worte: Goͤtt
grüß Euch und dann — mit welcher hHinreikenden, über-
malenden Zärtlichkeit mard der Freudenruf: „Mein Sohn!
mein Sohn !“ von ihr wiederhoit! Adalbert war tief er-
griffen, die inneriten Saiten feines Herzens waren tief be⸗
rührt, 10 hatte menſchlicher Geſang ihn noch nicht bewegt.
Wie war es denn möglich, daß ein Weib welches 10
warmes Gefühl zum Ausdruck brixgen Fonnte, dennoch ſo
kalt und unfreundlich geaen einen Menfchen fein konnte—
der ihr nur freundliche Offenheit entgegengebracht ?

n tiefem Nachfiunen über da Röthfelhafte des
wunderbaren WejenZ faß er da, den Blick zu Boven ge-
richtet 1und das Geficht mit der Hand befchattet, — da
hörte er neben ſich mit weichem zilternden Klange feinen
Namen Erſtaunt fah er empor und — blickte in Lianen’s
lieblich erglüht.3 Geſicht

„ „ Der Doktor,” begann fie leife, mit unſicherer Stimme,
„ich habe Sie durch meın albernes, kindiſches Benehmen


ſichtlich —

Adalbert war aufge[prungen.. „Fräulein Liane,“” uuter-
brach er fie leuchtenden Auges, „SFhre Liebens würdie keit
in diefem Augenblicke könntẽ ein ganze3 Heer von Belei—
Diyungen aufwiegen, und Ihre hHeutigen Worte beglücden
mich mehr, al8 wenn zwiſchen uns nie das gerinafte Miß-
verſtänduiß vobgemwaltet.“

_ Hceudig hot er ihr ſeine Rechte, fie legte die ihHrise
Hinein und indem fie zum erfien Male voll ihr AMuge in
den feinigen Tuhen ließ, frun mit freudigem Ausdrucke :
Zürnen Sie mir nun aͤuch nicht mehr ?”

Gezürnt habe ich Ihnen nie,“ mein Fräulein fagte er
4 „und wenn ich mich bei Shrem ent-
zückenden Gejange h:erhin zurüdzog, fo gefchah dies Tedig-
ſ6 — — weil ich glaub:e, meine:. Gegenmwart ſei Ihnen
törend.“

„S% fürchtete mich auch ein wenig vor IJhHrein,“ ſagte



8 7 — — — —
Liane lächelid „aber jeßt möchte ich Sie ſogar bitten
Fräulein Günther und mich zu einem Duette zu begleiten.“

Veit Freuden werde ich das tYun!“ rief Wdalbert,
indem er ifr jeinen Yrm bot. Darauf ſchritten fie ein-
trächtig dem Hauſe zu; und bald Mangen jubelnde, muntere:
Weijen in den Hrühlingsmorgen hinaus.

4. Ropitel.

Auf der fhmalen, Holperigen, in den Felſen -einge:
Hauenen Landſtraße die nach unjerm @örfcbe;t führte, *
mit erftaunlicher Gejchwindigkeit ein leichles Gefähr, ge-
rade groß genug, um Dden beiden Maännern, die fich dem-
jelben anbverfraut, bequent. Patz zu bieten,

Der Gößere und Stärkere, augenfheinlich aber der
Hüngere, lenkte den jeurigen Mappen, Dder des Biehens
offenbar nicht gewohnt, {ih mandımal in tollen Sprüngen
verſuchte. und trich ign zu mmer größerer Sile an.

Jugendlicher Nebermuth blitzte aus feinen Hübichen
blauen Yıugen, und fein fraufes blondes Haar und Ddas
f emporgedrehte Schnurrbärtchen bildeten mit den frifhen,
einnehnenden Zügen etn angenehnıes Ganze.

Seinen Heineren 1und fOmächtigeren Begleiter mochte
man beim oberflächlichen Biik auf die gebeugte Geftalt mit
dem arauen eingefalenen Sefiht für einen Mannn von
etwa 50 Jahren Halten, Bei näherer Betrachtung ‚ aber
fand man, Daß feine durchdringenden blauen Yugen noch
viel zu lebhaft für ſein Alter Ddreinfhauten, und fein
jhlichteS graues Haar ermies ſich wvenn man ihnı größere
YAufmerkjamfeit z0llte, vorläufig noch als afdblondes. Mit
unverfennbarer Wengjtlichtfeit {aß er da in gefrümmter
Haltıma, jeine Heine Hand umfchloß Frampfhaft die Seiten-
lehne des Wagens, und fein Auge richtete ſich unficher bald
auf die ſchroffen Felſen der einen, bald auf den jähen Nb-
hHang mit den rauſchenden Sluthen auf. der anderu- Seite.

Niit einem lachelnden Seitenblide nach ıHn fagte der
Süugere: „Wahrlich, ein herrliches Qand, diefes Mofelthal
mit jeinen rebenumkränzten ſieilen Hoͤhen und fjeiner Ab-
wecdhjelung von romantijchen und Lieblichen Änfichten! Ich
hätte mir den Schauplaß meines zufänftigen Wirkenz nicht
19 angenehnı vorgeftellt.“

(Sortjebung folat.)




 
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