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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 211 - Nr. 220 (16. September - 26. September)
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1 — täglio mit Ausnahme der Somn- und Feiertage.

— Unterhaltungsbeilage. Breis vierteljährlich
. 55‘51'20 ohne Trägerfohn ı. Poftanuffchlag. Beftellungen
M Poftanftalten u. bei der Exrpedition Zwingerfiraße 7.

| * 2




Verantwortlicher Redakteur:
Julius Jeder in Heidelberg.






7

qa






4

*



— —








— — ⏑
Centrunispartei.

4 auf unſere Eingabe an Großh. Domänen⸗
1 ——— vom 11. ds. Mts. um Ueberlaſſung des
Faufes für die auf den 28. ds Mis. in
* genommene größere Verſammlung, trotz un—
— — Bitte um gefällige umgehende Ent—
i N 19 eine Zufage bis heute Abend nicht erfolgt
8— wir in der Lage, unſeren Parteigenoſſen mit—
2 müſſen, daß die beabſichtigte Verſammlung
Leertagt iſt. ;
Ya delberg, 23. Sept. 1890.

* Provinzial-Comite der Centrumgpartei.

— — —
Deutſches Reich.

8 Berlin, 24. Scht Der „Hamb. Eorreſpon—
4 waͤrter/ daß den ReichStag bei ſeiner Fort—
‚9 Mur Regierungsvorlagen neutralen Charakters
— — ausgenommen die in der Arbeiterſchutz—
] dr 9° liegenden Anläfie zur lebhafteren Betonung
—⏑ Standfunkte Militäriſche Neu—
ü tüngen unterbleiben. Nur Ausgaben
d getreffenen militäriſchen Neueinrichtungen wer—
Atfordert. — Die Mufbebung des Identitälsnach-
7 rg Werde hoffentlich Miquel beireiben. In dieſer
Ind die Freifinnigen geſpalten. Dagegen er—
U er „Korrefpondent“ einen weitgehenden
DB der Deutſchfreifinnigen gegen die































4 einen Centralvorſtoß gegen die Getreide—
foͤt gegen die Arbeiter-Invaliditäts= und Alter&-
8 ns. ſowie genen den Reichszuſchuß Dadurch
* oppofitkonellen Strömung im
8 m neue Nahrung zugeführt werden Sol—
s Eitrebungen ‚gegenüber habe ſich indeß



$ Turch ſeinen glänzenden Sommer—
319 habe er nech an Aulorität gewonnen, ſo
1 Ausfichten des deutſchfreifinnigen Vorſtoßes
4N ſtark ſeien. — Der - „NReicdhsbote“ fordert
1T auf, Ddie Augen zu bffnen und eine ernfte
e Nevyijion unter jeiner Fugend
. — Die „Kreuzztg.“ meldet ebenfalls den
S lopp, (it des KriegeminifterS zu Anfang

Z — Die „Rofl“ führt aus Anloß der Se1bft-

Licht und ßdyuttcfi.













*
4




befragte ſich ſeltſaner Weiſe niemals, welche
1 She oft miederholten Bejuche in der Billa haben
— Deutungen und Hoffnungen er dadurch
N
F“ne'gg“‚ en er im traulicen Verkehre mit Natalie von
. Cr iefu empfand. .
% m‚ün.g ‚mit ihbr Duette, ſpielte mit ihr vierhändig,
Hon lein %‘t ihr über. wiſfenſchaftliche und Kunſt⸗ Gesenſtände,
460 p SMterejfe wach gerufen hatten, und in allem diejem
Hp rr Natalie fo hoch über dem Niveau des ANtäglichen,
"‘mhh‘fluäauießen ſchien auch in Gefühlsregungen fei fie
- Natar s& al8 ihre Mitihweltern.
8 4* behielt ja auch bei ſeinen fortgeſetzten Beſuchen
ud * äußere Ruhe. ;
N® Myek fein verrätherifches Rotbh, das fich auf den von
Hn dep Slie überhauchten, feinen Zügen gezeigt hätte,
u‚flq—„g Hreund Hb nahte. — Derjelbe xuhig freundliche
“\en u den faͤnften Augen begrüßte ihn bei ſeinem Er⸗
\ demijelben hHerzlichen Abſchiebswoͤrte pflegte
ie x eNtlaffen. :

© ſolcher Seelenruhe gegenüber Bedenken in
Vege tüen Fönnen ! :

leg‚en“lflr bereits einige Beit verfloffen, jeitdem SGeorg
t



























7

Male die Villa des Praͤfidenten befucht hatte.
Danı SE in Gefchäftsangelegenheiten mehrere Wochen
lt\nae fern geblieben, und an dem Tage, an dem er
* * Ab woͤſenheit ſeine Freunde draußen aufzuſuchen
Q, Mrde feine plötzlichẽ Abreiſe nach London noth-
A

ol ; —*
8 yon Gehren, der in dem kleinen Familienkreiſe
x waüten fjidh unterdeffen wieder ganz eingebürgert
4 er * dem jungen Kaufheren demzufolge nod) ein
'ftß‚t.‘et ’ä“‚‘b als Gebra heute Abend nach feiner Ankunft
8* Cife mit jeinem rraͤchlihen Falben der Dannen-

8 ‚Billa entgegenfuhr, überdachte er nicht ohne

' In mwie weit die iebhaften Schilderungen, die Na—



















morde von Adeligen aus, mit unthätigem Genuß-
leben fönne heutzutage nicht mehr Autorität verbun-
den mwerden. Diejelbe beruhe auf pflichttreuer Arbeit
im Dienſte des Gemeinwohls, in treuer Pflichterfüll⸗
ung im privaten wie im öffentlichen Leben — Neber
die Grenzen des Waffengebrauchs von Soldaͤten
und Beamten erſchienen vor einigen Jahren Mono—
graphieen von Prof. v. Holtzendorff und Frig v.
Calker. Die „Voſſ. Ztg.“ erinnert daran angeſichts
der jüngſten Verhandlung der Berliner Stadtver—
ordneten⸗Verſammlung. Aus der Schrift v. Calker's
iſt zu erſehen, daß das öſterreichiſche Reglement bei
Fluchtverſuchen arretirter Perſonen den Waffengebrauch
nur geſtattet, wenn der Entflohene ein „gefährlicher
Verbrecher iſt, und daß auch in dieſem Falle nur
gefeuert werden darf, „wenn durch den Schuß das
Leben Unbetheiligter nicht gefährdet würde. Aehnlich
iſt der Waffengebrauch in Italien beſchränkt. Vor
einigen Jahren ſchoß in Berlin ein Poſken auf Kin⸗
Er darf
von der Waffe allerdings Gebrauch machen, wenn er
angegriffen wird! Aber — ſagt . v. Ealker —
„Schreien, Pfeifen oder wörtliche Iuſulte find, e3
erſcheint michtig, dies ausdrücklich zu conftatirven, nicht
als Angriff zu betrachten.“ In den Abhandlungen
wird ſcharf betont, daß der Waffengebrauch nur be-
rechtigt jei, wenn der Fliehende auf keine andere Weiſe,
alſo etwa auch nicht durch Verfolgung von Seiten
Dritter, aufgehalten werden fönne. Der Poſten hat
aus dieſem Grunde, ſagt v. Holtzendorff, nicht das
Recht/ um einen Fliehenden zu treffen in einen dicht


fällt auf, daß die Militärverwaltung wohl auf höhere
Anordnung von der Befugniß des König3=Ur-
hanbs dieſes Jahr einen viel ausgedehntern Gebrauch
gemacht hat, als früher. Eine große Anzahl Drei—


Monaten entlaſſen worden Die Maßregel wird
allenthalben einen guten Eindruck _ machen. — Dem
Vernehmen nach werden nächſtens zahlreiche Aus—
weiſungen politiſch verdächtiger Au sSländer
aus dem deutſchen Reiche ftattfinden. Gegen dieſe
Maßregel, welche zu erwarten ſtand, kann man nichts
zu erinnern haben Friedliche Ausländer werden bei
uns ſtets Schutz finden, aber an Agitatorenn haͤben
wir ſelbſt Vorrath genug.

* Berlin, 24. Sept. Unlängſt wurden in der
„Bresl. 3tg.“ Bruchſtücke aus einem Geſpräch mitge—
theilt, welches Fürſt Bis marck einige Tage zuvor
in Kiſſingen geführt hatte Dieſes Geſpräch! das





Anzeige-Blatt für die Amtsbhezirle Heidelderg,
Ladenburg, Weinheim, Schhwebingen, Philippsburg,
Wiesloch, Bruchfal, Breiten NMedargemüänd, Mosbach
Cberbach, Buchen, Walldürn T Biſchofsh Wertheim 2C,






Drud, Berlag ı. Erpebition von Gebr, Yuber
in Heidelberg, Zwingerſtraße 7.







ſich über mehrere Stunden erſtreckte berührte ein
große Anzahl von Fragen, unter anderen auch Die,
ob der Fürſt geſonnen ſei, ſich in Zukunft am na Tt-
lamentariſchen Leben zu betheiligen Der Ge—
währsmann der Brel Ztg glaubt keine Indiskretion
zu begehen, wenn er darüber noch einige Mittheil—
ungen folgen läßt, da ſchon andere Berichte derſelben
Art in die Oeffentlichkeit gedrungen ſind, von denen
ſich der nachfolgende nur durch ſeine größere Ausführ—
lichkeit unterſcheidet. Der Gewährsmann der „Bresl.
Ztg. ſchreibt:

Fürſt Bismarck erklärte, er habe aufgehört, Be-
amter zu ſein, aber er habe nicht aufgehört, Staats⸗
bürger zu ſein und er werde ſich die daraus fließen—
den Rechte nicht nehmen laſſen. Er werde feine
Meinungen äußern, Er könne ſich nicht hinlegen und
einen Winterſchlaf halten, wie der Yär, der einen
Winterſchlaf hält und an ſeinen eigenen Tatzen ſaugt.
Ein Mandat als Reichstagsabgeordnetér
anzunehmen würde für ihn in vieler Beziehung einen
großen Reiz haben. Allerdings hätten einige Zeitungen
geichrieben, Bismarck auf der Rednertribiine des
Reichstags würde eine ſeltſame Figur ſpielen, indeſſen
ſcheue er ſich vor dieſer Kolle gar nicht. Nur ein -
Punkt errege ihm Bedenken; wenn er ein Mandat
übernehme, ſo übernehme er damit auch die Pflicht
zu regelmäßiger Anweſenheit, wenigſtens bei den
wichtigeren Abſtimmungen und das errege ihm Bedenken.
Ein andauernder Aufenthalt in Berlin, das Wohnen *
in einem Hotel ſei ihm zuwider, und ſo könne er
einen feſten Entſchluß zur Zeit noch nicht faſſen
Ganz anders verhalte ſich die Sache mit ſeinem Sitze
im Herren hauſe; hier habe er keine nene Ver—
pflichtungen zu übernehmen, ſondern er habe bereits
Pflichten von denen er nicht abjehe, wie er ſich ihnen
entziehen könne. Uebrigens ſeien ja die Zuſammen—
künfte des Herrenhauſes ſtets ſo ſelten und auf ſo
wenige Tage beſchränkt, daß die Bedenken, welche er
gegen die Uebernahme eines Reichstagsmandats ge—
äußert, in Wegfall fämen. Auf eine Frage, ob er
noch Mitglied des Staatsrathes jei, erwiderte er,
er ſei aus allen ſeinen Aenitern entlajffen, uur aus
dem eines Mitgliedes und Vizepräſidenten des Staats—
raths nicht. Aus dieſem könne er auch nicht entlaſſen
werden, denn die Mitglieder ſeien nicht abjegbar. Sie
könnten uur aus ähnlichen Gründen wie die Richter
aus ihren Aemtern entlaſſen werden Die Einberuf—
ung des Staatsraths und ſeiner einzelnen Mitglieder
hänge von dem Ermeſſen des Kaiſers ab. Bei allen
dieſen Aeußerungen war der Fürſt übrigens in einer









talie ihm vor dem erwarteten Kunſtjünger entworfen hHatte,
in ſeinen Augen ſich berechtigt zeigen würden.

Es mochte um die ſechſte Abendſtunde jein, als Georgs
leichter Schritt in der Hauptallee des Parkes ſich vernehmen

ließ

Der Präſident hatte mit Roland ſchon vor einer Stunde
einen kleinen Spaziergang unternommen, von dem ſie jeden
Augenblick zurückkehren mußten, und Natalie ſaß mit einem
Buche in einer der zahlreichen Lauben

Hörte fie den anfommenden Wagen, der an dem Thore
des Parkes hielt/ oder erkannte fie gar aus der Ferne den
Schritt des Herannahenden ?

Die Dame legte das BucH auf den Tiſch und führte
eine Hand zum Herzen, um das unruhige Klopfen desſelben
zu dümpien, dann erhob ſie ſich von ihrem Sitze und trat
mit anſcheinend ruhiger Freundlichkeit dem jungen Manne
enfgegen, Der ietzt im Ausgange der Laube mit ihr zu⸗
fJammentraf.

„Ah, Herx Zur Lenne,“ fagte fie, ihm mit einem an—
muthigen Licheln die Hand zum Gruße reichend „erinnern
Sie ſich endlich wieder einmal an üns? Wie lauge
haben Sie Ihre alten Freunde ſchen vernachläffigt !“

„So lange, ſehe ich,“ war die ſchnelle Erwiederung,


geneigt ſind Fräulein von Dannenberg. — In früheren
Beiten beehrten Sie mich mit einer freundſchaͤftlichen Be-
grüßung bei meinem Erſcheinen“ S

‚ MYeber die blaſſen Züge der Dame flog bei dieſen Worten
ein leiſes, kaum mierkliches Roth.

„S3 gejchah ohne jeden Nebengedanken,“ verſicherte fie
dann lächelnd mit ruhigem Aufblick zu ihHrem Begleiter,
„menn in meine Begrüßung ſich fremd flingende Worte
hineinmiſchten — Sch hHabe nicht die Mbficht, unfern Ver—
irag von Sorrent ſobald umzujtoßen.“

Ab. Sorrent! Wie viel proſaiſches Getriebe iſt
über jene herrlichen Tage jchonm wieder vorübergezogen.
Denfen Sie noch zuweilen an Sorrent, Natalie ?*
Die Dame mußte unwilltürlich lächeln über dieſe Frage,
die ihr ſo naiv Hang. . . S
War doch die Erinnerung an jene Reife und ihren



dortigen Aufenthalt das Heimliche Baradies, in welches ſie
in ſtelen Stunden einfehrte ! . .

Ich denkfe an Sorrent zurüd, wie an einen ſchönen
Traum,“ Hang Nataliens Antwort, „und an einen ſolchen
erinnert man ſich oft und gern.” .

Warum wollen Sie die gemeinjam verlebten LZage in
das Reich der Träume hHinüberfpinnen ?“ fragte Georg an
der Seite der Dame durch die jhattigen Alleen auf- und
abmandelnd. . „Leben wir nicht Beide um von der Wirk⸗
lichkeit das beredteſte Zeugniß ablegen zu können?“

Ich meine, Alles was die Vergangenheit Angenehmes
für ung hat, erſcheinẽ dem zurückfliegenden Geiſte zuletzt
wie ein Traum,“ ſagte Natalie, den ſanften Blick gedaͤnken⸗




Schleier leat ſich almälig um die Erinnerung.“

— „Nicht doch, Natalie, darin ſtimmte ich Ihnen nicht
bei,“ war GeorgS Erwiederung. „Sin Iraum. t und
bleibt nicht® anderS, als eine falide Voripiegelung, als ein
nebelhaftes Bild unſerer erregten Bhantafie, das mit all
jeinen verlodenden Geſtalten doch nur im Stande ift, einen
flüchtigen Eindruck zu Hinterlafjen, — Dagegen iſt die Er⸗
innerung an eine reizvoNe Wirklichleit, an etmwaS erlebtes
Schönes im Stande unjere Gedanken dauernd zu feſfeln
und uns mit unwiderſtehlicher Macht wieder zurüczuver-
ſeben in Tage und Stunden, die der Gegenwart (ängit ent-
rüct find, — Die Crinnerung ſtelle ich demnach bei Weitem
höher, als das Wiederauftauchen auch der lieblichſten
Traumgejchichte.”

Latalie war Sefiegt.

Sie geftand es durch den ſtummen und doch ſo beredten
Blick ihrer dunfeln Augen, die ſie auf Geors richtete und
ſeine männliche Eitelfeit war befriedigt.

Wie gerne lauſchte ſie nicht ſeinen Worten und wie
willig unterwarf ſie ſich ſeinem Urtheil!

In dieſem Augenblide hetrat der Präſident von ſeinem
Ausgange zurückehrend mit ſeinem jungen Freunde den
Barfk, und bedurfte bei Roland der ſofort deim Eintritt
das junge Baar in der Ferne mit ſcharfem Auge erkannte
nicht erſt der Verficherung des Präfidenten, daß der Her
annahende der lang erwartete Georg Zur Lenne jei. ($.f.
 
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