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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 281 - Nr. 290 (7. Dezember - 19. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#1163

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Srfheint taglih mır Musnahme der — und Feiertage.
SamftagS mit Unterholtungsbeilage. Preis vierteljährlich
ME 1.20 ohue Trägerlohn ı. Boftanfichlag. Beſtellungen
bei dem Roftanftaiten m, bei der Erpedition Zwingerfitaße 7.





für Stadt




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Eberbach Buchen/ Walldlirn, Z.-Bijchofäh, Werthein 2C,














Druc, Verlag u. Expedition von Gebr. guber
in Geidelberg, Zwingerſtraßen7





2

Berankwortlidher Redattenr
Jultus Jeder in Heidelberg.
Die Invaliditäts- und Altersverfiherung in 10
gragen Deandwortet.

1 SFür wen iſt das Geſetz gemacht?

Antibort: Nur für jene Perſonen, welche bei
einem andern in Lohn ſtehen — aljo 3. B.
für alle Anechte, Mägde, Kutfcher, Handwerksgejelten,
Kellner, Fabrikarbeiter, Eiſenbahnarbeiter, Näherinnen, *
Taglöhner, Schreiber Lehrlinge, jofern ſie einen SGe-
halt haben und über 16 Jahre alt find. Der Gehalt
darf aber 2000 Mk. nicht überſteigen.

2, Werden alſo die Kleinbauern und die
ſelbſtſtändigen Handwerker, z. B. Schneider,
Schufter-, Maurermeiſter ꝛc. nicht verſichert?

MAntwort: Nein; aber ſie können ſich freiwillig
verſichern, ſofern ſie noch nicht 40 Jahre alt ſind.

3. Welche Vergünſtigung haben die bei Frage
1 genannten Perſonen?

Antwort: Wenn ſie über 40 Jahre alt find, 10
fönnen ſie ſchon nach 1 Jahr die Invaliden Rente
bekommen, wenn ſie nachweiſen! daß ſie ſeit dem 1.
Oftober 1886 bis 31. Dez. 1890 188 Wochen gegen
Lohn gearbeitet Haben. Und ſie befommen vom 70.
Sahre an die Altersrente, wenn ſie nachweijen, daß
fie in den Jahren 1888, 1889 und 1890 gegen Lohn
141 Wochen gearbeitet haben.

4. Wieijltes aber, wenn ſolche Perſonen
in den letzten 4 Jahren krankoderbeim
Militär waren oder vorübergehendkeine
Arbeit finden konnten, wie die Maurer
zur Beit des Winter$?

MAntwort: Dieſe Wochen werden ihnen ſo ange—
rechnet, wie wenn fie gearbeitet hätten: nur müſſen
fie ſich die Zeit der Krankheit oder der Unterbrechung
der Arbeit (jedoch nicht über Monate im Jahre)
beſcheinigen laſſen oder die Militärpapiere vorzeigen.

5. Was haben ſolche Perfonen in dDiejem
SZahrenoch zu thHun, menn ſie Dieje Ver—
güniftigung nidht verlieren wollen?

Antwort: Sie müſſen von den Arbeitgebern ſich
beſcheinigen laſſen, daß ſie die 188 oder 141 Wochen
gearbeitet haben, oder wenn fir krank waren, dies von
dem Vorſtaͤnde der Krankenkaſſe beſcheinigen laſſen.
Formulare werden von den Bürgermeiſtern unentgelt⸗
lich abgegeben.

6. Bekommt Semand, der ſchon
70 Sahre alt ift, auch die Rente?

Antmwort: Natürlich und zwar ſchon vom 1,
Februar 1891 an, wenn er die genannten Papiere
beibringt.





über

. Wenn aber Jemand vor dem I Fan.
1891 invalid ift, (alfo nicht mehr !/s des Taglohnes
verdienen fann), bekommteinjoldher au ch eine
Rente?

Antwort: Nein, denn ſo beſtimnit es das Geſetz.

8. Was haben fich jene noch beſonders
— Merfen, melme über 00 Sayrıe Alt
Finde

Antwort: Sie ſollen ſich auch die Höhe des bis⸗
herigen Lohnes beſcheinigen laſſen, denn je höher der
Lohn, defto höher die Kente.

9. Wiekommt es nunam l. Jan uar 1891,
wenn die Verficherungin Krafttritt?

Antwort: Dann befommt jeder Verſicherte eine

Marke aͤufklebt Solche Marken muß der Arbeitgeber
bei der Poſt oder dem Kaſſenvorſtand kaufen. Ge—
wöhnlich klebt der Arbeitgeber die Marken auf, wenn
er ſeine Arbeiter ausbezahlt.
10. Wie viel zahlt man pro Woche?
Antwort: In der 1. Lohnklaſſe 14 Pfennig
2 20

n ”

2 24
— —

Davon muß der Arbeitgeber die Hälfte bezahlen,

ſonſt kann er bis zu 300 . oder mit Haft deſtraft

werden.



Die Schul Conferen;
hHat laut dem Reichs Arzeiger am Freitag bezüglich
der Beibehaltung der beſtehenden Schularten, ſowie
der Einheitsſchule und des Lehrplanes der Gymna—
ſien und der Realgymnaſien folgende Sätze ange—
nommen:

I. 1. S ſind in Zukunft nur zwei Arten von
höheren Schulen grundfaͤtzlich beizubehalten, nämlich
Gymnaſien mit den beiden alten Sprachen und latein—
loſe Schulen (Ober-Realſchule und höhere Bürger-
ſchule. 2. Es iſt indeß zu wünſchen, daß für
Städte, deren Realgymnaſien in Wegfall fonımen, je
nach örtlichen Verhältniſſen ſchonende Uebergangsformen
gefunden und geſtattet werden.

ILL in gemeinſamer Unterbau für Gymnaſien
undzlateinloſe Schulen iſt nicht zu empfehlen. Indeß
iſt es nach den Zeitverhältniſſen und örtlichen Be—
dürfniſſen als zuläſſig zu erachten, a. die zur Zeit
ſchon für die drei untern Klaſſen des Gymnaſiums
und Realgymnaſiums beſtehende Gemeinſamkeit bis
zur Unter Sekunda lineluſive auszudehnen, während
von Ober⸗ Sekunda aufwärts der Lehrplan der Ober—








Realſchule eintritt; b. oder das Latein an dem
Realgymnaſium bis zur Unter⸗-Tertia hinaufzuſchieben
und die drei lateinloſen untern Klaſſen zu einer
höhern erſchule aufwärts zu ergäzzen.

llL Es iſt wünſchenswerth die Geſammt—
zahl der Unterrichtsſtunden in den Gymnaſien zu
vermindern. 2. Eine dieſem Zwecke entſprechende
Herabſetzung der Unterrichtsſtunden in den alten
Sprachen iſt möglich, wenn als das Hauptziel die
Einführung in die klaſſiſchen Schriftſteller allgemein
erſtrebt wird und die grammatiſchen Uebungen weſent⸗
lich als Mittel dazu dienen. Die Verminderung der
Geſammtſtundenzahl ſoll zum Theil auf Ddie alten
Sprachen, zum Theil auf andere Fächer entfallen.
3 Der lateiniſche Aufſatz kommt als Zielleiſtung in
Wegfall. 4, Die griechiſche ſchriftliche Verſetzungs
arbeit für Prima fommt in Wegfall. 5. Die Ein—
führung des Engliſchen in den Ghmnaſien iſt zu em-
pfehlen fakultativ oder obligatoriſch je nach den ört—
lichen Verhältniſſen. 6. Es empfiehlt ſich, das Zeich—
nen in den Gymnaſien über Quarta hinaus (bis
Unter⸗Secunda einſchließlich) obligatoriſch zu machen.
7. Es empfiehlt ſich, das Zeichnen in Sexta weg—
fallen zu laſſen. 8. Auf den Unterricht im Deutſchen
iſt unter allen Umſtänden der grüßte Nachdruck zu
legen, die Stundenzahl, ſo weit thunlich, zu vermehren,
vor allem aber die Vervollkommnung des deutſchen
Ausdruckes in allen Lehrſtunden und insbeſondere
bei den Ueberſetzungen aus den fremden Sprachen zu
erftreben. 9. Eine eingehendere Behandlung der
neueren vaterländiſchen Geſchichte iſt bei richtiger Be⸗
grenzung des ſonſtigen Geſchichtsſtoffes ohne Vermeh—
rung der bisher dem Geſchichtsunterricht zugewieſenen
Stundenzahl zu erreichen.

Weiter fanden folgende Sätze die Billigung der
Mehrheit:

1. Die von der Conferenz vorgeſchlagene Ver—
minderung der wöchentlichen Lehrſtunden darf nicht
eine Bermehrung der häuslichen Arbeiten zur Folge
haben

2 Die hierdurch bedingte Verlegung der Haupt—
arbeit in die Schule erfordert eine Verbeſſerunz der
Lehrmethode.

3, Für die Gewinnung einer ſolchen und zur Er
füllung der an Lehrer und Schüler zu . {telenden
Forderungen bezeichnen wir als unerläßliche, wenn
auch in ihrer Verwirklichung nach örtlichen Verhält⸗
niſſen zu hemeſſende Vorbedingungen (außer der wuͤn—
ſcheuswerthen Verminderung der Frequenz von Klaſſen
und Anſtalten): a. pädagogiſche Vorbildung der Leh⸗



Ein adeliger Sproß. (Machd. verb.)
Novelle von Antonie Hau pt.

4



Freundlich ihren Händedruckerwidernd Jagte Adalbert:
„Den Gruß nehme ich an, gnädige Frau, doch den „Örafen“
hHabe ich längit bei Seite gelegt und möchte ihn auch nicht
mieder aufnehmen.“ .

„Ah,. der Herr Doktor iſt ſtolz auf den ſelbſterrungenen
Titel,” necte diefe. —*

„Und das mit Recht! bemerkte ihr Bruder; „aber
nun erzähle!” und dabei deutete er auf einen bequemen
mwährend er ebenfal? auf einen ſolchen Plas
nahm. x

„Wie unvernünftig, Ernſt! {halt die Präfidentin,
„unjer Gaſt muß doch erft ſich erfrifcht und ausgeruht
haben, dann aber werden wir uns alle freuen, von leinen
Sriebnifien zu hüren. — SIch bitte Sie, Julianen und mich
einige ANugenblide zu entjchuldigen, Herr Doktor,” wandte
fie fid an Ddiefen, „Da wir noch kleine Vorbereitungen zum
NAbendbrod zu macdhen haben! . S

Die beiden Damen entfernten ſich und Herr Clemens

jagte lächelnd: „Die treue Seele, Mwie eifrig fie ſtets für
das Wohl ihrer Bileglinge bemüht ift! Ih muß bei ihrem
ge\chäftigten Wejen immer an die forglidhe Martha im
Svangelium denken, und obaleich meine Schw. {ter Juliane
hHeibßt, habe ich feit Jahren fie nicht mehr anders als
„Martha“ genannt, und nun glauben wir Beide, e& müſſe,
ſo _ fein.“ .
Adalbert hatte jetzt Muße, ſich in dem Heitern, freund-
lichel Gemache etwa3 umzuijehen, Obgleich keine Cleganz
in demijelben herrichte, ſo bemerfte man doch überall das
Malten einer fleißigen Frauenhand, während die gefhmad-
vollen. Kupferftidhe an den Wänden und die hlühenden
Pilanzen im Zimmer demſelben etwas ungemein Trauliches
verliehen.

Bald erſchien Liane mit Tafelaerathſchaften und be-
gann. mit anmuthiger Geſchaftigkeit dieſelben auf dem Zildhe
zu oronen, wobei der junge Doktor mit ſliller Bewunder⸗
ung ihren leichten elaftijchen Bewegungen zujah.

Nach kurzer Zelt vereinte ein einfaches Mahl die Bier
in froher Gemeinjdhaft. Der alte Hert fülte die Gläſer
mit trefflichem Mofelwein, dann hHob er das ſeinige unDd
rief: das erfte Elas wollen wir leeren auf. das Wohl
meines ‚ jungen Freundes Möge ſein redliches Streben
auch fernerhin mit gutem Srfola gehönt ſein! Laßt uns
anfitoBen auf eine baldige Brofefjur !”

Die Gläjer klangen hell zufammen, und Adalbert laate
lächelnd „Damit wirdis wohl noch gute Weile hHaben in
meinen Jahren.“

Unter ernften und ſcherzhaften Reden verfirich die Zeit;
der junge Gelehrie, der niemals Ddie Süßigkeit des trau⸗
lichen Zamiltenlebens kennen gelernt, fühlte unter dieſen
herzlichen einfachen Menſchen ſich fo heimiſch und behag-
lich wie nie bisher ;

Adalbert erzählte den aufdorchenden Freunden von
ſeinen Leiden und Freuden, von den vielen Enthbehrungen,
die er in ſeiner Knabenzeit jhon erdulden mußte; wie dann
der Umgang mit der frijchen,. lebendigen Natır 1hu ſtets
geftärft undermuntert und ihn gelehrthabe über fo mandhe
Erbärmlichkeit des Lebens Hinwegzufehen.

wo_ er die Gymnafialjahre zugebracht.
Univexſitätsleben über.
Freunde/ wie er, um die Toſten der Studien beſtreiten zu
{ounen, alle freie Zeit mit Unterridhtgeben ausgefüllt und
lange {tatt des Mıttagzmahles ſich mit Obſt 1und Brod
begnügt.

„Du böjer, böſer Menjch,“ KHagte der Dirvektor . mit
Thränen im Auge, „warum hHaft Du in Deiner Noth Dich
nicht an mich gemandt? Du wußtelt doch, mit
Freude ich Deine. Beſtrebungen unterftüßt hHätte !”

„Davon war ich überzeunt, theuerfler Freund,“ fagte
Adalbert mit Funigkeit; „Doch nur der eigenen, mir inne-
wohnenden Araft wollte ich vertrauen, nır ihr durfte ich
Alles verdanfken.“

Dieſen Stolz-haft Dır von Deinem Bater !” {Hmolte
der alte Herr, und AWdalbert bat: x

„Nun, laſſen Sie es aut fein, ich habe mir ja dennoch
emporgeholfen, und eine fröhliche Zeit war die des Uni—

Danu ging er zum








— — Sie werden mir beiftimmen, daß ein
erfitätslebens doch! Sie werden mir beiftimmen, daß ei
bober Genuß derin lieat mit Fräftigem Muthe iiherB 2
Höhen und Tiefen des Lebens hinwegzufteuern der Menfch
iſt mahrlich nicht zum Zräumer gejchaffen ! NMein; thätig
auftreten, männlich zu handeln, jeder Züde des Gejhides
fühn die Stirn zu bieten und auch nicht das Geringite der
%Sßxflf;k'r desſelben zu überlaffen, das ift feine Bflicht, fein
REn

Mit athemlojer Spannung Jaufchte LQiane feinen
Worten und mit immer größerer Ehıfurcht betrachtete fie
den jungen GelehHrten, der ihr freilich von jeher als das
Zdeal eineS Mannes - vorgefdhwebt, den ſie fich -aber ganz
andersS, viel älter, etma mie den Onkei oder doch ſo ähn-
lich 44 7 ** * 4 * wunderbar ſchöne
junge Mann mit den leuchtenden Augen Dde 1 3
geleßrte Dokftor Waidburg jein! . — —

Aber als der iunge Doͤktor ſich nun ſogar direkt an


anerkennende Worte über den innigen Vortrag des Frübh-
lingsliedes fagte, da wandelte ſich ihr Staunen piöblich in
die * —— — um. —
Alſo hatte er ihren wie ſie glaubte, ſo un vollkommenen
Sefang belaufcht, und jeßt beluſtigte er ſich darüber — feine
Augen fahen ſie ja 10 lachend an. Nun wollte ſie um
feinen Preis vor ihm fingen: denn feine Worte waͤren


Bitte faſt unfreundlich ab.

Adalbert der das nicht erwartet, ſah ſie erftaunt,




Tone :
„Aber Iuliane !”

— Mit ihrem ganzen Namen nannte der Onkel fie nur
bej beſonders wichtigen Beranlaffungen, oder wenn er un-
zufrieden mit ihr war, aber dennoch ſchwieg fie ftill und
prebte die rothen Lippen feſt auf einander.

Man drangnun nicht mehrin fie, und fie ſaß da, dem
Weinen nahe und kam ſich vor, wie ein unartiges Kind.
Verſtohlen blickte ſie auf Wdalbert, der ohne den Heinen


lehrtes Geſpräch vertiefte, wobei der frühere Lehrer jebt


 
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