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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 191 - Nr. 200 (22. August - 2. September)
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Geint täglih mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.
7* — mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlic
— 1.20 odne Traͤgerlohn n. Poftanffhlag. Beſtellungen


$erantmortücber Redatteur:




fir

— — —


Anzeige=-Blatt für die Amtsbezirke Heivelberg,
Ladenburg, Weinheint, Schwebingen, Philippsburg,
MWiesloch, Bruchfal, Breiten, Necargenlind, Mosbach
Cberbadh, Buchen, Walldlirn, TBiſchofeh Wertheim 2c.



Druc, VBerlag ı. Expedition von Gebr. Huber
in Heidelberg, Zwingerfrake 7.







— — —


5° 3m nationalliberalen Scdan !
Ja i br im Voͤlke ſtark geſunkenes Anſehen wieder
2 zu heben, feierten geſtern die Natiovnal-
frafen auf dem Heidelberger Schloſſe
6 anfelt. Gerade ſie, ſind aber am aller—
egften berufen, die Erinnerung an den großen
zu feiern, den vor 20 Jahren unfere tapferen
* über die Franzojen errungen haben. Nach
** Anficht ſind nur muthige Männer berechtigt,
derartigẽ Siege ein Triimphgeſchrei zu erheben.
4 _ aber die Anhänger dieſet Partei ſich als
ige Männer bewährt? Mit Nichten! Wir
Nern uns Alle der Septennatswahlen, welche Angſt
Tn m Rriege wurde zur Schan, getragen, welch’
— Geſichter wurden damals geſchnitten, ganz
N iſchlaud wuͤrde in Aufregung und Schrecken ver-
48 Ueberall hieß es, wenn die Wahlen ſchlecht
Lulen, dann gibt es Krieg mit den Fraͤnzoſen und
* gute Nacht Deutichland! Sine wahre Ver—
4 g hatte ſich ſämintlicher Kartellpaxteien be—
i an igt und es gelang ihnen, auch Angehörige
er Parteien mit in das Angſtgefühl zu ſtürzen
Quf diefe Weiſe einen vorübergehenden Wahlſieg
— Wer ſich aber vor drei Jahren ſo arg
SN bel\ Franzoſen gefürchtet, hat keine Berechtigung,

en Beſiegung zu feiern.

*— halten e& aber auch für politiſch unklug,
derartige Feſte die Erinnerung an jenen blutigen
° 3zu ſehr 3u wecken und die Empfindlichkeit
4 er Naͤchbarn unnöthiger Weiſe zır reizen. Wer
ebe und Treue zu Kaiſer und Reich hält, iſt
144 ſo ſtand es in den Zeitungen und an
n o Siraßenecfen zu lejen. Was thut aber Kaiſer
* Der Kaiſer bereiſt ganz Europa, um
iriedliche Geſinnung perjönlich auszujprechen,
“al bethenert er ſeine Friedensliebe mit den beſten
ge. Das Reich ſchließt Verträge und Bündniſſe,
en Frieden zu fichern Die Regierung thut
, um die Empfindlichkeit der Franzoſen zu ſchonen.
[ erinnere ſich nur, mit weldher Nachgiebigkeit
| e“t“ Zeit die unangenehmen Zwiſchenfälle an der
* chfranzöfiſchen Grenze erledigt. worden ſind.
1 wurde ferner auf dem internationalen Aerzte—
* in Berlin den Franzojen geſchmeichelt, und
* geſchah unter Zuſtimmung der Preſſe aller
* ja zur großen Befriedigung des ganzen
6* Volkes. Und mun fommen dieſe national—
rTGIen Krakehler und ſuchen Alles wieder zu ver—
en, was Kaͤiſer und Reich, Fürſt und Volk gut

Auch noch von einem andern Geſichtspunkte aus
hetrachtet, Hätten unſere Gegner allen Grund, keine
Jubelhymne anzuſtimmen. Gegründet wurde dieſe
Fartei zum Kampf gegen Rom, der Kulturkampf
follte den kath. Glauben aus Deutſchland verdrängen.
Und wie kläglich endet dieſer Kampf. Geſchlagen auf
der ganzen Linie müſſen ſie ſehen, wie ein Geſetz nach
dan andern fällt, das zum Unbeil der Kirche ge—
fchmiedet war. Heichsfeiide wurden wir Katholiken
damals genaunt, heute wagt es Niemand mehr, im
Eruſte dieſe Bezeichnung uns gegenüber offenklich auf—
recht zu halten! Aus allerhöchftem Munde iſt ſchon
wiederholt dem Patriotismus der überzeugungstreuen
Katholifen das grüßte Lob gefpendet worden. Beſon⸗
der8 in Ddiefem Fahre hälten die Liberalen ganz ftill
bleiben jollen. Bei den Reichstagswahlen im Früh⸗
jahre find fie aufs Haupt geſchlagen worden, ſie haben
aufgehört die ausſchlaggehende Partei zu jein, ſte
ſind zu einer ganz ünbedeutenden Fraktion im Reichs⸗
tag zuſammen gefchrumpft. In unſerem engeren Va⸗
terlande haben fie gar keinen einzigen Kandidaten
durchgebracht, waͤhrend ſie früher von den 14 Man⸗
daten 12 im Befibe Hatten. Blos noch im badiſchen
Laͤndtage verfügen fie über die Mehrheit, Dank einer
ungerechten Wahlkreiseintheilung einer uͤbermächtigen
Büreaukratie und der Gleichgilligkeit ſo vieler Katho—
liken in politiſchen und religtöſen Dingen.

Aber auch im bad. Lande wird ihre Herrſchaft
nicht mehr lange dauern! Dadurch, daß der Kirche
das verweigert wird, was ihr im übrigen Deutſchland.
ja ſogar in der Türkei gerne gewährt wird müſſen
auch dem einfaltigſten Katholifen allmälig die Augen
aufgehen, und die Ueberzeugung wird immer mehr
durchdringen, daß die Liebe zur kath Kirche ſich nicht
vereinbaren läßt mit der Zugehörigkeit zu einer Par—
tei, deren Lebeuszweck darin beſteht, Alleszu be—
kämpfen, was uns theuer und heilig ijt. Und die
Partei will Siegesfeſte feiern, die ſich durch ihre
Auttenanaft Tächerlich macht und ſchon beim Anblicl
eine8 harmlofen Möüches oder einer wehrloſen Nonne
in Schrecken geräth! Noch ein anderer Grund wäre
für die Feſtveranſtalter vorhanden, fich in Sack und
Aſche zu kleideu, anftatt Triumphlieder, anzuſtimmen.
Gefallen ift in Folge der koloſfalen Wahlniederlage
ihre beſte Stütze und ihr mächtigſter Führer! Er,
dem fie ihre ganze Exiſtenz verdaͤnken, auf deſſen Be⸗
fehle ſie zır warten gewohnt waren, iſt herabgeſtürzt
boͤn jeiner hohen Machtſtellung und fann ſie nicht
mehr retten aus dem elenden Sumpfe, in dem ſie ſo
tief ſtecken Wir Katholiken begehen auch den Ge⸗




denktag der Schlacht bei Sedan, aber auf chriſtliche
Weije. Wir beten für das Seelenheil der Gefallenen,
wir danken Gott im Stillen für den glänzenden Sieg
der deutſchen Waffen und flehen inbrünſtig, €& möge
uns der Himmel vor den Schreckniſſen ‚eines Neuen
Frieges gnädig bewahren. Von den lärmenden und -
zroßprahleriſchen Feſten unſerer Gegner aber halten

wir uns fern. —

Deutſches Reich.

— Berlin, 30. Aug Nach dem . feitgeitellten
amtlichen Programm für den Tag der großen Flotten⸗
beficdhtigung wird am 3, September, Morgens
8 Uhr, Kaiſerftandarte auf der Hohenzollern von der
Flotte ſalutirt Am Großtopp wird gegen 9 11hr von
allen deutſchen Schiffen die oͤfterreichiſche Flagge gehißt.
Un 9 Uhr ſchifft ſich der Kaiſer auf der Stations-
yacht ein zur Fahrt un die vereinigte Flotte, Deim
paſſiren und paradiren der Mannſchaften der Schiffe.
Naͤch Beendigung der Fahrt begibt ſich der Kaiſer an
Bord der HoHenzollern und geht alsbald mit der ver-
einigten Flotte nach Flensburg, wo gegen 7 Uhr
Abeuds geankert werden . joll. — Der Reichsanzeiger
ſchreibt im nichtamtlichen Theile: Die am 25. Auguſt
vörgekommenen Ausfchreitungen bei der ſozial⸗
denibkratiſchen Verſammlung im Friedrichshain zu
da ſich wegen der Herbitmandver des
Gaͤrdekorps in Berlin nur ſchwache Wachkommandos
befinden, Anlaß gegeben, eine Infanteriebrigade des
3 Armeekorps zut Aushilfe im Garniſondienſt vor—
übergehend nach Berlin zu ziehen

— „Die-Antwort v.-Wifmnann s auf den
offenen Brief des Hen Dr. Varneck über Die
THätigkeit der Mijjiouen Deider Hriftlicher
Eonfeffibnen? ift ſoeben bei Walther und Apolaut
in Berlin erſchienen. Wißmann ſtellt zunächit feſt,
daß er bei ſeinen frühern Auslaffungen uur an VMittel-
aftica, ſüdlich vom YWeqnator, gedaͤcht hHabe, welches
ihin jeitelf Jaͤhren aus eigener Anfchanumg befaunt fei,
und. daß er weder von Siüdafrifa, noch von den nörd-
lich des Mequators gefegenen Qändern (Sudan, Aethio—
pien) und der dort befindlichen Mijfion geredet habe
SIn Südafrifa lägen die Verhältnijje ganz anders;
deun die Dortigen Neger {tändeln ſchon lange unter
der engliſchen Kegierung oder den evangelijchen Buren.
Den-deutjhen Mijfionaren habe er nicht den Vorwurf
politiſcher Agitation gemacdt. Er hält denſelben aber
den Ichottijchen Miffiongren am Nyajja, gegeniüber
durchaus aufrecht, und führt zur Begründung eine
Reihe von eigenen Wahrnehuuungen an. Bei dem













ücht haben.

ein, ich ſchieße nicht!“
Eine Epiſode auS dem Jahre 1848.)

p S 8 im März 1848 „(oSning“ unDd auch in dex ſonſt
j dalen Haupt- und Kefibenzitodt Darmitaht die Spieß-
y er yon dem anziehenden Bölferfrühling erregt wurden,
i@b“fuchten die Führer der organifirten Revolution natür-
nhbflä' Militär auf ihre Seite zu belommen Namentlich
4 en Solpatentkneipen in der nächften Umgebung der
K ünen wurde damals „ferchterlid“ gewühlt, und Vver-

dene Wuühlhuber mit ruppigen. Bärten, roͤthen Hals-
en und „Heckerhliten“ bearbeiteten dort mit einem

N en Yufwand von Flüſſigkeiten allabendlich die Soldaten.
N ſaß eines Abends ein fchmucker Soldat, ein Reſidenz
da IM Dder „Qudwigehale“ „uf dem Kitichtaan” unDd
i cütte mit fichtbarem Behagen eine Kneppheswor[cht,
v\t;‘)hltqatem Kommißbrod, DdiefeS frugale Souper von
Gr c 3u Beit mit einem Schlud KartoffelihnapS anfeuchtend
n „Dar gerade mit dem „VBertelche“ und dem Souper fertig,
— einer jener Wühlhuber. „Mitberger, wie geht’3”,
)ante er den Soldat und ſtreckte ihm die Hand entgegen.
in uba,“ juhr er dann fort, vhne die Antwort abzumwarten,
zwaa Täg jaan mir entweder freie Republikaner oder
baa die Krent!“ „Anemwohl,“ bemerkte Iakoniich der
dat. „Bruda! Mitberger!“ fuhr dann der Wühlhuber
„wolle Se uff’8 Bolk, uff Ihre Brüda ſchiehe, wenns
Ot2“ und jah den noͤch kauenden Soldaten fragenD an.
alaab net“, antwortete der. „Net? gelle ich Hens
A@Bt,“ iriumpbirte jegt 2üblhuber, „Io wenn er jo Leit
‚fmtr do gebt Nanem Ddas Herz uff wie € Kreppel/ Ioß Dich
q time, ‘ Bruda? Diefer
\ünes "Bewen3.“ — „Mache Se mur keene Faxe,‘ [agte
N der unbärtige Krieger, „arvwer a Vertelche trink ich
mit SJhne, mann’S jein muß !” — „Bwaa,” jaate der
instiot, „e halb Dugendt Lijettchen eingeſcheukt! Loſſe Se
— trinfe, Bruda”, fuhr der Wühlhuber fort,

( em die beftellten. Verteicher angelanat waren
Kantwege“‘ jagte der Soldat, was leiht mehr dran !“








offenbar in die Geheimnijfe De3 Schmollis⸗
fomment“ eingeweiht, das „Verteldhe“ bis auf die Nagelprobe
aus...Lijettche !“ rief ſchön wieder der Wühlhuber, noch
zwaa Vertelcher und aach zwaa SechsheNercigarren” (das
war damals in Darmitadt. ein. jehr hoher Preis : einer der
arößten Bormürfe, Ddie man Ddamals ' Ddem Großherzog
machte, mwar, Daß er einem Ddünkfen Gerüchte ‘ zufolge
Cigarren zu ſechs Krenzer das Stück rauchen ſolle) Nach⸗
dem e8,-nicht ohne bedeutenden Yufmand. von Schwefel-
Hölzern gelungen war, die @limmfitengel in Brand zu ſetzen
fuhr der mit Der Halsbinde fort: „Alio Bruda, Du
ichießeft unner faane Untfchtänne uff das Bolk, uff daane
Brüda? „Naa,“ jagte der emphattfch. Ach net, wann
der Hauptniann „Feier !” commanbirt ?“ „Maa,“ antwortete
der Soldat, „unner kanne Unmfch{tände net !” — Noch mehrere
„Bertelcher“ . wurden dann vertilgt, da ertönten von der
nahen Kaferne die erſten Schläge des Zapfenſtreiches
Der Soldat ſtand auf. „SFebt muß ih haamı,“ fagte
er, „Junit gibt’8 morge vier Tage {charf!“ Gerührt faßt der
MKatrivt jeine beiden Hände, fah ihm. ın die Yugen und
iprach : „QWlfo, Bruda, Du ichieß’jt unner kaaue Uinſchtänne.
net?“ — „Na“, jagte ter, mit dem Aermel den Mund ab⸗
ſch bin jo Tambeur!
Sut Nacht, Bruda, kumme gut nohch Haus ” Dem
„Bruda‘“ atıg ichier der Nihem aus vor Staunen über fich
felbit, über die Dummbheit, mit der er feine Nebervedungs“
gm;ft und fjeine Groͤſchen an den Unrichtigen verſchwendet
atte. e

Die gehandlung unſerer Stubenvögel

geſtaltet ſich in vielen Faͤllen zu einer wirflidhen Zhier-
„quälerei, deren ſich die Vogelireunde freilidh gar nicht be—
‚ußt . find. Un meiften mwird, gegen . die jogenannten
„Wildlinge“, d. H. gegen ſolche Vögel, die nicht in Zimmer
aufgemwadhjen find, gefündigt. Bielfad ftedt man unfere
fieblichen Waldjänger, wie Nachtigallen, SGrasmüden,
Drojfein und andere Wurmfrefj:r in einen Käflg, der wohl
für den Manarienvogel geeignet wäre, in dem ſich aber der




Mildlina niemal8 recht wohl fühlen kann, Der Wurm-
vogel bedarf eines Iänglichen Räfigs, deffen Qänge minde⸗
jten8 einen halben Meter betragen follte. ur danır kannn
er ſich elaſtiſch von Syprintgholz 3u Sprungholz ſchwingen
und jeinem Körcher die. . erforderliche BewegungSfreiheit
verjchaffen.. Die Sprunghölzer, Holz- 0Der Rohrſtäbchen⸗
Dıirfen aucH nicht von gleicher Stärfe jein. Man möge nie
vergelfen, daß der Bogel in der Natur bald auf einem
ſchraͤchen bald aufeinem ſtarken Sweis ſitzt alſo die züße
abwechſeltd mehr oder weniger zujammenfrallen nu8. Wird
iOm diefe Abwechfelung in der Gefangenſchaft nicht geboten, 10
werden. die F.Bgelenke , aNmaählidh Ateif Iı Berordenlich
wichtig ijt e3, Darauf3u achten, Deß ſich auf den Stäbchen
fein: Icharfe,@riujte bildet. Geſcheht da S, 1D reibt Der
Vogel ſich die Füße wund unDd befommt an Ddenjelben
jchmerzlihe Auswidhle, die ihn verunitakten und an denen
er Ichließlich jämmerlich zu ©runde gehen muß-. Man
möge auch nicht z viel Sprunghölzer inS Bauer madcen,
das würde dem Vogel Yinderlich jein. Für einen Käfig,
wie oben angegeben, genügen in der Qänge . 3zwei. Ein
wichtiger Gegenjtand iſt feiner Da Badewafler. - Die .
meijten Bozel badeu außerordentlich gern; e$ iſt dies auch
zur Srhaliung, ihrer Gejundheit nothmendig. Man muß
innen 3zu Diejem Zweck ein Waſſernäpfchen von entiprechen-
der Große in den KMafig jtellen oder ein Bayehäuschen an
das Bauer hängen. Wer auf die angeführten Bunkte achtet,
wird jeine Lieblinge {tet3 munter und JangeSlujtig jehen,
yorausSgzejebt, Daß er ihnen geneigteS Futter vorſebt und
für größte Reinlichkeit des KäftaS, Jotwie ferner Ddaflr
Sorge tränt, daß ihnen fxiſche Cuft und Sonnenidein zu
Theil. merden. Man darf den Vogel nicht. {tändig der
hHeißen. Sonne ‚ausfegen, ihn aber auch nicht dauernd in
den Schatten. {tellen oder gar fortiwährend in einer dunklen
} und oHne Sonne
fann feine Bilanze gedeihen und das Thier erſt recht nicht.


 
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