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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 41 - Nr. 50 (19. Februar - 1. März)
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*















Exſcheint tã glich Sonu: und Feiertags „alusgenolmen.
Samfjtag8 mit Unterhaltungsbeilage. Br ei® —
M, 1.20 ohne Trägerlohn u ?ßofiaqf{d’flag.__ Befielungen
bei den Poſtanſtalten ı. hei derSrpedikion Plöckſtraße 103,




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Ar. 44.

Faſtenhirtenbrief des — Jerrn
Eribiſchofs von Freiburg.
(Sehluß.)

Das ſind die wichtigſten Aeußerungen der Liebe
zur Kirche in ihren Gläubihen; und Gott ſei geprieſen,
wir ſehen ſie heute neben den Bedrängniſſen unſerer
5l Mutter in der ganzer Welt hervortreten.

Und darin liegt für uns ein großer Troſt: denn
die Wirkungen Ddiejer Liebe find für uns überaus
ſegensrelch. Die Liebe zur Kirche bewirkt vor Allem
den volfommen freudigen Gehorſam gegen ihte Ge⸗
bole, Der Gehorſam ift überall nothwendig in der
menſchlichen Geſellſchaft! Leider muß er nur allzuoft
erzwungen werden durch Strafen! Auch daun hat er
oft hetlfame Wirkungen für den Einzelnen und die
menſchliche Geſellſchaft; aber ſeine vollen Segnungen
entfaltet der Gehorſam nur da, wo er hervorgeht aus
der Liebe. Deßhalb hoͤren wir im chriſtlichen Unter⸗
Accht, daß all unfere Pflichten gegen Gott und die
Meuſcheu in dem Hauptgebote der Liebe eingeſchloffen
ſind und daß der, welcher die wahre Liche zu Gott
und den Menſchen im Herzen trägt, von ihr getrieben,
alle andern Gebote erfült. Darum ſagt der Apoſtel:
„Die Liebe iſt des Geſetzes Erfüllung“.
(Röm, 13, 10) Das gilt in der Familie und überall,
Wo e8 Gebote gibt; es gilt beſonders in der Kirche.
Die fie wahrhaft lleben/erfuͤllen von ſelbſt, was ihre
Cebote vorſchleiben erfüllen e& volfommen und freubig.
Sa, jie find, die faſt immer viel mehr thun, als die
SirGengebote vorfhreiben: in Dder andäctigen Bei:
wohnung beim heiligen Meßopfer, in Beobadtung
der vorgefchriebenen Feſt. und Faftiage und im Empfang
der Heiligen Sakramente der Beichte und des Altars.

Daraus ergibt fich denn ſelbſtverſtändlich die
Weitere Wirkung ihrer Liche, daß ſie beſtändig
achſen in der chriſtlichen Vollkommenheit.

ie hören ja ſo oft die Verkündigung der Heils—
wahrheiten ‚mit. empfänglichem Herzen; ſie benuͤtzen oft⸗






Nad) Kräften theilhaftig al ihrer Segnungen, So
\ind gerade ſie c8, weldhe in Kraft der Heilmittel be—
5$ftänbiq die heiligmachende Gnade bewahren, welche
die Verſuchungen nach Kräften fliehen, und die unver⸗
Leidlichen freudig und ſiegreich bekämpfen, welche durch
die tägliche Uebung ächter Tugenden Gott und die
Nenjhen erfreuen. Und ſo ſind fie es auch, welche
Dienieden jchon die glücklih Hen find, weil fie aug
M zeitliden Leiden und Trübſalen den übernatürlidhen
Örleden und die Freude des Herzens bewahren, die
Un irdijches Glück zu geben vernag.
y Diefes ſtetige Wachſen der Glaͤubigen in dechriſt
üßen Vollkommenheit hHat aber auch eine große und


E s» —
Einma und Delphine.
Von Melakti v. Java.
Aus dem Vollaͤndiſchen überfegt von L. v. Heemftede.
Fortſetzung.

„Sein Zimmer machte auf ihn, wenn ntöglih, noch einen
ungünſtigerdi — der übrige Theil des Haufes.
ein &8 war ziemlidh groß und hatte keine anderen Möbel, als
Bett Wit früher meißen, nun fahlgelben Gardinen umgeben es
ein ‚en Stubhl, wie man ihn jonft in der Küche findet, und
Ra Jarblojes Tiſchchen, auf dem eine halb zerbrochene alte
{Otanne ſtand; das war die ganze Herrlichkeit,

S wurde Alfred fajt unheimlih zu Muthe. S
erid DE fehen,“ ſagte Hoekfeld, „wir find äußerft einfach ein-
— — eben gar Anjprüche. Sie macht
Drä abjolut nichts aus ihrer Umgebung; hHören Sie mal, wie

Ölg fie fpielt. 4
Fred hörte e8; ſie ſpielte in der That meifterHaft, und
— ſich felbjt, daß er mehr an das unbehagliche Bett
füht , Worin er die Nacht zubringen wußte, als an das ge⸗
— der jchönen Delphine. . ;
alg * Madte ſeine Toilette mit der größten Sorgfalt, und
ftüm © erfrijcht in die Hintere Gallerie trat, mwar jeine Ver⸗
mung ganz vderflogen.
ſtuh Foelfeid ſaß im Neglige auf einem hequemen Schaukel⸗
le mit einer Manila im Munde und rief ihm zU:
„Der Thee iſt parat; bitte, wecken Sie Phine aus ihren
wſeidaͤ Träumen.“ ;
(&mißermafien verblüfft nahın Alfred ſeine Umgebung auf.
Die Hintere Gallerie war der größte Raum des HGaufes
Quf gab den anderen an Unbehaglichkeit und Leere nichts nach ;
Tay ttem Tifhhen ftand ein Theetopf mit drei gebrechlihen
en * Gine alte, haßlige javanijche Magd jien das Brä-
' wa am TheetijhHe übernommen zu hHaben. Sie goß etwas
— in eine Art Milchkanne, womit ſie die Taſſen
9 füllte, nahm dann. mit ihren fchwarzen. knochigen

Heidelberg, Samftag, 22. Februar 1890.

ihre Anerkennung von Seiten vieler, welche
ſie als die Heilsanſtalt Gottes nicht gefannt haben.
Dieſe Wirkung hat das heiligmäßige Leben der erſten
Ehriſten zur Zeit der blutigen Verfolgung thatſachlich
bervorgebracht. „Seht, wie ſie einander lieben“ ſagten
die Heiden, wenn ſie all die großen Tugenden ſahen,
welche das Leben der himmliſchen Liebe in den Chriſten
hervorgebraͤcht, und unzählige von ihnen haben ſich
unter den größten Gefahren der Kirche zugewendet.
So iſt es zu allen Zeiten. Auch heute noch kommen
viele zur Kirche Gottes, wenn ſie ächte Tugenden ſehen
hei ihren Gläubigen. Ja, wären dieſe alle von großer
Liebe zu ihrer geiſtigen Mutter erfüllt, ihre Fortſchritte
in allen Tugenden des chriſtlichen . Lebens wünden
mächtiger wirken ſür die allgenieine Anerkennung der
Kirche, als die beſte Vertheidigung und Belehrung durch
das Wort.

So wachſel denn, geliebte Diözeſanen, in der
Liebe zur heiligen Kirche! Sie iſt die Stadt Gottes,
das neue Jerujalem in ſeiner diesſeitigen Geſtalt,
mitten in der Welt, welches jenſeits ins himmliſche
Jeruſalem übergehen wird. Sie verbindet daͤs Irdiſche
mit dem Himmliſchen, das Natürliche mit dem Ueber⸗
natürlichen, Gott mit dem Menſchen. Sie iſt die
Arche des neuen Bundes, welche ſie aufnimmt,
die Gott retten will aus der Fluth des irdiſchen Ver—
derbend Sie iſt der geheimnißvolle Leib
Chriſti, welchem etugegliedert werden die, welche er
mit ſeinem heiligen Blute erlöſt hat. Sie iſt das
Reich des heiligen Geiſtes, in welchem er reinigt und
Heiligt, ſegnet und troͤſtet. Sie Hat die Voͤlkek mit
dem Lichte des Glaubens erleuchtet, hat ihnen hohe
Cultur gegeben, hat ſie zu einer erhaͤbenen, heiligen
Wiſſenſchaft gefuͤhrt, welche allein den Geiſt befriedigt
und veredelt Sie hat die Leidenſchaften gebänbigt,
immer und überall hohe Tugenden zur Blüthe gebracht,
unf mit ihren Anſtalten der Barınherzigkeit, der Liebe
und des Troſtes die ganze Erde bedeckt. Unterdeſſen
iſt ſie von der Welt beſtändig bekämpft und verfoͤlgt
worden, Jahrhunderte lang mit blutiger Gewalt,
noch längex durch eine falſche Wiſſenſchaft, und
immer und überall durch Verläumdung und Verun—
glimpfung, durch Spott und Hohn. Was nur immer
menſchliche Einrichtungen zerſtören muß, iſt gegen fie
ins Feld geführt worden Sie aber lebt und wirkt
in der Kraft Gottes wie in den erſten Tagen ihrer
Jugend. Mit himmliſcher Ruhe geht ſie durch die
Welt und die Jahrhunderte, oftmals blutend, oftinals
bedrängt und geſchmaͤht, aber immer, geduldig, immer
ſiegreich durch Wahrheit und Liebe.

So laßt uns denn, geliebte Diözeſanen, mit dem
Propheten in der Verbannung zu Babylon von dem
neuen Jeruſalem, unſerer heiligen Kirche ſprechen, was
er vom alten geſagt: „vergeß i dein, Jeruſa—







em, jo werde vergeffen meine Rechte; e8

Fingern den Theekopf zur Hand und ſchenkte daraus die Taſſen
‚ ganz *

„Alfred,“ rief Delphine;
Welt zu Lommen und frä’ä)te ibn,
bor?‚og%. ; :

„Sräulein Delphine,“ fagte Alfred, nachdenı er fich mit ihr
etwas über Miſtt unterhalten, „ic fcf)macg)te nach * 4*
Tyee, aber um wie viel aromatijdHer mwürde er ſein, wenn Ihre
Hand ihn bereiten wolltel“

„Sd)!” rief ſie verwirrt, „ach, Sie wiffen ja, wie ich von
dergleichen Ding n nicht das Geringfte verftehel“

„Bhine, Thee fhenken!“ lachte der alte Gerr, „nein, ich
glaube, daß Mah⸗Amat's Schüſfelwaſſer hrem Gebrän doch
noch horzuziehen wäre. Sie, würde den Thee vielleicht ganz
vergeffen, nicht wahr, Mädchen ?“

„ 3Q kann e& wirklich nicht lernen, Bapal“

Altred gab ſich Mühe, das fade, bon Mah-Amat bereitete
Getränk mit fataliftiſcher Ergebung.hinabzufchlürfen, wobei ihm
ſein rafender Durft gut zu. Statten kam,

Er wollte fogar um eine zweite Taffe bitten, als er ſah,
wie die holde ſchwarze Hebe allerlei Hantirungen mit Ddem
SE[)eetoz_a_fe vornahın. E3 ſchien, daß die Röhre verftopft war;
Eſt ſchüttelte ſie ein paax Mal, und als das nicht hälf ſetzte
ſie ungenirt ihre vom Sirihkauen gerötheten Lippen ‚an die
Deffnung und blies rejolut hinein.

. Da8 war unferem Verliebten denn doch zu viel. Er ſeste
die Taſſe nieder und bat Delphine um ein Glas Wafjfer, das
beſſer den Durſt oſche, alg der glühende Thee,

Die junge Dame wandte fich an die alte Dienerin, und
einer Viertelſtunde etwa Ddurfte unjer Held jeinen Durft

en,

‚Ooekfeld, Hatte temne Luft, ſich umzukleiden, man blieb da⸗
her in der dinteren Galnerie; Delphine Ias einige Waldlieder
au8 „Amaranth“ und fragte, ob fie ſich nicht trefflich für Ge⸗
ſang eigneten. S

_ Sn interefjanten Geſprächen über Literatur und Mufik ver—
ging die Zeit in Fluge und Alfred vergaß ſeinen ſchlappen
<&bhee bald; er begriff felbjt nicht, wie er ſich dadureh einen
Augenblick hatte Verftimmen laffen können,

ſie ſchien aus einer anderen
ob er Beethoven dem Mozart





25. Jahrgang.
klebe meine Zunge au meinem Gaumen,
wenn ich dein niht gedenke, wenn i Fer
rufalem nidt ſetze zur erſten meiner Freu-
den!“ “ (Pjalm 136, 5. u, 6.) — Die Gnade unfe-
res Herrn Jeſu Chrifti jei mit euch allen! Amen

— Aus Baden, - *

Heidelberg, 21. Februar.

* Die geſtrigen Reichstagswahlen verliefen
im Allgemeinen ruhig, jedoch überall unter großer
Theilnahme der Wähler. Die vorliegenden Refultate
finden unſere Leſex au anderer Stelle, Die Actien
des conſ. Aib. Kartells ſtehen beſonders im Lande
Baden ſehr ſchlecht! Sehr bemerkt wird das un—
geheure Anwachſen der ſozialdemokratiſchen
Stimmen. Das gibt ſehr, ſehr zu denken
Heidelberg hefteten die Liberalen ein die Oppoſitibn
beleidigendes Plakat an allen Wahllokalen an, des
Inhalts, daß Derjenige, der Oſthoff wähle, ein Bis—
marcksfeind ſei. Der Veranlaſſer dieſes Unfugs iſt
bekannt und wird ſich das Weitere ſchon finden!





* Die Stichwahlen, die bei der Neichstags:
wahl nöthig werden follten, werden bereits anı Frei⸗
tag, den 28. d. M, ſtattfinden.

* In einer zu Bingen abgehaltenen Aahlver-
Jammlung der Socialdemokraten erlaubte ſich einer
der Redner, der Socialdemokrat Zoeſt folgenden
frivohen Ausſpruch. Er ſagte:

die Rückgabe der beiden Provinzen Elfaß und Lothringen
an Frankreich fei eine Nothiwendigkeit; er bezeichnete die inı
Friege von 1870—71 erfolgte Wiedererobherung der urdeutichen
Reichslande alz einen Raub an. Frankreich; er Iobte die Chaz
raktereigenſchaften der Franzojeıt, die wir in den Greueln der
Revolution und der Kommnne kennen gelernt hHaben, al8 beffer
denn die der Deutfchen;_ er nannte die franzöſiſchen Arbeiter die
Freunde der-—Ddeutfchen, die deulſche Burgerſchaft hezeichnete er
aͤls ſeine und jeiner Partei Feinde. *

Jeder deutſche Bürger, ohne Unterfchied der
arteiſtellung, wird ſich mit Entrüſtung von dem
Ausbruch eines ſolch abſcheulichen Deutſchenhaſſes ab⸗
wenden. Was thut aber die /Badiſche SandeSstg.“,
das Parteiorgan der badiſchen Nationallibe-


nenden Nummer druckt es vorſtehenden ſoeialdemo⸗
kratiſchen Wuthausbruch ab und zieht daraus für
den liberalen Candidaten Fieſer folgende Nutz—


Auf ihr Waͤhler alle, denen das Vaterland lieb und
theuer ift, gebt noch eure Stimmen ab für die Candidaten der
nationalen Parteien und gegen die „Brüder“ der franzöfifchen
Kommuniſten, denen Deutjhfreijinn, Demokratie
und ultramontanismus Vorfpanndienſt lei ſten!

Und ſo etwas wagt das liberale Hauptorgan
einent großen Theile der badiſchen Bürger zu bieten!
Wir wollen unſeren gerechten Zorn über eine ſolche

Als dann nach langen! vergeblichen Berfuchen Sidin’s
und Mah-Anıat’8 und mit des alten Herrn QHoekfeld’s Siülfe
endlich Ddie große Woderateurlampe angez Ündet war, die den
großen Raum allerdings nur ſparlich erl w 7 te, ſolte ſeine Be⸗
wunderung für Delphine den Hoͤhepunkt erreichen.

Sie fetzte ſich an das Klavier und fang.

Shre Stimme war überans8 lieblich und wohlklingend, fa
daß alles Andere vor Alfred wie in einem Nebel verfchiwand
und er ſich durch die Macht der Töne in eine andere Welt ver-
ſetzt glaubte, .

Sie jang ein Lied nach dem andern, und wie ein kalter
%%g'etrftrabl überlief e& ihn, als Sidin mit heiſerer Stimme
meldetẽ:

Das Eſſen iſt jerbirt!“

Laumt Kinder, die Reiſe hat mich hungrig gemacht,
jagte der alte Gerr, „SIhr jungen Leute habt natürlich viel
%ufi viel Noten gegejjen, um Cuch das Souper ſchmecken zu
aſſen.“

Auch bei den geringſten Auforderungen Hätte man ſich ge⸗
täufcht gefunden, beim Aublick des „proveren“ Mahles, das
für die Geſellſchaft angerichtet war.

Sin blaſſe Suppe, worin nichts die Anweſenheit von Fleiſch
verrieth, als ein paar Hühnerbeinchen die hie und da au der
Brühe hervortauchten, dann eine Schuͤffel Feiner, verwachfener
Kartoffeln,. ein Buͤndchen grüner Blätter, aus dem Hoekfeld
einen Salat präparirte, und ein paar überreife Piſangs, das
war Alles

Und Alfred, der bisher nur in Hotels8 oder auf denı
Schiffe gefpeift hatte, ftellte fich von der indiſchen Küche
eher etwas Beſſeres als etwas Schlechteres vor aber wie groß
jein Appetit auch fein modte, nur mit Mühe würgte er einige
%;getg herunter! Delhpine -aß wie gewöhnlich {o gut wie

icht8, ;

„ BWeniger gut gelaunt als vor dem Souper — oder Diner
wie die Mahlzeit 3u dieſer Stunde auf Sapna heißt — erbob'
ſich Alfred vom Tiſche; der Mond ſchien wunderherrlich, -

Fortſetzung folgt.)
















































































 
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