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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 241 - Nr. 250 (21. Oktober - 31. Oktober)
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Erſcheint täglih mit Auskahme der Som- und Feiertage.
SamfiagsS mit Unterbaltungsbeilage, Preis vierteljährlich
. 1.20 ohne Zrägerlohn 1, Poſteuffchlag! Beſtellungen

— —















Berantwortlicher Redakteur:

bei den Poftanftalten n bei der Cypedition Zwingerſhaße?
Iulins Jeder in Heidelberg.

&. 4a








* — —— —







Druck Berlag ı. Expedition von Gebr. Huber
in Heidelberg, Zwingerſtraße 7.















GESSECESSCSESGESOGEGESS
Beſtellungen

für den Monate
November und Dezember werden bei ſämmtlichen
Poſtanſtalten, ſowie ‚in unſerer Expedition Heidel—
berg, 3wingerſtraße 7 entgegengenommen.

Die Eypedition.

— —
Tit Vutgtſchichte des Fefuitengelehes

verdient gegenwärtig, wo innerhalb der kathoͤliſchen
Bevölkerung eine mächtige Bewegung für die Auf—




jondere Beachtung. Der jüngern Generation ſind


wenig bekannt; bei der ältern, welche dieſe ſtürmiſche
Zeit miterlebt und durchgekämpft hat, ſind ſie wohl
theilweife in Vergeſſenheit gerathen. Sind doch heute
ſchon mehr als 18 Jahre verfloſſen, ſeit man die
Jeſuiten und die „verwandten“ Orden unter ein drü—
ckendes Ausnahmegeſetz geſtellt hat.

Als König Wilhelm I bei der Krönung (18. Okt.
1861) ſeiner Genugthuung darüber Ausdruck gab,
„die Verhältniſſe der kathoͤliſchen Kirche für den Be—
reich Meines ganzen Staates durch Geſchichte, Ge—
ſetz und Verfaſſung wohlgeordnet zu wiſſen“,
fonnte er darauf rechnen, daß dieſe Worte in den
Herzen ſeiner katholiſchen Unterthanen dankbare An—
erkennung fanden Nach dem Zeugniſſe des Fürſten
Bismarck herrſchte damals in Preußen „ein von ganz
Europa beneideter konfeſſioneller Frieden? — der auch
die ſegensreichſten Folgen zeitigte, wie ſchon Friedrich
Wilhelm IV. nach der Revolution von 1848 mit
voller Wahrheit ſagen konnte: „Der Treue meiner
katholiſchen Unterthanen habe ich die Erhaltung meines
Thrones zu verdanken.“

Die Katholiken ſind wahrlich nicht Schuld daran,
daß an die Stelle des Friedens der Kampf geſetzt
worden iſt. Der unglaͤubige Liberalismus wollte
nicht den Frieden und die wohlgeordneten Verhält—
nifje.“ Schon vor dem Jahre 1870 war der Plan
eines Angriffes gegen die katholiſche Kirche fertig.
Am 20 September 1869 brachte ein Berliner Buch⸗
binder Krebs, offenbar eine vorgeſchobene Perſönlich—
keit, im preußiſchen Abgeordnetenhauſe einen An rag
ſammtlicher Klöſter ein,
nachdem kurz vorher in Berlin der „Moabiter Kloſter—




chen — ins Werk geſetzt war Der Antrag gelangte
an die Betitionsfommijfion des Abgeordnetenhauſes,
wo der Abg Dr. Gneiſt ſich zu ſeinem Anwalt er-
hob und einen Beſchluß durchſetzte der die religiöſen
Orden in Preußen mit einem Schlage vernichtet haben
würde Die damalige preußiſche Regierung wider—
ſetzte ſich aber dieſem Beſchluſſe der Commifſion und
erkannte die verfaſſungsmäßige Daſeinberechtigung der
geiſtlichen Genoſſenſchaften in Preußen — ohne irgend—
welche Ausnahme — unumwunden an. Indeſſen
fand im Landtag von 1869 70 die Kloſterfrage noch
keine endgültige Erledigung ; man ſchreckte noch vor
der offenen Beſeitigung der durch die Verfaſſung ge-
währleiſteten Freiheit der katholiſchen Kirche u. ihrer
Orden zurück.

Warum? Das hHat am 25. November 1873 der
Abg Dr. Lasker ausgeplaudert, als er ſagte, man
habe den Kampf gegen die katholiſche Kirche nicht
früher aufnehmen dürfen, als „bis das Dach gewölbt
war über das gemeinſame Reich,“ Man wollte eben
die preußiſchen Katholiken ebenſo wie die ſüddeutſchen
und darum wurde die
vorhandene Kampfesſtimmung unterdrückt. Nachdem
die katholiſchen Soldaten auf den Schlachtfeldern
Frankreichs für die Einheit Deutſchlands gekämpft
und geblütet hatten, naͤchdem der „äußere“ Feind be—
zwungen war, wurde der „innere“ Kampf gegen die
Katholiken, gegen die katholiſche Kirche aufgenommen.
Ehe die Katholiken ſich deſſen verſahen, brach der
Sturm los. Während die „evangelijchen“ Kräfte
zum Feldzug über die Alpen „gegen Rom“ ſich rüſteten,
leitete Fürſt Bismarck den Kulturkampf ein an deſſen
Beginn er zunächſt das Centrum zu ſprengen ver—
ſuchte. Daun wurde die katholiſche Abtheilung im


(lex_ Lutziana) geſchaffen und die traurige Aera Falk“
Uın 14. Mai
1872 richtete Fürſt Bismarck die ſpäter von Arnim
veröffentlichte Papſtwahl⸗Depeſche? oder wie man
ſie auch ſchon genannt hat, die /Stoß in s-Herz-De—
peſche gesen das Papſtthum an die Vertreter des
Deutſchen Reiches bei den auswärtigen Höfen. Die
erbitterten Feinde der katholiſchen Kirche witterten
Morgenluft“ und begannen eine regelrechte Je—
ſuitenhetzen Schon im September 1871 hatten
die Altkatholiken auf dem Kongreß in München
eine Reſolution gegen den Jeſuiten-Orden und deſſen
corrumpirende Moral“ beſchloſſen, ı. ebenfo beſchloß

RI — — —



24
2
Verſammlung der Protejftanten-Vereinler,
die nichts Corrumpirendes! daxin finden, daß ihre
Prediger offen undin der Kirche die Gott-
heit Ehriſti Leugnen. Präſident des Prote⸗
ſtantentages war der badiſche Großlogenimeiſter
Bluntſchli, welcher am 8. Oktober 1871 an die
Freimaurer ein geheimes Rund|hreiben -
zum 3weck der Organifation einer FJeju= .
itenhetze erIieß. Daffelbe hat in {jo fern noch
ein beſonderes Intereſſe, als e& „fowohl gegen die
Jeſuiten in der römiſchen als in der yroteftan-
tiſchen Kirche“ gerichtet iſt.

Der herannahenden Gefahr ſchaute aber das ka—
tholiſche Volk nicht müßig zu. Bald erhob ſich in
den katholiſchen Landestheilen ein waͤhrer Petitions—
turm zu Guͤnſten der Jeſuiten. Und zugleich mit
Papſt Pius IX. gab faſt der geſammte deutſche Epiſ⸗
kopat den Jeſuiten öffentlich das glänzendſte Zeugniß,
Es half alles nichts. Schon die Wahl des Abg
Dr. Gneiſt zum Berichterſtaͤtter über die „SFejuttens
Petitionen zeigte was zu erwarten ſtand! Die Ver-
treibung der Jeſuiten war eine längſt beſchloffene
Sache. Eine beträchtliche Mehrheit im Reichstage
forderte die Regierung zur Vorlegüng eines Jeſuiten⸗
geſetzes auf Fürſt Bismarck, dem der Reichstag
ſonſt wenig „imponirte“, willfahrte dieſem Wuniche,
und wie ſchuell! Anı 14. Juni 1872 gelangte der
Geſetz Entwurf zum erſten Male zur Berathung, am
L Juli wurde das Geſetz vom Kaiſer in Bad Ems
unterſchrieben und publieirt, und ſchon am folgen-
den Tage folgte ein Miniſteriaſ-Erlaß über die
Ausführung des Jeſuitengeſetzes, der über das Ge—
ſetz ſelbſt weit hinaus ging, indem derſelbe den Je—
ſniten jede prieſterliche und ſeelſorgliche Thätigkeit,
jpeciell das Beichthören, Mejjelejen, Abhaͤlten von
Miſſionen uſw unbedingt verbot. Ein Jahr ſpäter
(20. Mai 1873) wurde das Jeſuitengeſetz auch auf
die Redemptoriſten, Lazariſten, die Bäter vom Hheil.
Geiſt! und die „Geſellſchaft vom hl. Herzen Jefu?
(Sacre-coeur) ausgedehnt.

Dieſe Vorgeſchichte des Jeſuitengeſetzes bildet zu-
gleich eine vernichtende Kritik Ddefjelben. Es ergiebt
ſich daraus, daß nicht begründete Anklagen gegen die
Jeſuiten die Grundlage dieſes Geſetzes bilden, ſondern
daß eine freimaureriſch⸗kirchenfeindliche Strömung
(vergl. Bluntſchli's Schreiben gegen die proteſtanti?
ſchen Jeſuiten) in Verbindung mit ſtaatsabſolutiſtiſchen
Beſtrebungen das Ausnahmegeſetz erzeugt hHabe. Die
Zeiten haben ſich inzwiſchen Jeändert! Die „Kriegs⸗























ſturm — in Moabit, einı m Stadttheil von Berlin, I in Darmiſtadt der Deutſche Proteſtantentag, d. h. die ! ftimmung“ gegen die katholiſche Kirche iſt zwaͤr nicht
— 2 — — — — — — — — —
38) . Eicht und Ichatten. — verb.) zerjirenen nach aller Aufregung, die die letzten Stunden War ſchon dieſer kurze Yuftrag, der einem ſtrengen

Original Novelle von Hans Jordaens.



Georg verließ nach dieſen Worten hoch aufgerichtet
das Zimmer, und Leander, dem die entſchloßene Haltuns
ſeines Bruders ungemein imponirt hHatte, wagie erſt wieder
frei aufzuſehen, als die Thür hinter dem Hinausgehenden
zugefallen war _ ; . .

Sinige Augenblide noch horchte er ſcheinbar einge-
ichüchtert auf @corag$ mehr und mehr ſich entfernende, feite
Schritte, dann fehrte ihm plößlich der verlorene Muth
zurück und lachend brach er in die Worte aus:

„Der Einfaltspinſel! — Wie entrüſtet er ausſehen
fonnte, al3 jei er die cdle, verfolgte Unſchuld jelber. Und


dumm ſein, wenn man nicht ſehen wollte, daß der Herr


Zuͤerſt hält er uns eine funkenſprühende Lobrede auf ein


Schoͤnen ſonſt war, und gleich darauf fpeit er Feuer, wenn
man ſeine Iara)berleg:‘)eur@ame ein Mondſcheingeſicht nennt.
Es iſt zu läderlich !” — —

2 Commerzienräthin hatte eigentlich die Abſicht
Leander einen Verweis zu ertheilen, wegen feiner uaß
ſenden Redeweife“ ; aber ſie am nicht zur Ausführung dieſes
loberswerxthen Borhabenus; denn e5 war zu „Fomifch,“ den
Kleinen ſprechen zu bören ; .

Immer wieder von Neuem hatte fie gegen die Lachluſt
anzufämpfen, {o oft ſie ihres Jiünaſten drollige Miene {ah.

Während Leander auf folche Weiſe fich für die eben
erlittene Zurechtmweijfung eatſchädigen zu mülen glaubte,
30g über jeinem Haupte fich drohend eine Wolle zujammen,
Ddie ſchon in der nächften Stunde in einem väterlichen


Georg hatte fich, aleich nachdem er den Speiſeſagl ver⸗
laſfen in den Hofraum begeben, um einen dort befindlichen
%ieiner [ben Befehl zu ertheilen, ihm unverzüalich ein Pferd
zu jafteln. .
Durch einen ſcharfen Ritt wünſchte er in etwa ſich zu



ihm gebracht.

„guühren Sie mir den Andalufier YHerau3,“ Hatte er
dem Diener zugerufen, und war nicht wenig erftaunt über
die eigenthümlich klingende Entgegnung, daß das nicht
anginge.

Auf ſeine Srage, ob der Henaſt krank jet, gab der
Mannn in ſichtlicher Berlegenheit nur ausweicdhende Ant-
wort, und erſt nach der beftimmten Yufforderung, eine Er—
fHärung für ſein ſeltſames Gebahren ‘ abzugeben, erhielt
®evrg von dem Diener den überraſchenden Beſcheid daß
Eden Andalufier, glänzend aufgezäumt- mit dem {panijchen
Sattelzeug, vor einigen Tagen auf Befehl des Herrn
Leander der berühmten Keiterin au8 dem englifchen Cirkus
zugeführt habe — Der junge Herr hHabe ihm zwar das
Verſprechen abgenommen, über die Sache geöen Sedetmann
zu ſchweigen; aber wenn er fo beftimmi nacdh dem Henoft
werde, meinte der Diener, ſo könne er doch nicht
ügen

Georg fühlte die auffteigende Rothe auf ſeinex Stirn

Sein Stolz, ſein rechtlicher, edler Sinn empfand den
Bericht, der ihm hier zu den Ohren drang, wie eine ihm
jelbit angethane Schmad. . ;

- Er ſeloſt algubte ſich gedemüthigt durch die elende
Handlungsweije ſeines Bruders, und er war froh, al3 er
ſich auf die Frage des Dieners, ob der junge Herr nun wie
gewöhnlich den Fuchs reiten wolle, mit einem kurzen „SJa”


Eein nächiter Gang war zu ſeinem Vater; denn Geors
hHielt eS bei dem Stande der Dinge für ſeine unumaängliche
Pilicht, dem Bater von dieſer neuen Ausſchreitung Leanders
Mittheilung zu machen. ;

Wenn Leander überhanptnoch auf einen andern Weg
zu 44— war, ſo mußte energiſch gegen ihn vorgegangen
werden

In der nächſten Viertelſtunde ſah ſich nun Leander
nicht wenig üherraſcht durch die eilige Meldung eines
Diener3, der verr Commerzienrath laſſe den iungen Herrn
2 ſich unverzüslich in ſein Privatbüirean zu ver—
ügen. ”



Befeble jehr gleich kamı, geeignet, Jonderbare Befärchtungen
aufiteigen zu laffen, 190 mward Leander noch mehr überraſcht
von dem „geharnifciten Ausſehen ſeines Alten,“ der ihn
ſchon beim Eintritt mit einent „grimmigen“ Blick empfing
und ihn nicht länger in Zweifel ließ, daß irgend ein Un»
heil jeiner warte. *

‚Seander hatte ſich mit einer anſehnlichen Dofis. von
Gleichmuth und Trotz gewaffnet mit der er feinem Vater
* 44 wie ſchon ſo oft erfolgreich entgegen zu treten
gedachte,

Indeſſen weniger als ſonſt mußte ihın das diejes Mal


währenden, hefkigen Auseinanderſetzung das Bimmer feines
Vaters wieder verließ, war der ÖleidhmuthH au3Z feinem
Geſichte verſchwunden und nur ein Zug von Trotz und
von helem Zorn war darin zurücgeblieben.

8 Der Vaͤter hatte Feine ſeiner Entſchuldigungen gelten
laſſen

Er wollte weder zugeben, daß er ihm das Recht zuge»
ſtanden habe über den Henaſt als über ſein Eigenthum zu
verfügen, noch wollte er einfehen, daß er durch feinm Ge⸗
ſchenk dem übermüthigen Grafen X und dem Lieutenant
v. N. gegenüber ſeine CEhre habe wahren müffen.

ielmehr hatte der Vater alle ſeine Einwendungen als
bodenloſen Unſinn bezeichnet, in jelbit einen dummen,
flegelhaften Jungen genannt, der für das Narrenhaus reif
jei, unt ihm ſogar gedroht, er werde ihn noch unter das
Soiffovolk bringen, damit er endlich Raiſon annähme und
ſich beugen lerne, ehe es zu ſpät fei.

„Und die ganze Strafpredigt, die für einen Schulbuben
gut gewejen wäre habe ich Georg zu verdanken, der mich
dem Alten wegen der Iumpigen Vferdegeſchichte anzeigte.”
_ Bei dieſem Gedanken baͤllte Leander drohend feine
Hand, während er mit den Zähnen knirſchend jagte : S
_ „ 3 Wwerde Dir Deine Angeberei noch verleiden, mein
Herr Bruder Dieje Letzte ſollſt Du mir nicht umjonit ge-

than hHaben.“
Fortſetzung folgt.)











































 
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