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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 101 - Nr. 110 (4. Mai - 15. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#0425

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4
1
o

— —






Gn täglid, Sonn⸗ und Friertags außZgenommen.

ä“mfta@ze mit Mnterheaktung#beilage, Preis vierteltahelich
.‚ 220 o8ne Trägeriohn u Bokautidlag. 4
bei dex Pöſtanſtalten u hei der Gxpedition Plõckſtraße 108,



r Stadt




Anzıeige-Blafti für ſämmtliche Bezirke
des had. Unterlandes, Preis pro 1ipalt. Vetitz
zeile 10 Big., bei Wiederholungen Rabaͤtt
Inſerate finden die weiteſte Verbreitung.




Heidelberg Sanıftag, 10. Mai 1890.

* Die Novelle zur Gewerbeorduung.
(Der Arbeiterſchutz)

Die dem RKeichstag bereits zugegangene Vorlage
den Arbeiterſchutz als Erweilerung der 55 105

55 der Gewerbebrdnung beſtimmt?

LSonntagsruhe.

in S.105b. Im Betriebe von Bergwerken, Sa-
hg‘en, MAufbereitungsanftalten, Brüchen und Gruben,
4 Hüttenwerken, Fabriken und Werkſtätten, von
— und anderen Bauhöfen, von Werften
N Ziegeleien, fowie bet Banten aller Art dürfen
Weiter an Sonn- und Fetertagen nicht befchäftigt
rden! Die den Arbeitern zu gewährende Rıhe hat
jeden Sonn- oder Feſttag vlerundzwanzig Stuͤn—
für das Weihnacht2=, Neujahrs?, Oſter- und
A Oltfeft achtundvierziq Stunden, in fonftigen Fällen
N zwei auf einander folgende Sonu- und Feſttage
hggltr}_bbreifiig Stunden zu dauern. Die Ruhezeit
D früheftens anı vorhergehenden Werktage um 6 Uhr
f °ndS, fpäteſtens am Morgen des Sonn= vder Feft-
6S um 6 Mhr zu beginnen. m Handelsge-
_@ärfie dürfen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter an
und Feſttagen nicht länger als fünf Stunden
oi werden. Die Stunden, während welcher
Kcene {ftattfinden darf, werben unter Be-
u Otigung der für den Sffentlihen Gottesdienft he-

Über
8 1

1
Beit von der Polizeibehörde feſtgeſtellt. Die
aeitelung arır für verfchtedene Zweige der Handel8-
Cbe verſchieden erfolgen. Für die letzlen vier
en vor Weihnachten, fowie für einzelne Sonmn-
Feſttage, an welchen brtliche Verhaͤltuiffe einen


i

DE Polizeibehörde eine Vermehrung der Stunden,
welcher die Befchäftigung ftattfinden darf,
en.

' Yn 5.105c0, Die Beftimmungen des S 105b finder
4 Anwendung: 1. auf Arbeiten, welche zur Be⸗

ns eines Nothſtandes oder zur Abwendung einer

ür nder inı Bffentlichen Iukerejfe umberziglich
eiQe‚mnnmeu werden mitffen; 2, auf Arbeiten zur
und Juſtandhaltung, durch welche der
* mäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden
d siebeS bedinet {omwie auf Arbeiten, von weldhen
0654 tederamfnahıne des vollen werkthätigen Betriebes
4 iſt, ſofern nicht dieſe Arbeiten an Werk-
8 R borgenommen werden köunen; 3. auf Arbetten,
. zur Verhütung des Verderbens von Rohſtoffen
des Mißkingens von Arbeitserzeugniffen erfor
or 9 finb, foferıt micht diefe Arbeiten an Werktagen
S ommen werden können; 4, auf Gaſt⸗ und
wirthſchafts ſowie auf Verkehrsgewerbe. Bei
giter Ziffer 2 und 3 bezeichneten Arbeiten ſiud

— verpflichtet/ jeden Arbeiter ent⸗
Harte Köpfe.

Erzählung aus dem Schwarzwald.
Von Dskar Höcker.
(Pſeudonhm: Hermann Frank.)
Mn (TFortfegung,)
Idnm;'b') iſt alfo doch eingetreten,“ jagie Bärbele, „was iq
xgefurcf)tet hHabe, da Dır fo Veichtfinnig hHandelkteft!“
du 8* gab der Trunkene zurüch „HYalte keine Predigt,
ein Pfarrer! Werde ſchon wieder Arbeit erhalten.“
Ver wann und wo?“
— gang egal“ .
feufzte Bärbele, „wenn Du. nur Deinen

© “

t“\ge"?geiäg" teraufte Lorenz auf „Feine Sticheleien — das ver⸗
1 4

vi id,“ , rief Bärbele, „ich ertrage nicht laͤuger ein ſo

4* 4* elendes Leben. Gott iſt mein Zeuge, wie ich

—— aber bedenkſt Dr denn gar nicht, daß ſelbſt die

Int9u lebe {Ohwinden muß, wenn man den Mannn verachten

2

Veug ſtieß einen Fluch aus.

wunſche fuhr Bärbele fort, Du önntelt Did in
fi‘i‘hn 8 Eeßen Spiegel ſehen wie ihn die reichen Leuten haben,
8 *deft Dır yor Dir ſelbft erfhreden, Was warft Du
gf‘nh Burſch. ſprach Bärbele unter Thränen weiter,
* © fiehjit Dı jeBt au3! Das Geſicht aufgedunjen, Ddie
Ylr £Öfhef, ımd ihr Blie, der für mi jonft ein Lachender
4 444 ſo blöde und erlofchen, alz ob {MHonm der Tod
Ü Quf. SArallen Dich erfaßt Hätte, Lorenzl“ fAhrie fie plög-
8 8 mir graut vor Dir!“

Weih verhüllte das Antlig und fjank auf den
incder HE, Doch fhon wenige Sekunden {päter {prang ſie
“m‚“e’““f und eilte zur TIlre, nach welcher Lorenz Hinz

8 willſt Du hin?“ fragte ſie gepreßt.









weder an jedem dritten Synntage volle vierund—
zwanzig Stunden, oder an jedem zweiten Sonntage
mindeſtens in der Zeit von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr
Abends von der Arbeit frei zu laſſen.

$105d, Für beſtimmte Gewerbe, insbeſondere
für Betriebe, in denen Arbeiten vorkommen, welche
threr Natur nach eine Unterbrechung oder einen Auf—
ſchub nicht geſtatten, ſowie für Betriebe, welche ihrer
Natur nach auf beſtimmte Jahreszeiten beſchränkt
ſind, vder welche in gewiſſen Zeiten des Jahres zu
einer außergewöhnlichen verſtaͤrkten Thätigkeit ge—
nöthigt ſind, können durch Beſchluß des Bundesraths
Ausnahmen von der Beſtimmung des $ 105b Ab⸗
ſatz zugelaſſen werden. Die Regelung der an Sonn⸗
und Feſttagen in dieſen Betrieben geſtatteten Ar—
beiten und der Bedingungen, unter welchen ſie ge—
ſtattet ſind, erfolgt für alle Betriebe derſelben Art
gleidmäßig, und unter Berückſtchtigung der Beſtimm—
ung des S 105c Abſatz 3. Die vom Bundesrath ge⸗
troffenen Beſtimmungen ſind durch das Reichs-Geſetz⸗
blatt zu veröffentlichen.

$105e. Für Gewerbe, deren vollſtändige oder
theilweiſe Ausübung an Sonn- und Feiertagen zur
Befriedigung täglicher oder an dieſen Tagen be—
ſonders hervortretender Bedürfniſſe der Bevoͤlkerung
erforderlich iſt, ſowie für Betriebe, welche ausſchließ—
lich mit durch Wind oder unregelmäßige Waſſerkraft
bewegten Triebwerken arbeiten, können durch Ver.
fügung der höheren Verwaltungsbehörde Ausnahmen
von den in $ 105b getroffenen Beſtimmungen zuge—
laſſen werden Die Regelung dieſer Ausnahmen hat
unter Berückſtchtigung der Beſtimmung des S 1050
Abſatz 3 zu erfolgen.

S 105f, Wenn zur Verhütung eines unverhält—
nißmaͤßigen Schadens ein nicht vorherzuſehendes Be⸗
dürfniß der Beſchäftigung von Arbeitern an Sonn—
oder Feſttagen eintritt, ſo können durch die untere
Verwaltungsbehörde Ausnahmen von der Beſtimmung
des $ 105b Abſatz 1 für beſtimmte Zeit zugelaſſen
werden. Die Berfügung der unteren Verwaltungs⸗
behörde iſt ſchriftlich zu erlaffen und muß von dem
Unternehmer auf Erfordern dem für die Reviſton zu—
ſtändigen Beamten an der Betriebsſtelle zur Einſicht
vorgelegt werden. Die untere Verwaltungsbehörde
hat über die von ihr geſtatteten Ausnahmen ein Ver⸗
zeichniß zu führen, in welchem die Betriebsſtätte, die


Feſttagen thätig geweſenen Arbeiter ſowie die Dauer
und die Gründe der Erlaubniß einzutragen ſind.

$ 105g. Das Verbot der Beſchäftigung von
Arbeitern an Sonn⸗- und Feſttagen kann durch kaiſer—
liche Verordnung mit Zuſtimmung des Bundesraths
auf andere Gewerbe ausgedehnt werden.
„Fort,“ loutete die Antwort, „Du magſt mich nicht mehr,
gut, da gehe ich.

„Um des Himmels Barmherzigkeit willen, ſprich nicht ſo,
Lorenz! Du weißt ja, daß ohne Dich das Leben für mich
keinen Werth hat. Iſt e& denn ſo ſchwer, den Weg der Sünde
zu verlaſſen? Gedeuke des Abends, wo wir im Walde drüben
in der Mooshütte ſaßen und Du mir Deine Liebe geſtandeſt.
Ich konnte damals kaum glauben, daß mich Jemand ſo lieb
haben könne und als ich dies gegen Dich geäußert, da ſchlangſt
Du Deine Arme um mich und ſagteſt: „Du lebſt in meinem
Herzen, bis mir der Tod das Auge bricht. Ich will Dich
ſtützen und tren für Dich ſorgen, aber werde mein Weib !“
— Ach, wie ſelig ftimmte mich dieſes Gelöbniß! Sollte die
Erinnerung daran Dir nicht die Kraft verleihen, wieder der
alte Lorenz zu werden?

Dieſe innig geſprochenen Worte verfehlten ihren Eindruck
nicht. Lorenz war gerührt, aber ſeine Bewegung ging ſchnell


ift, hielt er daran feſt, daß er Bärbele zuwider ſei, daß ſie fich
vor ihm graue.

Geh weg von der Thüre,“ fügte er drohend hinzu, „id
bin ein freier Herr, dem niemand etwas zu verbieten hHat, und
wem ich nicht gefalle, der braucht mich nicht anzuſehen. Der
Heuker hole das ganze Daſein, und glücklich der, der die Kunſt
verſteht, e& zu vergeſſen.

Ja wohl,“ ſeufzte Bärbele, „durch den Teufel, den
Branntwein !“
Schilt nicht auf ihn!“ ſchrie Lorenz zornig „er meint ;

e& mit mir beſſer als Du und alle andern.
ab, Dummheit Mooshütte? Liebesſchwüre? — haha —
ich bin kein grüner Burſche mehr. Nein, ich bin ein Mann,
der ſich nichts befehlen läßt. Laß mich 1vo8, Du, vder —“

Mit einem ſchmerzerfüllten Blick, alg ob der Mann, den
ſie ſo innig geliebt, das Meſſer ihr in das Herz geſtoßen Hätte,
wich Bärbele zurück. In ſtummem Entſetzen haftete ihr Blick
an der Thür, durch welche Lorenz verſchwunden war. Plötzlich
aber ſtieß ſie einen markerſchütternden Schrei aus und ſtuͤrzte
ohnmächtig zu Boden.

Erſt nach langer Zeit kehrten dem bedauernswerthen Weibe

















25. Jahrgang.

H. Truckverbot.

$ 115. Auch Werkzeuge und Stoffe
unterſtand nur die Abgabe von Lebensmitteln)
yon den Unternehmern den Arbeitern zu den ihnen
übertragenen Arbeiten mur dann unter Anrechnung
bei der Lohnzahlung verabfolgt werden, {oweit Ddie
dafüx angerechneten Beträge die Selbfikoften nicht
überſteigen.

HIT Allgemeine Sicherheitsvorſchriften.

$ 120a, Die Gewerbeunternehmer ſind verpflichtet
die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Vlafchiuc
und Geräthſchaften ſo einzurichten und zu unterbalten
und den Betrieb ſo zu regeln, daß die Arbeiter gegen
Gefahren für Leben und Geſundheit ſoweit geſchützt
find, wie es die Natur des Betriebs geſtattet Insbe⸗
ſondere iſt für genuͤgendes Licht, ausreichenden Lufte
raum und Luftwechſel Beſeitigung des bei dem Be-
triebe entſtehenden Staubes, der dabei entwidelten
Tünſte und Gaſe, ſowie der dabet entſtehenden Abfälle
Sorge zu tragen Ebenſo ſind diejenigen Vorrichtungen
Herzuftellen, welche zum Schutze der Ärbeiter gegen ge—
fährlide Beruhrungen mit Maſchiben oder Maicinen-
theilen oder gegen andere in der Natur der Betriehs-
ſtätte oder des Betrtebes liegende Gefahren, namentlich
auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrikbränden
erwachſen koͤnnen, erforderlich find. Endlich ſind die-
jenigen Vorſchriften über die Ordnung des Betriebes
an das Verhalten der Arbeiter zu erlaffen, welche
* Sicherung eines gefahrloſen Betrlebes erforderlich
ind.

‚ $ 120b. Die Gewerbeunternehmer ſind verpftichtet,
diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten
und diejenigen Vorſchriften über das Verhalten der
Arbeiter zu erlaſſen, welche erforderlich find, um die
Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anftandes
zu ſichern. Insbeſondere muß, ſoweit es die Natur
des Betriehs zulaßt, bei der Arbeit die Trennung der
Heſchlechter durchgefuhrt werden. In Anlagen, Ieren
Betrieb es mit ſich bringt, daß bie Arbeiter ſich um:
kleiden und nach der Arbeit ſich veinigen, müffen aus⸗
reichende, nach Geſchlechtern getrennte Ankleides und
Waſchräume vorhanden ſein. Die Bebürfntkanftalten
miülffen ſo eingerichtet ſein, daß ſie für die Zahl bder
Arheiter ausreichen, daß den Anforderungen dır Ge-
ſundheitopflege entſprochen wird und daß ihre Benutzung
ohne Verletzing von Sitte und Anftand erfolgen kanıt.

$ 120d, Die zuſtändigen Polizeibehörden find be.
fugt, ım Wege der Verfügung flr einzelne Anlagen
diejenigen Maßnahmen anzuorduen, welche zur Durch⸗
führung der in SS 120a bis 1206 enthaltenen Srund-
ſätze erforderlich und nach der Beſchaffenheit der An—
lage ausführbar erſcheinen. Sie können anordnuen, daß
den Arbeitern zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb
der Arbeitsräume angemeſſene, in der kalten Jahresʒeit





(bisher
dürfen



8 n Nun löſte ſich der ſtarre Schmerz in
unzählige Thränen auf, und eine namenlofe Angſt kam uͤber
ſie. Wohin war Lorenz gegangen? Solte er feine Drohung
wahr machen und fie wirklich verlaffen? Noch vermochte
Bäxbele nicht darau zu glauben. Sie hatte ihur ja nichtS zu
Leide gethan, fie mar ihın immer die freue Gefährtin gewefen,
wie fie e8 vor dem Altare gelobt; ach, und Lorenz iebte fie
gewiß noch, Iroß feiner Verirrung — Wwenigiten3 ein ganz
kein wenig. Aber die Angſt blieb doch in ihrer Seele. In
dem Zimmer wurde e8 ihr zu ſchwil, darum eilte fie auf die
Ohne es zu wiſfen, lenkte ſie ihre Schritte dem Wirths⸗
hauſe zu. Doch Lorenz war nicht dort,
» Der Abend war bereits aͤngebrochen, und bald nabhte
die Nacht.
Mit brennendem Kopfe kehrte das hocherregte Bärbele
nach Hauſe zurüc, in der thoͤrichten 4 * Lorenz in⸗
zwiſchen wieder daheim angelangt ſei Aber er war und blieh
verſhwunden. Der Mond ſchien durch das Fenfter, und ſein

das Bewußtſein zurück.

und betete zu Ihm, der für die Menſchheit in den Tod ge⸗
gangen war, fejt vertrauend, daß er aud fie aus ihrer Bein
erlöſen werde. Das innige Gebet ftärkte ihre Seele und ſie


Ihre Augen wuͤrden mübde und ſie ſuchte das Lager
Aber obwohl ſich ihre Lider ſchloffen, 4 ſie 4 *
iclafen; bei jedem Tritt, der auf der Dorfgaffe hHörbar ward,
ſchreckte ſie zuſammen. Konute e& nicht Lorenz ſein, der da
reuig zurücktehrte? Doch der Hoffnung folgte jtet& die Ent-
täuſchung. Lengſam vexann Stunde auf Stunde, und erft,
als8 daz Fruͤhuͤcht die dunkle Nacht verdrängte, entrückte ein
wohlthätiger Schlaf das arme Bärbele ihren Leiden

Die Sonne ſchien bereits inz Zimmer, al8 fie jäh erwachte.
Berwundert rieb fie ſich die Augen und blickte auf die Lager⸗


neuent Schmerz und Berzweiflung in des jungen Weibes Bruft,
und ſie verließ das Zımmer, um den treulofen Mann zu ſuchen
den ganzen Tag lang.

Fortſetzung folgt.)


 
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