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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 191 - Nr. 200 (22. August - 2. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#0773

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Erſcheuit taͤgtich mit Ansnahme der Somn- uud Felertage,
“ Samftags mit. Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlich
2 1.20 odne Trägeriohn u. Poftauffhlag. DBeftellungen
w Dei den Boftanftalten u. bei der Srpedition Zwingerfiraße 7.








*



für Stadt



VBerantwortliher Redalteur:







Anzeige-Blatt ür die Amtsbezirke Heidelberg,
Ladenburg, Weinheim, Schwepingen, PhilippSburg,
MWiesloch, Bruchfal, Bretten, Nedargemünd, Mosbadı,
Ebherbach, Buchen, Waltdlirn, T Biſchofeh Wertheim 2C.

— ——⏑O — — —


















— %. Sabrg.



| in Heidelberg, Zwingerfiraße 7.



— —



8 |

Nummer liegt ur 34 der Unterhaltungs -
ei.








* olitijde Wodenüberficht.
® Auch die abgelaufene Woche ſteht in politiſcher
Fiehung noch im Zeichen dex ſauexen Surke. —
aiſer WilhHelm weilt in Rußland und wohnte
* Manöver mit den ruſſiſchen Majeſtäten gemein⸗
4 bei Die ruſſiſche Preſſe brachte die uͤblichen
dieſelben enthalten aber nicht?, was
* Aufhebens werth wäre; außerdem iſt auf Aeußer—
Ingen der ruſſ. Preſſe gar nichts zu geben, wenn es
wie hier, um offenbare Formalitäten handelt. Be—
Erkenswerth iſt indeſſen, daß zur ſelben Zeit, wo
IO unjer Kaiſer als Friedensfürſt in Rußland be—
Ndet, bekannt gegeben wird, daß dieſes eine halbe
DNillion Gewehre in Frankreich beſtellt habe. Ob

* ein beſonders ſchlagender Beweis für die Frie—
usliebe der ruſſ. Regierung ſein ſoll! wird man

* entſcheiden können! Zuͤgleich ſchickte Rußland
lejer Tage einen Dampfer mit 20,000 Gewehren und
unition nach Serbien, ein oſtentatives Verfahren,
Umentlich gegen Oeſterreich und Bulgarien, was ſich
Yn ſo mehr hervorhebt, als die Sendung offen als
n Geſchenk Kußlands an Serbien bezeichnet wird.
Mit der ſo zialen Frage werden nicht we—
* als drei für die nächſte Zeit bevorſtehende große
üfhol. Verſammlungen ſich befchäftigen : die bereits er—
Vähnte, aber jchon beendigte Bijchofskonferenz
In Fulda, an welcher auch die Biſchöfe von Mainz
Ind Freiburg tHeilnahmen, der vom 24, bis 28. d8.
n Roblenz abzuhaltende allgemeine Deutfch ®
; atholifentag‘ und der internationale
atholiſche Sozial-Kongreß in Lüttich,
h‚lr welchen der dortige Biſchof Doutrelour nunmehr
ie Einlaͤdungen verſendet hat. Der Kongreß findet
m 7, September ſtatt. Der Litticher Biſchof theilt
Inen Brief des Kaͤrdinals Manning mit, worin ihm
krſelbe verſichert, daß er, wenn ſeine 82 Jahre ihm
Reiſe nicht unmöglich machten, freudig herbeieilen
Würde. Det Kardinal fügte dieſer Verficherung die
Worte hinzu: „Die Arbeitsfrage iſt offenbar geſtellt,
lie wird niemal8 in Vergeſſenheit gerathen können;
Üre Qöfung iſt unvermeidlich geworden; die göttliche
orſehung ſelöſt zeigt es uns, und der einzige uni—
Verfelle. Einfluß, welcher hier leiten kann, iſt der der
Veilnahme und der Klugheit der Kathol. Kirche“


Die ſchwarze Hand. — verb.)
Homan von Lampert de Ste Croiz.
Mutorifirte freie neberſetzung von P Hilipp Freident

66)



Bon diefer kaltblütigen Frechheit des Briganten ſtark
Verdugt, Jah Antonio denfelben etwas von der Seite an,
fich aber ſofort zujammen und erwiderte mit ſpöt—
ſchein Lachen : —

Sie erfennen mich nicht wieder? Sie haben micdh doch
* jenem Tage, al3 Sie Maria Ordonnez ermordet haben,
Ange genug gejehen !” elr
8 „Maria Ordonnez! Wer iſt dies ?” fagte Foje, der
Srigant, immer noch mit derſelben Ruhe. Dann nahm er
Änen Stuhl, ſetzte ſich Artonio gegenüber an den Tiſch.
&0g ein Büchelhen Cigarrettenpapier und eine Tabakzdoſe
Au3 der Taijdhe, rollte eine Cigarette und wandte ſich an
ein Gegpenüber mit den Worten: „Haben Sie die Öüte,
Mir Feuer (in den ſpaniſchen Gefängniffen iſt den Gefan-
Benen dası Kauchen erlaubt) geben zu wollen.“

Der Chulo war nicht der Mann, fich io leicht auf den
Sand jegen3zu lafjen; indefjen begriff er, daß er die Sache
glcbt befonders gefchiet angefangen hatte und fühlte ſich
e8halb eiwas befangen. ; *

— „SIch rauche nicht und beſitze daher guch kene ZUnD-
4 erwiderte Antonio iracken. Hörxen Sie lieber
tann, wir mollen. mit. offenen Karten jpielen. Ich werde
Onen einen Handel vorjhlagen. Sie hahen mich einmal
Arändlich hineingelegt; leugnen Sie es nicht; ein zWeites
Mal werden Sie mich nicht an der Naſe hHerumführen.
Sie find verhaftet, weil Sie Mitglied der . „Schhwarzen
tüni‘)" find ; was Ihrer erwartet, dürfte Ihnen vollſtändig
lar fein. Muf ein Verbrechen mehr vder weniger, weldes
©r „mano negra“ zugejchrieben wird fommt es ganz ge-
* nicht an. Sagen Sie vor dem Gerichtshofe aus,
* die Schwarze Hand“ Maria Ordonnez hat toͤdten
* und i werde Hüber Ihre perfönliche Zhätigkeit bei
lejem Morde jhweigen. Beweiſen Sie durch Ihr HZeug-
‘Q.‘fi. und das macht Ihnen ganz gewiß Keine @emt‘fi.en&
iffe, daß die arme Frau im Yuftrage Ihrer ſchrecklichen

Seidelberg, Sonntag, den 24. Mugujt 1890.
welche Leb XIII. dem Studium der ſozialen Frage
beigelegt, mit folgenden Worten: Se. Heiligkeit dex
Paßſt Leo XIMN. jagt uns durch ſeine Worte, durch
jeine Schriften, durch ſeine Beiſpiele, durch ſeine Auf—


deihen läßt, die eine heilſame Leitung der Arbeiter—
bewegung unſerer Epoche bezwecken wie bedeuſſam
und dringend es iſt, daß Alle übex die ſozialen Fra—
gen aufgeflärt werden und eine bürgerliche und reli—
zioͤſe Pflicht darin erblicken, zu helfen, damit die
beſten Löſungen hiefür geſucht, verbreitet und ange—
wendet werden.“

Der Nationalitätenhader in Oeſterreich zwiſchen
Deutſchen und Böhmen dauert ungeſchwächt fort.
Waͤhrend die Altezechen mehr und mehr in das Lager
der Jungezeſchen übergehen und dem im Januar von
ihnen genehmigten Ausgleich widerſtreben, hat ihr
alter Führer Rieger noch einen Verſuch bei der Re—
gierung gemacht, um der ezechiſchen Sprache ein
weniger begrenztes Gebiet im amtlichen Gebrauch zu
ſichern, als dies im Ausgleich vereinbart wurde.
Miniſterpräſident Graf Taaffe ſoll auf dem Stand—
punkt des Ausgleich ſtehen geblieben fein. Freie
Hand würde er erſt haben, wenn die Deutſchen ihrer—
ſeits von dem Ausgleich abgingen.

In der Schweiz werden die Brieftanben
reichsfeindlich“ Aus Bern wird gemeldet: Das
Militärdepartement hat mit Rückſicht auf die Neutra—
lität der Schweiz die Cantonsregierungen im Auf—
trage des Bundesraths aufgefordert. durch ihre Poli—
zeiorgane das Auffliegenlaffen von Brieftauben ſeitens
aͤuslaͤndiſcher Vertreter oder Geſellſchaften von ſchwei—
zeriſchem Boden aus zu unterſagen. Die Eiſenbahn—
verwaͤltungen ſind erſucht worden die Ausführung
der bezüglichen Anordnungen der Cantonsregierungen
nach Kräften zu unterſtützen.“

Die Unſicherheit nimmt in Jtalien in er—
ſchreckender Weiſe zu. Faſt täglich wiſſen die Blätter
voͤn Raubmorden und Einbrüchen zu berichten. In
Tenni (Umbrien) wurde erſt kürzlich eine Marquiſe
v. B. ermordet und ihr Palaſt ausgeraubt. Ferner
brachten wir Anfangs der Woche die Nachricht von
einem gräßlichen Raubmord, der in dem in der Nähe
Teruits gelegenen Kloſter dello Speco bei Vasciano
ausgeführt wurde. In dem Kloſter verweilen zur
Zeit noch ſechs Mönche und ein junger Menſch von
14 Jahren als Bedieüſteter Drei der Fratri hatten
ſich in die Umgegend zum Meſſeleſen gelegentlich eines
Kirchenfeſtes begeben und ihre drei älteſten Brüder
zurückgelaſſen. Als ſie gegen Mitternacht zurückkehrten,

fanden ſie ihre Brüder mit Knitteln erſchlagen im
Refektorium; das ganze Kloſter aber von oͤben zu
unterſt gekehrt und ausgeraubt Der Burſche ſcheint
ſich geflüchtet zu haben, muß aber von den Mördern
verfolgt und aufgefunden worden ſein, denn man fand
ihn gleichfalls erſchlagen in einer Grotte, 2 Kilometer
vom Kloſter entfernt. Der arme Knabe iſt jedenfalls
getödtet worden, um einen gefährlichen Zeugen zu
beſeitigen. Die Mönche ſtanden allerdings im Rufe
beſonders reich zu ſein Sie waren im Uebrigen
ihrer Mildthätigkeit und Hülfsbereitſchaft wegen in
der ganzen Gegend geſchaͤtzt und hHochgeehıt. Bis
jetzt fehlt jede Spur von den Müördern. E3 iſt wohl
anzunehmen, daß man es mit einer Räuberbande zu
thun hat, welche auch das Verbrechen gegen die Mar—
quiſe b. B. begangen hat.

In der neuen Republik der Vereinigten Staaten
von Braſilien hat ſicheine katholiſche Partei
gebildet, welche ſich die Aufgabe geſtellt hat, dem Werke
der freimaureriſchen Regierung, welche fich des Mecha⸗
nismus des Staates bemächtigt hat, einen energiſchen
und organifirten Widerſtand entgegenzuftellen. Eine
katholiſche Partei wäre ohne Zweifel auch ſchön vor
der Revolufion, welche plötzlich den Thron Dom Pe⸗
dro's umſtürzte nißzlich geweſen. Jetzt aber hat ſich
nicht nur bei den thatkräftigen und aufgeklärten ſon⸗
dern auch den zahlreichen läſſigern katholiſchen Ele—
menten in Braſilien die Ueberzeugung Bahn gebrochen,
daß es Zeit iſt, ſich aufzuraffen, mwenn nicht alles
verloren gehen und alles wieder von vorn angefangen
werden joll. Die revolutionären Blätter Rio de
Saneiro’8 ſpeien Feuer und Flammen gegen die neue
Organiſation; ein Umſtand, welcher auf ein erſprieß—
liches Gedeihen derſelben hoffen läßt SIın Uebrigen
glaubt ſelbſt der proteſtantiſche New-York Herald, daß
der neuen katholiſchen braſilianiſchen Partei die Zu-
funft gehöre. Dieſelbe wird in jedem Falle das
Ihrige thım, gleichviel, ob das Oberhaupt der pro—
viſoriſchen Regiexuug ihr geneigt oder abgeneigt iſt;
eine Bürgſchaft für dieſe nnahme bietet jchon Dder
feſte und energiſche Charakter des Erzbiſchofs von
Bahia, welcher von der Voce della Verita eine der
jchönften Geſtalten der zeitgenöſſiſchen braſilianiſchen
Sejchichte genannt wird, und der auch waͤhrend der
Negiexung Dom Pedro's heldenmüthig 4 Jahre Ge—
fängniß wegen des Widerſtandes, welchen er der frei—
maureriſchen kaiſerlichen Regierung leiſtete, hat er—
tragen müſſen Fonſeca ſteht alſo ein Prälat gegen—
über, deſſen Vergangenheit zeigt, daß er ſich durch
die Verfolgung nicht einſchüchtern läßt. Und ein









Genoffenſchaft ermordet worden ift. IN dieſem Falle ver-
ihweige ich daß ich Sie wiedererkannt Habe, und daß Sie
e8 find, welcher mich beftahl und ſeine Hände mit dem
Blute des Weibes befledt hat. Ich will noch ein Wort
hinzufügen: Der Wirth des CafecS, in welchem Sie mich
jo Omählih Dhintergingen und der Beſiger der Kneipe
„zum Affen” werden nicht zögern, gegen Sie ein vernicht-
endes Zeugniß abzulegen. Nun, was ſagen Sie zu meinem
VBorichlage ?” } }

Der Bandit erwiderte {pöttijch : „Fhre Erzählung madht
Shrer Einbildungskraft alle Chre ; aber ich kenne ©ie nicht
und vermag keine Silbe Shres Romanes zu begreifen, ob⸗
wohl ich denfelden intereffant finde. Bitte, fahren Sie fort,
wenn es Ihnen gefällig ift.” .

Antonio bemerkte ernit: „Wolen Sie meinen Vorſchles
annehmen? Ich gebe Ihnen Zeit, bis ich drei gezählt habe.
Ich zähle ein3 ... . 3zwei .. .“ .

„Sagen Sie mir,“ flüfterfte Joſe, indent er Antonio’3
EUbogen berührte, „Jagen Sie mir, ob Sie in der Zhat
an Ihre Erzählung glauben ? E3 gibt vielleicht ein Mittel,
die Angelegenheit zu regeln,“ fügte er weiter hinzu, fid
umblidend, ob Niemand laufche. „IH fenne Sie nicht auf
mein Wort; aber Sie intereſſiren mich. Es kann ja in
der That Jemand erxijtiven, der das Verbrechen begangen
hat und an deffen Stelle Sie bier fitzen. Bitte, erzählen
Sie weiter.” ME

‚ „Nein, denn ih weiß weder, wer Sie find,“ noch was
Sie eigent!ich wollen. Ich bin irrthümlich feitgenommen
worden und werde zweifelloS bald auf freien Fuß, geſetzt
werden. Ich wax niemals Mitglied der „Schwarzen Hand“
mein Name iſt Zole Murano,
‘.Banbtere und hohe Protoktionen, welche ich geltend machen
werde * ;

„DazZ wird vollftändig dergeblich ſein Luiz Mendrila,“


tergrunde der Zelle.

Die Thüre hatte ſich geräuſchlos gebfinet und auf deren
Schwelle war lein AWnderer erfchienen, als unjer alter Be-
fannter, der Geheimpolizijt Sacobo Muleta aus Madrid.



M3 der Bandit den Namen Luiz Mendrilla ausipredhen








— 8* — —3 — —
börte und den Gehzimpoliziften erblidte, fiel derſelbe wie
vernichtet in feinen Stuhl zurüd. Sein Geſicht wurde blaß
wie der Tod und ſein Körper ſchüttelte ſich in wahnfinnigemt


as Antonio betrifft, ſo machte er einen Luftſprun
vor Freude; Jacobo erſchien ihm wie die perfölichen *
jehung. Wie erbärmlich kam er ſich vor, ſeine Unterredung
mit dem Banditen ſo ſchlecht begonnen und durchgeführt
zu hahen Er begrüßte daher den Detektiv wie einen Retter
aus allen Nöthen.

Unbarmherzig fuhr Multea, zu dem Verbrecher ge—
wendet fort;

„‚sa, Sie ſind Luiz Mendrillg, geboren am 21. Zunt
1837 3zu. Saragofja, zur Zwangsarbeit auf Lebenszeit ver-
urtheilt, weaen Faljdmünzerei aus dem Bagno von Lucon
ent{prungen, um daun eines der Häupter der „Schwarzen
Hand“ zu werden.”

Geſtehen Sie aljo Ihr Vexbrechen ein und laſſen Sie
nicht länger einen Mann im Gefängniſſe für Sie ſchmach—
ten, welcher vollitändig unichuldig ijt. Wenn Sie auch
nicht geftehen, {o ijt Shre Sache doh volljtändig verloren.
In den Händen des Unterjuchungzrichters befinden fich die
Runbgrenltc_ben Beweiſe Ihrer Schuld. AWntonio,”“ fügte
Jacobo bei, „der Unterjuchungsrichter erwartet Sie in
jeinem Cabinete Was Sie betrifft. Luiz, Jo werden Sie
jofort in Ihre Zelle zurücgeführt und verhört werden.
Ich rathe Fhnen, ein umfafjendes Geſtändniß adzulegen,
wir kennen die ganze Wahrheit.”

Antoniv traute ſeinen Ohren kaum, als er Alles das
vernahm. Und doch waren in ſeine Freude jhmerzliche
BZweifel gemifcht.‘ Sr jagte zu Jacobo: „Mendrila hHat ja
Nichts geſtanden und wird wahriheinlich Nichts gejftehen ;
es ſprechen alfo immer noch gegen mich die belaſtenden Be⸗
weiſe der Vorunterſuchung.

Beruhigen Sie ſich/ Untonio.“ tröſtete Muleta, .„und
gehen Sie ſchleunioft zum Unterſuchungsrichter

2



(Fortjegung folgt.)


 
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