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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 251 - Nr. 260 (1. November - 13. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#1013

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— — — IUINLD)



56


——


Eſchent täglih wir ugnahnie der Sonn und deiertage
SamftagS mit Uuterhaltungobeilage. Preis vierteljaͤhrlich
Mk...1.20, ohne Zrägerlohn u Poſtaufſchlag. Beſtellungen
bei den Poſtanſtalten . bei der Erxpedbition Zwingerfiraße 7.



für Stadt






Berantwortliher Redalteur:
Julius Yeder in Heidelberg.





DBoeſtellungen
auf‘ den „Pfälzer Boten“ für den Monate
November und Dezember werden noch immer bei


Heidelberg, Zwingerſtraße 7 entgegengenommen.
Die Erpedition

Sicde des Gerrn Bfarrer Wader von

Höhringen über die Lage in Baden.

Hochanſehnliche Verſammlung! Ich will über unſere
Lage im Lande Baden ſprechen Seit dreißig Jahren
hat es für den überzeugten Centrumsmann tein ver-
lockenderes Thema gegeben, einerſeits zum Nachdenken,
andererſeits zur öffenklichen Erörterung. Es iſt un—
ſagbar, was im Lande Baden der Kampf des ge-
WaltthHätigen Nationalliberalismus der katholiſchen
Lirchẽ und ihren treuen Zugehörigen an Unrecht zu—
gefügt hat. Es iſt unſagbar, welche große Schäden,




den idealen Gütern des Voltes Wir haben dagegen
gefämpft und vieles durchgemacht. Es iſt heute das
Wort „Märtyrer“ gefallen. Ja, m. H, der National-
liberalismus im Lande Baden hat dieje religibſen
Naͤrtyrer erzeugt. Wir haben mehr als einen un Lande


nicht bloß ihre Geſundheit in die Schanze geſchlagen,
ndern ihre Geſundheit auch verloren Haben, der
Natibnalliberalismus hat mehr als eine zerrütteie Ge—


Sehr richtig) Darum ſage ich, wir haben vieles durch⸗


nicht immer ſind alle gekommen, an welchẽ der Kuf


Kampfe, nicht immer mar das Glück auf unſerer Seite,
Yur in ſeltenen Ausnahmefällen war es mit uns im
Bunde, Aber wir find noch da, auch im Laude
Baden (rauſchender Beifall), und wiẽ die Träger
der ürchlichen Gewalt darüber getröſtet waren, daß
68 ein Centrum gab, um der verheerenden Fluth
des Nationalliberaͤlismus entgegen zu ‚treten, {0
werden auch die Träger Dder ſtaaklichen Gewalt
Foh ſein müjfen, daß noch ein Centrum gibt,
Foh ſein müffen auch im Lande Baden (Lebhafter
Beifall.) Dieſes Moment rückt weite Reihen näher,
aber bei uns in Baden widerſtrebt man ſich, daran

Eicht und Ichatten. —
DOriginal-Novelle von HanS Zordaens.

— es nicht Natalie zu Liebe?
Gewiß um ihretwillen konnte ihm kein Opfer zu groß
Erſcheinen.
BGeorg Zur Lenne mußte geſtern cm Abend von feiner
Reiſẽ zurüdgefommen jein; daher war e8 gut, man führte
eute noch aus, was ſchon jeit mehreren Tagen Beſchluß
Rworden war. ;

Als Roland Heute Morgen vor ſeinem Gange zur
Stadt wie gewohnt das Zimmer betrat, in dem der Prä⸗
Üdent mit jeiner Tochter nach dem Frühftück einzukehren
leate trafer zu feiner Freude nur den alten Herrn da⸗
elbſt anweſend.

Natalie war, wie der Onkel ihm lachend erklärte, ſchon
vor einer Weile von Camılla als Lehrmeiſterin von hier
entführt worden. ; ; }

Roland war froh, Natalie jetzt nicht begegnen zu müffen ;
* verabſchiedete ſich etwas Haftig von dem Präſidenten und

etrat bald darauf die zur Stadt führende Landſtraße.
E war ein naffer, unfreundlicher Tag.

Der Regen fchlug dem jungen Manne ins Geficht, der,
en Mantelkragen hoch hHinaufgezogen, des Unwetters nicht
Actend, ſeines Weges dahinjcqhritt, ) }

Koland glaubte die Entfernung von der Billa bis zur
Stadt niemals {o unbedeutend gefunden zu Haben, als heute
mi_orgen‚ und auch das palaſtaͤrtige Wohnhaus des Ban-
Mier Zur Lenne war früher erreicht, alS er erwartet hatte.

Da ſtaͤnd er vor dem glänzenden Portale des ſtolzen
®ebäudes.

Aber was wollte er hier? .

WaZ wollte er yon Georg; der ihm unſympathiſch war?

Jetzt galt e3 indeſſen Feine Umkehr.

—_ Ynd um ſich alen Zweifeln mit einem Male zu. ent-
Nehen zog er entſchloſſen die Glocke 4
in Biener in gefjhmattvoller Livree offnete und führte
Koland.auf. jeine, Bitte, ihn dem. Herrn Georg, ‚Bur Venne
Melden zu wollen, in einen derunten belegenen, Prächtigen

Ümniangäiäle.












Millvoß, den . Kovenbet‘ 18








Anzeige=-Blatt für die Amtsbezirke Heideldery,
Ladenbiurg, Weinheim, Schwebingen, Philippsbxrg,
Wiesloch, Bruchfal, Bretten Nedargemüind, Mosbach
Eberbach Buchen Walldüirn, Z-Bijchofsh. Werthetmn 26











Druct, Verlag it. Exrpebitivn von Gebt. Huber
in Heidelderg, Zwingerſtraße 7.







zu glauben. Und, meine Herren, wenn ich öffentlich
die Frage aufwerfen werde, was der Vorgang in
unſekem Miniſterium zu bedeuten hat, daß der bis—
herige Miniſterpräſident und Miniſter des Innern,
zum Staatsminiſter ohne Portefeuille ſich hat machen
laſſen, und der bisherige Miniſterialdirektor Eiſenlohr
zum eigentlichen, auch nöminellen Miniſter gemacht wird,
ſo liegl die erſte Antwort in dem, was ich ſoeben ge—
ſagt habe: Zman ſträubt ſich in Baden, daran zu
gläuben, aber auch in Baden wird man ſich der Folgen
auf die Dauer nicht entziehen können. Geifall) Baden
ninimt in dieſen Dingen eine ganz ausgeprägte Aus—
nahmeſtellung in Deuiſchland ein, und es wird ſie nicht
aufgeben, ſoideit es von der eigenen Entſchließung derer
abhängt, die für ſich und ihrẽ Partei davon profitiren.
(Lebhafter Beifall) Nirgends in Deutſchland beherrſcht
die nalionalliberale Parlei das ſtaatliche Leben, wie
bei uns in Baden, nirgends in Deutſchland iſt die
katholiſche Kirche ſo übel daran, wie bei uns in Baden.
Beides hängt auf's Innigſte miteinander zuſammen.
Der Geiſt, wie er im badiſchen Nationalliberalismus
in die Erſcheinung tritt, iſt allem kirchlichen Weſen
feind, welches ſich nicht in den unbedingten Dienſt
einer Staatsgewalt begibt, wie er ſelbſt es ſich zu—
rechtlegt (Beifall.) Das iſt nicht eine katholiſche Wahr—
heit, ſöndern eine chriſtliche und das wird bewieſen
durch Thatſachen, durch Jahrzehnte lange Erfahrungen
auf kirchlichem und religibſem Gebiete. Wie überhaupt
überall da, wo das poſitive Chriſtenthum vertreten
durch Organe einer freien unabhängigen Kirche, Mit—
berückſichtigung oder wenigſtens Beachtung finden ſoll,
arbeitet der Nationalliberalismus nur zerftörend, nur
hemmend, nie aufbauend, nie fördernd Sehr richtigh
Das hat ſich nirgends ſo gezeigt, wie bei uns In
Baden. Darum iſt es um die öffentliche Wirkſamkeit
der katholiſchen Kirche nirgends ſo ſchlecht beſtellt,
wie bei uns in Baden Wie iſt denn die katholiſche
Kirche in Baden daran? Dieſe Frage hängt aufs
Innigſte mit einer andern zuſammen, mit der Frage,
wie ift es im Lande Baden beſtellt mit der politiſchen
und bürgerlichen Freiheit des Volkes, und nur der
innige Zuͤſammenhang dieſer beiden Fragen macht es
erklaͤrlich, daß in den Wahlkämpfen der letzten Jahre
auf der einen Seite die Vertretung, ich will nicht
ſagen eines nach allen Richtungen hin feſten und ge—
rechten Liberalismus, aber doch eines Liberalsmus,
der waͤhrer und aufrichtiger war, als der der Na—
tionalliberalen, und auf der andern Seite die Ver—
treter des Centrums Hand in Hand auf ein gemein-
Wir ſtellten auch dieſe

Das Gemach, deſſen Schwelle Roland in dieſem Yugen-
blick überfchritt, trug den Namen „Der chineſiſche Saal,;
denn. nicht nur ' die Wände waren mit den Erzeuaniſſen
chinefiichen Fieibes hekleidet, ſondern auch der Zußboden,
die Möbel, überhaupt die ganze Sinrichtung des Zimmers
gaben bis in's Kleinſte das naturgetrene Abbhild eines
Wohnraume3 aus dem Lande des fernen Welttheiles.

Der Commerzienrath nannte dieſen Saal das Ergeb-
niß einer! augenblicklichen Laune, zu deren AusSführung eine
müßige Stunde ihn veranlaßt habe; in Wirklichkeit aber
gab die derſchwenderiche Ausftattung des Gemaches einen
neuen Beweis dafır, daß die „Spielereien“ eines Geld-
fürften ſich nach der Art ihrer Beſchaffenheit nicht mit denen
gewbhnlicher Erdenmenſchen vergleichen laffen.

Koland bewunderte mechanijch zu wiedexholten Malen
die auf den zierlichen Conjolen umheritehenden, kojtbaren
Jaſen und Figuren und Horchte dabei auf die immer Lauteren
Schläge jeineS Herzens, das hHörbar in ſeiner Bruſt pochte

Einige Minuten peinlicher Erwartung verſtrichen dann
öffnele fih — jür Roland allerdings immer noch früh
genug. die Thür und Geors betrat mit einer formellen
Verbeugung gegen ſeinen Beſuchex das Zimmer.
— „Was verfchafft mir die Ehre?“ fragte der Eintretende
im ruhiaſten höflichſten Geſprächston während er Roland
durch eine Handbewegung zum Sitzen einlud.

Roland gehorchte mechanifch.

Er fühlte fih ganz ungemein beengt.

Was wollte er hier?

Wozu war er gekommen?!

Sch taͤm hierher, um in einer privaten Sache mit
Ihnen zu ſprechẽn begaun Roland endlich ſchwer athmend,
waͤhrend er mit ſeinem Stuhl rücke. A

Georg verbeugte ſich {chweigend, alS wole er damit die
Höfliche VBerfidherung geben, daß er ſeinem Gaſte ganz3zu
Dienſten fei.


land mühjamı heruor;; ! 4
„Ss.icheint mir, Sie hewerben ſich um meine Coufine.”
_ ®eorg fonnte kaum eine prüßere Ueberraſchuns zeigen,
als ſeine Mienen ietzt ausdruͤckten.







Frage des Zuſammengehens mit dem Liberalismus
hauptſächlich von dem Geſichtspunkte der Freiheit und
Gerechtigkeit, wie mein geehrter Herr Vorredner ſchon
ausgeſprochen hHat, der unter dieſem Geſichtspunkte
die Garantie bietet, mit ſich darüber reden zu laſſen
mit der Hoffnung, daß wir bald einig werden, allein
der badiſche Nationalliberalismus, der in katholiſchen
Dingen unter dem Geſichtspunkte dex Religion und
des Glaubens nicht mit ſich reden läßt, follte der
etwa unter dem Geſichtspunkte der Freiheit und Ge—
rechtigkeit mit ſich reden laſſen, wenn es ſich um Ge—
rechtſame der kaͤtholiſchen Kirche handelt? (Sehr
richtig!) Wie iſt bei uns in Baden die kathoͤliſche
Kirche daran? Die Beantwortung dieſer Frage dürfen
wir nicht der nationalliberalen Preſſe überlaſſen So—
viel auch die Leiter dieſer Preſſe und ihre Hinter—
männer auf dem Gewiſſen haben mögen, ſo iſt doch
keine Schuld größer als die, daß ſie damit begonnen
hat und täglich noch wagt, gerade nach dieſer Seite
hin zu täuſchen nach unten das Volt und nach oben
eine beſtimmte Stelle, die in dieſen Dingen mitzu—
ſprechen hat, wenn die Lage der katholiſchen Kirche
verändert, natürlich zum Beſſern verändert werden
ſoll! Eebhafte Zuftimmung). Dieſe Blätter darf
man alſo nicht fragen. Auch wenn ſie im Stande
wären, dieſe Frage richtig zu beurtheilen, ſo hätten
ſie ein zu großes Parteiintereſſe daran, der Wahrheit
nicht die Ehre zu geben und meine Herren, die Er—
fahrung haben wir gemacht, in keinem dieſer Fälle,
in welchen das nationalliberale Parteiintereſſe in
Frage kommt, handelt die nat lib. Preſſe nach dem
Gebote Gottes: Du ſollſt kein falſches Zeugniß ab—

geben. (Rauſchender Beifall und Händeklatſchen)
Und nicht jeder Bürgermeiſter, dem der gute Wille
nicht fehlt, der Wahrheit die Ehre zu geben, kann
dieſe Fragen beantworten Wie der Staat der Haupt—

träger der bürgerlichen Ordnung, ſo iſt die Kirche
die Hauptträgerin der religiöſen Ordnung, ein Ge—

meinweſen, eine reich gegliederte Anſtalt mit dem Be—

ruf, auf die Oeffentlichkeit im Allgemeinen, auf den Einzel—
nen im Beſondern einzuwirken, wobei ſie auch Pflichten

auferlegt. Sie ſteht nicht da, wie eine moderne Uni—
verſität, die zu erwarten hat, bis Jünger ſich melden

und deren Befugniſſe andere ſind, als die, ihre Pro—

feſſorenin die Hoͤrſäle zu ſchicken, um den Studenten ein

Zeugniß darüber auszuſtellen, daß ſie ſo u. ſo lange Dder ,
Univerſität angehört haben und möglicherweiſe den

Doktortitel zu verleihen. (Lebhafter Beifall) Aus

dieſem Grunde ſteht die Entſcheidung darüber, ob die

Kirche genügende Freiheit der Bewegung hat oder

— — — ET N N

ʒ— —





„n der That Herr von Gehren Sie fommen mir
zubor., Wenn ich Ihnen fage, daß ich wirklich die Ab⸗
ſicht habe um die Hand der jungen Dame zu werbenn.{D
werden Sie mir zugeben,” fügie er mit vernehulicher Kälte
hinzu, „daß ich über dieſe Sache nur mit den Fränlein
ſelbſt und deren Eltern zuverhandeln Habe. -— Oder fommen
Sie mıt einem Auftrag Ihrer Coufine ?” ſchloß er Mit
einem forſchenden Blick auf Roland.

Burchaus nicht — Ih würde mich auch niemals in
eine {9 rein verſonliche Sache hineingedrängt hahen wenn
ich nicht wüßte, daß dieſe Partie für Camila nidt Haffend,
— baß fie unter allen Umitänden zu iung dafür’ H®

„DaZ laͤſſen Sie meine Sorge fein, Herr von Gehren.
Ich bin alierdings bedeutend älter, als Iräulein-Camilag;
aber auch älter als Sie, und da dächte ich Dürften Sie
zutrauen, daß ich nicht ohne Neberlegung handeln
werde! 4 —

„Sinerlei! — Camida bat Rückſichten zunnehmen!!

„Rücjichten? Auf wen? —

Kaland riß einig- Kndpfe ſeines kurzen-©ammirodes
auf. Draußen hHatte iOn gefröftelt; — jeBt glaudte er faſt
zu erſticken — 4 —

Rückſichten auf Solche, die ihr nahe itehHe, denen ſie
verpflichtet ift, und ſich vielleicht über dieſe Verbindung
nicht freuen mürden.” E RN AT

„Sinen ſolchen Fall kann ich'mit nidt denken,“ war
die ſiolze Entgegnung, „ih hHabe für nich die Neberz0ugung,
daßz ich mit jedem rechtlichen Bererber ſel er noch ſo hoch⸗
geboren frei in die Schrankenotrefen ‚an dı Alnnn

„ScH gebe,zu, daß Camila ‚Durch Ihren. Antrag
nur jehr geehrt fühlen Fönnte,“ _{adte, 9tolattd, noch einen
letzten Berfuͤch wagend, zu feinett Hiele zu gelangelt) 7 iA-
deffen fann es Berhältniffe geben die eine HiM Bung
trogdem nicht münimeqämertf’);:xe{é}i&bez_pgn„}'qfieg;„;‚.— Gamikla
ift dabei volljtändig mittelgs ; jie befißt elterlicherfeits NMr
I OANZ HELINGES ACENIÜNENL E 41

(Sortfegung: fnfgt) 1




 
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