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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 221 - Nr. 230 (27. September - 8. Oktober)
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Üriheint tagtich mit Ansnahme der Sonn- und Feiertage,

me MtftagS mit Unterbaltungsbeilage. vierteljäbrlich

1 * 1.20 obhne Zrägerlohn 1, Boftauffhlag. Beftelungen
“ ben Poftanftakten n. bei der Expedition Zwingerfiraße 7.







Verantwortlicher Kedakteur :
Julius Jeder in Heidelberg.

28





* 5*










Sanl







— —
ſtellungen anf den „Bälzer
Bote“

fortan alle Poſtanſtalten verpflichtet anzunehmen
* bitten wir unjere bisherigen Boftabonnenten, die
nnz möglichſt bald aufgeben zu wollen, damit
* Ununterbrochene Bezug des Blatte3 gefichert wird,
don - bitten wir unſere Leſer in Nähe und TFerne,
7 7 Mnjerer Erpedition Probenummern zur Ber-
. ‘I“}IQ an Freunde und Bekannte verlangen zu wollen,
diejelben ebenfalls zum Abonnement zu veranlaffen.
Senügt, uns durch Poftkarte mitzutheilen, wie viel
je AMlare gewünſcht werden. Gerade zu Oktober tritt
‘ Leſezeit wieder in ihre Rechte, bei der Wichtigkeit
Voͤrſtehenden parlarmentariſchen Verhandlungen
— Ww. ijt es für jeden Haushalt dringend erwünſcht,
1 erjcheinende geitung zı Haben, welchem
* Ynifie unjer Blatt durch feine Billigkeit bei
m © Keichhaltigfeit in befonderer Weife entgegen⸗
8 Neu eintretende Abonnenten erhalten gegen
endung der Voſtquittung die Zeitung bis Oktober
älgeftellt. Auch bei allen Briefträgern Xarn
Xi lirt werden, was für Orte ohne Poſtäuſtalt von
; ngghgfelt it. — Zu recht zahlreichem Abonnement
| * freundlichft ein

Die Expedition des „Pfälzer Bote.“

— —
* Die beginnende Yallöhung.

_ bedeutender Kirchenhiſtoriker, der eben den
e tichen Beginn, Verlauf und daz Ende des

„ [, Mthums fiudirte, that den Ausfpruch : Eine
8* der katholiſchen Kirche ſich trennende Secte
* längſtens drei Jahrhimderte und dann löſt
148 auf.“ Man möchte faſt meinen, dieſer Prophet
auch dem modernen, dreihunderijährigen Prote⸗
224 ſein Ende richtig vorausgeſagt — Be-
6 mir den „Ofauben“ und die „Oriftlichen
ßg“@“” der höheren, gebildet ſeinwollenden Stände
Vangeliums, ſo tritt uns in Ddiefen Kreifen ſchon

* 8
dn der purfte, religiöſe Indifferentismus,

A Sr
4

ind






























2



2












Anzeige=-Blatt für die Anıtsbezirke Heidelberg,
Vadendang, Weinheim, Schweßingen, Philippsbura,
Wiesloch, Bruchjal, Sretten, Nedargemlind, Mosbach,
Eberbach Suchen, Walldlun, T.-Biichofsh. Wertheim 2c,
Druck, Berlag u, Erpedition von Gebr. Yuber

in Heidelberg, Zwingerfrake 7,







gemeiner, daß auch die ſonſt frivolſten Kreife diefem
ſich nicht entzogen, Dem modernen Heidenthum, das
von der Höchften Höhe goͤttlicher Offenbarung aus
infernalem Menjchenftolze in die tieffte Tiefe menſch⸗
lichen Eigendünkels herabjanf, war e8 vorbehalten,
jedes üherirdiſche Walten, alle göttliche Macht und
ihr perſönliches Daſein zu verneinen. Dieſer Abfall
vom Chriſtenthum und die Leugnung der Exiſtenz
Gottes und ſemer Vorſehung war ein Jahrhundert
hindurch ein Privilegium dẽr fogenannten „Gebildeten.“

Dem „DdDummen“ Volke ſollte die Religion noch
erhalten bleiben ; denn das ſah die noble Intelligenz?
ſchon ein, daß, falls ihre irreligiöfen Grundſätzẽ All⸗
geingut werden Damit auch ihr nicht heneidenswerthes
Schickſel zur Thatſache werde. Voͤhl hHaben f{o ver-
jchiedene Umftände es bewirkt, daß die - niederen
Schichten des Volles noch lange Hem chriſtlichen
Geiſte erhalten blieben, — aber das antikirchliche
und antichriſtliche Leben der höheren Stände und die
allermodernſte Errungenſchaft, die moderne Schule der
Emangipation von jeder Firchlichen Autorität haben
e$ in wenigen Jahrzehnten dahin gebracht, daß der
antichriſtliche, revolutionäre Geiſt in breiten Strömen
die Maſſen des Volkes iüberfluthet. — Die Wirkung
hiepon ſcheint ſich von Tag zu Tag furchtbarer zu
zußern und dies hauptſächlich in der proteſtantiſchen
Kiche

Die Poſten, welche vom proteſtantiſchen Norden
hHerabfommen, lauten ſeit einiger Zeit ſehr traurig
Vor nicht langer Zeit kam die Nachricht, daß im
Magdeburger Kreife die Sozialdemokratie beſchloſſen
habe, im großen Stile eine Auswanderung aus der
kroteſtantiſchen Kirche natlirlich in das Hartmann 'ſche
Nirvana zır unternehmen. — Bom 20. Auguſt Tommt
eine ähnliche Nachricht von competenter Seite aus
Berlin, daß daſelbſt die Sozialdemokraten ſchaaren⸗
weije au& der proteſtantiſchen Kirche austreten. —
Das iſt der Anfang, und wenn wir die ſchreckener—
regende religiöſe Gleichgültigkeit faft im ganzen prot
Lager Deutſchlands in’3 Auͤge faffen, dazu noch die
hochliberaliſtrende, immer mit den jeweiligen Staats⸗
richtungen liebäugelnde Mehrzahl des Paſtorenthums,
dann müſſen wir ſehr fürchten, daß die Scheidung
vom Chriftenthum bald noch weit rieſigere Dimen-
ſionen in weiten Volkskreiſen annehmen werde, Die







raſch folgen, mag man auch alle Hebel anſetzen dieſe
zu hinterkreiben, während man erfterer zienlich gleich-
gültig, oft noch fördernd gegenüberfteht. Wahrlich
das Jahr 1890 beginnt eine neue Cpoche. Daͤs neue
Jahrzehnt wird uns großartige Ueberraſchungenbringen

Möge Gott es fügen, daß die allgewaltigte neue
Bewegung nicht dem infernalen Wbgrunde- zuftenern,
ſondern vielmehr dem Sterne von Bethlehem, der
allein in ſeinem Vollſcheine Glück und Heil der
Völkern, wie den einzeinen Menſchenſecken bringen
kann



Deutſches Reich.

* Berlin, Sept Eingeweihte Kreiſe glauben,
daß nicht die Vertagung der militäriſchen Keform-
pläne den Rücktritt des Kriegsminiſters Verdy her⸗
beiführte, ſondern gerade, daß jene Pläne unter thün
Echſter Beachtung der Windthorjt’jchen
Militär-Rejolutionen alsbald in die Wehe ge-
leitet werden jollen. Indeß ſcheint diefe Verfion vor-
wiegend eine Kombination in Folge der vorhandenen
Strömungen zu ſein.

Die Abſicht der Sozialdemokraten,-das
Aufhören des Sozialiſtengeſetzes mit großen Feftlich»
keiten zu begrüßen, {tößt guch in den Kreijen der
eigenen Parteigenoſſen auf Widerſpruch So hat der
Verein zur Erzielung volksthünlicher Wahlen in
Liegnitz eine Reſolutibn befchloffen, in welcher e -
Heißt: „ES ſei für angemeſſen zu erachten, daß die
Parteigenoſſen es unterlaffen, in einen maßlojen
SiegeSjubel auszubrechen und ohne Halt in türmijcher
Haſt alle Schranfen zu überſprinzen, welche . die
geltenden Geſetze ziehen.“. Da auch in andern Stähten
die Anſchauungen der Liegnitzer Sozialdemokraten ge⸗
theilt werden, ſo wird die geplante allgemeine Feier
des Oktober ebenſowenig durchzuführen fein, wie
die Maifeier durchgeführt worden ift.

Keinen guten Eindruck! haben, wie ein
Paiſex Berichterſtaker der Kölniſchen Zeitung verfichert,
„im Ganzen genommen die Erörterungen des An ti«
klaperei-Kongreſſes auf die poͤlitiſchen Kreife!
gemacht. Das iſt traurig, aber wäre noch zu ertragen,
wenn nicht die niederſchmetternde Erlauteruug folgte!
Man findet, daß es dem Cardinal LQavigiere und

















Licht und Ichatten. — berb.)
Driginal-Novelle von Hans Zordacus













8 Unbeftimmtes Gefühl, eine innere Stimme fagte es
8* ‚19 zart mar fein Empfinden der verehrten Freun-
i‘gliäenuber‚ Daß er an dem rohlenden Blice, an dem
8 50 Händedruce, mit dent Natalie ihn wilfommen

98 {o {orglich gehütete @Geheimniß ihre8s Herzens
\

“.h'ite.
On Slie, feine NMatalie liebte diefen Georg Zur Lenne,
8 * entgegentrat u. von dem Präfidenten mit herz-
[ Se lten begrüßt wurde. *
2 4 Herz 306 fich kraniphaft zuſammen bei dieſer Er⸗
3* er es ertragen fönnen,
4 Gin

E
















} daß ein Anderer ihm
985 feines Herzens hinwegführte ? S
Siferjüchtiges Weh erfaßte ihn, und fo jchr fand
ND yon jeinen SGefühlen übermannt, daß er ſich
Hq ölte, dem Safte feines Onkel8 auch nur einen
Blick zu jchenken. :
en‘[“bä volljtändige Zurüchaltung konnte Georg nicht
oͤn — beobachtete demnach ihm gegenüber eine
ün MeffenhHeit, und jo mmar die erſte Begrüßung zwiſchen
Sa C Leuten eine höflide und kalte.
wenn ein Sremder die Grenze unferes Be⸗
8 üherſchreitet laſſen mir uns vom Zmpuls des
14 — leiten und beuriheilen den oft ganz aralos
Nrr fenden mit um fo geringerer Nachficht, mit uun 10
A härfe je mehr Interefje wir an feinem Nicht-
ug &U haben glauben.
{ 25 Koland erging e8 {o.
Hm0 in Georg Bur Lenne, der {o unbefangen und
M ‘fleu%t augleidh an Nataliens Seite dahinſchritt einen
eilhe ‚ Jeiner perfünlichen NRechie, und mit voller Be-
) — er, daß er ſich niemals mit diefem Gaͤſte
4* mürde befreunden tönnen.
ief‚le‘“e Gejelichaft beirat die Villa und Roland
h @eorg jich in den ibm {o lieb geworbenen












































8








Ql eben {o hHeimifh zu fühlen {chien, wie er Jelbit.





fammen ſvielen und üngen müſſen Natalie,“
Junge Mann lebhaͤft und Sffnete |hon, wahrend er ſpraͤch
das Zuſtrument

„Sar zu lange hHabe ich die Mufjik ent-
behren müffen.“.

„ Natalie erllärte ſich mit freundlichem Lächeln dazu be⸗
reit; der Präßdent begrüßte den Vorfchlag ſeines Gaſtes
mif einigen ermunternden Worten. und griff dann feiner
Sewohnheit gemäß zu den Tagesblättern, während Roland
ſich mit einem Buche in der entlegentſten Ecke niederließ,
bon weldhem Standipunkte auz er das junge Baar am Sn-
ſtrument im Auge behielt. }
Koland hielt das Buch geöffnet in jenen Händen, doch
galt feine Aufmerkffamkeit weit meniger diejem, al3 vielmehr
dem Hefange der zu feinen Ohren Drang.

Nataliens weiche Altjtimme vermijchte ſich auf ange⸗
nehme Weije mit dem Fräftigen Bariton des jungen Mannes.
und Rolandẽ prüfender Blic Haftete o nachdenflid auf
den Zügen des Sänger8, daß er dasS Ende Ddes Duettes

ſagte der

—— € l ] l ſeinem Anhang nicht ſowohl darum zu thun ift, Afrita
Flus, ja ein Unglanbe entgegen, gegen | Neigung hiezu war ſchon laͤnge vorhanden, es brauchte | der europäiſchen Geſittung zu erſchließen, als daffelbe
das alte Heidenthum noch in wahrem Gloͤrien⸗ | blo3 eines geringen Anſtoßes dazı. Diefen hat die | dem römiſchen Stuhl unterthan zu machen, d. D. zum
y Alt [eucf)tgt. Selbſt in der verkommenſten Zeit Soʒialdemokratie gegeben. Latholizismus zu befehren.“ Das iſt Allerdings
4 n GHeidenthums, war der Glaube an über- Auflöfung, das ift die Signatur unferer Zeit; e8 1 ein empdrendes Beginnen, namentlich für einen
, die Weltgeſchichte lenkende Maͤchte ein ſo all- * geht die teligiöſe voran, Ddie Dder politiſchen wird ihr * Cardinal Dder römifchen Kirche, und die berechtigte
7 — — — — — — — — — SC



6N

„D gewiß, vollkommen woht Natalie,“ war die haſtige
Anwort —

Die Dame betrachtete einen Augenblick ſchweigend ihren
%upge? Freund/ in deffen Zügen ſich eine jeltjame Crregung
piegelte, ;
„®eorg ijt unterrichtet und bat ein lebhaftes Intereffe
für ales Schöne,“ fuhr Natalie yuhig fort, „bei näbheremt
Bekanntwerden werdet Ihr Euch jedenjals mebr und mebr
befreunden.“ ; ;
Ncht un den Preis der ganzen Welt wäre e2 Roland
Mmöglich geweijen, durch ein rauhes Widerfprechen den Strahl
des ©lüdes, der in den fanften ANugen leuchtete, zu erfödten.
Mochte der ſtille Traum ihres Herzens für ſie in Er⸗
füllung gehen, 10 ſchwer er felbit davon betroffen wurde
In den Tiefen ſeiner Bruft wolte er ſchweigend jeinen
Schmerzʒ vergraben. 2

Natalie hatte feine Whnung von der Groͤße der Selbft-



nicht bemerkft zu Haben ſchien

_ ‚„Derr von Gehren ſcheint mich zum Gegenſtande ſeines
Studiums gemacht zu hHaben,“ fagte Georg in dieſem Au⸗
genhlick mit Lachen, da ihm Rolands beobachtende Blicke
nicht entgangen mwaren. — „Welchem meiner Fehler ver-
dankeich dieſe ſchmeichelhaͤfte Aufmerkfaukeit des Künftler3?”

Der Iüngling fuhr aus feinem Sinnen auf; er ſtrich
mit der Hand über die Stirn, . wie um feine Gedanken
wiedex zu fammeln, dann erwiderte er rafch:

* bitte um Berzeihung, menn ich ftörend wuͤrde
J habe immer die fonderbare Gewohnheit gehabt, bei
einem Gefange, der mich jeffelte, den Sänger anzujehen.“

®eorg verbennte fich lachend. {
Roland aber, der durch die Worte Georgs einen leichten
Spott durchllingen gehört zu habern glaubte, fühlte ſich noch
mehr gegen den Gait des HaujeS eingenommen und nur
um Yataliens Wunfch zu erfüllen, die ihn mit {tillen Blicken
dayum zu bitten fchien, reichte er auch {päter dem Scheiden-
den ſeine Hand.

Da worſt ſo jeltfam ſtille heute Abend — Iſt Dir
nicht wohl, Koland ?“ fragte NMatalie fpäter den Jüngling,



*
* f



werden heute ÄÜbend wieder einmal tüchtig zu-





verläugnung, die Roland augübte, als er auf ihre lebte
YNenßerung eine halh und Halb zuftimmende Untwort gab.
Eben fo wenig Yatte fie eine Ahnung davon, daß Fe-
mand außer ihr um das ©eheimniß ihres HerzensS wußte,
und daß e5 ihr junger Freund jei, der e8 zuerſt entdeckt
* würde ihr am allerwenigſten in den Sinn gekommen
ein.

Ahex die eigene bittere Erfahrung Hatte Rolard früh-
zeitig ſehend gemacht. —

. 6. Kapitel, . .

Ym folgenden Lane war der beſprochene Geſellſchafts⸗
Abend im Haufe des Commerzienraths. ; -
Der Präjident war in der Leßtien Beit häufig niqt
wohl geweien, und ein Leichtes Unmwohliein hielt ihn aucH
?e{ute Abend ab, der an ihın ergangenen Sinladung zu
olgen.
In Grunde genommen bielt er fih indeſſen abſichtlich
jo viel wie eben möglich fern von allen derartigen Feſt⸗
lichkeiten
Au Natalie huldigte im ANgemeinen dieſer Anlicht
hres Vaters und jah e8 Lieber, wenn Freunde und Be-



als Georg die Billa verlaffen Hatte.



fannte, die fie zu fehen mwünjchten, fie in ihrem Haͤnſe
aufſuchten.




 
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