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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 221 - Nr. 230 (27. September - 8. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#0909

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Echeint tuͤglich mit Ausnahme der Sonn= und Feiertage
Samftags mit Mnterbaltungsbeilage. Preis vierteljährlig
?. 1.20 ohne Trägerlohn ı. Poftauffhlag. Beftelungen

— — u.. bei der Expedition Zwingerfizaße 7.


—— —
— 4 - N
*









Verantwortlicher Redalteur:
— —

— or










— —





— — —

— ——
Seftelungen * den „Pülzer
bte

Werden von allen Poſtanſtalten und Briefträgern,

—— unſeren Agenten Trägerinnen und in der
<pedition Zwingerſtaaße Nr. 7 noch fortwährend
Lgengenommen! Bereits erſchienene Nummern
den nachgeliefert.

— — —

— Fehwiten —
„Der Zweck heiligt die Mittel.“

e Am Freitag voriger Woche brachte die Köln. Ztg.
e Zufchrift . aus Wien, die von der Badijchen
ÜNdeSzeitung ſelbſtverſtändlich wortgetreu abgedrückt

e e ſic Heftig eber Ddie Pojener Bisthums-
üQe ereiferte, gegen den „verbitterten Fanatiker Le-

ſowie gegen den Kardinal Dunajewski zu

* 30g und dann fortfuhr wie folgt: „je älter und
5* der Papſt wird, und innerhalb des Jeſuiten—

ua 18 wächſt die Zahl und Macht der deutſchen Je⸗

* die nach Kenegatenart die ſchlimmſten
4* ihres Volksthums und des neuen Deutſchen
8* find. Ihr Oberhaupt, der ſchlangenklüge
— iſt ein Deutſch Schweizer, der vor 1870

Deutjchland wirkte, und der große Reichthum des
ens wächſt noch beſtäudig an, zumeiſt durch die
tuos betriebene Erdſchleicherei. Wohl

Eenſn zwedmäßig, dem jungen Kaijer Wilhelm




— anzubahnen ! aber hoffentlich täuſcht ſich


* ſie in Oeſterreich wirken, dafür mag wohl ihre
———— zur Vermählung der Kaiſer—
Q ter Marie Balerie ein neueftes Zeugniß
Ö h. Die Methode dieſer Kalfsbhurger Erzieher des
Fäefretcf)i*{ü)en Hochadels, dieſer Feldkircher Seelen-
* er wird dadurch ſchon gekennzeichnet! daß ſie
4 unverdorbenen Sinn der Kaiſertochter für Natur—
heit zum Aulaß nehmen fürfolgende Bemerkung von
6 Verlogenheit: Das Bild des edlen un—
6 Baiernkönigs Ludwig II., des verehrten
elmzs ihrer Mutter, es tritt heute wieder vor uns
zu welchem die unſeligen
1866 und 1870—71. den Grund egten!“
Frömmigkeit und Gottesfurcht * —



wird als Erbtheil des Kaifershauſes bezeichnet, und
dabei heißt e8 : Wem verdanken wir nächſt Gott, daß
wir . von dem traurigen Schickſal der nordiſchen
Länder befreit blieben? Gewiß Niemand Anderm,
als den Kaiſern aus dem Hauſe Habsburg; daher der
Haß der Revolutionäre aller Länder und Zeiten des
hölliſchen Freimaurerbundes gegen Oeſterreich und ſein
Kaiſerhaus! Daher das Beſtreben der kirchlichen Re—
volutionäre von Guſtav Adolph an bis zum Jahre
des Unheils 1866, Oeſterreich zu ſchwächen, zu de—
müthigen, das Haus Habsburg aus Deutſchland zu
verdraͤngen und an Stelle des kath apoſtoliſchen ein
evangeliſches Kaiſerthum zu ſetzen Die hoölliſchen
Pläne wurden zum Theil realiſirt; die teufliſche
Staate kunſt eines Bismarck, die Ohnmacht ı. Schwäche
deutſcher Potentaten bahnten dem Boruſſismus und
Friedericianismus die Wege und verhalfen ihnen zum
Siege.“ Und dieſe Jeſuiten verlangen nach Deutſch—
land zurücberufen zu' merden? Es gidt
wirklich deutſche Männer, welche deren Rück—
berufung zu empfehlen wagen? Einen beſondern
Zorn haben die Jeſuiten gegen Bismarck, den ſie
mit unglaublichen Beſchimpfungen überhäufen! So
heißt es Seite 3: Man errichtet in vielen Städten
Luther Denkmäler und ſchickt ſich an, dem dämoniſchen
Gewaltmenſchen mit den drei Haaren auf dem kahlen
Schädel, dem Maſſenmörder von Königgrätz, Monn—
mente zu jeßen. Wer weiß es denn, ob der tolle
pommetſche Junkoͤr — wie fie ihn f. 3, nannten —
nicht noch als Alkoholiſt oder Morphiumfreſſer oder
ſonſtwie ein unnatürliches Ende findet?“ Daſſelbe
Lieblingothema der Fejuiten wird in einer an-
dern Schrift derjelben Druckwerkſtattnoch
draſtiſcher behandelt: Da triumphiren ſie, daß die
fath. Orden nach . Deutfchland. wieder zurückberufen
wurden. Der Erfinder der Blut- und ECijentheorie
ijt, Dank jer Gott und der Weisheit des jungen er—
leuchteten und energiſchen Kaiſers, abgeſetzt. Er grollt
und ſchmollt! er knurrt und brummt über ſchnöden
Undank, über erfahrene Unbilden und Mißhandlungen.
Er, der alle Gegner bis auf's Blut bekämpft, ſcheint
nun ſelbſt dem Verfolgungswahne verfallen zu ſein,
falls nicht Alkohol oder Morphium noch Schlimmeres
ahnen laſſen! Sehen wir ſo das unglückſelige und
unrühmliche Ende des neueſten Kirchenverfolgers,
müſſen wir dann nicht bewundernd ausrufen: Hic
est digitus Dei! Das iſt der Finger Gottes! Was
aber thut Gott, um mit den Feſuiten zu ſprechen?
Er ſtürzt das Denkmal des Iguatius von Loyola,
welches der Jeſuiten-Orden auf der Prager Brücke






*

te

Anzeige Bhart für die Amtsbezirle Heiwelberg,
Ladenburg· : Weinheim, Schwetingen Philippsburg,
Wiesloch, Bruchfal, Bretten, Necdargemünd, Mosbach,
Eherbach, Buchen, Waldlirn, Z.-Bijhofsh. Wertheim 2

%. @q@‚

errichten ließ, in die Fluthen hinab, während Fürſt
Bismarck ſich munterer befindet als je.“

Es wäre nun ja gewiß kein Wunder, wenn die
Jeſuiten ſich für die gütige Behandlung, die ihnen
Fürſt Bismarck angedeihen ließ, gelegentlich ein Mal
revanchirten — es iſt, nebenbei geſagt, eine Abge—
ſchmacktheit, Leute Renegaten zu nennen, die man un⸗
gehört genöthigt, das Vaterland zu verlaſſen und
Denen man bis auf den heutigen Tag die Rückkehr
in die Heimath verwehrt — aber ein Menſch von
nicht gar zu gläubigem Gemülh mußte von vorn
herein Zweifel befommen; ob ein Mitglied eines Ordens,
deſſen Angehörige doch nicht gerade als bornirt bekannt
ſind, ſich ſo ganz ungewöhnlich dumm und roh aus⸗
drücken würde. Die Kölniſche Volkszeitung erwarb
ſich nun den Verdienſt, an einen dieſer Renegaten!
zu ſchreiben und erhielt prompt die Drahtantwort:
„Die von der Köln. Ztg. erwähnte Feſtſchrift hat
keinen Jeſuiten zum Verfaſſer, Jeſuiten haben in
keiner Weiſe an den Pamphhet mitgewirkt.“
Damit wußten wir, ſo ſchreibt genanntes Blatt, ſo
ziemlich Beſcheid und haben eigentlich uur aus
Höflichkeit die Köln Ztg. erſucht, ſich doch über den
Fall zu änßern. Mittlerweile aber gehtuns weiteres
Material zu, welches uns in den Stand ſetzt, an ihrer
Stelle zu antworten.

Derſelbe,Renegat“ nämlich, welcher die angebliche
Jeſuitenſchrift kurzweg als Pamphlet! Pezeichnete,
hat uns dieſelbe zugeſchickt und der Vollſtändigkeit
halber die „andere Schrift derſelben Druckwerkſtatt?
desgleichen. Die beiden corpora declicti ſiegen vor
un8, lund wir machen dem Berichterſtatter der Köln.
Ztg unſer aufrichtiges Compliment: daß er ſie auf's
Jefuiten⸗Conto ſetzte, war ein Streich, der ſeiner
Kühnheit und ſeiner Phantaſie alle Ehre macht. 1.
Die Hochzeit unſerer Kaiſertochter Von FJuliuws
Qang, katholiſcher Schriftfteller. Wien 1890. Im
Selbitverlage (!) des Verfaſſers: Iulius
Lang, IM., Hörnesgaſſe 17. Druck von Plant u. Co.,
IX., Maria-Cherefien-Straße 4,“ 2. „Unjer Erz⸗
biſchof Anton Joſeph (Dr. Gruſcha) Von Julius
Qang, katholiſcher Publieiſt Wien uſw. (genau wie
oben). Man kann nicht präciſer ſein: Vor⸗ und
Zuname, Straße und Hausnummern; wie der Be—
richterſtatter dazu fam, den Mann mir nicht®
dir nichts in einen Jeſuiten zu verwandeln, iſt ein
Räthſel.

Wir haben nicht die Ehre, den katholiſchen
Schriftſteller? Julius Lang zu fennen, und tragen























— * —

auch kein Verlangen, ihn kennen zu lernen. Mit



{(gtaMd. verb.)
Original Novelle von Hans Jordaens.



8. Kapitel.

an ‚ Der Commerzienrath und Georg jahen fich befremdet
genäle\b einem gleidhen Impulſe folgend, eilten ſie an das
*

— geräumiger Hofplak, in deſſen Mitte ſich ein großes,

de3 S Wafferbaffin befand, dehnte fich an der Hinterfront

op. Olr Senne’ en Haufes aus und ſchloß mit einem
©n Eifengitter an einer ziemlicdh verkehrsreichen Straße ab.

‘un uf diejem Hofe nun, an deſſen Lanaſeiten die Stal-

e Sen und Remiſen des Banquiers angebaut waren, ging
N diejfem Augenblicke jehr Iuftig her- .

Aleia >0 fehr Iuftig fogar, daß der Commerzienrath fich nicht

Ddarüber Mar zu ſein Jchien, ob es wirklich ſein Eigen⸗
M jei, auf das er hier hinabblice.

Un Angethan mit einer furzen, {dhwarzen Sammt-Soppe


n Hojentafjchen, in der Nähe des Baſſins und folgte
Ypja stam der {hönen ©angart und den gefhicten Cap-
uneg“ jeine8 andalufijchen Hengites, der unter der Leitung
9l remden alle Schulen machen mußte.
Aa den fteinernen Kande des Bafjins hocte zujammen-
eglert in wunderlichem Aufzuge die ſeltſame Figur eines
Hpa Cen, Dder in furzen Zwijdenräumen dem vorüber-
Yiec wden, muthigen Pferde auf den Kücken jprang und
merkwürdigſten Künſte producirte.

heys Sin Theil der Dienerichaft hatte fich auf dem Hofplatze


Sprunge des Kleinen zuerſt mit verhaltenem und
mit ſchallendem Gelächter.
ue an dem Gitter das auf Ddie Straße mündete,
Die CS nicht an Solchen, die dem Vorgange auf dem
Wenz. 068 Commerzienvaths ihre voNle Zheilnahme 3zuge-
hatten und es demzufolge denn auch an lauten Bei—
——— nicht fehlen Ließen.
u .. gehörte fich fein bejonderer Schavfblid dazu, um
t*’tmeu‚ welchem Stande der bunte Reiter ſowohl wie



der Fremde, der mit einer großen Beitjhe in Händen die
künſtlichen Gänge des feurigen Thieres leitete, angehörte.

Der Commerzienrath wmie Georg hatten denn auch die
Situation im Augenblick voöllig Mar überſchaut

Ohnehin ſchon aufgeregt durch die vorhergegangene
Beſprechung mit ſeinem älteſten Sohne _ riß der Banquier
bfeich vor Zorn über den öffentlichen Stiandal, zu deſſen
Schauplatz er jein Haus gemacht jah, das Fenſter auf und
rief dröhnend hinab : i

Leander! — HGerein in mein Zimmer! — Den
Augenblid !”

Statt indejfjen dem erhaltenen Rufe Folge zu Teiften,
oder über die jo plötzlich erfchallende, Unheil verkündende
Stimme feincS Vaters in etwa die Zafjung zu verlieren,
wandte ſich Leander mit dem größten Gleichmuthe zur
Seite und erwiderte:

Ich komme ſogleich.“

Dann widmeie er, als ſei Nichts vorgefallen, ſeine
ganze Aufmerkjamfeit wieder dem Pferde.

Er ließ dasſelbe noch verſchiedene Gänge macher, ehe
er einen Wiener Herbeirief, um es abführen zu laſſen und
begann darauf noch eine eingehende Beſprechung mit dem
— ſiber die Lernfähigkeit und den ſchönen Bau ſeines

erdes.

Ich denke noch einige Tage ſolcher Schulung und das
Thier wird zu gebrauchen ſein fagte Leander endlich beim
Abſchied. „Sinitweilen, Stallmeilier, nehmen Sie mit
meinem wiederholten Dank eine kleine Anerfennung für
ihre Mühe.”

An der tiefen Berbeugung des Fremden ließ ſich er-
kennen daß das Beiwort „Kein“. nicht eigentlih Ddie zu⸗
treffendſte Bezeidhnung für den Umfang Dder Gabe fein
mußte, mit der der Sohn des Banguiers ſich dem Fremden
gegenüber erkenntlich zeigte.

Und doch alz Leander jetzt mit fichtlichem Stolze fich
von den beiden Fremden abwandte und ſeinem Haufe zu
ſchritt! ließ fihan den {pöttijhen Geſichtszügen der Beiden
die dentliche Wahrnehmung: machen, daß dieeben bewieſene
Unterwürftgkeit nur dem Gelde des reichen Kaufmanns⸗
johneS, nicht aber auch deſſen Perſon galt.



Ser wird jetzt die Capriolen da drinnen jelbit machen,“
lachtẽ der Bunte Hämitjch, mährend er mit dem Stalmeijter
auf die Straße trat, „und ſein Herr Papa wird die Beitide
Ddazu fchwingen. — Wroft, mein feines Herrchen! Wünſche
gejegnete Wahlzeit.” X i

Leander batte unterdeſſen das Haus betreten und eine
burfchifofe Melodie vor ſich hin pfeifend, öffnete geräuſch—
voll die Thüre ſeines Vaters Zimmer.

Der Commerzienrath ſchritt in demſelben, finſter vor
ſich hinftarrend, mit auf dem Rücken zuſammengelegten
Händen auf und nieder.

Geora hatte ſich ſchon ſeit mehreren Minuten entfernt,
un nicht unberufener Zeuge bei der nun folgenden Szene
zu werden — — —*

Sn den Mienen Leanders zeigte ſich nicht die geringite
Spur von Verlegenheit beim Anblide ſeines erzüirnien
Jaͤlers Im Gegeutheil umſpielte ein gleidhmüthiges
Lächeln ſeine Sippen. S —

Er balte ſich gleih nach feinem Eintritt nachläflig in
einen der gepolfterten Lehnitühle aemorfen, feine ziemlich
langen Beine weit von fich gefpreizt, und Jagie nunm In
einem Tone, dem man durchaus kein Gefühl des Unterge-
ordnetfeinS anzuhören vermochte ; ;

„SIch finde e8 jehr unpaffend von Dir, Papa, daß Du
micdh in Gegenwart von Fremden anrıufit, alS ſtände ich
noch unter der Zuchtruthe. Du wirſt begreifen, daß ein
ſolches Verfahren mich nöthigt, den Betreffenden zu zeigen
daß ich Herr meines Willens und der Brügelitrafe ent-
wachjen bin. — Was Hatteit Du mir. zu fagen 2“ ;

Dem Commerzienvath war das dreiſte Gebahren ſeines
vielgerühmten Jüngftem nie ſo ſichtbar gewefen, als in
diefem Augenblik, wo das ganze Auftreten Leanders ihn
daran zu erinnern ſchien daß der Junge die väterliche Au⸗
torıtät nicht über ſich anerkannte.

Indeffen war das trotzige dreiſte Betragen des Jungen
das dielleicht zu andern Zeiten die Lachluſt des Banquiers
erregt haben würde, in dieſen Falle nur dazu geeiguet,
ſeinen Zorn noch mehr zu entflammen.

Fortſetzuns folgt)


 
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