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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 211 - Nr. 220 (16. September - 26. September)
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*

| **&9.‘“5 mit Ansnahme: der Somn- und Feiertage,
3 it Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlid
— ı. Poftauffchlag. Beftellungen
ßf Snftaften ı. bei der Expedition Zwingerfiraße 7.

8

Verantwortlicher Redaltenr:
Julius Jeder in Heidelberg.

ſlingen auf den „Pälzer
3 Boͤtt

1
4 Ale Poſtanſtalten verpflichtet anzunehmen
1 * unjere bisherigen Poſtabonnenten, die
ochſt bald aufgeben zu wollen, damit
Al Ohene Bezug des Blaͤttes geſichẽrt wird.
.. mir unſere Leſer in Nähe und Ferne,
l ün Erpedition Probenummern zur Ver—
44 Sreunde und Bekannte verlangen zu wollen,
r 4 Lenfalls zum Abonnement zu veranlaffen.
{ 18 Durch Poſtkarte mitzutheilen, wie viel
( Lwünſcht werden. Gerade zu Oktober tritt
8* in ihre Rechte, bei der Wichtigkeit
Zn Iden parlarmentariſchen Verhandlungen
° für jeden Haushalt dringend erwünſcht,
4 icheinende Zeitung zu haͤben welchem
4 Uhjer, Blatt durch ſeine Billigkeit bei
* achteſt in beſonderer Weiſe entgegen—
»A Abonnenten erhalten gegen
h oſtquittung die Zeitung bis Dktober
* Auch bei allen Briefträgern kann
Fen, was für Orte ohne Poſtanſtalt von
8 Zu recht zahlreichem Abonnement
ein

die Expedition des „Pfälzer Bote.“

2

1

ulimis gegen die Stants-Heform
Ter Zeit ein ſtändiges Capitel der Preſſe
i Recht. Ausnahmslos ſind es mittel-
Lane welche baid in ichärfern, bald in




ab fämen, wenn für die Arbeiter etwas
bisher Diesmal iſt es die natio—
m erliner Börſenzeitung“, welche ſich in
egen ergeht. € ift lehireich, die
mS Capitalijtenblattes Namens der „Cou-
Mung“ zu vernehmen, weshalb wir ſie
an ler reproduzieren. Heute ſchreibt die

4, Henzeitung“ :
, Mitilere Liberale Bürgerthum
üg y Olhmendigen Opfern und 3u thatfräftiger
9[] { Ideen des Reformzeitalters hinter der
M nichtden Anfchein und e müßte
JE chen, menn c8 anders wäre, al8 e& in
i Can bedenfe wobl, die Sozialreform, wie
fg Ailhelm I, in Angriff genommen worden,
£ Örenzen Hatte. Wurde doch von einer

18 Sicht und Schatten, (Raıd. verb.)
Lat Novelle von Hans Jordaens

ſt

Fen gut, mein Schatz aber der Junge dentt

I C aug wahr ift, das Geld jei da. — Ih
8 —44 nicht mit ſeinen ſechszehn Jahren Über

1940 Sallen der Yctien unterrichten, oder ihn

ig &. Dörfengelcbäfte einweihen.” .

%e Siebehen. Wber Du Iönntejt doch auf einen
und wann erwidern: Ich weiß nicht,
8 18 dazu ausreichen. Ich muß nachjehen,
habe oder dergleichen. Dadurch bringt
O tens zu der Vermuthung, die Geldauelle
Mafa @öpft fein. In der leßten ‚Zeit Habe ich ihn
oge n Diefem Sınne geantwortet,“ {dloß die
ünen © Selbitbefriedigung; denn fie war für fich
] “iefv Nenen wichtigen Beitrag zur Erziehungss

Oanı tt 3u haber.

‚” _ Teße Du Dein begonnenes Unternehmen
ylg Mein Schap,“ Iachte der Commerzienrath

depa 4S Jeinem Sefjel. „Mir fehlt die ndthige

1ge fMeine Kunftgriffe meinem Gedächtniffe
aB iq ſie bei Gelegenheit praktiich ver-
ie Erziehung liegt ja ohnedies auch in

Tay. — Was haſt Du heute Morgen vor,

%cg"‘ habe? — © mein Gott Liebchen wie
Muß wahrfjcheinlich den ganzen Morgen
i fahren, um die BeiteNlungen für den mor-
chchu. — Und dabei habe ich diefes
—— — erinnerte ſich in dieſem Augen-
%8 "Serer Genauigkeit an das Vorhandenfein

yn )

htésfie doch durch die Haushälterin das Noth-
in wenn e& Dir hHeute unbequem ift, jelbft
ne_‘iüet@g}.aß. — Wozu haft Du dann Deine

K, am mich in ſolchen Angelegenheiten durch


er
für Stadt

2 September 18

Seidelberg, Elllittnrb

„Krönung des Gebäudes geſprochen, als den Invaliden
der Arbeit und den 70jährigen Arbeitern eine Rente ver-
ſichert wurde Die Sozialreform, wie ſie unter Wilhelm
IT. in die Wege geleitet ift, bat nahezu unendlichen
Spielraum. Sie wil immer auf3 Neue anfeßen, fie
win die Beziehungen der Arbeiter zum Unternehmerthum
immer wieder im Sinne der Auzaleichung übermäßiger
Segenjäße ‚ordnen und regeln, ſo oft die fortſchreitende
Entwicehung der Technif, die geſteigerte Unwendung der
Naturkräfte auf die Produktion, die Ausbildung und Tüch-
tigfeit der Arbeiterkflaffe, Ddie Berhältnifje der Concurrenz
oder der aufgejammelte Capitalreichthüm eine Gleichge-
wichts⸗Berſchiebung in jenen Beziehungen bewirft haben.
Das find ſehr verſchtedene Brogramme einer
Sozialreform, und mußten natürlich au jehr ver-
ſchiedene Stimmungen bei denen zur ' Folge
haben, auf deren Schultern fie geftellt werden müffen,
bei den Mrbeitgebern, bei den befißenden . bürger-
lichen Elementen insSgemein. Mit qroßer Bereitwilligkeit
unterzogen ſich diejelben dem mit dem dritten Verficherungs-
geſes „gefröünten“ Werk. E3 z0g Wechfel auf den Unter-
nehmergewinn bis zur Höhe von einer Miliarde jährlich
denn ſo hoch werden ſich die Berfidherungslaften . im Be-
harrungezuſtande wohl belaufen und daß ſchließlich die
Unternehmer auch für die Arbeiterbeiträge auffommen
müffen, zeigt die ANgemeine LoHnfteigerung in Dden
Teßten drei Fahren. Trotzdem beneanete das gefammte
Verſicherungswerk keinem erheblichen Einwand bei den
Antheilgeignern des Reinaewinns aus der gewerblichen
Broduktion. Anders hHeute. Die neue Sozialreform
/ läuft am Ende auf eine Befchneidung des Budgets der
Arbeiter HinauS, denn fie ſchänti die Urbeitszeit für
jugenbliche und weibliche, am Sonn- und Feiertag auch
für erwachſene männliche Arbeiier ein. Man wird bald
genug erleben, daß die Koſten diefer Sozialreform wiederum
auf den Unterneh mer abgewälzt werden, während
gleicdhzeitig Ddie preußiſche Steuerreform dem
großen Einfommen einen recht{chaffenen Ungriff, von der
andern Seite Her in Ausficht jtellt. Die neue Sozialteform
ſGaft aber auch für den Arbeiterſtand eine Orundlage der
OÖrganifation und der organifirten Vertretung gegenüber
dem Arbeitgeber, die diejer geradezu . al? einen Eingriff
in jein Hausrecht, alS Einbruch in ſen „patriarchalijches”
Berhältniß zum Arbeiter erflärt, waͤhrend gleichzeitig die
augnahmerechtlidie Feſſel gelöſt erfheint, die bisher den
Elementen der Umiturzbewegung äußerlih wenisſtens
einige Reſerve auferlegte. Und mie die herrſchende Rich⸗
tung der Sozialreform hente erfennbar, ijft nirgendS eine
Gewähr dafür zu finden, daß es bei diejem erften Reforn⸗
ſchritt ſein Bewenden haben tann. Wen kaun es angefichts
deſſen verwundern daß ſich des bürgerlichen Mittelftandes
und des geſammten UnternehHmerthums eine Unruhe
bemächtigt hat, die ſich auf politiichen: Gebiete al8 Y er-
itimmung zu mehr oder minder Fräftigem YWuSdruck ver-
hilft ?5MMit der Berftimmung dieſer Theile der Erwerbs⸗
klaſſen hat die nationalliberale Partei zu rechrien.“ Y

Hier iſt alſo klar zugegeben, daß die National—
Iiberalen die eigentlichen Widerſacher der Sozialreform
ſind, auch iſt die Urſache nicht berſchleiert! fie fit r dh-
ten für ihren Mammon Mit Recht wird aͤllet—
dings betont, daß die Sozialreform Wilhelm’8 I“




Anzeige-Blatt für die Amtäbezirke Heidelderg,
Ladenburg, Weinheim, Schwegingen, Philippsburg,
Wiesloch, Bruchfal, Bretten, NMedargemtünd, Mosbac,
Eberbach Buchen, Walldäirn, T.-Bildofsh. Wertheint .



Druck Verlag ı. Erpedition von Gebr, guber
in Heidelberg, Zwingerfrake . 7.

und die Sozialreform Wilhelm’8 II verfchiedene
Dinge find. Erſtere war freilich auf breiterer Baſis

gedacht und enthielt in der Kaiſerlichen Botſchaft?

die Erundſaͤtze der jetzigen Reforn aber auf ſie fiel

der Friedrichsruh Schonhauſer Mehlthau, ſo daß ihre
Entwicklung ins Stocken gerieth, was zur Folge hatte,

daß das Syſtem Bismarck mit der Yırreaukratie auf
der einen und der Knute auf der andern Seite ſich

in unfruchtbare Oeden verlor, aus denen nur ein

nener Kurs! die angebahnte Reform befreien konnte

Daß dieſer einzutreten beginut, daß mit dem Ent—

gegenkommen an die Forderungen der Arbeiter im

Gegenſatz zum buregukraͤtiſch repreſſiben Syſteme Eruft
gemacht werden foll, konnen die Vertreter des manz .
Heſterlichen Capitalismus nicht verſchmerzen, denen

die Naſchine weit mehr Sorgfalt zu verdienen ſcheint
als die menſchliche Kraft. Sehr bezeichnend ift auch,
daß gegen die Miquelſche Steuerreform ein Pfeit
abgeſchleudert wird, obſchon dieſelbe ein Werk eines
nat ib! Parteiführers iſt Und weßhalb erfolgt die—
ſer Angriff? Nur deshalb, weil das große Ein—
kommen entſprechender beſteuert werden
joll. Knechtung des Arbeiters, Abwälzung der Blut-
ſteuer auf die Maſſe, der Gutſteuer auf den Mittel—
ſtand, das iſt das Programm der Nationalliberalen
ſtets geweſen, aber mit brutalerer Offenheit iſt es ſeit
Fahren nicht proklamirt worden, als jetzt ſeitens der
„Börfenzeitung.“ Mehr ergötzlich und faſt mitleid—
erweckend iſt die am Schluß ausgeſprochene Drohung
Als ob dieſe
erſtens zu einer energiſchen Oppoſition das Rückgraͤt
hätten und zweitens, als ob es auf ihre Oppoſition
überhaupt anfäme! Oder wollen ſie die Regierung
enſchüchtern? Oder gar den Kaiſer bedenklich machen?
Dieſer Plan wäre doch zu gerngroßmäßig. Man
laſſe die armen Geldſackmenſchen nur jammern und
gehe ſeiner Wege — eine Gefühlloſigkeit dieſer Art
iſt keine Sünde.

fihtt Latholileulug in Sumburg.
— Homburg, den 21. Sept.

Um 2 Uhr Nachmittags nahmn der 2. pfälzifche
Katholikentag ſeinen Anfang. Mehr al3 15000
Männer aus allen Theilen der Pfalz wohnten dem—
ſelben an.

Herr Dr. I. Siben aus Deidesheim, Vorſtand
des Centrumsvereins der Pfalz, begrüßte die Ver⸗
ſammlung, beſonders die erſchienenen Arbeiter. Er
erinnerte daran welch guten Klang der Name der
Pfälzer Katholiken nun allenthalben in Deutſchland










davon, ſonſt würdeſt Du wiſfen daß ich unter allen Uni⸗

ſtänden Alles jelbft einrichten und beforgen, muß.” {

„Dann alio Glück auf den Weg, mein Schaß. Mit

} 2%{&tucbt Frauen iſt nicht zu unterhandeln. Shr hHabt immer
e “

Bei dieſen Worten verließ der Commerzienrath lachend
das Zimmer, *

Die Dame aber erhob ſich jeufzend über das nun für
ſie beginnende, ſchwere Tagewerk von ihrem Sibe

Sie fchelte nach.ihrem Kammermädchen, um ſich fr
die bevorſtehende Ausfahrt anfleiden zu laffen und gab Be⸗
fehl anzujpannen, waͤhrend der Commerzienrath, auf jeinent
Bürean angefommen, eS flr das Nothwendigite erachtete,
an einen andaluſiſchen Geichäftsfreund zu telegraphiren,
damit Leander nicht allzu lange auf die Erfültuͤng ſeines

Wunſches zu warten Haben wuͤrde⸗

— D Kopitel. C —

Seorg und Leander waren die beiden einzigen Söhne
des Commerzienraths Zur Lenne.

Der Jüngere kam zur Welt als der erſtaeborene Sohn
des Banquier3 bereits dreizehn Jahre 3ählte, und derſelbe
große Unterſchied, der in dem Alter der beiden Brüder be-
itand, machte ſich ſehr bald auch in deren Charakter geltend.

Leander, der gleihjam als ein Spielzeug der FJamilıe
dereichen Laufherrn in den Schooß gelegt wurde, fand
ſich ſelbſtperſtändlich nicht zum Vorlheile jeiner Charakter-
bildung, von dem gefammten Haushalte als ſolches ange-
jehen und behandelt. ; ; . ;

Jeder drängte ſich dem reizenden Kinde einen Liebes:
dienft zu erweifen, ihm jeden noch unausgefprochenen Wunich
an den Augen abzulejen und ſeine Bitten ungefragt zu
erfüllen. c

Ein joldhes Verfahren erſchien der ganzen Umgebung
des Knaben um ſo geeigneter, als die © nititution Lean-
DerS von jeher eine ſehr zarte war und der Arzt jede Auf-
regung alS gefahrdrohend für den Kleinen bezeichnet hHatte.

Der gefährlihe Samen, der auf dieſe Weije in das
Herz Ddes Kindes gefäct wurde, überwucherte raſch die guten
Eigenſchaften! die in der jungen Bruft noch feimten, und



© laffen, Liebchen. — Du verſtehſt Nichts

Leander zeigte fich bald eben ſo troͤtzis eigenlinnig und





— — — —

— als Geors ſich nachgiebig und entgegenfommend
ewies

Dieſe Verſchiedenartigkeit der Eharattere wuͤchs mit
den Jabren, und guch in religidjer Hinficht verdienten die
Beiden, zu einer Zeit, wo Leander noch ein Knabe war,
ganz den ihHnren vom Hausgeſinde beigelegten Namen ; Die
ungleichen Brüder HE

Der Commerzienrath batte ſeinen älteſten Sohn, als
diejer ſieben Fahre zählte, auf den dringenden Rath eines
Hreundes einem Fejuiten Colegium zur Erziehung Üüber-
geben und feinem dortigen langjährigen Yufenthalte der⸗
Dankte Geora Zur Senne die Gediegenheit ſeiner wiffenfchaft⸗
lichen Kenntnifje, ſowie jeine fireng gläubigen Grundfäge.

Der Banguier hHatte anfänglih‘ über Ddie Kindlidhe
Hrömmigteit jeineS von Zeit zu Zeit Heimkehrenden Sohnez
mitleidig den KXopf gefchüttelt und mit überiegenem Lächeln
gemeint, die klöſterliche Politur werde fich im ſpaͤteren Leben
ſchon wieder abjchleifen. } ( i

IS jedoh Georg auchH nach abſolvirter Studienzeit
ſeinen früheren ©@rundjägen treu blieb, wurde der Banguier


Streich gewejen, den er ie bahe madjen können daß er
jeinen Jungen zur Srziehung in’8 Klofter gefchidt Habe.
Statt einesS Iuftigen Gejellen, der ſich freue, das Leben
zu genießen, fei ihm ein Kopfhänger auS jeinem Sohne
geimacht worden, — Wber mit feinem Züraͤften folle e8
anderS$ werden, verſicherte der Bauguier weiter, den wone
er felbit erziehen; Leander ſolle die irdiſchen ®üter, die
ihm beichieden jeien, Ihägen lernen und nicht mit altmo-
diſchen Ideen voNlgepfropft merden, die fich längft alg über-
flüſſig erwieſen haͤtten
Der Banquier übernahm demzufolge ſelbſt die Erzieh⸗
ung ſeines jüngiten Sohnes, welche Selbftleitung fich im
Wejentlichen dedurch bekundete, dad er den heranwachjenden
Knaben zum Unterrichte weder in’s Klofter noch in eine
andere Öffentlihe Schule ſchickte, fondern ihm einen Hof-

meiſter hielt, ;
Fortſetzung folgt.)

d


 
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