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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 11 - Nr. 20 (15. Januar - 25. Januar)
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Exrſcheint täglidh, Somnn- und Feiertags AauSgetommen.
Samftags mit Unterhaltungsbeilage. Prei3 vierteljahrlich
M, 1.20 ohne Trägerlohn uw. Boftauffchlag. Beftellungen
vei den Poftanſtalten u. bei der Expedition Ploͤckſtraße 103,



für Stadt



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Anzeige-Blafkt für ſämmtliche Bezirke


Inſerate finden die weiteſte Verbreitung.



Nr. I3.
Ceutrums⸗Partei!

An die Herren Vertrauensmänner im XL,
XII. XIII. u.XIV. bad. Reichstagswahlbezirk.

Nachdem die Neuwahl zum Reichstage auf
Donnerstag, den 20. Februar d. J. anberaumt iſt,
und die Wählerliſten vom 23. d. Mts. an zur öffent⸗
lichen Einſicht aufgelegt werden müſſen, iſt es die
erſte Aufgabe der Parteithätigkeit, dafür zu ſorgen,
daß kein Wähler der Centrumspartei in den Wahl⸗
liſten fehle. Wir bitten die Parteigenoſſen in allen
Orten die Liſten einzuſehen und dahin zu wirken, daß
dieſelben vollſtändig ſind reſp. vervollſtändigt werden.
Bei der großen Eile mit welcher die Aufſtellung der
Waͤhlerliſten dieſes Mal erfolgen muß, ſcheint es
ſehr leicht möglich, daß ſich in denſelben größere
Lücken ergeben.

Für den XL, XII. und XIII. Wahlkreis ſind
Verſammlungen der Herren Vertrauensmänner in den
Tagen des 27, bis 29. d. Mts. in Ausſicht genommen,
um uͤber die Aufftellung der Candidaken zu beſchließen.
Zu dieſen Verſammlungen ergehen noch ſpezielle,
direkte Einladungen.

Heidelberg 15. Januar 1890.

Das Provinzial⸗Comitè der
Centrums-Bartei.

m
* Zwei Ausfprüche Dölinger’s.

In Döllinger’3 einſt vielbeſprochener Rede über
„Bergangenheit und Gegenwart der katholiſchen Theo⸗
Iogie“, die er, wie die „Pfälzer Zeitung! erinnert,
auf der Münchener Verſammlung katholiſcher Ge—
lehrten im September 1863 hielt, ſagte er von ſeinem
Freunde Möhler und vier anderen hervorragenden
Theblogen der neueren Zeit: „Sie haben das ge—
mein, daß, wenn ihnen im Laufe ihrer wiſſenſchaft—
lichen Forſchung ein von der Lehre der Univerſal—
kirche abweichendes Reſultat ſich ergebeu hätte, ſie
ſofört den Zrrthum nicht auf Sette der
Kirche, ſondern auf der ihrigen geſucht haben wür—
den. Sie würden vorausgeſetzt haben, daß in der
Methode ihrer Forſchung irgendwo ein Fehler ver—
borgen ſein müſfe, der ſich ihnen bei wiederholter ge—
wiffenhafter Prüfung ſicher enthüllen werde, und ſte
würdeü ſofort dieſẽ Prüfung aͤngeſtellt und mit
größerer oder geringerer Anftrengung, aber doch ſicher,
den in ihrem wiſſenſchaftlichen Calcul begangenen Irr⸗
thum entdeckt häben.“ Was Döllinger hier noch als

S Schön Elschen.
Novelle von H. A. Banning.
Aus dem Holländiſchen überſetzt von L, d Heemſtede.

Fortfetzung.

Politiſche Angelegenheiten waren eS, die dieſe leste Dis-
kuffion herbeiführten, Ohne Zweifel wäre es heſſer gewejen,
wenn die Gefellen an das alte Sprüchwort: „Schufter, bleibe
hei deinem Leiften !” gedacht hätten, aber die Politik beſchäf—
tigte nun einmal jchon lange und ſo beſonders wieder an die—

ſem Tage die Geiſter.

Diẽ Beböllerung der niederländiſchen Republik war zu je⸗—
ner Zeit mehr in ſich getheilt, als je. Seitdem die franzöſiſche
Rebolution dusgebrochen mar und Fraͤnkreich dem erblichen
Statthalter von Holland, Prinz Willem V,, den Krieg erklärt
hHatte, erhoben die ſogenannten Staatsgeſinnten oder Patrioten,
bie in der That wohl Grund zum Klagen hHatten, mit größerem
Hreimuth das Haupt, Beſonders mar dies in den Provinzen
Holland und Utrecht der Fal, Es waren dadurchin der Haupt-
jtadt der zulegt genanuten. Provinz ſchon zu verfchiedenen Ma⸗
len ernſte Reibereien entftanden, doh nun ſollte dem ein Ende
gemacht merden, denn der franzöſtſche General Pichegen mwar,
von den {trengen Froſtwetter heglünftigt, mit ſeinen Truppen
und Geſchützen über die Flüjfje in das Land gedrungen und
man hatte an jenem Tage die Kunde erhalten, daß der Prinz
l mit feiner Familie zu Scheveningen nach England. einge-
ſchifft hatie ; ;

— „Sein Wunder daher, daß unter den Schuſtergeſellen im
_ „Srispin“ eine lebhafte und {röhliche Srregung Herrichte, denn
mettauß_bie meiften gehötten zu jenen, Die der franzöſiſchen
CDOlution entgegenjubelten, , Die Bierkanne wurde zweimal 10
4 geleert, al3 an andern Crispinustagen und man konnte
® dem Wirth deutlich annterken, daß er nichtZ dagegen Hatte,
_ enn täglich ein Prinz-Statthalter das Weite ſuchen wollte
G Conrad war in letzter Zeit menig im „Crispin“ geweſen;
—* chen jah c8 nicht gerne, und mit Recht; denn es ging mit
— Ben Herbergen damals nicht beſſer als jetzt: mancher Jüngling!












Heidelberg, Freitag, 17. Januar 1890.

pflichtmäßige Handlungsweiſe katholiſcher Theologen
bezeichneie, ließ er ſieben Zahre fpäter, als dieſe
Pllicht an ihn ſelbſt herantrat, gänzlich außer Acht,
und geberdete ſich ſo, als ob die katholiſche Kirche
ihm — dem großen Hiſtoriker! zu Liebe ihre Dog-
men revidiren ſollte.

liefer Erbitterung das Lapftthum; von dem er 1861
in der Schrift „Kirche und Kirchen, Papſtthum und
Kirchenſtadt“ gefagt hatte, wer den Papſt nicht
anerfenne, der ſei kein Glied mehr an dem Leibe
der allgemeinen Kirche. „Wer erklärt: ich erkenne
den Paͤpſt nicht an, ich oder die Kirche, der ich an-
gehöre, will für ſich ſtehen, der Papſt iſt für uns
ein Fremder, ſeine Kirche iſt nicht die unſrige —
der erklärt eben damit: wir ſagen uns los von
der allgemeinen Kixche, wir wollen kein Glied
mehr aı dieſem Leibe ſeii.“ Er war kein Lacor-
daite, der ſich dem Ausſpruche der Kirche demüthig
unterwarf, fondern ein Lamennais, der die einſt ſo
begeiſtert gefeierte Kirche bekämpfte.

Deutſches Reich.
* Berlin, 15. Januar.

— Die offizioſe Meldung von dem kaiſerlichen
Verbot/ die „Kreuzzeitung“ in den Schloͤſſern zu
halten und auszulegen, iſt von dieſem Blatte ſelbſt
ſtillſchweigend beſtätigt worden. Der Kaiſer ſoll aber
auch den Wunſch ausgeſprochen haben, daß in den
Kafernen und Offizierskaſinos gewiſſe Blätter
nicht gehalten werden mögen, und zu dieſen ſoll auch
die „Kreuzzeitung und das Stöcker'ſche „Volk“ ge—
hören.

— Am Sarge der Kaiſerin Auguſta ha—
ben, wie die „Germania“ mittheilt, die barmherzi—
gen Schweſtern vom St. Hedwigskranken—
hauſe bereits am Donnerſtag belend verweilt und in
der Nacht vom Freitag auf Sonnabend haben ſie die
Todtenwäche bis 2 Uhr gehalten. Ebenſo ſind ſowohl
von der Generaloberin in Trier, wie von den Schweſtern
des hieſiges Hedwigshoſpitals prachtvolle Kränze am
Sarge der Kaiſerin niedergelegt worden, als ein Zeichen
der Dankbarkeit für das rege Intereſſe und die Unter—
ſtützung, welche ſowohl dem Krankenhauſe wie den
Ordensſchweſtern ſtets von der hohen Verſtorbenen zu
Theil geworden.

— Die Kaiſerin Auguſta iſt bekauntlich
eine ſcharfe Gegnerin des Culturkampfes geweſen,
das „Reichsblatt“ erinnert daran, daß um jene Zeit
dieſelben Zeitungen, die heute ſo begeiſterte Nachrufe
veröffentlichen, in erſter Linie die „Nordd. Allg. Ztg.“,
von /Durchſteckereien zwiſchen Unterröcken und Soutanen“
(Amistracht der kathoͤliſchen Geiſtlichen) geſprochen ha—
ben. Dieſe offiziöſen Tintenlakeien ſprechen immer, wie
der Wind weht. *





zu den Stammgäſten gehört und die Geſellen hatten ihn wegen
ſeines offenen und friedliebenden Charakters gerne leiden
mögen.

Darum wurde er auch jetzt bei ſeinem Eintreten mit Jubel
enipfangen

Holla, Conrad!“ rief ein breitſchultriger Geſelle ein Drei—
Biger, mit einem Geſicht, aus dem ebenſo viel Dreiſtigkeit als
Offenheit {prach, „mwo ſteckſt du in letzter Zeit? Ich glaube, daß
du ein Einſiedler geworden bift; komm’, ſetz dich hierher zu
mir.“

Mit dieſen Worten machte er ihm
Bank, die ſich um den Tiſch zog.

Wie kannſt du noch danach fragen, Sovert?“ bemerkte
einer der Geſellen an der andern Seite des Tiſches deſſen Haar
ſo ſchwarz und borſtig mar, als wenn es mit Pech getränkt
märe. „SIgchen Rynders hat ihn unter dem Daumen; und
* 7 die Frauengilde hineingeräth, iſt verloren, das wißt ihr
wohl !“ }

„Si was! ſagte der, den wir Govert nennen Hörten,
Conrad iſt nicht der Mann danach, um von einent Paar
fcf)marger Mugen ſich unterkriegen zu laſſen.“

Wer waͤgt zu behaupten, daß ich unter dem Daumen
itehe 2“ fragte Conrad in herausforderndem Ton, während er
ſein Bein über die Bank hob, um Platz zu nehmen.

„Zunt Henkex, Kerl !“ meinte Gobert, nachdem er Conrad
aufmerfjam gemufjtert hatte, „Ddu ſiehſt ſehr erregt aus, was
fehlt dir?“

Nichts/ nichts 1“ entgegnete Conrad, der noch immer ſeine
funkfelnden Augen aur den vorlauten Burſchen an Dder andern
Seite gerichtet hHatte, „aber wer zu behaupten wagt, Ddaß ich
mich durch eine Frauensperſon regieren laſſe, wird wiſſen mit
wem er zu thun hat.“

u Na, nal“ beſchwichtigte Govert, ſo war es nicht gemeint,
Du biſt heut Abend vermünfcht. kürz angebunden,“

„SchH will kein Feigling genannt werden”, gab Conrad in
dem nämlichen brüsfen Ton zurücd, .

Ich auch nicht, und Keiner von unZ,“ meinte Govert.
„da Fäm’ Einer ſchlecht bei uns an; aber man muß ein loſe

Platz auf der großen









25, Jahrgang.

— In der Wochenplauderei der „Freif. Zig.“
leſen mir: „In den nächſten Tagen erlebt Windthorſt
den ſiebenundſiebzigſten Geburtstag. Zwei ſieben! das
hat wahrſcheinltch etwas zu bedeuten, hoffentlich nur
Gutes für ihn. Ob wohl zu einer desfallſigen Feier
ein Miniſter erſcheinen, welcher, und was für eine
Rede er halten würde? Unzweifelhaft intereſſante Fra—
gen, namentlich unter den gegenwärtigen Verhaͤltniſſen,
ſie werden aber gegenſtandoͤlos bleiben. Ich bezweifle,
daß Herrn Windthorjt die Walduniform beſonders gut
ſtehen würde, obgleich er, der in ſeiner Jugend die
höchſten Neſter mit ſchwindelfreier Kühnheit ausgenom—
men, und auch heute noch dieſem Sport gelegentlich in
etwas tiefern Regionen ſich ergibi/ einigen Anſpruch
darauf haben dürfte; ich bin auch überzeagt, daß es
nicht vortheilhaft für ihn wäre, wenn er von der Er—
laubniß, in Escarpins zu erſcheinen, Gebrauch machen
wollte — trotz alledem aber iſt er ein ganzer Mann,
der genau weiß, was er will, und oft in’s Schwarze
trifft! während die, welche nach dem Schwarzen ſchie—
ßen, ihn faſt niemals zu treffen vermochten. Von gaͤn—
zem Herzen alſo wünſche ich ihm Glück, ganz ohne
Hinterhalt und Hintergedanken, dem ſtreitbaren, uner—
müdlichen und charaktervollen Manne, der auch Ver—
dienſte ſich erworben im Kampf fuͤr Recht und Frei—
heit. Daß er auch eir wenig Diplomat, beruht auf
Naturanlage und Temperament, wohl dem, der ſolche
Anlagen hät, ſie ſind immer zu verwenden im Kampfe
mit einem übermächtigen Gegner, mo alle Vortheile
gelten Alſo ſchmäht mir den Alten nicht, der jünger
iſt, als mancher von den jüngſten Auch im Wahlkampf
wird er ſeinen Mann wieder ſtellen.“

* Stuttgart, 14. Januar. Der Staatsanzeiger
für Württemberg widmet dem verſtorhenen Reichs⸗
rath b. Döllinger einen Nachruf und ſchließt mit der
Ungezogenheit! „Er war ein guter Baier und ein
patriotijcher Deutſcher, ein warmer Anhänger ſeiner (!)
katholiſchen Kirche, dabei aber ein Gegner des un—
deutſchen ultramontanen Treibens und der intole—
ranten jeſuitiſchen Verhetzung anderer Confeſſtonen.“


dazu das/D. Volksoͤl.“, iſt eine der bezeichnendſten
für den Standpunkt, auf dem dermalen jeine Redae⸗
tion uns Katholiken gegenüber ſich befindet. Wir
nehmen uns weder dem Staatsanzeiger noch einem
anderen proteſtantiſch redigirten Blatte gegenüber
heraus, es ihnen zum Vorwurf zu machen, wenn ſie
den todten Döllinger als bedeutenden theologiſchen
Gelehrten, als Stifter und Säule des Altkatholicis⸗
mus, ſowie als ihren Freund, Geſiunungsgenoſſen
u. ſ. w. feiern. Aber wenn die proteſtantiſchen, im
Stift gebildeten Redaeteure des Staatsanzeigers gegen—
über einer katholiſchen Bevölkerung von 600,000
Seelen, die ſich von Döllinger's Ideen ferngehalten
hat und ſich ihrer Kirche treu weiß, Döllinger auch
hingeworfenes Wort nicht gleich ſo ſchief auffajfen. Es iſt ge⸗
wiß was Beſonderes mit dir paſſirt, denn ſo empfindlich habe
ich dich noch nie geſehen. Thu mal einen ordentlichen Zug,
dann wird es ſchoͤn vorbeigehen, — Wirth! rief er, ſich uni⸗
wendend, „eine Kanne Braunbier! Wir wollen ein Glas auf
Elschen Wohl trinfen“, fügte er hinzu Conrad vertraulich

ich bin



auf die Schulter klopfend.

Das mögt ihr thun“,
nicht mit dabei.“

Was iſt nun des? rief Govert, während er Conrad
vom Kopf bis zu den Füßen aufnahnı, „da ſteckt etwas dahin—
'ter, Xamerad! Ein wackerer Schufter, der mit Glanz fein
Meifterftück abgeliefert hat und mit dem ſchönſten Mädchen von
Utrecht heirathen will, muß nicht ein SGeficht madjen wie ein,
matbßf)prr oder Prediger. Nal mir ſoll es gleich jein, denn e
geht mit der Liebe wie mit dem April: heute Megen, morgen
Zonnenſchein Das Beſte iſt nur, daß es mit dieſen Dingen
ſich verhält, wie mit den Katzen, die immer wieder auf ihre
Pfoten zurechtkommen.“ S

Der redjelige Govert ſchenkte Conrad ein Glas ein, nahut
dann das ſeine und ſagte mit einem Geficht, auf dvem unNausSs ı
löſchliche Munterkeit zu lejen jtand: „Du willft doch wohl mit
mir die Geſundheit aller netten Schuftermäbhchen von Utrecht
trinfen, nicht wahr?“ ;

„Sch weiß - nicht, marum mmer Mädchen dabei ſein
müjjen“, entgegnete Conrab, „ift es denn nicht möglich, von
anderen Dingen 31 reden?“ .

„Sewiß, gewiß!“ fagte Govert lächelnd und mit Conrad
anftogend, davon wirſt dı aleich Hören, aber Alles zu feiner
Zeit. Erſt ſollen die Töchter unferer Meiſter leben — e leben
hoch, hurrah !“ S

Conrad niußte unwillkürlich Lächeln; er mochte Govert,
der eine ehrliche Haut war, gerne leiden.

„Und mun von andern Dingen“, fagte dieſer mit den Lipz
yen ſchnalzend und die kurze Thonpfeife wieder in den Mund
ſteckend „hHaft du von dem Brand gehört?“

Conrad zuckte die Achſeln.

Gibt e& was neues?“ fragte er.
Fortſetzung folgt.)

wehrte Conrad ab, „—


























































































 
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