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Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

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Nr. 101 - Nr. 110 (4. Mai - 15. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44151#0437

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1






del























— täglid, Seun- und Feiextags audgenommen.
* Wfngs mit urterheltungsbeileſe Brei& vierteljährlidh

‚ 120 oBre Trägeriohn u Koftantfolag. Beftellungen
Bei den Woftanftalten u. Lei der Expebition Pldcjtraße 108





für Stabt


Anzeige-Blaftf für jämmtlidhe Bezirke
des bab. Unterlandes, Prei8 pro 1{palt, Petit⸗

zeile 10 %Bfg., bei Wiederhoiungen Rabatt,
Inſerate finden die weiteſte Verbreitung.





Nr. 109.
* Bede des Abgeordneten Gerber

der Debatte über die Autsverkündiger in der
IL, Kammer.

Der Antrag, den wir geſtellt haben, iſt ſelbſt
Abgeordneten Fteſer als ein gerechter und billiger
chnek worden. Das iſt er auch in der That, und

* in ganz Deutfchland, wird unfer Antrag, {vweit
— wird, alS ein gerechter anerfannt werden.
W mwollen nichts als Gerechligkeit, gleiche Behand-
A0 au in der Preſſe und bezuͤglich der Amtäver- |
iger, wir wollen nur, daß feine Partet darin be—
t werde, und daß Niemand gezwungen werde,

Slatt zı halten, daͤs er nicht mag. ©3 ſind da
chiedene Stellen vorgelefen worden aus liberalen
Ö aus katholiſchen Blättern, worin verletzende Aus⸗
4* enthalten waren. Der Abgeordnete von Stöſſer,

er in der latholiſchen Zeitungsliteratur fehr be-
22 ſein ſcheint, hat auch eintge Stellen aus
Au Olifchen Blättern vorgehracht. Aber weil er in
jn Dadifhen Blättern nicht gemug Ausbeufe für
f„‚gm Zweck fand, ſo iſt er wieder, wie ſchon früher,
S Ausland gewandert, diesmal zwar nicht nad
y%erin‚ aber doch nach Norddeutſchland und hat
4 Ölatt citirt, weldes bet unZ vollitändig unbe:
* iſt. Der unglückliche Artikel, worin bewieſen
die Hunde Yroteftantijh feien, i
&i‚lbmgä in jenem Blaͤtt erſchienen, aber zu einer
als8 Dder rechtmäßige Kedakteur verreift war,
e 10balDd Derfelbe zurückehrte und von den Artikel
d

yaltniß erhielt, Hat er in feinem Blatt fein Be- |
* darüber ausgedrückt, daß derſelbe gedruckt
1 den war. Von ſämmtlichen katholiſchen Blättern
8 Qandes hat kein einziges davon Notiz ge⸗
— ſondern es iſt das Verdienſt einiger Amts⸗

rdiger, diefelben auch im badiſchen Lande be—
l y 9 madhen, offenbar in der Abficht der religtö- }
elhehunß um das prateſtantiſche Polk gegen
Tatholifche aufzıuheben. Troßdem wäre er noch

ich unbekannt ber un geblieben, wenn nicht
%. Stöſſer ihn heute in dieſem Saale vorgeleſen

Jetzt wird er freilich im ganzen Lande unter





die Schrift Majunkes über den Selbſtmord
2* welche Herr Kiefer neulich hier gegeben hat.
ſeine Bemühung wäre dieſe Schrift in Baden
lig unbekannt geblieben. Dann hat Herr
Ga Öffer ſogar ein unſchuldiges Joſephslied des
xrel? hereingezogen, dem er mit einer
8 künſtlichen Austegung beinahe eine Majeſtäts⸗
4 ung unterzuſchieben wußte. Er ſah nicht ein,
er dem Kaiſerthron, den der HL Joſeph be⸗
quselt, der Thron des damaligen heidnifgen Kaifer3
In gemeint iſt, während er die Stelle auf den




Harte Köpfe.
Erzählung aus dem Schwarzwald.
Von Ostar Höcker.
(Biendonyur: Hermann Srank,)
* Fortſetzung.
—* dem nämlichen MAugenblide ging die Thür auf und
M d trat eir. Elſe Yatte einen Boten nach in ausgeſandt

2 den Verwaͤlter unterwegs getroffen. Erſtaunt bfieb
% ir Schwelle {tehen, Danır aber eilte er auf die Mutter



e in ſeine Arme und rief erregt:

% 8
8 82 will nicht hoffen, daß Deine allzugroße Liebe zu
8 hingeriffen hat, hier als eine Bittende zu ers

{
ähu"ä%“g haſt Du?“ fragte Frau Claffen vermundert, waͤhrend!

* 9 erröthend zurücktrat.
A deenn . Zatnft mi jebt nicht verftehen,“ fuhr Gerold in
hutäum & Crregung fort, „aber Du wirft mich {päter begreifen.
_5 ©® märe eine Erniedrigung, wenn Du der Tochter
— einer Bitte nahteft, Sie Hätte e& nie von
Y;qi?rm befommen, daß ich unter ihrer Hoffart Diel ge= |
Lweil mein gerechter Stolz dies Singeftändniß nicht
S @ der Zufall e& nun aber einmal 1{0 gefügt hat, 10
D ‘&eltß frei und offen Befennen: daß ich um keinen Preis
Im)“@n „QUß nur eine Stunde länger als nöthig hier ver-
gfrm%" te, und wenn ich Hungers fterben müßte. Glücz
%„;unn Yat mir der Himmel geholfen; ich habe heute eine
— die mir der Vater mieines Freundes
Somit Kannft Du zudhig Deine Rüdreife
9 — — antreten, gute Mutter, und brauchſt
{üla. Ora durch ein hittendes Wort zu erniedrigen.“
M * C bie Mede ihres Sohnes in
* — daß ihr der Brief entglitt, den fie noch immer
* 8 gehalten hatte, Niemand bemerkte es zumal das
vor dent Sopha niederfiel uad unter deniſelben


0 5

Q
8

Het
” al8 Gerolds Mautter bei der nun folgenden Scene












Geidelberg, Mittwoch, 14. Mai 1890.


Thron des jetzigen deutſchen Kaiſers beziehen will.
Man muß wirklich ſtaunen über die kunſtreiche Aus⸗
legung des Herrn v. Stöſſer. Aber eines iſt hier
beſonders hervorzuheben: Wenn wir über ſolche ver⸗
letzende Stellen liberaler Blätter uns beſchweren, ſo
geſchieht dies nur, weil ſie Amtsverkün—
digungsblätter ſind, und als ſolche vom katho⸗
liſchen Volk gehalten werden müſſen und darum
auch geleſen werden. Wenn die /Konſtanzer Ztg.“,
der „Albbote?, die „Breisgauer Ztg.“, der „Srken⸗
auer“ und alle dieſe Blätter keine Amtsverkündiger
wären, ſo möchten ſte ſchimpfen, wie ſie wollten, wir
würden Sie hier damit nicht behelligen. Aber ſo be—
ſteht ein Zwang für das katholiſche Volk, ſie zu
halten. Bedenken Sie doch, welch' unleidlicher Zu⸗
ſtand das iſt, wenn in einem ganz katholiſchen Be⸗
zirk ein ſolches Amtsblatt erſcheint, welches wöchent—
lich, in Wahlzeiten täglich, die religiöſen und politi⸗
ſchen Anſichten und Gefühle des gaͤnzen Volkes an⸗
greift, verſpottet und beſchtmpft, und dieſes Blatt
Die Gemeinden müſſen es auf
dem Rathhauſe haben und einige Amtsvorſtände ver⸗
langen ſogar, daß ſie zwei Exemplare halten müſſen.


ſchäftes. Der Herr Staatsminiſter iſt ſehr inı Irr⸗
thum, wenn er meint, e& geſchehe dem Volk noch ein
Gefallen damit, daß die Amtsverkündiger auch einen
politiſchen Theil enthalten.

Amtsverkündiger erlöſt würde.
Fieſer hat mun das katholiſche Kirchenblatt vorge—
bracht und hat gemeint, das ſet ein offiziöſes Blalt;
er befindet ſich aber damit in einem großen Irrthum.
Im Anfang, als das Kirchenblatt gegründet wurde,
war es mit dem erzbiſchöflichen Auzeigeblatt in ähn—
licher Weiſe verbunden, wie es bel den Amtsverkuͤn⸗
digern heute noch iſt. Aber ſehr bald ſah man das
Unthunliche dieſer Verbindung ein und jetzt ſteht je⸗
des der beiden Blätter für ſich da. Däs erzbiſchoͤf⸗
liche Anzeigeblatt enthält nur Bekanntmachungen der
kirchlichen Behörden, ſonſt nichts, keine Artikel, und
e& kann beſonders abonnirt werden. Das Kirchen—
blatt iſt ein Privatunternehmen und für deſſen Ju—
halt iſt niemand verantwortlich als der Redakteur
Leb. Es beſteht kein Zwang, dasſelbe zu halten,
und es gibt viele katholiſche Geiſtliche, die dasſelbe
nicht halten und nicht lejen, ſondern nur das An—
zeigeblatt. Der angeführte Artikel, worin die Geiſt—
lichen aufgefordert werden, ſich an der Wahlagitation
zu bethetligen, iſt eine Privaͤtarbeit des Redakteurs
und hat durchaus keine offizielle Bedeutung. Weil
aber fälſchlicherweiſe dieſer Artikel für einen Erlaß
des Erzbiſchofs angeſehen wurde, ſo erſchien einige
Nummern ſpäter in demſelben Kirchenblatte eine aus⸗



ſich umdreh;e und der Saum

Schreiben zur Seite ſchob.
Afra erſchien wie verwandelt.

die Röthe

thres

aus
auf

Alle Sanftmuth war
ihrem Geſicht gewichen, des Zornes brannte
ihren Wangen, und thre Augen ſchleuderten Blitze gegen den
Manın, der ſie durch ſeine Worte vor fremden Zeugen ge⸗
demüthigt hatte. Noch hielt ſie aber mit dem Ausbruch wilder
Leidenſchaftlichkeit zurüc, wenuſchon die zitternde Stinime ihre
innere Erregung kundgab, als ſie jetzt ſagte:

Sie nannten mich hoffärtig, Herr Claſſen, waͤhrſcheinlich
deßhalb, weil ich mir hin und wieder erlaubte, bei der Ver⸗
waltung des Gutes ein Wort mitzufjfprechen, Das ärgerte Sie
in Ihrem unhegrenzten Stolze, den Sie zu deſitzen ja ſelbſt
Sie krauken an einer unglaublichen Selbſt⸗

Gerold wollte heftig erwidern, doch Afva fuhr mit einer
Geberde, die ihm ſchweigen gebot, in lauterem Tone fort:

Sie leiden noch an einem viel größeren Fehler: das iſt
Ihre Undankbarkeit gegen meinen Bater und gegen mich. Ja⸗


auflachte,

„denn ich gab ſeiner Zeit den Ausſchlaß bei der
Wahl eines Verwalters.

Ich lengue es uicht, Sie gefielen
g

Sie änderte, ſo waren Sie ſelbſt daran ſchuld.

licher Stolz haͤtte alles Unheil hHerbeigeführt, und wenn Sie


gewagt haben, im Hanſe meines Vaͤters ſich in {jo unartiger
Weije zu benehmen, wie Sie e& vorhin gerhan, naͤchdem ich
kurz vorher Ihrer Mutter die größte Freundlichkeit ermiefen.“

Bei den letzten Sätzen ging der zornige Ton Afras mehr
und mehr in Schluchzen über, und als fie jeßt ſchwieg,
hHüllte ſie ihr Antlitz und ſauk auf den am Nähtijh ſtehenden
Stuhl. E

Sie blickte

Frau Claſſen ſah verlegen aus. mit einem


weinende Mädchen, welches ihr freilich viel Freundlichkeit er⸗
wieſen hatte ; ( .
Eben wollte ſich Gerold zu einer weiteren Rede anſchicken,












25. Jahrgang.

drückliche Erklärung dahin, daß dieſer Artikel obhn
offtzielle oder offtztöſe Bedeutung 4 Ich 4
der nächſten Woche dem Herrn Fieſer dieſen Artikel
voxlegen. Die großh. Regierung hat durch ihre
beiden Lertreter, den Herrn Staatsminifter und den
Herrn Minifterialdbirektor, jede Verantwortlichkeit für
den volttiſchen Inhalt der Amtsverkuͤndiger abge⸗

lehnt, aber, wie mir ſcheint, nicht mit glücklichẽm
Erfolge.

Im Volk draußen, im ganzen Lande, wird man
nach wie vor dex Ueberzeuzung ſein daß die Rez
gierung und die Amtsporſtaͤndẽ für den Inhalt der
Amts vexlndiger verantwortlich ſeien, und ich ſelbft
kann dieſe Anſicht nicht für ganz unberechtigt haͤlteu

Denn während der Herr Staalsminiſter fich eifrig
bemühte, die Anttzyexkündiger von ſeinen Röck⸗
ößen abzuſchüttela⸗ hat der Herr
‘ Miniferialdirektor dieſelben erſt kecht
feſt an ſeine Rockſchöße geheftet und ſte
hängen noch daran. Denn er hat uns mitgetheilt,
wie die —— ſoyohl poſſitib als auch negativ
ı auf Dden Inhalt der Amtshlätter einwirke, daß die
Vinilteralräth. zuweilen Artikel in die „Karlsruher

Zeitung * ich glaube, was er ziwar nicht gefagt
hat, auch in die Straßburger Poſt“ und in den
„Schwäbiſchen Merkur“ — ſchreiben, die denn auch
auf den „Wunſch“. der Regierung in den Anitsber!
fünbigern abgedruckt werden. Er Hat unZ weiter
mitgetheilt, wie ein Amtsverkundiger, wenn er einen
der Regierung mißfälligen Artikel bringt, gemaßregelt
werde, und auch Herr v. Stöſſer hat uns davon er-
zählt. Aher namentlich hat Herr Kollege Schmitt
veben einige draſtiſche Beiſpiele erzählt, wie einzelne
Amtsblätter ſogar wegen ſehr unbedeutender Artikel,
die dem Amtsvorſtand mißftelen, gemaßregelt wurden,
ſo daß man 3 dex Ueherzeugung fommen ınuß, der
pplitiſche Inhalt der Amksyerkündiger iſt der Re-
; gierung‘ befannt und von der Regierung genehmigt.
| @ kann kein politiſcher Artikel darin erfcheinen ohne

Genehmigung der Megierung. Hier muß ich aber
auch noch ein Wort Fez Herın Staat8:
minijterS feſtnageln, welches uns vollſtändigen
Aufſchluß gibt, weßhalb die Regierung Amtsyer-
kündiger mit politiſchem Inhalt haben wil. Er hat
geſagt, fie können gegenwaͤrtig auf diefe Blätter
uicht verzichten wegen der heftigen Oppo⸗
jifiom — Da Haben wir's alfo. Die Re-
gierung braucht politiſche Auitsperkündiger
als Kainpfmittel gegen unS! Das iſt der Hauͤpt⸗
grund.. Wenn der Heyr Miniſtex ſagt, man haͤbe
Fher ſchy einmal Verkündigungsblätker ohne politi-
ſchen Inhalt gehabt, die aber beim Volk ſehr wenig

Auklang geuiden hätten, ſo iſt dies ſchon fehr lange
her, aus einer Zeit mit ganz anderen Verhaͤltniſſen.
Heutzutage iſt das Bedürfniß die amtlichen Bekannt⸗
; Mienen — —— — — er in’8 3i
frat, nur zu deutlich, daß etwas vorgefallen fei: und rg;mjt?gtr
die fchluchzende Afra mıt den Worten auf ihn zZueilte: „Bater
ſchütze Dein Kind vor den Angriffen diefes Miannes dal“ —
war es um jeine Ruhe gefchehen. Ohne erſt lauge zu ſondiren,
} erging er ſich gegen Gerold in zorniger Rede, bei welcher Frau
‚ Claffen niht gut wegfam, denn Crispin warf ihr die die
‘ IcOhlechte @rgtg‚bung ihres Sohnes vor, deſſen Manteren nach
; Crispins Meinung viel zu wünjdhen Üübrig Kießen. ;
} Es iſt wahrhaftig kein Heldenjktück,“ rief der mehr und

mehr außer ſich gerathende Hansherr, „einent jungen, wehr⸗
Loſen Mädchen in der Mbwefjenheit des Vaterg Malicen zu
; Jagen, — und um Ihnen Herr Claffen, für die Zukunfit jede
{ @elege%qe\t dazıt . zu wird es wohl das Beſte jein,
wenn Sie auf der Stelle Ihre Siebenfadhen zulamm
; und Shrer Wege gehen.“ ) —
—*9 ſchluchzte Afra, „das brauchſt Du ihm nicht erſt

zu fagen, er hat e& ja ſchen mit Jofeph und deffta Vater ab-
; gemacht, daß er in ihren Dienſt tIritt.“
Dieſe Mittheilung Übte auf Crispin ziemlich dieſelbe
‘ Wirkung, wie eine unverhofft einſchlagende Bombe, Zuerft
war er ſtarr, dann aber brach fein Zorm in helle FSlammen

aus. Unter den derbſten Ausdtücken riß er die Thure auf
; und deutete Gerold und deſſen Mutter an/ daß fie fichichleı nigſt
24 4 *
erold erwiderte nichtS, er zeigte nur ein veraͤchtli es
Lacheln dagegen konnte es Frau Claffen nicht — 7
} zitternder Stimme dem Hausherın zuzurufen!
i . nGi, ei, Herr Jörger, ich hatte gebacht, e3 mit einer ge⸗
bildeten Familie zu thun zu haben; Ihr Benehmen aber hat
\ mir bas Gegentheil gezeigt, ©8& iſt doch ein gewaltiger Unter-
ſchied zwiſchen uns Städtern und dem Bolk hier draußen.“
} o @ßamtt trippelte fie, von Gerold geführt, raſch zUr Thüre
® DInaus,
$ Erispin ſandte ihr eine nicht eb
j nac, Dann ließ er ſich mit feiner
das Sopha fallen.













en höflide Bemerkung
ganzen Körperſchwere auf

Fortſetzung folgt.)




 
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