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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Januar (No. 1 - 26)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0029

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Tagobericht.

Mannheim, 7. Januar. Die Carlsruber Zeitung bringt mit
der Leberſchrift „Unglücksfälle und Frevelthaten in der Neu-
jabrsnacht“ Folgendes: „Wie jedes Jahr iſt auch diesmal durch
den Unfug des Neujahrſchießens viel Unglück geſchehen. Aus verſchie-
denen Gegenden hören wir von Finger- Hand- und Armverletzungen
durch zerſprungene Schießgewehre u. dergl. m.: ein beurlaubter Sol-
dat des Leibinfanterieregiments fand dadurch in Forſt ſeinen Tod; einige
andere zur hieſigen Garniſon gebörende wurden verſtümmelt. — In
Langenſteinbeach wurde von unbekannten Perſonen mit Schrot und Kus
geln in das Schlafzimmer des Grünenbaumwirths Dambacher geſchoſ-
fen, augenſcheinlich in der Abſicht, denſelben zu iödten. Auf den Bürs
germeiſter deſſelben wurden ebenfalls 2 Schüſſe abgefeuert und auch auf
den Orispolizeidiener ein Mordverſuch gemacht; hier verſagte iedoch das
Gewehr. Die amtliche Unterſuchungskommiſſion ſoll den Uebelthätern
bereits auf der Spur ſein.“

In Mannheim wurde in der vorletzten Neujahrsnacht das Schießen
und Laͤrmen auf eine unerbörte Art getrieben, worauf die Polizeibe-
boͤrde für dieſes Jahr die ſtreneſten Maͤßregeln anordnete. Dieſe ha-
ben in dei That ihre Früchte getragen, denn die Nacht ging ſehr flill,
ruhig und ohne weitern Unfall voruͤber! Es find wie man ſagt im
Gamen nicht 50 Schüſſe gefallen, und Arreſtationen haben nur 6 Stakt
gefunden. Da die Wirthe für Alles, was bei ihnen vorfallen würde,
derſönlich verantwortlich erklärt wurden, ſo ſah man ſchon des Nach-
mittaag mebrere Wirthſchaften geſchloſſen.

Wiesloch, k. Jin. In dem nade liegenden Orte Mühlhauſen
wurde beim Schießen in der Neujahrsnacht der Soldat Johann Haas
von einem in der Nähe ſchießenden Kameraden getroffen, und iſt nach
zwei qualvollen Tagen geſtorben. Die Unterſuchung zeigte, daß der
durch den Oberarm und die Achſ lhöhle in die Bruſt eingedrungene
Schuß die Muskeln zerriſſen, den Oberarmknochen und zwei Rippen
zerſchmettert und einen großen Tbeil der rechten Lunge zerſtört haite.

Carlsruhe, 3. Januar. Der ſeit etwa drei Monaten zu Fried-
richsthal proviforiſch augeſtellte Jagd⸗ und Waldhüter Bartholomäus
Martin hatte geſtern die Weiſung erbalten, ſich zu dem Geiſtlichen in
Spöck zu begeben, um ſich über die Wichtigkeit des Eides belehren zu
laſſen weil er heute verpflichtet und alg wirklicher Jagd- und Wald-
hüter angeſtellt werden ſollte. Nachdem dies geſchehen begab er ſich
in das Wirthshaus zur Blume, wo drei Mädchen von Spöck hinter
einem Tiſche ſaßen. Der Waldbüter trieb ſeinen Spaß mit denſelben
und griff über den Tiſch nach der in der Mitte ihrer Gefährtinnen
ſitzenden Erneſtine Rößler, wobei der Hahn am linken Laufe ſeines ge-
ladenen Gewebres, das er an der Schulter hängen batte, der ſich aus
der Ruh= in die Spannraſt aufgeſpielt hatte, am Tiſche bängen blieb,
ſo daß des Gewehr los und der ganze Schuß der unglücklichen Erne-
ſtine Rößzler in die linke Seite des Kopfes, ohne einen Laut von ſich
zu geben, augenblicklich todt niederſtürzte. Martin wurde heute ge-
fänglich bierher geliefert; nach Ausſage der Zeugen ſoll demſelben bei
dieſem traurigen, jedoch unvorſichtigen Fall feine weitere Schuld zuge-
ſchrieben werden können.

— urch die Penſionirung des Hauptlebrers Peter Helfrich iſt
der katholiſche Schul⸗ Meßner- und Organiſtendienſt zu Neuſatz, Amts
Bühl, mit dem geſetzlich regulirten Dienfteinkommen von 175 fl. jähr-
lich nebſt freier Wohnung und der Haͤlfte des Schulgeldes, welches
bei einer Zahl von etwa 213 Schulkindern auf 1 fl. 12 kr. jährlich
für jedes Kind feſtgeſetzt iſt, erledigt worden. Die Competenten um
dieſen Schuldienſt haben ſich durch ihre Bezirksſchulviſitaturen bei der
Bezirksſchulviſitatur Bühl zu Ulm, innerhalb 6 Wochen zu melden.



Berlin, 30. Dez. Das Verbot der Leipz. Allg. Ztg. hat hier

im Ganzen einen geringen Eindruck gemacht. Was man von Aner-
bietungen aus Leipzig ſich erzählt, erſcheint faſt unglaublich. Gewiß
iſt nur dieſes, daß ſie zurückgewieſen ſind. (Somit ſcheint die Nach-
richt der Aufhebung des Verbots die das hieſige Journal brachte irr-
thümmlich).
— @€ heißt hier nun allgemein, daß der Brief Herwegh's an uns
ſern König ſogar früher in der Leipziger Allgemeinen Zeitung abgedruckt
ſtand, als ſolchen Se. Maf ftät im Original hatte, was höhern Oris
ganz beſonders mißſällig aufgenommen worden ſey.

Hamburg, 2. Jan. Während des verfloſſenen Jahres ſind {a
Hamburg und deſſen Vorſtädten 4901 Kinder geboren und 5658 Vers
ſonen begraben worden (worunter 366 todtgeborene Kinder). — Im
verwichenen Jahre haben hier 2189 Perſonen das Bürgerrecht erwoͤr—
ben und 33 ſind als Schutzbürger aufgenommen worden. Bei unfzrm
Handelsgerichte haben ſich 52 inſolvent erklärt. Bei der zweiten Prä-
tur und bei dem Patrouaten der Vorſtätte haben ſich 63 inſolvent ere
klärt. Am 31. Dezember um Mitternacht waren im hieſigen Hafen
211 Schiffe anweſend.

Waadt in der Schweiz. Mit der Einrichtung einer durch barm-
herzige Schweſtern proteſtantiſchen Glaubensbekenntniſſes bedienten An-
ſtalt für Kranke und hülfsbedürftige Perſonen ohne Unterſchied der Kon-
feſſion wurde im Schloſſe zu Echallens der Anfang gemacht. Vier
Schweſtern ſind bereits eingetreten, und man erwartet unverzüglich
vas Eintreffen einer ſie hinlaͤnglich beſchäftigenden Anz hl Kranfer.

Paris, 3. Jan. Die von den Kammern voͤlirten Credite für Al-
gerien haben bei weitem nicht ausgereicht. Das Miniſterium wird gleich
beim Beginne der Seſſien einen Eredit von 3 Millionen für dieſe afri-


— Grſtern verfügten ſich die Miniſter, mit alleiniger Ausnahme
des Hrn. Martin du Nord, der ſich unwohl befindet, zuſammen zu der
Königin Chriſtine von Spanien, um ſie aus Anlaß des Jahreswechſel
zu beglückwünſchen.

London, 31. Dez. Zweihundert Kohlenarbeiter haben bei Coat-
bridge die Gruben verlaffen. Der Eigenthümer hat ihre Familien ohnt
Weileres aus den ihm gehörigen Hütten gejagt und ihre Effeeten auf
die Straße werfen laſſen. Dieſe Unmenfchlichkeit hat die Bürper em-
pört, und ſie haben ſich vereinigt, den Frauen und Kindern eine Zu-
flucht zu verſchaffen.

— Der Biſchof von Wincheſter hat ſich geweigert, eine Kirche zu
einem Konzerte für die Armen herzugeben. Zugleich fragte er jedoch,
wie viel dag Konzert eintragen könne. Als man ihn ſagte, höchſtens
200 Pfund, ſchickie er ſogleich dieſe Summe zur Vertheilung an die
Ar en.

Copenhagen, 30. Dez. Eine Verordnung vem 27. Dez. ver-
fügt, daͤß der Buchhandel in den Herzogthümern Schleswig und
Hoͤiſtein ein freies bürgerliches Gewerbe ſeiz doch iſt Jeder,
wecher es betreiben will, verpflichtet, der Ortspolizei Anzeige davon
zu machen.

Von der italieniſchen Gränze, 25. Dez. Nach Berichten
aug Neapel erwartet man daſelbſt, nachdem die Ratificationen des
Heiraths⸗Bertrags zwiſchen der Prinzeffin Thereſe Chriftine Marie von
Neapel und dem Kauifer von Braſilien Don Pedro IL, de Alcantara
bereits ausgewechſelt ſind, eheſtens ein braſilianiſches Geſchwader mit
dem faiferl, Bevollmächtigten, worauf die Procurations - Bermählung
durch Intermediation Sr. F, Hoh. des Grafen von Syrakus ſtattfinden
und unmittelbar darauf die Reiſe nach Rio Janeiro angetreten werden
wird.



, 2, 48 Er. das haibe Jahr. Den ietzt

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