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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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März (No. 51 - 76)
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Tagdbericht.

Freiburg, 3. März. Geflern Abend ſind Ihre Hoheit die Prin-
zeſſin Marie von Baden und Höchſtihr Gemahl dei Herr Mar quis
von Douglas hier angekommen, und im Zähinger Hof abgeſtiegen.
Sie werden unſere Stadt heute gegen Mittag wieder verlaſſen Und eine
Reiſe nach Italien antreten.

Frankffurt a. M., 2. März. Geſtern und heute kamen viele
AWechfel zu nicht uubedeutendem Beirage zum Diskonticen auf den Markt;
dennech erhält ſich der Geldüberfluß In London iſt, wie Briefe von
dort mittheilen, gegenwätig der Ueberfluß von Baarſchaften ganz bei-
fpiellos; man glaubt erwarten zu muͤſſen, daß die Konfols, ein 3proz.
Papier noch den Kurs von 100 erreichen werden; es iſt dies aber keine
erfreuliche, ſondern vielmehr eine bedenkliche Erſcheinung; die Kapita-
lien werden in Großbritanien dem Handel und der Jutufirie mehr und


nen gerisgeren Zinsgenuß, doch eine größere Gewähr bieten, als
die konmerziellen und induſtriellen Unternehmungen, die in {-nem Lande
noch nicht über alle und jede Kriſis hinaus zu fein ſcheinen.
München, 28. Febr. Der zweite Ausſchuͤß der Kammer der Ab-
geordneten hat die Aufhebung des Lotto betreffend, nach dem Gutsch-
* * Referenten Abg. Beſtelmeyer einſtimmig folgenden Beſchluß
ßefaßt:
eg fei Se, Majeftät ebrfurchtsvollſt zu bitten, den Ständen des
Reichs allergnadißſt einen Gefetzentwuͤrf zur Aufhebung des Lotto's
gegen anderweitige Deckung des dadurch in den Staais-Einnahmen
ertſtehenden Ausfall vorlegen zu laſſen. V
Und da es als wünſchenswerih erſcheint daß die Lotio- und Claſ-
ſenlotterie Spiele in allen deutſchen Bundesſtaaien aufhören mögen, ſo
— beantragt berjelbe ferner, als Wunſch auszuſprechen: '
e$ möge Sr, Majeſtät gefallen, bei den ſämmtlichen, zum deutſchen
Bunde gehörigen Staaten allergnädizft dahin wirken zu laſſen, daß
innerhalb des Gebiets derſelben die Loͤlto⸗ und Claſſenlotterie-Spiele
gänzlich aufgeboben werden.


wollen. Kaum batte man aufgehört davon zu reden, daß ſich ein
Hauplmann im Iſarſtrom erträuki, ſo ließ das Auffinden eines Offi-
ziermantels, Säbels und Handſchuhe hari am Iſarufer ſchließen, ein
ſchon durch mehrere Tage vermißier Artillerie Oberlieutenant dürfte
jeinem Leben in gleicher Weiſe ein gewaltſames Ende gemacht baben.
Seftern wurde iedoch der Leichnam des Vermißten ohnweit jener Stelle
in entlegener Gegend des enaͤliſchen Gartens zwiſchen zwei Bäumen
lebnend erſchoſſen gefunden. Momentane Geiſtesabweſenheit wird auch


gegeben.

Luzern, Febt Großes Aufſehen unter dem Volke macht ge-
genwärtig das Wößlide Veſchwinden eines jungen Waltbrubers, der
die Rolle eines frommen Tartüffen mit beſonderke Verwefflichkeit ſpielte
und doher in neueſter Zeit im Rufe grober Heiliakeit ſtand. Mehrere
Vaterſchaftsklagen von Wittwen, Frauen und Mädchen ſcheinen feine
Entfernung ploͤtzlich bewirkt zu haben. In ſeiner verſchioffenen, von
‚ den einflußreichſten jetzigen Glaubensmännern ganz neu erbauten Hütte
fand man mehrere geraubte Sachen auch aus umliegenden Kirchen.
Ebenſe fand man den kleinen Schatz der Kapelle gepiandert. Es iſt
wohl nothwendig, daß ſolche Aergerniſſe kommen, aber ſie dienen wahr-
Iich nicht zu den beſten Beweiſen unſerer neuen Sitttichkeit!

Wien, 26. Februar. Unſere Gerichte haben ſich hinſichtlich der
Beſchaͤdigung der Vaſſagiere auf den Eiſenbaͤhnen für das Prin-
cip_einer 3zu leiſtenden Eniſchädigung ausgeſprochen. Die Diretion
der Nordbahn war, . aug Anlaß der auf ſo traurigen Weiſe be-
Fannt gewordenen erſten Fahrt nach Brünn, billig genug, den Ver-
unglückten eine Ausgleichung anzubieien, die auch big mit Einem der

»


Betheiligten zu Stande kam. Dieſer, ein hieſiger Literat ergriff den
Rechtsweg, wiewohl ſeine Verletzung nur in einer Contuſion befland,
bie ihm erlaubte, am achten Tage wieder das Haus zu verlaſſen. Sein
Anſpruch lautet auf eine Entſchaͤdigung von nicht weniger, alg 15,000
Hulden C. M, und in einem jäyrlichen Bezuge von 1200 {l., etwa im
Die Begründung dieſes Jahresbezuges fucht
der Ktäger in dem Umſtande nachzuweiſea, daß er damals von- einer
hieſigen Zeitungsredaktion lebenelaͤnglich Yämit aufgenommen worden
wäre, aber duͤrch jene Beſchädigung gehindert worden ift, Daͤs hie-
ſige Landrecht und das Appellatibusgericht haben ſich gleichlaulend für
die Entſchädigungspflicht der Nordbahn ausgeſprochen, inſoferne die an«
gebotenen. Zeugenbeweife urd Eide geleift:t würden; auf Prüfung der
enormen Summe aber ging man voͤrerſt nicht ein, und ſie wird ſpä-
ter ermittelt werden.

Paris, 1. März. Heute begann in der Deputirtenkammer die
Discuſſion über die geheimen Fonds. Bis zum Abgang der Poſt hatte
mau Ledru Rollin gegen und Agenor Gagparin für den Ge-
Etzvorſchlag gehört. Der erfle von der aͤußerſten Linken, klagte das
Cabinet an, aile Inſtitutionen — die Jury, die Preſſe, die National-
garde — umgangen und verletzt zu haben; er will Hrn. Guizot nicht
verdrängen, damit nur ein Miniſterwechſel eintrete; die ihn zu erſetzen
gedenken, ſollen ihr Programm auf die Tribüne bringen; auch Mole
fei ja vor vier Jahren unter dem Beifallruf Frankreichs gefallen; thm
ſeien dieſelben Vorwürfe gemacht worden, die man { Bt dem Cabinet
vom 29. October enigegen halte; Hr. Thiers habe ein Programm ver-
ſprochen, allein es iff nicht in die Wirklichkeit gebracht; die Oppoſttion
werde die geheimen Fonds nicht bewilligen. Gasparin dagegen er-
klätte, nur die Conſervativen könnten die Julirevoiution im Anfeben
erhlten und die Fahne der Ordnung und der Freiheit hoch tragen.

— Die Debatte über die geheimen Fonds wird fuͤnf bis fechs Si-
tzungen dauern; man rechnet, daß die Miniſter 192 Stimmen für ſich
baben; die Oppoſilion glaubt deren 220 zählen zu dürfen; alſo wer-
den die 40 zweifelhaften Vota den Ausſchlag geben. Nach einem an-
dern Calcul könnte ſich Guizot auf 211 Depulirte verlaſſen, während
die Oppoſition nur 195 für ſich haͤtte. Alle dieſe Berechnungen ſind
ſehr unſicher und können mit jeder Stunde Modification erleiden.

— Es iſt ſeit Kurzem die Rede davon, daß ein neuer Ritteror-
ben geftiftet werden ſol der nur für die Militärs beſtimmt wäre,
die ſich in Afrika auszeichnen. Ein Sohn des Königs würde Groß-
meiſter des Ordens und der jedesmalige Generalgouberneur von Al-
gerien wäre Großkreuz der erſten Claſſe.
London, 27. Febr. Das Handelshaus John Gueſt und Comp.
hat mit der ruſſiſchen Regieruuz einen Conttaft zur Lieferung von
45,000 Tonnen Eiſenbahnſchienen abgeſchloſſen. *

— Die fünf Conſuln der Republik Paraguay haben dem engliſchen
Geſchäftsträger, Hrn. Gordon, den Befebl ertbeilt, Paraguay zu ver-
laſſen. Die Urſache der Verbannung dieſes Diplomaten iſt fein Eifer
die Kuhpocken⸗Impfung unter den Paraguayern zn verbreiten; die fünf
Conſuln wollten ihre Regierten nicht gegen die Menſchenpocken geſchützt
haben und ſandten den Hrn. Gordon aus dem Lande. ;

Conſtantinopel, 8 Febr. Der alte Chosrew Paſcha ſpukt wie-
der ir Conſtantinopel. Man ſpricht, er werde bald wieder ang Rus
der kommen, und ſchreibt dieſes Rußlands Machinationen zu. Könnte
es Rußland dahin bringen, nun ſo wäre die ſerbiſche Frage bald und
in der größten Ruhe und Stille gelöft, und es hätte dann nicht nöthig
in Serbien mit ungeheurem Geldaufwand eine Contrerevolution zu er-
tegen, um ſeine Plane, die bis ſetzt an dem Eigenſinne der Pferte
ſcheiterten, durdzufeßen. Ob Chosrem Paſcha aber wieder ang Rus
ber kemmen werde, ift ſchwer vorausfagen; denn möhlich iſt hier in
der Türkei Alles. *




 
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