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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Oktober (No. 230 - 255)
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No. 245.


1843.





Tagsbericht.

Ettenheim, 16. Oct Diejenigen Gewerbleute hieſiger Ge-
gend, naͤmlich Gerbermeiſter Rheinlaͤnder von Ettenheim, Mechani-
kus Fauz von Achern, Guͤrtler Tritſchler von Offenburg und Buch-
vinder Loͤhel von Kandern, gegen welche das Hokgericht zu Freiburg
Begen Theilnahme an hochverraͤtheriſchen Verbindungen (dem Bunde
der Geaͤchteten zu Paris) 4 bis 8 monatliche Arbeitshausftrafe erfannt
hatte, ſind von Sr.t. H. dem Großherzog vollſtaͤndig begnadigt wor-
den. — Die Wahlmaͤnner⸗Wahlen im Wahlbezirke Kenzingen und En-
dingen find Dder Art ausgefallen, Ddaß s zweifelhaft ift
welche Barthei bei der kuͤnftigen Deputirtenwahl oͤcn Sieg da-
van fragen wird. Als Candidaten werden bezeichnet: Stadtamtsrevi:
ſer Gerhard von Carlsruhe, Hofgertchtsrath Nombride von Frei-
urg, Sutsbefißer Huber von Kichlingsbergen und Pfarrer Fees von
Kapoel Rodeck. Die Wahl iſt auf den 24. d. M, anberaumt.

Carlsruhe, 15. Oct. Beunruhigende Geruͤchte durchkreuzen die
Stadt von dem Vorhandenſein einer Spitzbubenbande, die es ſich zum
Geſchäfte macht In der naͤchſten Umgebuuͤg der Stadt zu rauben und
zu pluͤndern. Wie Alles gleich uͤbertrieben wird, ſo auch hier; richtig
iſt, daß in den letzten Tagen mehrere freche Diebſtaͤhle geſchehen und
insbeſondere in mehrere Gartenhaͤufer reicher Bewohner dicht vor der
Stadt eingebrochen und Alles, was irgend von Werth war, mitgenom-
men worden iſt. Da man ſich jetzt daͤrin gefaͤllt, Alles mit den juͤng-
ſten Ledauerlichen Vorfaͤllen in Verbindung zu bringen, ſo will man
Ddie Moͤglichkeit dieſer Raͤubereien darin finden, daß durch uͤbertriebene
Vorſicht die geſammte hier ſtationirte Gendarmerie zum Patronitliren
in der Stadt verwendet werde und dadurch das Geſindel freies Spiel
in der Umgegend habe.

— Ein Tagsbefehl gibt bedeutende Befoͤrderungen im großherzogl.
Armeecorps kund: Se. Hoh. der Markgraf May iſt an der Stelle des
verſtorbenen General⸗Lieutenants Stockhorn von Starein Diviſtonaͤr der
Infanterie geworden; Oberſt v. Gayling, bisheriger Commabdeur des
erſten Dragoner⸗Regiments, an der Stelle Sr. Hoͤh. Brigadier der Rei-
terei; Oberlieutenant Neubronn vom Generalſtab wuͤrde Diviſions-
Adjudant bei Markgraf Max, an der Stelle des Hauptmanns Strauß,
bekannt als fruͤherer Brigadegeneral in der Armke des Don Earlos,
der zur Verwendung bei der Garniſons-Commandantſchaft Mannheim
geſtellt iſt, mit der Erlaubuiß, die Uniform A& la, Suite zu tragen. Ma-
jor Hinkeldey, der bei den, beiden aͤlteſien Prinzen commaͤndirt iſt,
erhielt als Oberſtlieutenant den Befehl uͤber das zweite Reiterregiment;
die uͤbrigen Ernennungen betreffen faͤmmtlich Suͤbaltern⸗Offiziere.

Aus einer ſo eben veroͤffentlichten Zuſammenſtellung der Wirk-
ſamkeit der raͤdtiſchen Amortiſattonskafſe erhellt, daß der Schulz
denſtand der Stadt Carlsruhe am 1. Juni 1842 noch 472,819 fl. 15 fr.
vetrug; von dieſer Summe wurden vom 1, Juni 1842 bis ebendahin
1843 24,042 fl. 34 kr. getilgt, der derzeitige Schuldenſtand iſt alfo
noch 448,776 fl. 41 Er. Am 1. Juni 1831 yatten ſaͤmmtliche ſtaͤdti-
ſche Schulden 756,649 fl. 24 Fr. betragen, am 1. Juni 1843 betruͤgen
dieſelben noch, wie eben bemerkt, 448,776 fl. 41 kr.; es wurden aͤiſo
in zwoͤlf Jahren getilgt: 307,872 fl. 43 kr. — (Kann ſich Mannheim
einer ſolchen Schuldenminderung auch rühmen ?)

Vom badiſchen Mittelrhein, 13. Ott. Der auffallend nie-
drige Barometerſtand der jüngften Tage und die in Folge deſfen ein-
getretenen Regen und Stuͤrme haben mauche Uebelſtaͤnde in unferm
Oberlande zur Folge gehabt und Ungluͤcksfaͤlie herbeigefuͤhrt, die, wie
jſich leider hefuͤrchten laͤßt, bis jetzt nur ihrem geringften Theile nach


anhaltenden Regenguͤffe aus ihren Ufern getreten, bat die Landftraßen
überſchwemmt und die Straßen von Dorf Kehl angefuͤllt, die bis jetzt
uur zu Schtff zu paſſiren find. An manchen Stellen ſoll das Waſſer
2duß tief ſtehen und iſt noch fortwaͤhrend im Steigen.





Verlin, 13. Oct. Das Boͤrſenſpiel hat hier wieder zwei anſehliche
Haͤuſer hart mitgenommen. Ein als Millibnaͤr befannter Geſchaͤfts-
mann hat naͤmlich jeßt wegen allzugroßer, in Wien eingegangener Ver-
pflichtung einen langjaͤhrigen Indult nachfuchen muͤſſen, und uͤber das
Vermoͤgen eines unlaͤngſt hier verſtorbenen Börfenmannes i wegen
deſſen ungeheuern Verwickelungen in Zeitkaͤufe nun der Coacurs ausge-
brochen. Die Sucht, noch reicher zu werden, macht geraͤde dieſe Klaͤffe
von Leuten am meiſten arm.

Cöln, 15. Oct. Die Eroͤffnung der rheiniſch-helgiſchen Gijenbahn,
welche den Rhein, die Maas und die Schelde foͤrtau verbindet, iſt
gluͤcklich var ſich gegangen; vor einer halben Stunde traf, 4’4 Uhr
Nachmittags, von ‚Canonendonner und dem Jubel der Tauſende von
Zuſchauern begruͤßt, der von Autwerpen fommende Eroͤffunngs⸗Feſtzug
aus 20 Waggons mit etwa 700 Feſtgaͤften beſtebend, auf unſerm praͤch-
tig ausgeſchmuͤckten Bahnhofe ein, wo. der feftlichſte Empfang ihm zu
Theil ward. Nach Beendigung des Empfangsfeierlichkeiten begaben ſich


das große Concert auf dem Guͤrzenich folgt.
München, 14. Oct. Eine eigenthuͤmliche Scene, die mehr wie
alle Zeitungsberichte die Anſichten auͤsdruͤckt, welche Muͤnchen uͤber die


unſerer erſten hieſigen Kaffeehaͤuſer ſtatt. Mehrere bieſige Griechen,
die dort anweſend waren, haͤtten ſich einige Zeit lang ziemlich ſtark
uͤher die griechiſchen Vorfaͤlle geaͤußert, als es ihnen endlich einftel, Ka-
lergis hoch leben zu leſſen. Dies war das Signel zu Gegenaͤußerun-
gen der uͤbrigen anweſenden Gaͤſte. Die Griechen, junge Leute, meiſt
Studenten und Künftler, die bereits ein rothes Bändchen an der Stelle
des nenen Kalergiſchen Ordens ins Knofloch geſteckt hatten, wurden
zur Thuͤre hinaus bekomplimentirt. Ein Gluͤck war eg fuͤr ſie, daß ihre
Exclamationen nicht in einem Wirthshauſe ſtattgefunden haben, wo nicht


Varis, I5. Octbr. Dır Herzog von Aumale iſt geſtern nach Ita-
lien abgereist! Er begibt ſich zuerſt nach Turin, wird dann Genna,
Livorno, Florenz, Civitavecchia, Rom und Neapel beſuchen, von da aber
vach Malra und Afrika gehen, um das Commando in der Propinz Con-
ſtantine zu uͤbernehmen. / 8

— Die Regierung hat keine Nachrichten aus Spanien bekannt ge-
macht Aus den Privatbriefen von der Grenze iſt nur zu ſchließen,
daß Barcelona, Girona und Saragoſſa noch immer im Inſurrections-
und Blokadezuſtand waren. — —

London, 13. Oct. Man hat nichts Neues aus Irland. Nur ſo
viel iſt entſchieden, daß keine weiteren Schritte gegen O’Connell. und
die Repealbewegung geſchehen ſind.

Nom, 5. Det! Geſtern in der Fruͤhe iſt der ehemalige Geiſtliche
Dominicus Abbo, aus dem Piemonteſiſchen gebuͤrtig, der vor einiger
Zeit ſeinen Neffen umbrachte, in der Engelsburg duͤrch die Gutllotine
enthauptet worden. Wenn man bier an der Ausfuͤhrung diefer Hin-
richtung bis zum letzten Augenblicke gezweifelt hatte, weil der Glaube
vorherrſchte, ein Geiſtlicher wuͤrde nie das Schaffot beſteigen, fo hat
der Papſt dieſen Wahn zerſtöoͤrt und das beachtenswerthe Beiſpiel ge-
geben, daß kein Stand, ſeibſt der geiſtliche nicht, vor der Ahndung der
Verbrechen ſchuͤtzt. *

Trieſt, 5. Oct. Es iſt gewiß, daß der Koͤnig Otto den feſten
Entſchluß gefaßt hat, die Krone niederzulegen, falls man ihm weitere
Bedingungen anſinnen ſollte, die er mit ſeiner perſoͤnlichen Wuͤrde nicht
vereinbar findet. Es waͤre zu beklagen, wenn es dahin kommen follte;
neue Verwickelungen wuͤrden die unausbleibliche Folgen davon fein! Was
man auch ſagen mag, Koͤnig Otto iſt dem griechiſchen Volke aufrichtig
zugefhan, und auf ſeinen Charakter koͤnnen ſelbſt ſeine Feinde keinen
Makel bringen.


 
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