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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Januar (No. 1 - 26)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0049

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Tagobericht.

Conſtanz, 10. Jan. Geſtern Abend verſammelte ſich im Gaſt-
haus zur Krone daͤhier eine Anzahl bieſiger Einwohner, um ſich zu ei-
uem O:tsvereine zu bilden, welcher den Zweck hat, in Gemeinſchaft
mit den übrigen Vereinen verſchiedener GOwm inden des Seckreiſes und
Obertheinkreiſes, ſowie eines ſolchen der Stadt Schaffhauſen, die Forts
ſetzung der mannheim basler Bahn bis an den Bodenſee geeigneten Dra
tes anzuregen und zu betreiben. Vorläufig erklärte ſich der Verein als
cenſtituirt und wählte einen Ausſchuß von 11 Mitgliedern, aug deff.n
Mitte eine Deputation zu der dieſer Tage in Waldshut in der nämlis
chen Angelegenheit ſtaufindenden Genckalverſammlung abgehen wird.
Ein vom Komite des ſchaffhauſer Vereins eingeſandter und in der
Verſammlung verleſener Proſpektus ſoll mit vieler Sachkunde verfaßi,

duyegen die Ausſichten auf die Erwerbung des eigentlichen Hebels zur
Ausführung ſolcher Unternehmen — des Geldes — noch gänzlich im
Fernen ſein. Die reichen und vorſichtigen Herren von Bafel haben auf
an ſie ergangene Anfrage ausweichend geantwortet, aber ihten guten
Ralh zu geben ſich anerboten.

BVamberg, 9. Jan. Ein Ausſchreiben des fö , Miniſteriums des
Innern vom 7, Auguſt v. J. bat auf allerb. Befehl angeoidnet, daß
der Schuldenſtand ſämintlicher Gemeinden des Körigreichts einer
ganz genauen gründlichen Reviſion untetworfen werden ſoll, um die
planmäßige Tilgung der Gemeindeſchulden und die geregelie Contro-
lirung derſelben zu ſichern. An alle Diſtrictspolizeibeboͤrden iſt deßhaͤld
ſo eben neuerliche Weiſung ergangen, mit der größten Sorgfalt die
wahren Beſtände der Schulden ihrer Gemeinden mit den dafük vo.lie»
geuden Tilaungeplauen zu erheben, und das Elaborat ſpaͤieſtens bis
zum 1, März I J. an die kön. Regietungen vollſtaͤndig einzuliefern,
weil die biexaus ſich ergebenden Uberſichten Sr. tön. Maj. vorgelegt
werde müſſen.

Nürnberg, 11. Jan. Euͤrzlich iſt hier ein Bankerott ausgebro-
chen wobei die Paſſiva 79,000 fl. und die vaaren Activa 1 fl. 37 fr,
betragen ſellen. Lotierien, und zwar auewättige, ſind der Schlund
geweſen/ der den Rıft verſchlungen hat.

Braunſchweig, 7. Januar. Ein talentvoller junger Iſraelite,
Joſeſ Mendeleſohn früher Schriftſetzer in der Vieweg'ſchen Buchdru-
_ (ferei, darauf Redakteur des in Hamburg erſchienenen „Panorama der
Gegenwart?, wollte den Verſuch wagen, hier mit dem neuen Jahre
ein neues belletriſtiſches Blatt zu begründen, konnte dazu aber die Er-
laubniß der Regierung nicht erhalten, die noch immer entſchieden ſcheint,
die veriodiſche Preſſe bei uns nicht aufkommen zu laſſen.

St. Gallen, 23. Dez. Bei der geſtrigen Gerichtsſitzung wurde
ein Injurienproceß von allgemeinem Intereffe zwiſchen der Birection
der Stuttgarter Rentenanſtalt alg Kläger und dem Kaufmann
JPb. Weydmann dahier alg Beklagtem entſchieden, der daͤdurch
entſtanden iſt, daß Weydmann in dem Schwäbiſchen Merkur vom 7,
Nov. 1838 bei der Ankündigung einer Broſchüre gegen die Wahr-
ſcheinlichkeitsberechnungen der Rentenanftalt erklärte, daß er darin die
Nichtigkeit und Unredlichkeit derſelben in ihrer ganzen Blöße daͤrzuͤſtel-
len gedenke. Nach dem gefällten Urth:il wurde die Direction mit ihrer
Klage abgewieſen und in ſaͤmmiliche, auf mehrere hundert Gulden ſich
belaufende, Koſten verurtheilt, weil namentlich auch nach der von zwei
Mofeſſoren der Mathemalik vorgenommenen Prüfung ihrer Wahrſchein-
lickkeitebetechnungen die in Ausſicht geſtellten Renten nach den Grund-
fäßen der gewöhnlichen Mortalität durchaus unwaͤhrſcheinlich ſeyen. Die
Disection hat die Appellation ergriffen. ;

Naris, 9, Jan. Die Eröffnung der Kammern fand, wie bereiis
im g.firigen Morgenblatt gemeldet, heute bei guͤnſtigem Wener ſtaͤtt.
Um 11 Uhr beſetzte die Municipalgarde den Tuͤiterienkai, die Concor-
dienbrücke/ die Straße Bourgogne, den Platz vor dem Palaſt Bour-
bon und alle daͤhin führenden Zugänge; bald nach 11 Uhr fiellte ſich



die Nationalgarde auf; die Zuſchauer wurden nach dem Pont⸗Royal
und dem Kai d Orſay hin gedrängt; die Circulation war auf allen
Punkten unterſagt. Um Mittag kam der Marſchall Soult in die Tui-
lerien; die andern Miniſter hatten ſich ſchon früher eingefunden; *,
vor 1 Uhr verfügten ſich alle Mitglieder des Cabinets aug den Tuͤile?
rien in den Palaſt Bourbon; kurz vor 1 Uhr ſtiegen die Prinzeſſinnen
des königlichen Hauſes ein, um ſich eben dahin zu begeben; die Köni-
gin und die Herzogin von Orleans ſind nicht mitgefahren; um 1 Ubhr
verkündeten 21 Kafonenſchüſſe, daß der König die Tuilerien verlaffen


Deputirtenkammer. Bei dem König im Wagen ſaßen die Herzoge von
Nemours und Montpenſier. Die Eroͤffnungsrede dauerte acht Minu-
ten. Gleich darauf fuhr der König, von der Escorte begleitet, nach
den Tuilerien zurück. *

— Der Voniteur vublicirt eine Ordonnanz vom 4, Jan., wo-
durch das Inſtitut der Rotare ein neues Regulativ, in k0 Paragra-
phen gefaßt, erbält. Nach einer darin enthaltenen Beſtimmung iſt den
Notaren ſtreng unterſagt, direet oder indirect Börſeoperationen vorzu-
nehmen oder aͤnderartige Geldgeſchäfte zu treiben.

London, 7, Jan. Es beſtätint ſich, daß Rußland in England

5 große Dampfboote bauen läßt, welche im ſchwarzen Meere gegen
die Cireaſſier agiren ſollen. Um ſie durch die Dardanellen pafiren zu
laſſen, welche bekanntlich für Kriegsſchiffe geſchloſſen ſind, wird man
die Kanonen ausladen und ſie als Ballaſt auf andern Schiffen hinz
chicken.
— In den für gut unterrichtet geltenden Kreiſen heißt es, die fran-
zöſiſche Regierung habe von den Marqueſas Inſeln Depeſchen mit Nach-
richten von höchſter Wichtigkeit ethalten; der Offtzier, welchen der Cons
tre⸗Admiral mit dem Commando über die ans Laͤnd geſetzten Truppen
bekleidet batte, ſoll von den Eingebornen ermordet worden ſein, weiche
hierauf auch alle am Lande befindlichen Franzoſen niedergemetzelt haͤt⸗
ten; ein engliſches Kriegsſchiff ſoll bei den Marqueſas-Inſeln ange-
langt ſein.
* Petersburg, t. Jan. Ein höchſt beſtätigtes Gutachten des
Reichsraths hat über die künftige Feſſelung gravirter, zum Eril nach
Sibirien beſtimmter Verbrecher nachſtehende Anordnung getroffen: „In
gefänglicher Haft ſich befindende Arreftanten können nur dann erſt ge-
fefſeit werden, wenn die über ſie gefällten gerichtlichen Urtheile die
Reviſion und Beſtätiaung aller der Autoritäten erhalten haben, denen
das Geſetz die Durchſicht ihrer gexechten Entſcheidung anvertraut bat,
folglich nur dann erſt, wenn die über beregte Individuen gefällten Sen-
tenzen ihie volle Wirkſamkeit erhalten haben.“

Carlsruhe. Durch die Pınfionirung des Schullehrerg Johann
Michael Schönig iſt die evangeliſche Schule zu Sachſenhauſen, Be-
iirksſchulviſitatur Wertheim, mit dem Normalgehalt yon 140 fl, nebſt
freier Wobnung und 45 fr. Schulgeld von jedem Schulfind, in Ers
iedigung gekommen. Die Bewerber um dieſelbe haben ſich binnen 6
Wochen bei den beiderſeitigen fürſtl. Löwenſtein⸗ Wertheimſchen Stan-
desherrſchaften zu melden. D , ,

Der erledigte kathol. Schul-, Meßner⸗ und Organiftendienft zu
Waldprechtsweier, Oberamts Raſtadt, iſt dem Haupilehrer Octavian
Dennig zu Winden, Amts Baden, Übertragen, und dadurch der
Fatholifge Schuldienft zu Winden, Amts Baden, mit dem gefeglid
regulirten Dienſteinkommen von 140 fl. jährlich nebſt freier Vehnung
und dem Schulgeld, welches bei einer Zahl von etwa 67 Schulkindern
auf 1 fl. jährlich für jedes Kind feſtaeſeßt iſt; erledigt worden Die
Conpetenten um den letzigenannten Schuldienſt haken ſich durch ihre
Bezirksſchulviſitaturen bei der Bezirksſchulviſitatur Baden innerhalb 6
Wochen zu melden.


 
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