— 1843.
Mannheim, 21. April. Die Frankfurter Ober-Poſtamts-⸗Zeitung
ſchreibt von hier aus: „Noch immer waͤhrt der ſchmerzliche Eindruͤck
fort, den die Ratiſtcation des Eiſenbahnvertrags mit Heſſen und Frank-
furt erregt hat, und taͤglich verhehlt man ſich hier, wie auch in Tarls-
ruhe, die daraus entſpringenden Nachtheile weniger. Doch wird es
auch dabei nicht bleiben, ſondern es drohen noch voͤn einer andern
Seite her Verluſte an die man fruͤher gar nicht gedacht hat. Ein
grpßer Theil des Verkehrs auf hieſigem Platze beſteht naͤmlich in dem
Speditionshandel, der ſich abex in Mannheim nicht ſo fret bewegen
. Fann, wie er ſollte. Es zog ſich alſo ſchoͤn ſeit mehreren Jahren ein
großer Theil dieſes Handels nach der baieriſchen Rheinſchanze! wo Hr.
Achtenberger ein großes Etabiſſement hat, ünd faſt ein Drittheil der
Xheinſchiffe landet. Die Errichtung des großen und ſehr koſtfpieligen
Rheinhafens hat dieſes Verhaͤltniß nur wenig geaͤndert, und näch wie
vor bluͤhte das jenſeitige Etabliſſement auf. Man hoffte mit Zuver-
ſicht auf die Vortheile! welche die Eiſenbahn bringen wuͤrde und ſtritt
muthig und ausgeruͤſtet mit allen Kuͤnſten der Ueberredung fuͤr die
Richtung der Bahn nach Mannheim; aber vergebens, die heſſtſche
Kammer gab den Ausſchlag, und ſo gab Baden einen Vortheil aus
der Hand den es doch wenigſtens Heidelberg haͤtte zuwenden follen. —
Nun kommt noch ſogar die Nachricht, daß die jenſeitige Rheinſchanze
zu einem Staͤdtchen erhoben und mehrere groͤßere Etaͤbliſſements daͤ—
ſelbſt gegruͤndet werden ſollen. Geſchieht dieß, woran wohl kein Zwei-
; fel ift, da Koͤnig Ludwig die Pfalz zu fehr liebt, um ihr nicht jeden
Vortheil zuzumwenden, ſo wird der groͤßere Theil des hieſigen Handels
anr das jenfeitige ufer ziehen, wo er ſich freier bewegen darf, und
eine, gewiß über nicht mehr lange Zeit zu Stande Fommende Eiſen-
baln von Mainz nach der Rheinſchanze und von da nach Speier und
Straßburg eine gerade Verkehrslinie bildet, die bei Weitem mehr Vor-
theile bietet, als die Frankfurt-Baſeler Bahn, wo, weniſtens im Be-
veiche des badiſchen Landes, die Fahrpreiſe allzu hoch ſind, und die
Route viel laͤnger iſt. Wie es mit der Rheinſchanz-Bexbacher Bahn
gehen wird laͤßt ſich mit Gewißheit noch nicht vorausfehen. Es iſt
gegenwaͤrtig daruͤber ziemlich ſtill, die Actienzeichnungen gehen, wie
man ſagt DrDdentlich vorwaͤrts, aber auffallend iſt eg dabei jedenfalls,
daß nur fehr wenige Actien von Bewohnern der Rheinpfalz genommen
Wwerden, und trotz aller Widerſpruͤche will man eben doch nicht an die
Rentabilitaͤt der Bahn glauben.“
Stuttgart, 15. April. Die Hauptergebniſſe unſeres letzten Land-
tags {ind, die proviſoriſche Strafprozeßordnuͤng; die Ordnuͤng des No-
tariatswefens; ein neues Rekrutiruugsgeſetz mit einer Landwehr, die
freilich vorverft nur auf dem Papier ins Leben tritt, und endlich, die
folgenreichſte Frucht, die Anlegung von Eiſenbahnen auf Staatskoͤſten.
— Den 20. April. Der Strafprozeß wird demnaͤchſt verkuͤndigt.
Bereits iſt der propiſoriſche Chef des Juͤſtizminiſteriums, Hr. Staats-
rath v. Prieſer Definttiv zu diefem Miniſterpoſten, jedoch voͤrerſt
nur mit dem Titel (und dem Gehalte) eines Geheimrathes befoͤrdert
worden.
Frankfurt, 22. April. In der geſtern und heute fortgeſetzten
Ziehung 6. Klaſſe der 103. hieſigen Lotkerie gewaͤnn jedes der folgen-
den drei Looſe fl. 1000: Nr, 5557, 7884 und 16,974.
Hannover, 17. April. Wie zur allgemeinen Freude verlautet,
. foll die Gemahlin des Kronprinzen fich guͤter Hoffnung fuͤhlen; daß
die Nachricht ein oͤffentliches Geheimuͤiß gewordeuͤ iſt, kaͤnn nicht Wunz
der nehmen.
Verlin, 20. April. Die Verhaftung des Schriftſtellers Dr. Lau-
rian Moxis (er hielt ſich vor etwa anderthalb Jahren laͤngere Zeit
in Mannheim auf und lieferte verſchiedene literariſche Arbeiten dem
Vorgenblatte) wird hier vielfach beſprochen. Man erfaͤhrt, daß ein
Polizeibeamter in deſſen Behauſung erſchien, alle Papiere und Manu-
ſerivte in Beſchlag nahm und den Dr. Moris aufforderte, ihm nach
der Polizei zu folgen. Moris iſt Rheinpreuße aus St. Vith im Re-
gierungs⸗Bezirk Aachen.! Fruͤher war derfelbe RNedakteur der Deutſchen
Chrontk, welche Zeitſchrift von ihm gegruͤndet wurde. Seit ſeiner hie-
Die Dichtungen des-
Auf
den weitern Vexlauf in dieſer Sache iſt man ſehr gefpannt. .
Paris, 21. April. Die Vermaͤhlung der Prinzeſſin Clementine
mit dem Prinzen Auguſt von Sachſen-Coͤburg-Gotha wurde geſtern
In der Apollgalerie hatte
die Civiltrauung durch den Kanzler von Frankreich, Baron Pasquier,
und die Untexzeichnung der Traunugsacte und ſodann in Dder Capelle
— Aus Madrid ſchreibt man, wenn die Coalition die Regentſchaft
fen fortfahre, wolle diefer In den Eortes erfcheinen 1und die Regent-
— Aus Madrid ſoll die Regierung fehr eruſte Nachrichten erhalten
haben; das Miniſterium waͤre in vollflaͤndiger Auflöfung und man be:
ſorge eine Volkshewegung gegen den Regenlen. —
London, 19. April. In der einzigen Stadt Sheffteld zaͤhlt man
Brüſſel, 20. April. Fraulein Catinka Heinefetter ſcheint wahr-
haft unbaͤßlich zu ſein; genoͤthigt, in ihrem Zimmer zu bleiben, be:
ſchaͤftigt fie fim, wie man fagt”, mit der Abfaffung einer ihr Benehs
men nicht nur in der ungluͤcklichen am Aſſtſenhofe entſchiedenen Sache,
ſondern auch hinſchtlich aller damit in Verbinduͤng -ftehenden Umſtaͤnde
rechtfertigenden Denkffchrift. Sie beabfichtiget, diefe Denkfehrift vor ihs
rer Abreiſe aus unferer Hauptſtadt zu veroͤffentlichen. Gewiß iſt, daß
fie bis. zum Ablauf ihres Engagements (30. Aprihh nicht mehr auf der
Buͤhne erſcheinen wird. *
— 2I1. April. Eine engliſche Geſellſchaft bemuͤht ſich jetzt, in Bel-
gien und uͤberhaupt in allen europaͤiſchen Staaten Vatente . für Ein-
fuͤhrung der neuen Maſchine zu nehmen, welche zum Transport von
Briefen, Waaren und Perſonen durch die Luft dienen foll. Die Koz
ſten für dieſe Pripilegien werden zu 6000 Pfd. angefchlagen.
Copenhagen, I5. April. Aus Stodholm wird unterm 1l
gemeldet, daß der Koͤnig den Commandanten der Feſtung Bayhalkın;
wegen tyranniſcher Behandlung eines Gefangenen, naͤch ftattgefundener
Unterſuchung, ſeines Amts entſetzt hat. Diefer Vorfall foll in Schwes
den groͤße Senſation erregt haben.
Palermo, 6. Apıil. Es iſt jetzt bekannt, daß die zahlreichen
Verhaftungen nichts Politiſches, ſondern eine Raͤuberbande betroffen
haben. Dieſe verzweigte ſich durch die ganze Inſel, und ſelbſt in Meas
pel und Calabrien ſollen Angehoͤrige derſelben verhaftet woͤrden ſein.
Die Entſtehung dieſer Bande datirt ſich auf fuͤnf Moͤnate zuruͤck, ſie
lucht ſich durch Aufnahme einer Menge Subjecte aus den verſchieden-
ſten Staͤnden und Berufsarten immer mehr lauszudehnen, die meiſten
jedoch waren Handwerker und darunter vorzuͤglich Maurer, Schloffer-
Die
Zahl der bis jetzt verhafteten belaͤuft ſich auf nahe gegen 300.
Lvearno· I8. April. (Schweiz.) Die politiſchen Emigrirten des
Kantons Teſſin beabſichtigten vom Piemonteſiſchen aus am Oſtertage
mit einem bewaffneten Einfalle zu uͤberraͤſchen, der Streich wurde
aber durch die Wachſamkeit unſerer Regierung und die Huͤlfe der ſar-
diniſchen Behoͤrden vereitelt. In der Naͤhe von Arona wuͤrden von der
ſardiniſchen Polizei Kiſten mit 300 Flinten und mehrere Faͤffer Vilter
angehalten; die Bewegung war von mehreren hundert gemieihen Indi-
viduen unterſtuͤtzt, von welchen 19 eingezogen ſind. Der Angriff ſollte
von mehreren Seiten her ausgefuͤhrt weroen. Die Bevoͤlkerung zeigt
uͤberall Freude daruͤber, daß es gelungen, einem Attentate zuvorzufonı-
men, welches ſchweres Ungluͤck uͤber das Land haͤtte bringen koͤnnen.