No. 102.
1843.
Zagsbericht.
Frankfurt, 29. April. In der heute beendigten Ziehung 6.
Klaſſe der 103. Lotterie gewann das Loos Nr. 12,185 den
Hauptpreis von fi. SO, OOO mit der Hauptprämie von
. 100,000; Nr. 622 und 9,774 3& fl. 1009; auf die zuletzt ge-
4,183 - fl. 100 Gewinn mit fl. 2000 Praͤmie: und Nr. 11,205 fl. 10,000
München, 27. April. Geſtern wurde in der Kammer auf den
Antrag des Dr. Schwindl ein Antrag auf Wiederherſtelluͤng des ver-
faſſungsmaͤßigen Zuſtandes der Preßfreiheit der Kammer angenom-
men. Er lautet: „Es moͤge Se. Maj. der Koͤnig auf verfaffungsmäz
ßigem Wege gebeten werden, zur Verhuͤtung jeder Willkuͤr im Cen-
ſurverfahren bezuͤglich der politiſchen Zeitſchriften! wie in den Revreſ-
ſivmaßregeln bezuͤglich der Druckſchriften uͤberhaupt, den Entwurf eines
die verfaſſungsmaͤßig verſprochene Preßfreiheit ſichernden Preßgeſetzes
noch im Laufe gegenwaͤrtiger Staͤndeverſamwlung vorlegen zu laſfen,
{chom jeßt aber jedenfalls 2) eine amtliche Veroͤffentlichung der zum
Vollzug der verfaſſungsmaͤßigen Beſtimmungen uͤber die Cenfur gelten-
den allgemeinen Vorſchriften veranlaſſen zu wollen (woͤbei der Wunſch
ausgefprochen wird, daß dieſe Cenſurinſiructionen alle diejenigen Er-
leichterungen eintreten laſſen möchten, wodurch innerhalb der verfaf-
ſungsmaͤßigen Graͤnzen die moͤglichſt freie Bewegung der Preſſe gefoͤr—
dert werden Fann): 3) die bisher beſtandene Confiscation von Schrif-
ten, welche in einem andern Bundesſtaate mit obrigkeitlicher Erlaub-
niß verlegt wurden, in Ruͤckſendung an den auswaͤrtigen Verleger ver-
wandeln zu laſſen! Der von der Kammer angenommene Wunſch des
erſten Secretaͤrs iſt folgenden Inhalts!„Es moͤge Sr. Majeſtaͤt dem
Könige gefallen, den wegen Preßbergehen und uͤßerhaupt wegen politi-
ſcher Unterſuchungen Verurtheilten voͤllſtaͤndige Verzeihung und Begna-
digung angedeihen zu laſſen.“ Der von; der Kammer nicht angenom-
mene Antrag des Abg. Dekan Vogel ging dahin: „die Kammer moͤge
auf verfaflungsmdßigem Wege allerunterthaͤnigſt bitten, Se. koͤn Maj.
wolle allergnaͤdigſt dahin wirken kaſſen, daß die proviſoriſchen Beſchluͤffe
der Bundesverfammlung uͤber die Freiheit der Preſſe aufgehöben werden.“
Würzburg 25. April. Wie man veruͤimmt, iſt der dahier er-
{cheinenden politiſchen Zeitſchrift „Frankoniat die Erlaubniß der
Verfendung ihres Blattes durch die Poſt entzogen worden.
Auch der Leipziger Zeitſchrift: die Lokoͤmotive“ iſt der Debit
durch die F, bayer. Poͤſten entzogen worden.
Wien, 22. April. Eine Unthat, wie ſie noch ſelten vorgekom-
men, erregt hier außerordentliche Senſation. An zwvei verſchiedenen
Orten; inı der Vorſtadt Mariahilf und auf der Wieden, fand man ein-
gepackte Bruchſtuͤcke einer weiblichen Leiche! Der Kopf fehlte, die Haͤnde
waren zulammengebuͤnden. Offenbar deuten hier alle Umftände auf
einen graͤßlicherweiſe veruͤbten Moͤrd! Es wird hoffentlich der Thaͤtig-
keit der Behoͤrde gelingen, die Urheber dieſer ſcheußlichen That auͤsfin-
dig zu machen. Man bringt damit vorlaͤufig das Verſchwinden der
Tochter einer Waͤſcherin in Verbindung.
Paris, 27. April. Es iſt heute ſtark die Rede davon, daß die
Miniſter Teſte, Eunin Gridaine und Martin aus dem Cabinet
kreten werden, was dann leicht eine gaͤnzliche Dislocation des Mi-
niferiums vom 29. October Herbeiführen koͤnnte. Die Gruͤnde
Ddes prAfumtiven. Austritts der drei Miniſter werden ſehr verfchieden
angegeben. Der Contract uͤber die NMordeifenbahn ſcheint vor-
neinlich ſowohl in der Kammer als bei mehreren Gliedern des Cabi-
nets Anſtand zu finden und zu Weiterungen Gelegenheit zu geben.
— Die Prinzeſſin Clementine und ihr Gemaͤhl haben heute der
Königin Chriſtine von Spanien einen Befuͤch gemacht. Das junge
Ehebaar reift am 6, Mai von Paris ab.
— @8 heißt/ Koͤnig Louis Philipp ſolle eingeladen werden, die Pa-
thenſtelle bei der neugebornen engliſchen Brinzeffin zu uͤbernehmen, und
—
der Herzog von Montpenſter werde den Auftrag erhalten, Se. Maj.
bei dem Taufacte zu repraͤſentiren. n
— 28. April. Es herrſchte heute eine Art paniſcher Schreden an
der Börfe; die Verkaͤufer in Renten waren zahlreich und es zeigten ſich
faſt keine Kaͤufer; verſchiedene Geruͤchte waren im Umlauf; man ſprach
noch immer von einer nahe bevorſtehenden miniſtexiellen Crifis; dann
hieß es auch, es ſolle ein neues Anlehen contrahirt werden; der König
ſei ernſuich unwohl, ſo daß bereits eine Conſulation der vornehmiten
Aerzte der Hauptſtadt ſtattgefunden habe.
— Man unterhaͤlt ſich von nichts Anderm, als von der Moͤglich-
keit einee Cabinetscriſts; die Geruͤchte daruͤher ſind jedoch ſo (Hhwan-
keyd und widerſprechend, daß ſich nichts mit irgend einer Waͤhrfchein-
lichkeit ſagen laͤßt; es heißt, daß vornehmlich der Marineminiſter werde
ausſcheiden wollen; Herr Thiers macht Beſuche beim Marſchaͤll Soult
und in den Tuilerien!
Die Koͤnigin Marie Chriſtine von Spanien ſoll gleich nach ih-
rer Ankuͤnft zu Paris an 55 Mill. Goch wohl Reale!) dei zwei Baͤnt-
haͤuſern deponirt haben— 4
— Heute Vormittag iſt in der Straße Montholon eine Dame voͤn
einem Mann angehalten worden, der ihr nach kuͤrzem Wortſtreit zwei
Meſſerſtiche verſetzte, die ihr den Tod brachten; der Moͤrder wendete
ſodann die Waffe gegen ſich ſelbſt und braͤchte ſich mehrere Wunden
bei; er lebt inzwiſchen noch.
London, 25. April. Die Koͤnigin Victoria iſt heute bald nach 4
Uhr Moͤrgens von einer Prinzeſſin entbunden worden. Ihre Maj. be-
findet ſich wohl.
— 26. April. Die Koͤnigin und die neugeborne Prinzeſſin befinden
— Im Unterhaus wurde geſtern ein Antrag des Hrn. Rieardo, die
— Dem Leichenbegaͤngniſſe des Herzogs von Suffer werden wie es
heißt, nicht weniger, alg 25/ 006 Mitglieder vvu Freimaurerlogen beiwohnen.
Der Herzog von Suſſex war Großmeiſter des Großbrients von England.
Madrid, 22. April. Man glaubt daß die Aenderung des Mini-
ſteriums am 25. oder 26. D, erfoͤlgen werde. * *
Conſtantinopel, 12. April. Die ſerbiſche Frage iſt heute
in einem unter Beiſein des ruſſiſchen Botſchafters abgehaltenen Divan
folgendermaßen entſchieden worden: 1) Kara-⸗Geoͤrgiewitſch ſoll frei-
willig oder in Folge einer foͤrmlichen Abſetzung die Regierung Serbiens
niederlegen; 2) es ſoll eine neue Fuͤrſtenwahl vorgenommen und 3)
Kiamil Paſcha von Belgrad, Wutſiſch und Petroniewitſch aus Serbien
eutfernt werden. Dieß iſt faſt woͤrtlich das am 5. von Buͤtenieff der
Pforte mitgetheilte Ultimatum des ruſſiſchen Hofs, und Rußland hat
jomit, unterſtuͤtzt von Oeſtreich, einen eclatanten Triumph uͤber die
Hartnaͤcknigkeit der Tuͤrken, ſo wie uͤber alle dem ruſſtſchen Einfluß
minder günſtigen Anſichten erkaͤmpft. Bei ſo bewandten Umſtaͤnden
zweifelt man kaum, daß auch die vorzunehmende Wahl auf den von
Rußland protegirten Fuͤrſten Miloſch Obrenowitſch (Vater des letzten
Fuͤrſten Michael) fallen werde.
Carlsruhe. Die Bewerber um nachbenannten erledigten Schul-
dienſt haben ſich bei ihrer vorgeſetzten Bezirksſchulviſitatur innerhalb6
Wochen zu melden:
Der erledigte kathol Filtalſchul- und Meßnerdienſt zu Schoͤnenherg
Amts Schönau, iſt dem Haͤuͤptlehrer Johana Michael Hupfer zu Geiß-
lingen, Amts Zeſtetten, uͤbertragen und dadurch iſt der kathol. Schulz,
Meßner⸗ und Organiſtendienſt zu Geißlingen. Amts Jeſtetten mit den
geſetzlich regulirten Dienſteinkommen von 175 fl. jaͤhtlich, nebſt freier
Wohnung und einem Averſum von 60 fl. jaͤhrlich Schulgeld, bei einer
Zahl von etwa 26 Schulkindern erledigt worden.