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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Juli (No. 152 - 177)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0685

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Tagsbericht. 7

Berlin, 15. Juli. Finem unverbuͤrgten Geruͤchte zufolge wuͤrde
die Koͤnigin Bictoria von England im Herbite dieſes Jahres dem Könige
mit ibrem Gemaͤhle in Berlin den Gegenbeſuch abſtatten.

Coblenz, 20 Juli.
Braͤßliches Verbrechen zur Verhandlung hier vor den Aſſiſen kommen.
Es ſind naͤmlich der leibliche Vater und die Stiefmutter eines Kindes
angeklagt, letzteres dutch die fuͤrchterlichſten Mißhandlungen und gaͤnz-
Uche Entziehung der Nahrungsmittel ſcheußlicher Weiſe getoͤdtet zu haͤ—
ben. Dieſe fuͤrchterlichen Unmenſchen ſollen dem eingefperrten ausge-
bungerten Kinde, um das ungluckliche Opfer ſo gewifſer und qualvoller
dem erwuͤnſchten Ende entgegenzufuͤhren, ein Sluͤck Brod oder einen
Loͤffel voll Suppe vor den Mund gehalten haben, damit es durch den
Geruch der Speiſen eine um ſo heftigere Begierde nach denſelben bekomme,
und dann, wenn das Kind darnach habe ſchnappen wollen, dieſe Nah-
rungsmittel raſch ihm weggenommen haben.
blicke vor ſeinem Tode das ungluͤckliche Geſchoͤpf flehentlichſt nur um
einen Biſſen Brod gedeten, ſoll es dieſen auch alsdann noch nicht er-
halten haben. Die koͤrverlichen Mißhandlungen ſollen der Art gewe-
ſen ſein, daß nach dem Bericht der obducirenden Aerzte der ganze Leib
des Kindes nur eine Wunde habe erkennen laſſen. Dieſe Greuͤelthat
hat ſtch in der Eifel, im Kreiſe Adenau zugetragen, und man fragt
mit Recht wie In unſerm Stagte bei einiger Aufmerkſamkeit der Po-


Reſultat der Unterſuchung werden wir ſeiner Zeit mittheilen. ;
Aachen, 19. Juli. So eben verbieitet ſich hier die Nachricht, daß
in Folge hoͤherer Befehle alle Empfangsfeierlichkeiten fuͤr unfere vom
Landtage zuruͤckkehrenden Deputirten unterſagt worden ſind. Es wird
deshalb hier weder die beabſichtigte Einholung, noch Fackelzug, noch
Feſtmahl ſtattfinden koͤunen. Ein Gleiches foll auch fuͤr die ganze Pro-
vinz angeordnet ſein, was um ſo mehr das allgemeinſte Bedauern er-
regt, als man glaubte, daß derartige Feſtlichkeiten keinen ungeſetzlichen
Charakter haͤtten! Die naͤchſten Tage werden waͤhrſcheinlich uͤber die
Gruͤnde jener Maßregel naͤhere Aufklaͤrung bringen. Nachſchrift.


fentlich bekannt gemacht, daß eingetretener Hinderniſſe wegen
die vorbereiteten Feierlichkeiten nicht ſtattfinden koͤnnten.

Hannover, 18. Juli.
ſelbſt am geſtrigen Tage der Profeſſor der Rechte, Gebeime Juſtizrath
Dr. Muͤhlenbruch, mit Tode abgegangen. Die Univerſttaͤt erieidet
durch dieſen Trauerfall einen großen Verluſt. kanı 1

Stettin, 17. Juli. Sidherm Vernehmen nach, wird die Berlin-
Stettiner⸗ Eiſenbahn in den Tagen vom 16. bis 18. Auguſt in ihrer gan-
zen Länge von Stettin aus eroͤffnet werden.

Wien, 16. Juli. Der feit 8 Tagen auf der Ruͤckkehr nach St.
Petereburg begriffene, durch ſeine neuliche Sendung nach Serbien be-
kaͤnnte ruſſiſche General, Baron Lieven, iſt geſtern Abend ganz uner-


abermaͤls nach Serbien zu begeben. Man verſichert, daß Baron Lieven
in Warſchau neue Befehle ſeines Kaiſers getroffen habe, worin das
allerdings jeder billigen und gerechten Erwartung Hohn ſprechende
Verfahren bei dem am 27. Juni zu Belgrad ſtattgehabten Wahlakte
auf’s eutfchiedenſte mißbilligt und ihm aufgetragen wird, zu einer
neuen, den vorausgegangenen unzweideutigen Verkuͤndigungen ent-
ſprechenden wahrhaft freien Wahl Anordnungen zu treffen.

Paris, I8. Juli. Die auf telegraphiſchem Weg aus Madrid vom
14, eingetroffenen. Nachrichten beſtaͤtigen die Vorausſicht, daß General
Aſpiroz keinen Angriff auf Madrid unternehmen, ſondern die Ankunft
der Generale Narvaez und Urbina abwarten werde. Madrid wird dann
keine andere Wahl haben, als ſeine Thore zu oͤffnen. Narvaez war
jidon am 15. mit einer anſehuͤlichen Streitmacht vor der Hanptſtadt








Spaniens erwartet; um die naͤmliche Zeit wird auch das Armeecorps
des Generals Urbina auf dieſem Punkte eingetroffen ſein.! Der wich-
tigſte Eniſtand aber iſt die nunmehr voͤllige Vereitlung des Planes, den
Sitz der Regierung nach Andaluſten zu verlegen und die Königin Ifa-
bella nach dieſer Provinz zu fuͤhren Die Miliz und die flaͤdtifthen
Behoͤrden von Madrid haben zwar die Sache des Regenten noch nicht
verlaſſen, aber auch den beſtimmteſten Entſchluß geaͤußert, ſich einer
Entfernung der Koͤnigin aus der Hauptſtadt zu widerſetzen.

— Das Schickſal des Regenten und dan vtiniſteriums Mendizabal
ſcheint alſo nun in militaͤriſcher und politiſcher Beziehung entſchüden
zu ſein. Die endliche Loͤſung kann wohl noͤch einige Tage aͤuf ſich warz
ten. Jaffen; aber wie die Dinge jetzt ſtehen, bleibt det Regierung von
Madrid kein Rettungsmittel mehr. - .

— Geſtern Abend um 7 Uhr haͤtte auf der Orleanfer Eiſeuͤbahn
bei Etampes ein ernſter Unfall ſtatt. Einem Convoi fing der Dampk
auszugehen an; der Zug konnte ſich nur noch mit ſehr veringerter Schuelte
fortbewegen. Eine Huͤlfslocomotive, welche herbeikam, ſtieß in Folge
einer noch nicht ermittelten Unachtfamkeit auf den Convot, und zwar
mit ſolcher Heftigkeit, daß die zwei hinterſten Wagen zertruͤmmert wut-
den Eine Frau und ein Kind blieben auf der Stelie toͤdt; zwanzig


waren his dieſen Morgen drei verſchieden.
— Es iſt das Geruͤcht verbreitet, die Englaͤnder haͤtten ſich Centa's,


bemaͤchtigt, unter dem Vorwand, dieſe Beſitzung fuͤr die legitime YAu-
toritaͤt Spaniens zu bewahren. * 2**
London, 15. Juli. Der „Sun“ ſagt: Die Geruͤchte von einer
Spaltung im Cabinet fanden geſtern allgemeinen Glauben! Im Mi-
niſterium des Auswaͤrtigen wurde ein Cabinetsrath gehalten wozu die
Einladungen auf Sir J. Grahams Weiſung ergangen waͤren. Sir R
Peel hatte Nachmittags eine Audienz bei der Koͤnigin. Beide Uniſtaͤnde
erklaͤren die jetzt verbreitete Behaußtung, daß Peel ſich zur Niederle-
gung ſeines Poſtens entſchloſſen und die Koͤnigin erſucht habe, ihm eiz
Wir hoffen, daß diefe Angabe unbegruͤndet ift.
Bareelona, II. Juli. Der Gouberneur des Forts Moncjouy
entdeckte geſtern, kurz vor dem Ausbruche, ein Comploͤtt eines Theite


lecu ließ alsbald die Truppen zuſammenkommen und erktaͤrte ihnen, er

ſei kein Parteimann; es ſei ſeine Abficht, das Fort fuͤr die Königin Iſa-
bella aufzubewahren; bis eine regelmaͤßige Regierung eingeſetzt wäre,

werde er eben ſo wenig den Junten, als den Unterbefehlshabern des
Herzogs de la Vittoria gehorchen; wenn er deren letzte Befehle vollzo-

gen vaͤtte, wuͤrde Barcelona nicht mehr exiſtiren; wenn man fortfahre,

ihm zu gehorchen, werde die militaͤriſche Ehre gewahrt bleiben, Die

Offiziere, welche Echalecu an Zurbano und ſpaͤter auch arı Sebane ab-
gefchickt hatte, um ihm bei ihrer Ruͤckkehr uͤber die wahre Lage des Lan-

des Bericht zu erſtatten, haben ſich auf dem Fort nicht wieder einge-

funden.

Algerien. Aus Moſtaganem wird vom 8. Juli geſchrieben: Abd-
el-Kader hat ſich durch ſeine letzte Niederlage nicht abſchrecken laſſen.
Am ?2. d. verſuchte er an der Spitze von 2 bis 300 Reitern der Oſchaſſars
einen Handſtreich in den Umgebungen Mascaras und draug ſogar bis
in die Vorſtadt Argum; die Beſatzung verjagte ihn abet bald. Er ver-
Es iſt ein neuer Derwai (Agitator in religioͤſer
Beziehung) aufgeſtanden in der Perſon eines Scherifs der Flitas mit
Namen Liddben Abdallah! Er genießt eines gewiſſen Einfluſſes und alle
Unzufriedenen ſchaaren ſich um ihn, u. Aauch von Abdzel-Kader’s Partei-
deſſen Oberherrſchaft er nicht anerkeunt und foll er an 3000 Reiter un-
tet ſich haben. Die 3 Kolonnen des Generalgouverneurs des Gene-
rals Lamorciere und des Generals Bourjolly werden IOn am S und I0,
angreifen.


 
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