Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI chapter:
Oktober (No. 230 - 255)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0989

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext




— — — —0 — s — — ——a :





No. 247.



1843.











Die Revolutionsnacht in Athen.
(Fortſetzung.)


Saͤbel in der Fauſt die Thuͤren der friedlichen Eimwvobhner zu ſprengen

gedroht, und dieſe ſo zur Theilnahme an dem Aufſtand, wenigſtens zur

Auſchwellung der Maſſen bewogen.
Mittlerweile wurden den Miniſtern Wachen vor die Thuͤren geſtellt,


wo ſich bereits die Haͤupter des Aufſtandes, die Staaterdthe Metaxas,
Rbigas-Palamidis, Zographos, Pfilas und andere eingefunden hatten,
Um den Aufruhr zu daͤmpfen rief der Koͤnig vom Balcon aus den Be-
fehlshabern der Truppen zu: „Er habe ihre Wuͤnfche gehoͤrt und wolle
mit den Miniſtern, dem Staatsrath, ſowie den befreundeten Maͤchten
dieſelben in Ueberlegung ziehen, er erinnere ſie an feine Sorgfalt fuͤr
der Hellenen Wohl, an ſeine Liebe fuͤr dieſes Volk uͤnd fordere fie auf,
ruhig in ihre Wohnungen zuruͤckzukehreu!“ Bet der Unruhe, bei dem
großen Laͤrmen des Voͤlkes ward es dem Koͤnig unmoͤglich, ſich ver-
ſtaͤndig zu machen; die Truppen ſtanden zu entfernt vom Palaͤft, uvd
jeder Verſuch aus den tiefen Feuſtern zu ſprechen mißlang; da gab


Faſſung, wie die eben erwaͤhnten muͤndlichen Worte. Am fruͤhen Mor-


an den baieriſchen Reſidenten, welche Schreiben jedoch von den Wachen
der Aufuͤhrer aufgehalten, nicht an ihre Adreſſen gelangten.


ihreun Anfang genommen.

Ein⸗ und Ausgehen verhinderte.
und forderte die oͤffentliche Anerkennung für das lobenswuͤrdige Beneh-
_ men der Truppen, welche die Verfaſſung (die noch gar nicht gegeben
war) beſchwoͤren ſollten. Droſos⸗Manſolas erklaͤrte, daß der heutige
Tag wegen ſeiner heilbringenden Folgen zum Feſttag erhoben werden
müßte. Nachdem in Folge dieſer Maͤßregeln, denen dei den drohenden
Umftänden Niemand ſich zu widerſetzen getraute, die entſprechenden
Vroklamationen gefaßt waren, legte Obriſt Londos mit dem Staats-
rath Schinas (Redakteur der Proklamationen) den Eid ab, verlas den-
ſelben den Truppen und ließ ſie ſogleich auf die Conftitution ſchwoͤren.
Hierauf aͤußerte Zographos, da keine Regierung mehr beftehe, muͤſſe
man eine neue einſetzen und eine Ordonnanz wegen baldiger Einberuͤ—
fung der Nationalverſammlung und Ertheilung der Verfaſſung begeh-
ren. Feruer meinte er, wenn Se. Maj. der Koͤnig die Annahme Die:
ſer Vorſchlaͤge verweigerte, ſei uͤber das weitere Beſtehen des conſtitu-


Vnſtitutionelle Princip aufrecht erhalten werden. Pſilas beantragt die
Vermanenz der Staatsrathsſitzungen bis zur Vollendung des begonne-
nen Werkes; Zographos habe ſich klar genug ausgeſprochen, wenn alſo
der Koͤnig die Verfaſſung nicht annehmen wolle, fo fei der Staatsrath
berufen, fuͤr Erhaltung des monarchiſchen Princips — jedoch ohne Ruͤck.
ficht auf die Perſon des gegenwaͤrtigen Koͤnigs — Sorge zu tragen.
Tatis Manginas aͤußerte, vor allem ſei darauf zu ſehen, daß die Un-
aphaͤngigkeit des helleniſchen Volkes und Staates nicht blosgeſtellt werde.
Er waͤrde durch den Wachtoffizier und andere Eintretende unterbroͤchen.
Degen Anaſt. Londos, der ſich uͤber einen der Verſchworenen ftarker
Ausdruͤcke bediente, zuͤckte Spiro Milios den Saͤbel; nur durch das
Dazwiſchentreten mehrerer andern ward die thaͤtliche Mißhandlung des
genannten Staatsraths gehindert. i *

Unter ſolchen Umſtaͤiden wagten weder dieſer noch andere Staats-
zäthe, außer den fruͤher erwaͤhnten Bewegungsmaͤnnern, weiter zu
veden. ; (Fortſetzuug folgt.)


Tagsbericht. 2
*Z Aus dem Großherzogthum Heſſen. Wenn wir ſchoͤn ſo oft Ge-

legenbeit batten, in öffentlichen Blättern über vorgekommenen Wahlunfug bet Blr
germeiſterwahlen im Großherzogthun Heſſen zu leſen, ſo kann folchen Wahlen
nunmehr auch die der Gemeinde Lorſch, im Kreiſe Bensheim, beigezählt wer en.
Einſender dieſes iſt weit entfernt, darüber zu ſprechen, wer bei diefer Wahl dın
Sieg davon trug, denn es kann dem auswärtigen Pubtikum einerlei ſein, wer hen
und da Bürgermeiſter iſt, bios über das Treiben ſolcher Wahlen und das — ıuita \
unter — dabei vorkommende Benehnen der dabei betheiligten Beamten glaube i


Der Regierung kann hierbei un ſo weniger ein Vorwurf genmıcht wexden, als fie
ſchon oft, um folche Wahlumtriebe zu unkerſuchen, eigene Comniffaͤre dazu abfandte,
die aber freilich, leider! oft nur das Reſultat des Zabnaͤrztes haben, der feinem
Patienten die Zınge zeigt — ſo lange er dieſe ſiedt, ſind die Schmerzen voraͤber
— Die an den Waͤhltagen ſelbſt vockommenden Handlungen ſind in der Regel die
weniger bedeutenderen, obgleich auch hier noch Mancher durch Speiſe und Trank,
oder auch durch Drohung mit Entſetzung ſeines Amtes, als Nachtwächter oder Flur-
ſchüßze, gewonnen wird, Bedeutender und folgexeichex ſind die früheren Werbungen
der Bürgermeiſter⸗Candidaten, und geſchehen theils ſelbſt, theils durch Verwaͤndte
theils durch hezablte — Miethlinge. War der Candivat ſchon Bürgermeiſtet, und
tauchen ihm Rivale auf, ſo wird er kriechend, ſchmeichelnd gegen fetnen Vorgrfeßz
ten Beamten, ia er wird Gelegenheit fuchen, deſſen b fondere Gunſt durch eın
Ständchen, einen Fackelzug, einen Schinaus und dabei ausgebrachten Toaßt,
oder durch denſelben überreichtes Ehrenaurgerrecht — ſich zu erſchleichen; eia
ſolcher — ſonſt indumaner — Bürgermeiſter wird äußerſt gefällig und zuͤvorton-
mend gegen ſeine einflußreichen Mitbürger, und lächerlich heradblaffend gegen die,
die er vor Kurzem nur noch — Bettelzeug ſchimpfte. Man glaube nur nicht, daß


nen, wo ſich Alles buchſtäblich, wie oben angegeben, zugetragen, ja ich kenne
den Fall, we dex zeitige Bürgerineiſter vor noch nicht langer Zeit zum Aerger meh-
rer ſeiner Mitbürger ausrief; „Wer bin ich ich haͤbe über 4000 wenſchen zu ge>
bieten !“ uıd welcher nunmehr ganz beſcheiden nach obiger Angabe ſeine Werbun-
gen betreibt. — Die obengenanten Werbmittel, ſind zwar gemein, aber nicht ſo
ſchädlich in moraliſcher Beziebung, wie die, deß man Dem und Zenem ein Amt
verſpricht, oder gar wirklich ſchon überträgt; dieſem oder jenem Wirthe die Tanz-
erlaubniß verſchafft, oder vorentbält, Ddiefen: oder jenem Geſchäftsmanne in Poli-
zeiſachen ungewöhnlich ſcharf zu Leibe geht, indeß man Andern durch die Finger
ſiebt u. Dgl. m. Durch ſolche Dinge wird der Friede ganzer Gemeinden untergka-
ben, es bilden ſich Partheien, und wir haben der Beiſpiele mehre, welches Uns
heil ſolche Partheien ſchon geſtiftet. Wenn auch das Wegbrennen der Scheuͤer, ge-
füllt mit Früchten, eines Lorſcher Bürgers nicht, wie Manche bebaupten, in Ver-
hindung mit dieſem hier vorgefallenen Wahlunfug zu bringen wäre, ſo weiß man
fa aus Erfabrung, daß die Rachſucht gewiſſer Partheimänner es fähig iſt wie dinn,
ja auch ſchon ein wirklicher Mord ſoichem Treiben entwuchs. — In wie fern ich
oben von dem Benehmen der dieſe Wahlen leitenden Beamten ſprach glaube y —

abgeſeben von der Lorſcher Wahl — bemerken zu dürfen, daß dieſe zuweilen Par-
thei für den einen oder andern Candidaten nehmen, dann kann ſich's nicht fehlen, *
Mißtrauen einerſeits entſteht, woraus oft eine Opyoſition entſpringt, welcher manpann
eine falſche Deutung unterlegt. Eochen Wahlübeln läßt ſich meiner Meinung nach
nur durch zwei Mittel fräftig begegnen: 1) Müßte der wahlleitende Sealale jeder.
zeit partheilos bleiben und nur den tüchtigſten und rechtſcaffenſten der ge-

wählten Candidaten der Regierung in Vorſchlag bringen; 2) müßte es dem grad-
ausgehenden, rewtſchaffenen Manne möglich ſein, der Oeffentlichleit nähurhaft zu
madjen, wo und wie unlautere Mittel in Bewegung gefetzt werden, um gewiſſe
Zwecke zu erreichen, ohne daß er dadurch der Verfolgung und Ehikane gewiffer
Kleingeiſter ausgeſetzt wäre. — —

— * Frauffurt a. M., 18. Oftbr. Die freie Statt Franlfurt hat heute
wieder einmal all” idre Glorie entfaltet, ſie bat ihren 18. Oftober gefeiert. Wenn
man dieſes Freudenfeſt noch nie mitgemaͤcht haͤt, ſo iſt man allerdingd ſehr geſpannt
darauf, denn der Franffurter Bürger weiß viel Weſens von demfelben zu machen,
und wenn irgend ein Fremder einige Tage vorher dierher kommt, fo wird er mit-
ewalt zurückgebalten, um nur auch einmal dieſen 18 Skiober mit anzuſehen.
Schon den Tag vorber ergötzt ſich das Publikum auf dem untern Mainguat, an
dem Donner der auf dem gegenüber liegkaden Sachſenubäuͤferufer aufgeſtellten Ka-
nonen, im ſtilen Worlbehagen ſich daruber freuend, daß man ſo rccht eigentlith
ohne die gerinaſte Gefahr ins Feuer ſehen kann, und daß es - Borget And, vie 16
gewaltig ſchießen koͤnnen. Ein weit größerer Genuß aber iſt ohne Zweifel: dein
Morgen des 18 Okt. ſelbſt aufbewahrt, wo man im Bette den Kanonendounner mit
anhören, und ſo vortrefflich davon traͤumen kann, wie die “ fadt hart belagert durch


 
Annotationen