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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Februar (No. 27 - 50)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0125

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S Mrmwahlen oder nicht?

Dem Einfender dieſes kam zufällig die No. 18 des hieſigen Mor-
genblaͤttes in die Hände, welche einen Angriff auf einen Artikel in
No, 13 der Abendzeitung über Urwahlen enthält. Man ſieht ſich ver-
anlaßt, bierauf Einiges zu erwidern, damit nicht durch den Unver-
ſtand Behaupiungen und Auslegungen der Verfaſſung, welche geradezu
den Worilaut, Sinn und Geiſt widerſprechen, unter das Volk kom-
men und es täuſchen.

Der Einſender jenes Artikels ſcheint ſehr jung zu ſein, denn ſeine
Erktärung riecht namhaft nach einer Schülerauslegung, er ſcheint auch
niit dem eouſtitutionellen Leben Badens ſehr wenig vertraut zu ſein,
ſonſt würde er gewußt haben, daß feit dem Beſtehen der B. rfaffung,
es nach der Behauptung des Verfaſſers des Artikels vom See in No.
13 der Abendzeitung gehalten wocden iſt, nämlich daß bei den Wahlen,
für die durch dae Loos ausgetreienen Deputirten, jedesmal Urwahlen
vorgenommen wurden. Der Eorreſpoͤndent des Morgenblatts hat ſich
aber nicht einmal in Mannheim umgeſehen, ſonſt hätte er erfahren,
daß als der Abgeordnete Weller zum erſtenmale zum Abgeordneten hieſigee
Siadt gewähli worden war und bei der Veriooſung austreten mußte,
für ihn neue Wablmänner gewählt wurden.

Der Verfaſſer jenes Artikels hat aber Eins überſeben, welches
ſeine ganze Theorie trotz dem vielen Wortaufwand und Saͤncho-Panſa-
Moito über den Haufen wirft. Naͤmlich:

Nach S, 38 der Verfaſſungsurkunde werden die Deputirten auf 8
Jahre ernannt.


wählt.

Die Waͤhlmaͤnner haben alſo nur das Recht, einen Deputirten auf
8 Jahre zu wählen, weiter geht das ihnen durch die Verfaſſung eine
geraͤumte Recht nicht, und daͤrum haben ihnen auch nur für dieſe Zeit
die Urwähler das Mandat ertheilt. ;

Verzichiet ein Abgeordneter auf ſeine Stelle oder ſtirbt cr,-fo wäh-
len die früher gewählten Wahlmänner für den Reſt der Zeit einen
andern Abgeordneten. War alſo der Ab. vier Jahre Abgeordneter und
ſtirbt im fünften Jahre oder trin freiwillig aus, ſo wählen die früher
gewählten Wahlmänner für den Reſt der Zeit von 8 Jahren, den
jener noch häue in der Kammer bleiben können, wenn er nicht geſtor-
ben oder freiwillig ausgetreten wäre. *

Anders aber im Falle einer Kammerauflöſung oder des regelmäßi-
gen Austritts.

Würden im letztern Falle die Wahlmänner, die nur für S Jahre
zu wählen haben, bleiben, und keine Urwahlen vorgenommen wer-
den, ſo würden dieſe auf 10, 12, 14, 16 Jahre wählen dürfen, was
gegen die Beſtimmung der Verfaſſung wäre! Haben ſie nämlich den
Deputirten gewählt, uad dieſer zieht Loosnummer 1, tritt folglich nach
Umlauf von 2 Jahren von der erſten Erwählung an gerechnet aus,
und würden nun die nämlichen Waͤhlmänner wählen, ſo würden ſie
nicht für acht Jahre das Waͤhlrecht uͤben, ſondern für 2.+ 8 — 10
Jahre; hätte der Abgeordnetẽ Loosnummer 2 gezogen, müßte er alſo
nach %}& Jabren austreten, ſo würden ſie für &4 + 8 — 12 Jahre das
Wablrecht üben u. f w.

Der $. 38 der Verfaſſungsurkunde beſagt: ;
Die Abgeordneten der Städte und Aemter werden auf S Jahre
ernannt, und ſo, daß die Kammer alle 2 Jahre zu einem
Viertel erneuert wird. —

Diefes iſt alſo die Regel der Erneuerung der Kammer.

Nach der Deduction des Artikels im Morgenblatt aber wäre die
Regel der Erneuerung: „die Auflöſung der Kammer (Gott bewahre
ung vor dieſer Regelj, das Abſterben der Deputirten (da würden ſich
nicht viele Candidaten auftreiben laſſen), der freiwillige Austritt (käme
mir vor wie ein gezwungenes Anlehen). Schluß folgt.)

Tagsbericht.

Schuſterinſel, Bezirksamts Lörrach, 31. Jan. Heute Nacht
zwoͤlf Ubhr brach in unſerer Nachbarſchaft, in Großhüningen, in
dem Braubaus nächft der Brücke ein heftiger Brand aus, der bie
nach zwei Uhr dauerte und das Hauptgebaͤude, nebſt einem Anbau in
Aſche legte. *

Laudau, 3, Febr. Alle Welt bei uns iſt auf den Beſchluß be-

gierig, den die am 6, D, M, ſtatifindende Generalverſanmlang der At-
{fonäre unferer rheinpfaͤlzer Eiſenbahn faſſen wird, und wirklich ſtehen
ſich hier wie überall im ähnlichen Falle, die groͤßten Intereſſen ge-
zenüber. Die Abſicht der Attionäre ſoll ſein, den Bahnzug von Ber-
bach in die Rheinſchanze zu leiten, während die Bevölkerung der obe-
ren Pfalz wünſcht, daß die Richtung der Bahn durch das anweiler
Thal, unſere Bundes feſtung berückſichtigend, ihre deutſche nahe Mün-
dung bei Lauterburg finde.
“ Ylm, 30, San Schon ſeit geſtern Abend fing unſere Donau
bedeutend zu ſteigen an, und heute iſt ſie ſcho ſo angewachſen, daß
ſie ihte Ufer übeririit. Der Schiffeladungsplatz iſt ganz üherſchwemmt,
und bald iſt die Augsburger Lanoͤſtraße nicht mehr zu pafliren, da die
Donau auch ſie überfluthet. Von dem Illerthale hört man ſeit zwei
Stunden Nolhſchüſfe — Zeichen, daß auch die Iller ausgetreten
iſ. Den ganzen Morgen führt die Donau Holz 2c. mit ſich; ja man
verſichert, daß auch einige Bettſtellen und ſonſtiger Hausrath herabge-
ſchwemmi worden ſeien. Die Arbeiter auf unſeren Schiffzimmerplaͤben
fiud bereis den Hülfsbedürftigen im Illerthale zugeeilt. Die Noth
muß groß ſein, da feit letztem Donnerſtag voͤlliges Thau⸗ und Regen-
weiter eingetreten und das rechte Ufer der Iller beinahe durchweg flach
und meiſtens bewohnt iſt.

Cöin, 31. Jan. Geſtern Abend waren die Freunde der ihren
Ende nahen /Rheiniſchen Zeitung im /Koͤniglichen Hofe“ verfammelt,
um zu berathſchlagen, wie der Unterdrückten wieder aufzuhelfen ſei.
Naͤchdem manches Aktenſtuͤck zur Geſchichte derſelben aus dem vergan-
genen Jahre vorgeleſen und manches feurige Wort zu Gunſten der
Yreß reiheit geipröchen worden, vereinigten ſich die Anweſenden, indem




Unterſchrift eireuliren zu laſfen! U brigens hat ſich das dun cuique
bereitg bewähret. Die geſchaͤrfte Cenfur iſt fogar der Cölniſchen Zei-
jung“ an die Haut gefommen, Aufmerkſame Leſer vermiſſen Die mik
H. unterzeichneten leitenden Artikel und einige wollen beſtimmt behaup-
ien, daß außerdem ſchon manche andere Lücken ausgefüllt werden mußten,

Bürich, 1. Febr. Der Dichter Herwegh wurde von dem Bezirks-
gericht Zürich ia einer Injurienklage Rohmer contra Herwegh wegen
Beſchimpfung zu 60 Fr. Buße verurtheilt. Bei dem Polizeiraih iſt ſeit-
her Herwegh. mit dem Geſuch um Duldung eingefommen, da iDm —
alg Slüchtling — die nöthigen Ausweisſchriften fehlen. In der in Folge
diefes Geſuches angeordneten Einvernahme erklärte derſelbe, daß ihn
von ſicherer Hand ein Bürgertecht in Baſel⸗Land zugeſaat fet, er mite
hin nur.fo lange als Flüchtlins der Duldang ßeb"urfe‚ bis er als
Schweizerbürger ſich um die Niederlafjung bewerben könne! Er gedenke
im literariſchen Comptoir den deutſchen Boten herauszugeben, und durch
dieſes polliiſche Blatt mehr auf Deutfhland als auf die Schweiz zu
wirfen. Uecber-fein Geſuch iſt noch nicht entſchieden. *

München, 30. Jan. In den jüagſten Tagen wurde dem hieſi-
gen allgemeinen Krankenhaus ein 8 bis 9 Jaht alıer ‚Anabe, in einem
zänzlich vernachläſſigten, durchaus thiexiſchen Zuftand überbracht. Das


Gretin, wohl aber das Opfer einer unmenſchlichen Behandlurg zu ſein.
Die Sache macht vieles Aufſehen und erinnert an einen ähnlichen ſebr
befannten Fall, Es follen bereus mehrere Verhaftungen vorgeno mmen
worden ſein.


 
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