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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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März (No. 51 - 76)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0285

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— Geidelberg/ 23. Maͤrz. Dieſer Tage ward hier ein Ver-
brechen der empoͤreudſten Art begangen. Eine Dienſtmagd hatte ihr
ueugebornes Kind lebend in den Abtritt geworfen, und als man dem
Verbrechen auf die Spur kam, mar dem bereits todten Kinde von den
Ratten der Arm theilweis zerfreſſen. — Wir haben hier anhaltend ſchoͤ—
nes Wetter, der Thermometer zeigt bis ſpaͤt Abends 14 Grad uͤber
Null! Die Mandelbaͤume bluͤhen ſchon, und der jetzige Stand des
Feldes verſpricht altes Gute. —

Carlsruhe, den 21. März.
vom Heutigen, No. 7, enthält:

I. Eine höchſtlandesherrliche Vexordnung folgenden Inbalts: ;

$. 1. Die Oberpoftdirection, welchex nach Maßgabe Unferer Verordnung vom
31. Luguſt 1540 (Neg.-Bl. von 1840, Nr. 29) der geſammte Betrieb, ſo wie die
Unterbaltung der vollendeten Eiſenbabnſtrecken, unter der ohern Leitung Unferes
Miniſteriunis des Hauſes und der auswärtigen Angelegenheiten, Übertragen iſt,
baͤt künftig die Benennung ⸗Direction der Großherzoglichen Poſten und Eiſenbah-
nen« zu fübren.

Das großh. Staats⸗ und Negierungsblatt


des geſammten Eiſendahnbetriebsdienſtes eigene „Eifenbahnämter« errichtet, welche
wo dies geſchehen kann, mit den daſelbſt befindlichen Poſtämtern zu vereinigen
fisd, und ſodann die Benennung ·Poſt⸗ und Eiſenbahnämter⸗ erhalten.

1i. Eine Verordnung der großh. Miniſterinms des Innern, nach welcher den
Wundarzten zweiter Klaſſe und den Wundarzneidienern bei Strafe unterſagt ,
ohne Verordnung eines lieenzirten Arztes oder Oberwundarztes zur Ader zu laſſen.

Li. Eine Jekanntmachung des großh. Finanzminiſteriums, die Ausgleichungs-
Abgabe von Tabaksfabricate betr.

LV. Eine Bekaͤnntmachung deſſelben Miniſteriums, die Zollſtelle am Grenza-
cher Horn betr. (Schluß folgt.)

Aus dem Badiſchen, 20. Maͤrz. Der Verſonentarif fuͤr die
vollendete Eiſenbahnſtrecke, welche binnen hier und vier Wochen dem
oͤffentlichen Verkehr uͤbergeben wird, iſt nun erſchienen. Man findet
in allgemein viel zu hoch angeſetzt; daruͤber herrſchte auch in meiner
Umgebung nur Eine Stimme! Von Heidelberg nach Carlsruhe be-
beträgt für eine Strecke von nur zwoͤlf Stunden die Tare, je nach
den Plaͤtzen, 2 0.276e, IM 39Er. und Il 15 kr.z nach Nann-
- heinm, welches auf der directen Poſtſtraße nicht weiter iſt, 3 fl. 18kr.
2 fl. 12 £r. und 1 fl. 39 fr., waͤhrend man jetzt von Carlsruhe nach
der letzten Stadt mit dem Eilwagen für wenig mehr als 3 Gulden
befoͤrdert wird Unter dieſen Umſtaͤnden wird den Dampfſchiffen nicht
allzıuniel Abbruch geſchehen. Eiſenbahnen muͤſſen nicht zu theuer ſein,
wenn ſie das bewirken ſollen, was voͤn ihnen erwartet wird; je hoͤher
die Fahrpreiſe, um ſo mehr wird der Verkehr, den zu erleichtern ſie
beftimmt ſind, gehemmt. Das ſcheint nun hier der Fall zu ſein, und
darum laͤßt ſich mit Beſtimmtheit erwarten, daß die Kammern, deren
Mitglieder Zeit genug haben, die oͤffentliche Meinung uͤber dieſe Ange-
legeuheit kennen zu lernen, auf eine Herabſetzung des Tarifs dringen
werden. Im Oberlande herrſcht gegenwaͤrtig bei den Eiſenbahnen große
Thaͤtigkeit; die Strecke von Carlsruhe bis Straßburg wird beſtimmt im
Laufe dieſes Jahres beendigt, und im Januar oder Febrnar 1844 bez
fahren. Die Entſcheidung uͤber die Ausmuͤndung der Main-Neckar-
Bahn hat, wie das ſo zu gehen pflegt, weder in Mannheim noch in
Heidelberg befriedigt. Hier erwaͤrtet man keinen Vortheil davon und
dort erklaͤrt man, daß Mannheim Schaden dadurch habe. — An den
Feſtungswerken von Raſtadt arbeiten nun mehr als tauſend Menſchen,
was immer noch wenig iſt. 4

Mainz, 22. Maͤrz. Die Verhandlungen in Betreff der Appelta-
tion des Kaminfegers Schwarz gegen das Urtheil des Zuchtpolizeige-
richts wegen Mißhandlung ſeiner Tochter gingen heute gegen I Uhr zu
Ende; der Ausſpruch des Urtheils wird jedoch erſt am 31 Maͤrz ſtatt-
finden.

Cöln, 21. Maͤrz. Dieſen Morgen wurde in dem nahgelegenen
Müngersdorf ein junger, bei der Rheiniſchen Eiſenbahn angeſtellter
Mann {m Duell von einem Offizier erſchoſſen! Die Kugel traf die
rechte Seite, und mit dem Ausrufe: Jeſus! Maria! gab der Ungluͤck-
liche den Geift auf. Da der Gebliebene mit einer der angeſehenſten


Familien Coͤlns verwandt iſt, und die Veranlaſſung des Duͤells ein
geringfuͤgiger Zwiſt war, der ſich auf einem Balle entſponnen ſo laͤßt
ſich der Eindruck dieſes traurigen Ereigniſſes leicht ermeſſen! Der Of-
fizier iſt nach Belgien geflohen.

Genf. Eine der detruͤbendſten Seiten unſerer letzten traurigen Vor-
faͤlle mar die Schaar von Kindern, die man an dem Aufſtande Theil
nehmen ſah. Jeder einzelne Milize, der ſich auf ſeinen Poſten begab,
wurde von ihrem Geſchrei verhoͤhnt und verſpottet, und als die Amne-
ſtie des Staatsrathes verkuͤndet wurde, ward die Stimme des Ausru-
fers durch das Gepeife der Buben unterbrochen. Eine große Anzahl
derſelben war bewaffnet und der einzige Dolchſtich, der das Leben ei-
nes Buͤrgers in Gefaͤhr geſetzt, wurde durch ein Kind gegeben. Diefer -
betruͤbende Zuſtand der Sittenloſigkeit unſerer Jugend hat zwei ehren-
werthe Geiſtliche zu dem Entſchluͤſſe gefuͤhrt, ihr Leben ganz der Ju-
gendbildung zu widmen; ſie haben daher der Schuldirektion das Aner-
bieten gemacht, eine Schule zu uͤbernehmen, in der ſie namentlich auf
die ſittliche Bildung der Kinder hinwirken und zu dieſem Zwecke die
Methode des Pater Girard von Freiburg anwenden wollen.

Paris, 21. Maͤrz. Die Discuſſton uͤber die geheimen Fonds
iſt in der geſtrigen Sitzung der Pairskammer nicht za Ende gekom-
meu. Vier Reduͤer — Turgot, Taſcher, Brigode und Boiſſo haben
dem Cabinet den Prozeß gemacht; aus ihren vter Vortraͤgen waͤre,
wie die Debats boshafterweiſe behaupten, nicht einer zu componi-

der eine eruͤſtliche Widerleguͤng bedurft hatte. — E& iſt
keiner von den anweſenden Miniſtern — und ſie waren alle zugegen
— dagegen aufgetreten.

— @& heißt! die ſpaniſche Schuld ſei durch den ſeitherigen Ver-
kauf von Nationalguͤtern um die Haͤlfte verringert worden und Eng-
land werde die Zahlung von 3 p@Ct. fuͤr den Ueberreſt, gegen Zuge-
ſtaͤndniß eines Haͤndelsvertrages und gegen Ueberwachuͤng des weiteren
Verkaufs von Nationalguͤtexn auf eine Dauer von zehn Jahren, übers
nehmen.

— @& hat ſich heute in Paris das Geruͤcht verbreitet, daß man
aus Madrid die Nachricht von einer Aenderung des Cabinets erhals
ten habe. } !

— Der Betrag der Suͤbſcriptivnen in Paris fuͤr die Ungluͤcklichen
von Guadeloupe belief ſich bis geſtern aus 279,347 Frs. 65 c In


20,000 unterzeichnet worden.

Marſeiile, 16. Maͤrz. Alle Mittheilungen aus Algier ſtimmen
darin uͤberein! daß der Geheralgouverneur Bugeaud einen groͤßen Feld-
zugsplan fuͤr dieſen Sommer entworfen. Er beabſichtigt, mehrere neue
Qager zu errichten; eines fuͤdweſtlich von Milianah! zu Teniet el Hard;
ein anderes am Oued-Rouina; ein drittes zu El-Esneub; und ein vier-
tes endlich bei Tenez. Mittlerweile ſind aile disbonibeln Truppen mit
den Arbeiten zur Aulegung der Heerſtraßen von Blidah und Milianah
beſchaͤftigt. Aus Bona hat man die nicht unwichtige kachricht erhal-
ten, daß der Marabout El-Zerdout in einem Gefechte gefallen iſt. Er
war es, der im verwichnen Jahre in den oͤſtlichen Diſtricten die Fahne
der Empoͤrung aufpflanzte und an der Spitze der feindlichen Staͤmme
die Laͤger der franzoͤſtſchen Truppen angriff

Kadrid, 14. März. Vorigen Samftag wurde der Napoleonide
Graf von Montfort von Ihrer Maj. der Koͤnigin in einer Privatau-
dienz empfangen. Der Regent war bei dieſer Zufammenfunft —2444
und begab ſich ſodann in den Palaſt Bueng Viſta, wo, eine Sitzung
des Miniſterraths ſtattfand, die uͤber zwei Stunden waͤhrte.

London, 18. Maͤrz. In London herrſcht, eingeſchlerrt 2
ſacht durch die Menge Tagloͤhner und Fabrikarbeiter, welche Axbeit *4
in die Hauptſtadt Famen, das Nervenfieber (typhus) in hohem —
und zwar jetzt nicht mehr blos unter den aͤrmern, ſondern auch unter
den hoͤhern Klaſſen.


 
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