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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Juni (No. 127 - 151)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0509

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1843,





* Tagsbericht.
Mannheim. In der vierten Plenarſitzung der General-


allgemeine Frage, ob das Kanzelgebet an den Altar verlegt
werden foll, mit 22 gegen 4 Stimmen bejaht.
Heidelberg, 29. Mat.

Semeſter um 31 gegen vorigen Curs vermehrt hat. Abgegangen
ſind 177, dagegen neu angekommen 208. Im Wintercurs belief ſich
die Zahl ohne die Chirurgen, Apotheker und Perſonen reifern Alters,
welche die Vorleſungen beſuchten, auf 623, in dieſem Sommer auf 654.

Freiburg, 30. Mai. Die geſtern mitgetheilte Nachricht, „daß eine
aus Freiburg zu Loͤrrach eingetroffene Eſtafette dem dortigen großherzl.


bad Regierung uͤberbracht habe: die Eiſenbahn in Bafel ausmuͤnden
zu laffen, und dorthin den Bahnhof zu verlegen,“ beruht auf einem
vollſtaͤndigen Irrthum.
Cotn, 28. Mai. Der von den Correſpondenten einiger Blaͤtter
wiederholt todtgeſagte Wunderdoctor Mohr von Niederempt war ge-
ſtern hier angeblich um einige Kuren zu verrichten. Er nahm ſein
Abſteigequartier bei einer nach ihrer Ueberzeugung von ihm geheilten


wreimal neun Tagen angekuͤndigt hatte. Eine Menge Menſchen wareu
fortraͤhrend vor dem Hauſe, wo er ſich aufhielt, in neugierigen Grup-
— pen verſammelt! Der ſogenannte Wunderſchaͤfer iſt von ſeiner Kraͤnk-
heit hergeſtellt und ſteht ganz gefund aus; daß er ſich durch ſeine Ku-
ren ein Landgut erworben habe, gehoͤrt zu den uͤblichen Uebertreibun-
. gen, obgleich er allerdings ein huͤbſches Suͤmmchen Geld eruͤbrigt ha-
den ll *

— Bamberg, 25. Mai. Die productiven Kraͤfte der Natur ſcheinen
ſich in dieſem Jahre verdoppelt zu haben, um die Wehen des verfloſ-
ſenen Jahres reichlich wieder auszugleichen. Der aͤlteſte Mann weiß
ſich keines ſo ſchoͤnen und uͤppigen Standes der Feldfrüchte aller
Art zu erinnern, als von dem gegenwaͤrtig unſere Fluren prangen. Die
Preiſe mehrerer Victualien ſind auͤch bereits im Sinken; nur die Fleiſch-
” preife ſtehen noch auf einer Hoͤhe, wie wir ſie ſeit den Jahren 1816
und 1817 nicht hatten.

— Berlin, 26. Mai. Seit geſtern erblickt man unter den Linden
vor demn Hotel de Rom eine Menſchenmaſſe, welche nach den Fenſtern
des 2. Stockes neugierig ſchaut, weil dort jetzt eine ſehr reiche junge
Englaͤnderin eingekehrt ſein ſoll, die ein Todtenkopf aͤhnliches Geſicht
Hat, was ſte aber durch eine Maske zu bedecken ſucht.

‘ — Dei unfern Gymnaſten werden nun die Turnanſtalten einge-

richtet! ſo daß die Turnuͤbungen in dieſem Jahre beginnen koͤnnen.

Vom Main, 26. Mai. Am I. k. M. werden die Bevollmaͤch-
tigten der bei der Main-Neckar⸗Eiſenbahn betheiligten Regierungen in
Darmſtadt zuſammenkommen, um wegen der Dekail-⸗Ausfuͤhrung des
Bauplanes für dieſe Bahn die benoͤthigten Verabredungen zu treffen.
Dort auch wird entſchieden werden, an welchem Punkte die neue Main-
bruͤcke bei Frankfurt geſchlagen werden ſoll. Nach der Perſonenbewe-
gung zu ſchließen, die ſeither mittelſt taͤglicher Omnibusfahrten zwiſchen
— — und Offenbach ſtatthatte, iſt kaum zu bezweifeln, daß auch
dieſe Zweigbahn rentiren wird. *

Wallis. Die Nachricht des „Schw. Beob,“ daß die Parteien
in Wallis zu den Waffen gegriffen haben, ſcheint nicht ganz
ungegruͤndet zu ſein. Das „Echo des Alpes? vom 23. Mai meidet,

Ddaß in einem Theile des Oberwallis, namentlich in den von der gro-
ßen Heerſtraße entlegenen Seitenthaͤlern, alle Zuruͤſtungen zum Buͤr—
gerkriege gemacht werden, und daß die Geiſtlichkeit durch allarmirende
Eeruͤchte die Bevoͤlterung aufreize. Bei dieſer Sachlage und nament-
K, ſeitdem die fruͤhere Regierung abgetreten, wird die „junge




Schweiz“ mit jedem Tage mehr der Mittelpunkt, um dem ſich die
ganze Oppoſttion gegen die Prieſterſchaft ſchaart. Wir fürchten, Wal-
lis iſt am Vorabend der Anarchie.

Haag, 27. Mai. In der heutigen Sitzung der 2. Kammet der
Generalſtaaten wurden die Berathung über den Convertirungsgefebent-
wurf zu Ende gebracht. 30 Mitglieder erklaͤrten ſich gegen, 24 für
den Entwurf, ſo daß Se. Maj. ehrerbietig erſucht werden foll, denfel-
ben in weitere Erwaͤgung zu nehmen. (Man vermuthet faſt mit Ge-
wißheit, daß nach Verwerfung des Geſetz⸗Entwurfs der Finanzminiſter,
Hr. Rochuſſen, genoͤthigt ſein duͤrfte, ſeine Demifſton einzureichen.) .
Paris, 28. Mai. Telegraphiſche Depeſche! Toulon, 26
Mai (Algier, 23. Mai), General von Bar an den Kriegsminiſter,
Marſchall Soult. Der Herzog von Aumale ſchreibt unterm 20. Mai
aus ſeinem Lager bei Chabunia: Die Smala Abdel Kader's iſt genom-
men, ſein Schatz gepluͤndert; die geregelten Fußtruppen ſind getoͤdtet
oder zerſtreut; vier Fahnen, eine Kanone, zwei Lafetten, eine unermeß-
liche Beute, anſehnliche Bevoͤlkerungen und Herden ſind in unſere Ge-
walt gefallen. Der Prinz ſollte am 22. Mai zu Boghar ankommen.
Seine Heerabtheilung wird die gemachte Beute nach der Metidjah
bringen. — (Das Wort Smala bedeutet bei den Arabern die Equi-
page, das Gefolge, die Zelten der Familie, die Dienerſchaft, den gan-
zen Reichthum eines Haͤuptlings.)
LCLondon, 26. Mai. O Connell ſetzt ſetzt ſeine Rundreiſe durch
Irland fort; zu Cork hat er eine Rede gehalten, die mit einem un
gemeinen Beifall aufgenommen wurde. Im Oberhaus erklaͤrte Lord
Aberdeen, er werde unverzuͤglich eine Bill einbringen zur Regulitung
des ſchottiſchen Kirchenweſens; der Herzog v. Wellington dußerte,
er habe Urſache zu glauben, daß O Connell und French, weil ſie an


ausgeſchloſſen worden ſeien.

‚ — Dieſen Nachmittag gewann an der Boͤrſe die Meinung das Ueber-
gewicht, der Regent Eſpartero werde die Haltung, die er genommen,
nur durch eine Aufloͤſung der Cortes behaupten koͤnnen; es wuͤrde diefe
Wendung ſehr ernſte Folgen fuͤr die Ruhe des Landes haben koͤnnen
und vielleicht die Kriſis mit der Bildung eines Miniſteriums endigen,
welches mit den Grundſaͤtzen des Regenten noch weniger in Ueberein
ſtimmung waͤre, als das Miniſterium Lopez. In Folge dieſer Meinung
trat ein Ruͤckgang der ſpaniſchen Fonds ein.

— Zu Mancheſter ſind vorgeſtern wieder Arbeiterunruhen ausge-
brochen; die Polizei mußte einſchreiten und fand lebhaften Widerſtand;
doch iſt noch kein Blut gefloſſen. —

-- (& ſtehen jetzt doppelt ſo viele Truppen in Irland alg 1841
der Fall war; damals zaͤhlte man nur 12,000 von allen Waffengat-
tungen; vor Ende Juni d. J. werden 25,000 auf der Inſel vertheilt
ſein. —

Madrid, 21. Mai. Auf die geſtrige Bewegung iſt heute Ruhe
eingetreten. Die Gazeta publizirt heute zwei wichtige Anordnungen;
der neue Finanzminiſter Mendizabal beſtimmt die drei Nitito-
nen Contribution, welche der Stadt Barcelona aufgelegt
worden ſind, ſollten zurüdbezahlt werden; der Miniſter des
Innern erlaͤßt ein Circularſchreiben, worin eine allgemeine Amne-
ſtie zugeſagt wird. — Der Kriegsminiſter Ho vos ſoll ſich ſo alterirt
haben uͤber die Art, wie er geſtern beim Wegfahren aus dem Congreß
von dem Volk behandelt wurde, daß er ſeine Demiſſion nehmen will
Es heißt, Hr. Gamboa werde das Portefeuille der auswaͤrtigen An-
gelegenheiten uͤbernehmen. Mendizabai ſcheint voll Vertrauenz er redj-
net auf ſeine finanziellen Projecte! Es geht die Rede von Aufloͤſung
der Cortes; doch iſt noch nichis daruͤber entſchieden. (Nach Privathrie-
fen aug Madrid vom 21. Mai ſoll es dort ſehr gaͤhren in den Ge-
muͤthern und eine Exploſion des Volksunwillens gar nicht unwahrſchein-

lich ſein.)


 
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