Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI chapter:
April (No. 77 - 101)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0329

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
















Tagsbericht.

Speher, April Am letzten Sonntage brach im Jggelheimer
Walde Feuer aus und zerſtoͤrte die Baͤume auf einer Strecke von an-
geblich etwa 10 Morgen.

Frankfurt, 5. April. In der heute begonnenen Ziehung 6 Klaſſe
der 103. hiefigen Lotterie gewann Nr. 4256 und Nr. 19,684 jedes
5000 fl., und Nr. 16,137, 20,768 und 24,896 jedes 1000 {fl. ‘

VBerlin, 31. März. In der hieſigen Ausſtellung zum Beſten des
Coͤlner Dombaus iſt jeßt auch die prachtvolle Urkunde der Adreſſe, die
Sr. Maj. dem Kaͤnige von der Stadt London uͤberreicht wurde, zur
Anſicht ausgelegt.

Paris, 3. April In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer
uͤbergab der Conſeilpraͤſident, Marſchall Soult! ein Geſetzproject, be-
treffend die Confirmation der Ordonnanz zur Einfuͤhrung eines Gehei-
menraths, beſtehend aus Staatsminiſtern mit 15,000 Fr. Penſton. Der
Miniſter der oͤffentlichen Arbeiten, Hr. Teſte, brachte zwei Geſetzvor-
ſchlaͤge in die Kammer, betreffend die Beſtaͤtigung der mit zwei Com-


an die belgiſche Grenze, Calais und Duͤnkirchen, ſo wie von Avignon
nach Marſeillie.

— Zwijfchen Barrot und Thiers giebt ſich ein taͤglich groͤßer wer-
dender Riß kund; Barrot naͤhrt ſich der entſchiedenen Nuance Lamar-
tine und Thiers ſucht wieder ins conſervative Lager zu kommen.

— Die Regierung hat bereits Glocken beſtellt fuͤr die Kirchen auf
den Marqueasinfeln, ſo wie auch das Material zur Errichtung von
S0 hoͤlzernen Haͤuſern.

22 Prinzeſſin Clementine wird einige Tage nach der auf den
20. Aprit feſtgeſetzten Vermaͤhlung mit ihrem Gemahl eine Reiſe nach
Deutſchland antreten.

Madrid, 27. Maͤrz. Der Contract uͤber die Queckſilberminen
von Almanden, abgeſchloſfen mit Hrn. Weisweiler, dem Agenten des
Hauſes Rothſchlid iſt auf vier Jaͤhre feſtgeſtellt; der Preis iſt 811
Piaſter pr. ſpaniſchen Centner.

— — — ß— —

Carlsruhe. Die Bewerber um nachbenannte erledigte Schul-
dieuſte haben ſich nach der Verordnung vom 7. Juli 1836 Regierungs-
Latt No. 38 bei ihrer vorgefetzten Bezirksſchuͤlviſitatur innerhalb 6
Wochen zu melden:

Der erledigte katholiſche Schul⸗-, Meßner und Organiſtendienſt zu
Oberweier am Eichelberg, Oberamts Raſtatt, iſt dem Hauptlehrer
Bernhard Biſchoffberger zu Wagenſtadt, Bezirksamts Kenzingen uͤber-
tragen, und dadurch iſt der Fathı Schulz und Meßnerdienſt zu Wa-
genſtadt, Bezirksamts Kenzinzen, mit dem regulirten Dienſteinkommen
von 175 fl. jaͤhrlich, nebſt freier Wohnung und dem Schulgeld, wel-
Les bei einer Zahl von 75 Schulkinder auf 36 kr. jaͤhrlich für jedes
Kind feſtgeſetzt iſt, erledigt worden.

7 Der exledigte kath. Schul⸗ und Meßnerdienſt zu Rechberg, Amts
Nſtetten iſt dem Schulkandidaten Wendelin Julier von Malſch, Amts
Wiesloch bisherigen Unterlehrer zu Wiesloch uͤbertragen worden.



Eine Geſchichte aus dem 19. Jahrhundert.
(Schluß.)

Schluchzen unterbrach die Rede des wuͤrdigen Mannes. Von allen
Seiten toͤnte ihm Beifall entgegen, der deutlich zeigte, welch eine leb-
hafte Sympatie der Reduer unter ſeinen Zuhoͤrern erweckté, und wie
ſehr man die Gefuͤhle der Verehrung fuͤr Congreve theilte, Gefuͤhle,
welchen er auf ſo ausgezeichnete Weiſe Worte geliehen hatte.

Es wurden außerdem noch zwei oder drei andere Reden gehalten.
Darauf legten die verſchiedenen Deputationen Kraͤnze auf den Sarg.

Vorerſt kamen die Deputirten der Artillexie, da Congreve fuͤr die-
ſelbe die Raketen, welche ſeinen Namen fuͤhren und die ihr ſo viel
Siege verſchafften erfunden hatte.

Dann kamen die Wallfiſchfaͤnger, denn, wenn jetzt die Anſtren-
gungen ihres ſchweren Geſchaͤftes geringer waren, ſo hatten ſie dies
uur Congreve zu verdanken.

Endlich folgten dem Beiſpiele noch mehrere Korporationen von
Handwerkern, welche Congreve Verbeſſerungen in Hinſicht auf ihre
Maſchinen und Geraͤthe verdankten.

Was aber den tiefſten Eindruck auf die Zeugen dieſer Seene her-
vorbrachte, war die Anweſenheit eines alten verſtuͤmmelten Soldaten,
dem Congreve in Spanien auf dem Schlachtfelde das Leben gerettet,
und der In ihm ſeinen Wohlthaͤter gefunden hatte. Er erzaͤhlte, wie
Congreve ihn, dem Tode nahe, hinweggetragen, wie er ihn den Fein-
den entriffen und ihn endlich geheilt hatte. Er erzaͤhlte ferner, mit
welcher zarten Ruͤckſicht ihm jaͤhrlich eine Penſion ausgezahlt worden
war, ohne daß man ihm haͤtte ſagen wollen, wer der Geber ſei.

— Aber ich wußte es recht gut,“ — fuͤgte er hinzu — „obgleich
mein Wohlthaͤter nichts davon wiſſen wollte, las ich in ſeinen Augen
die Freude, welche mein Gluͤck ihm verurſachte, und mein Herz ſagte
mir, daß mein Gluͤck ſein Werk ſein. Wuͤrde, ach Gott! wohl noͤch
ein Zweiter ſo an einem alten Invaliden, wie ich bin, Theil genom-
men haben?“

Es iſt nicht noͤthig zu ſagen, daß dieſe Erzaͤhlung Thraͤnen aus
den Augen der Zuhoͤrer lockte, und daß von allen Seiten Congrevels
Namen mit Segenswuͤnſchen uͤberhaͤuft wurde: man nannte ihn Freund
des Volkes, Wohlthaͤter des Vaterlandes und den großmuͤthigſten
Mann von der Welt.

Als die allgemeine Aufregung ſich ein wenig gelegt hatte, fuhr ein
Leichenwagen, der mit vier reich bezaͤhmten Roſſen beſpannt war, vor,
um den Sarg fortzubringen, aber das Volk wollte es nicht dulden,
daß Pferde dazu benutzt wuͤrden. Man zerſchnitt die Stränge, und
Jeder zog mit am Wagen, der ſo durch, die Hauptſtraßen Londons
fuhr; denn ohne daß man den vorgeſchriebenen Weg/ auf welchem
der Sarg zu dem Hauſe gefuͤhrt werden ſollte, wo ein Poſtwagen
hielt, um ihn nach Staffordſhire zu bringen beachtete, 30g man ihn
durch alle Stadtviextel, ſo daß Jeder den Tribut der Verehrung dem
großen Buͤrger, deſſen Verluſt man beklagte, zollen konnte.

Waͤhrend dieſe laͤrmenden und enthuſtaſtiſchen Scenen ſtattfanden,
und die ſterblichen Ueberreſte Congreve's von denen, welche ihn durch
ihre Undankbarkeit und Ungerechtigkeit zum Wahnſtnn gebracht hatten,
apotheofirt wurden, ließen zwei ſchwarzgekleidete junge Maͤnner In der
Stille einen Sarg ausſchiffen. Dieſer Sarg war mit einem weißen
Tuch bedeckt: es war der Dianens.

Die beiden juugen Maͤnner hatten waͤhrend der Ovatien, welche
man mit dem Sarg Congreves vornahm, ſchweigend und faſt mit
Unwillen auf dem Verdeck geſtanden.

— „Sie machen den zum Gott, welchen ſie gemordet haben,“ —

rach der eine.
„Dieſes arme Opfer iſt guch in Folge davon geftorben ,“ —
fuͤgte der andere hinzu, auf deſſen Geſichtszügen man den Ausdruck
innerer Verzweiflung las.


 
Annotationen