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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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November (No. 256 - 282)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1125

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1813.





















** Freie Deputirtenwahlen.

In der 2 Sitzung der 2. Kammer entſpann ſich ein Streit, wie
der $. 73 der Wahlordnung, wornach ſich nach abgelegtem Eide die


zur Berathung vom Wahleommiffaͤr beſtimmte Zimmer einnehmen mü ſ⸗
ſen oder Fönnen, ob ſie in dem Waͤhlzimmer bleiben und ob ſie das
Haus verlaſſen und ihre Wahlzettel ſchreiben duͤrfen wo ſie wollen.
Uns ſcheint der S, 73. der Wahlordnung deutlich zu beftimmen,
daß ſich nach abgelegtem Eide jeder Wahlmaͤnn berathen kann, wenn
und wo er will, und daß es genuͤgt, wenn er nur beim Beginn der
eigentlichen Wahl, der von dem Waͤhlcommiſſaͤr genau zu bezeichnen
ſein wird, {n das Wahlzimmer zuruͤckgekehrt iſt. Bei der NRückkehr aus
der Berathung hat kein Fremder Zutritt in dem Wahlzimmer. Dann
erſt erhaͤlt der Waͤhler ſeinen Wahlzettel und von einem Schreiben des
Wahlzettels auſſerhalb des Wahlzimmers kann keine Rede ſein.
Die Wahlordnung ſchreibt genau folgenden Gang vor:

$. 71. Nede des Wahlevmmiſſaͤrs.

$. 72. Ablegung des Eides.

F. 73. Berathung der Wahlmaͤnner und endlich

S. 76. Zuſtellung des Wahlzettels.


tel ſchreiben, ſollen, iſt nicht geſagt, aber ſoviel iſt klar, daß die Wahl
eine geheime ſein ſoll! Foiglich muͤſſen ſolche Vorkehrungen getroffen
werden, daß dieſer Zweck erreicht wird. In derartigen Dingen halten wir


Waͤhler einzeln aufgerufen und erhaͤlt von ihm einen offenen Wahlzet-
tel. Mit dieſem wird er an einen abgeſonderten Tiſch gewiefen, wo
er ſeine Wahl — ſowohl der Wahlcommiſſton als den Waͤhlern ge-
genüber — wirklich geheim niederſchreiben kann. Hiernach ver-
ſchließt er den Zettel, ohne ihn vorher Jemand zu zeigen und begibt
ſich ſogleich zu dem Praͤſidenten zuruͤck, der den verſchloſſenen Waͤhl-
ettel in Empfang nimmt und in die Wahlurne legt. Auf dieſe Weiſe
entgehen die Waͤhler jeder Controle ihrer Handlung; ihr Gewiffen iſt
von aͤußeren Plagen frei, und ſie ſind einem wahrhaft noͤthigen-
den Einfluß nicht unterworfen. Denn nicht der Einfluß der Beainten
allein kann es ſein, welcher die Wahlfreiheit ſtoͤren mag; bei Wahlen,
wo kein Wahlmann ſeinen Wahlzettel ſchreiben kann, oͤhne daß ihm
Andere hineinſehen, hat Mancher, der durch Credit, Kundfchaft u ſ. w.
etwa in abhaͤngiger Lage, oder der bei Kirchweihen, Feſtgelagen und
andern Gelegenheiten in Zeiten, wo gewiſſe Leute aus ihrer Vornehm-
heit herabſteigen und dem glaͤubigen Waͤhler mit herablaſſender Freund-
lichkeit ſo lange die Hand druͤcken, bis ſte ihren Zweck erreicht haben —
den Muth nicht, ſeinex beſſern Ueberzeugung zu folgen und ſein zur
Unzeit abgelauſchtes Wort zu widerrufen. Der Zweck des F. 73 der
Wahlordnung wird durch ſolche halboͤffentlichen Wahlen ganz vereitelt.


jedes Einzelnen feſtſtellen.



Mannheim, 28. Nov. 1843.

Landtagsverhandlungen.

Carlsruhe, 28. Nov. 4, oͤffentl. Sitzung der zweiten Kammer
⏑ unter dem Vorſitz des Alterspraͤſidenten v.

SBftein. - ;
Als vorlaͤufige Notiz uͤber dieſe Sitzung bemerken wir, daß in
Folge der vorgenommenen Wahl die Abg Bekk mit 44, Bader mit
‚34 und v. Itzſtein mit 30 Stimmen als die drei Kandidaͤten zur
Praͤſidentenwuͤrde proklamirt wurden.

22, dieſer mit 19 Stimmen. Die Zahl der Votanten betrug 53.


— v

x Tagsbericht.

Carlgruhe, 24. Nov. Die Ingenieurs, die mit Unterſuchung
des Terrains zum Anſchluß Wuͤrtembergs an die badiſche Sifenbahn
beauftragt waren, ſind dieſer Tage nach Statgart zuruͤckgekehrt. Wie
wir aus zuverlaͤſſiger Quelle erfahren, fouen ſich die ſelben fuͤr den An-
ſchluß bei Bruchſal ausgeſprochen haben, da auf der andern Linie zwi-
ſchen Pforzheim und Carlsruhe die Schwierigkeiten ſehr groͤß feien. Ge-
ſetzt nun aber auch, ſie ſeien wirklich ſo bedeutend, wie man erklaͤrt,
ſo ſind ſte darum doch nicht unuͤberwindlich, und Baden kann kein
Vorwurf treffen, als ließe es ſich in dieſer wichtigen Frage zu fehr von
einem Partikularintereſſe beftimmen, wenn es nicht fo leichthin feine
erſte Fabrikſtadt außer der Hauptroute ſetzen will. Man kannn hierin
den beſonnenen und gerechten Gang unſerer Regierung nur mit Daͤnt
anerkennen Uebrigens iſt allerdings ſehr zu wuͤnſchen, daß bald in
dieſer die Intereſſen unferes eigenen, wie des gefammten deuiſchen Va-
terfandes ſo ſehr beruͤhrenden Angelegenheit mit Wuͤrtemberg eine Ver-
NEHDigUNg U ELnr mME . u AA D

— Die Stelle eines Polizei: Directors der Reſtdenz ſcheint vorerſt
nicht wieder beſetzt werden zu wollen. Der auͤsgetretent Director P i⸗
cot, hat ſein Amt in die Haͤnde des bisherigen zweiten Beamten des
Oberamts Bruchſal, Amtmann Burger, uͤbergeden, der aber vorerſt
nicht Director, ſondern nur „proviforifher Polizeiantmann? der Re-




Conſtanz, 25. Nov. Zum großen Nachtheile des Handelover-


unſerm Bodenſee immer noch fort, ja in Lindau ging man neuerdings
fo weit, den Conſtanzer Dampfſchiffen ſogar die Rücnahme derjenigen


ſebr das Allgemeine hierunter leidet, laͤßt ſich leicht denken, Als ein
Raͤthſel muß es aber betrachtet werden, wenn jede der Geſellſchaften
hei dieſen Sachverhaͤltniſſen und der hierdurch verurſachten vielfachen
Geſchaͤfts- und Koſten⸗Mehrung behaubtet, daß ſie ſeit der ſtattgehab-
ten Trennung in finanzieller Hinſtcht gewonnen habe. Dem Vernehs


Booten „Concordia“ und „Ludwig“, noch ein drittes für den See zu
bauen, dem dann wahrſcheinlich der Name „Harmonia“ gegeben werz
den wird. ; 4—

Würzburg, 27. Nov. Geſtern fruͤh begaben ſich der 2 Buͤrger-
meiſter Schwink, die Herren J. J. v. Hirfch, und Handeloͤmann Fi-
ſcher von hier nach Bamberg, um dort einer Conferenz mit Abgeord-
neten des Leipziger Handelſtandes behufs der Erbauung einer Eifen:
bahn von Bamberg über hier nach Frankfurt zum Anſchluß
an die Bamberg Leipziger Bahn beizuwohnen. —

Paris, 26. Nov. Graf Breſſon, franzoͤſiſcher Botſchafter am
Madrider Hofe, iſt erſt geſtern fruͤh an den Ort ſeiner Beſtimmung
abgereiſt. . —

* Aus Marſeille und Perpignan werden Einzelheiten uͤber die Be-


theilt, waͤhrend die officiellen Angaben noch fehlen. Sanz iſt am 20.
Nov. mit einem ſchon voͤllig conſlituirten Stadtrath in Baͤrcelona ein-
gezogen. Mehrexe Mitglieder der Junta wurden verhaftet; einige hundert


ein lebhaftes Feuer auf die Stadt; Prim hatte ſein Hauptquartier zu


Nov. werden nur Miniſterliſten mitgetheilt, aber noch kein fertiges Ca-
binet. Die Criſis ſcheint fortzudauern.


 
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