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Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Juli (No. 152 - 177)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0693

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Mannheim, 24 Juli. Fruͤher haben wir in dieſen Blaͤttern be-
richtet, daß im nahen Nuͤrnberg eine Weibsperſon, Namens Ramſtock,
die betagte Wittwe Bayer ermordet habe. Der Prozeß der Moͤrderin
iſt nun zu Ende. Es wurde ihr zwar von dem Gerichte das Todes-
ürtheil geſprochen, allein die Gnade Sr. Majeſtaͤt hat die Sentenz in
lebenslaͤngliche Kettenſtrafe und oͤffentliche Ausſtellung umgewandelt.

Yın 13. Juli wurde die beruͤchtigte Moͤrderin am Pranger ausgeſtellt;
auf ihrem Geſichte malte ſich ihre Seele: ſie benahm ſich bei der Aus-
ſtellung ungemein frech! Sie war keineswegs abgemagert durch Kerker-
koſt und Kerkerluft. Sie iſt eine Frau von etwa 40 Jahren und ziem-
lich groß. In Verein mit ihrem verſtorbenen Manne hatte ſie fruͤher
ſchon mehrere Mordthaten begangen, die unentdeckt geblieben waren,
bis der Mord der Wittwe Bayer ſie in die Haͤnde der Gerech-
tigkeit führte. Die Ramſtock ermordete in Gemeinſchaft mit ihrem
Manne die Wittwe Bayer — die dem ſauberen Ehepaare ein Legat
in ihrem Teſtamente angewieſen hatte, und wahrſcheinlich zu lange ihm
lebte — waͤhrend einer Bachnalie. Nach der That wurde der Leichnam
der Wittwe zerſtuͤckt, der Kopf in eine Kloake des Rathhauſes, Arme
und Beine in verſchiedenen Zwiſchenraͤumen in die Pegnitz, die Einge-
weide in eine andere Kloake geworfen, und als noch vor der Entde-
dung des Mordes der Mann ſtarb, — nach dem Geſtaͤndniß der Ver-
brecherin durch einen in der Hoͤlle gewuͤrzten Trank ſeiner theueren
Ehehaͤlfte — hatte ſie ſogar die Frechheit, ihm noch die letzten Bruch-
ſtuͤcke des Koͤrpers mit in den Sarg zu geben, wo man dieſelben bei
der nachherigen Ausgrabung fand.

Vom badiſchen Oberrhein, 18. Juli. Da die Zahl der Ar-
beiter an ſaͤmmtlichen im Bau begriffenen Sectionen unſerer Eiſen-
bahn ſeit einiger Zeit bedeutend vermehrt wurde, ſo ſchreitet auch die
Erdauffuͤllung aͤllenthalben voran, und an verſchiedenen Abtheilungen
des Schienenwegs von Carlsruhe aufwaͤrts in der Richtung nach Oos,
Offenburg c. kann man ſich nun mit der Legung des Gleiſes ſelbſt
beſchaͤftigen. Bei den vorgenommenen Exbropriationen im Breisgau,
ſowie im Oberlande uͤberhaͤupt, zeigten die Eigenthuͤmer von Grund-
ſtuͤcken in der Abtretung derſelben den beſten Willen, und daſſelbe iſt
auch bei den zum Feſtungsbauin Raſtatt noͤthigen Liegenſchaften
der Fall. Man hoͤrt nichts von Proceſſen, und ſo gibt ſich auch hier
im Angeſichte des Auslandes die wohlthuende Erfahrung kund, daß
der Deutfche zu manchem Opfer faͤhig iſt, wo es ſich um gemeinſchaft—⸗
liche Zwecke des Vaterlandes handelt. Es herrſcht uͤberall große Leb-
haftigkeit, da unſere Gegend vielfach von Fremden beſucht wird. Der
Feſtungsbau in Raſtatt lockt viele neugierige Franzoſen und Englaͤnder
nach jenem Orte, und die Reiſegelegenheiten mehren ſich nach allen
Kichtuͤngen auf beiſpielloſe Weiſe, da Eiſenbahnen und Dampfſchiffe
in Verbindung miteinander ſtehen. Seit dem 11. d. M. gelangen Rei-
ſende, welche Morgens in Carlsruhe abgehen, in einem Tage
vis Coͤln. Wer haͤtte das vor zehn Jahren geglaubt, wo es ſchwer
bielt, den Weg von der badiſchen Hauptſtadt bis Mainz in einem
Tag zuruͤckzulegen!

Berlin, 20. Juli. Es hat abermals ein Antrag des rheiniſchen
Landtages, der auch mit uͤberwiegender Stimmenmehrheit angenommen
iſt, hier allgemeinen Anklang gefunden, nemlich der, welcher die Na-
tionalſchifffahrt betrifft und womit das Geſuch an die hoͤchſte Stelle er-
geht, eine Imiediatcommiſſion zu ernennen, um die gegenwaͤrtige Lage
der Nationalſchifffahrt in Bezug auf den Verkehr des Auslandes einer
Reviſion zu unterwerfen.

— Aus Berlin wird unter Andrem geſchrieben: Bei dem
neulichen Getraidemangel am Rhein haben wir wieder ſo recht
uufere Abhaͤngigfeit von der Spedition der Hol-


alle wohllöbl. Roftämter an.


laͤnder in Bezug auf die nach der Nordſee zu verſendenden Gegen-
ſtaͤnde zu fuͤhlen bekommen, und nicht wenig voͤn dem Geld des Rhein-
landes wird ſeinen Weg nach Holland nehmen muͤſſen. Wie ſchmerz-
lich vermißt man die Arrondirung des Zollvereins durch Hannover.
Wien, 17. Juli. Baron Lieven ſetzt ſchon dieſen Nachmittag ſeine
Ruͤckreiſe nach Serbien von hier fort. Inzwiſchen geht aus muͤndlichen
Aeußerungen deſſelben, wozu bei dem allgemeinen Intereſſe, welches die


fand, hervor, daß die durch den erſten Eindruck entſtandenen erwaͤhnten
Angaben uͤber nene Aenderungen in Serbien etwas zu ſanguiniſch wa-
ren. Zwar iſt kein Zweifel, daß Kaiſer Nicolaus dem Verfahren bei
der neulichen ſerbiſchen Fuͤrſtenwahl ſeine Zufriedenheit verſagt hat al-
lein trotz dem ſcheint man, um der Ruhe der Nation willen, eine neue
Wahl vermeiden zu wollen und Lieven's wiederhoͤlte Sendung ſich auf
den hauptſaͤchlichen Zweck zu beſchraͤnken, die Entfernunz der bekannten
Chefs der Revolution, Wutſitſch und Petroniewitſch, aus Serbien nach-
traͤglich, aber um jeden Preis, zu bewirken, was freilich von Vielen
als das ſicherſte Mittel, auch des neuen Fuͤrſten Sturz herbeizufuͤhren, und
ſomit als erſter Schritt zu einer baldigen neuen Fuͤrſtenwahl betrachtet wird.

Paris, 21. Juli. Das „Iournal des Debats“ meint heute, es


verlaͤngern und zu verwickeln; im Augenblicke, wo die Entwickelung fe
nahe geſchienen, boͤten ſich neuerdings Chancen dar, welche den Freun-
den Eſpartero's trotz alier Mißlichkeiten ſeiner Lage, noch einigen Hoff-
nungsfchimmer laſſen koͤnnten. Eſpartero gibt nicht nach; er will kei-
nen Vergleich; er will aushalten bis auf's Aeußerſte; dies erklaͤrt er
unaufhoͤrlich und laut, und gerade dies feſſelt noch anſehnliche Streit-
kraͤfte an ihn. Er folgt wieder dem Zoͤgerungsſyſteme, welches er im
Kriege mit den Carliſten, nicht ohne Vortheil und Erfolg, ſeinen Obe-


perſoͤnliche Tapferkeit fteht außer allem Zweifel.

— Den 22. Juli. Telegraphiſche Depeſchen. 1. Madrid, 18.
Juli Abends. Narvaez iſt dieſe Nacht mit ſeiner ganzen Mannſchaft,
den Generalen Zurband und Sevane entgegen, nach Torrejon zu ab-
marſchirt. Aspiroz der geſtern dem Brigadier Enna entgegen nach
Aranjuez hin aufgebrochen war, kommt in dieſem Augenblick (vor Ma-
drid) zuruͤck. 2. Bayonne, 20. Juli. Aſturien iſt im Aufftand; die
Staͤdte in der Naͤhe von Oviedo haben ſich pronuncirt. Alles iſt voll-
kommen ruhig zu Oviedo und Gijon.

— Den deiden Kammern wird erſt uͤbermorgen die k. Ordonnanz


Die Pairskammer haͤt heute noͤch einige Geſchaͤfte zu erledigen.

— Geſtern hatte in Neuilly ein großer Cabinetsrath ſtatt; ſaͤmmt-
liche Miniſter waren zugegen. Es wurden darauf mehrere Couriere
nach Madrid und London abgeſchickt.

London, 18. Juli. Die Times iſt immer fuͤr Anwendung ſſtren-
ger Maßregeln in Irland. Die Morning-Poſt, das eigentliche Organ
Kobert Peels, empfiehlt Maͤßigung. Nichts deſto weniger meint auch
die Poſt, es muͤßte mit Feſtigkeit und ſparſamen liberalen Maßregeln


— Was man ſchon laͤnger als unvermeidliches Ergebniß der Re-
Die Landleute fangen naͤm—
lich an, alle rechtmaͤßigen Zahlungen, wie Zins, Steuern 2c, zu ver-
weigern und ſich im Beſitze ihrer gepachteten Hoͤfe und Huͤtten als Ei-
genthuͤmer zu benehmen. Wahrfcheinlich wird es uͤber dieſe Punkte


en fortwührend
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