Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Dezember (No. 283 - 307)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1231

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext





RNo. 305.

— — —— — ß — — — — —⏑








Tagsbericht.
Naſtatt, 25. Dez. Die Anfage einer eigenen Feſt un go eiſen-
bahn von hier nach dem 21 Stunden entfernten Eichelberge, wo
febr reiche Steingruben ſich befinden, iſt nun definitiv beſchloſſen. Die
Vaterial-Lieferungen zu dieſeni Baue ſind bereits ausgeſchrieben; der
Bau ſelbſt wird mit dem naͤchſten Jahre ſofort beginnen. Man will
im -Laufe des naͤchſten Sommers damit fertig werden. Der hieſige
Feſtungsbau, der uͤberhaupt mit vieler Energie betrieben wird, wird
auf ſolche Weiſe ſehr gefoͤrdert werden, auch ſtellen ſich die Koften
für Steinlieferungen eiwas niedriger. Gegenwaͤrtig wird vorzugs-
weiſe mit den Erdarbeiten, welche durch die milde Witterung ſehr de-
günftigt werden fortgefahren. Es arkbeiten 2000 bis 2500 Maͤuͤn taͤglich.
— Es hat ziemlich ailgemein einen recht widrigen Eindruck gemacht,
daß geſtern am Vorabend des heil. Chriſtfeſtes, der doch ſonſt uͤberall


einladet, einer ſich hier aufhaltenden Schauſpielertruppe geſtattet wuͤr—
de, Comoͤdie zu ſpielen. Der groͤßere Theil des hieſigen Puͤblikuͤms
bewies jedoch Tact genug — durch Nicht⸗Theilnahme.

Darmſtadt, 24. Kov. Die in Griechenland im Elende ſchmach-
tenden Deutſchen (bedauernswerthe Opfer der neueſten Revolution, wel-
che die ausgezeichneten Verdienſie der Auslaͤnder um den jungen Staat
mit ſchnoͤden Undank lohnte) haben auch hier menſchenfreundliche Theil-
nahme und thaͤtiges Mitleiden erregt, welches durch unſere Localpreſſe,
die in Proſa und Poeſie jenen Ungluͤcklichen das Wort redete wo moͤg⸗
lich noch geſteigert wurde. Nachdem ſchon einige Zeit geſammelt wor-
den war, fanden es Viele auffallend, daß der als eifriger Philhellene
aus der Epoche der erſten griechiſchen Revolution bekanuͤte Hr. Ernſt
Emil Hoffmann ſich bei der Sammlung zu Gunſten der ungluͤckli-
chen deutſchen Landsleute mit keinem Beitraͤg betheiligt hatte.
naͤherer Erkundigung erfuhr man aber, daß derſelbe ſchon zu Ende
Oct. an den Muͤnchener Unterſtuͤtzungs⸗Verein ein Geſchenk von hun-
dert Gulden habe abgehen laſſen, jedoch mit ausdruͤcklicher Billi-
gung der neueſten Revolution, welche, ſeiner Anſicht zufolge, in Ur-
ſache und Zweck vollkommen gerechtfertigt ſei.

Würtemberg. Vor einigen Tagen wurde in Ellwangen das
erſie Mal ein oͤffentliches und muͤndliches Schlußverfahren
gegen einen Dieb abgehalten. Seit dem 1. October trat das neue
Beſetz ins Leben und es iſt wirklich auffallend, daß jetzt erſt das erſte
Beiſpiel erfolgt. Ein Deputirter der zweiten Kammer, Oberaͤmtsrich-
ter Holzinger, welcher ſ. 3. ſehr thaͤtigen Antheil an der Berathung
des neuen Strafprozeſſes genommen hat, übernahm die Roͤlle des oͤf⸗
fentlichen Anklaͤgers.

; BVom Main, 21. Dez. Die letzten Nachrichten, die wie aus


guͤnſtige Ausſichten fuͤr den Handel mit dieſen Laͤndern. Euͤropaͤiſche
Waaren hatten ſich in ſo großen Maſſen in den dortigen Haͤndelsvlaͤ—
Hen aufgehaͤuft, daß der Vorrath auch ohne alle fernere Zufuhr laͤnger
als ein halbes Jahr vollkommen ausreichen wuͤrde. Anderer Seits ſind
faſt alle einheimiſche Producte im Preiſe geſtiegen, ſo daß es fuͤr die


ſehr nachtheilig auf den Geſchaͤftsderkehr eingewirkt. Man haͤlt naͤm⸗
ich ein Einſchreiten Englands in die Angelegenheiten des Pendſchah
für unvermeidlich.

Berlin, 23. Dez. Geſtern Abend um 7 Uhr fand die Todten-
feier für den verewigien Grafen von Naffau im Paͤlais des Königs der
Niederlande ſtatt. Nachdem die Feier im Innern des Palais voͤruͤber

‚ war, ward der Sarg auf den vor der Thuͤr haltenden Leichenwagen ge-


naͤchſt die Begleitung des Zuges der feinen Veg nach den Zelten


nahm, woſelbſi der Sarg auf das dort bereit liegende Dampfboot ge-
bracht und auf ſolche Weiſe weiter nach Holland beſoͤrdert ward.
Vom Oberrheine, 19. Dez. Die Eiſenbahnarbeiten ſchreiten,
durch die gute Witterung beguͤnſtigt, allenthalben raͤſch voran, und falls
waͤhrend der Wintermonate der Bau fortgeſetzt werden kann, ſo unter-
liegt es keinem Zweifel, daß die ganze Bahnlinie von Kehl bis Maͤnn-
heim ſpaͤteſtens Aufangs Mai dem oͤffentlichen Betriebe uͤbergeben wer-
den kann. Die Poftenlaͤufe aus dem ſuͤdlichen Deutſchland nach Fraͤnk-


eine weſentliche Beſchleunigung, und hoffentlich wird dadurch auch eine
Ermaͤßigung der Portogebuͤhren im Allgemeinen erzielt.

London, 23 Dez. Heute ſollte eine Ehebruchsklage des Lord
Paget gegen Lord Cardigan vor dem Gerichtshofe in der Guildhall
verhandelt werden und der Saal war dicht gefuͤllt mit Neugierigen.
Zum großen Mißvergnuͤgen der Liebhaber von aͤrzerlichen Handeln kuͤn—
digte jedoch der Gerichtoͤſchreiber an, daß die Klage zuruͤckgenommen
worden ſei. Die Specialgeſchwornen empfingen hiekauf ein jeder ihre
Guinee und wurden entlaſſen. —

— Mehrfach wird behauptet, daß das hieſige Haus Baring
ſich an die Spitze des Unternehmens ſtellen wolle, die Landenge von
Panam zu durchſtechen, und das atlantiſche mit dem ſtillen Meere
durch einen Kanal zu verbinden. ;

Paris, 25. Dez. Wegen des Chriſtfeſtes blieb heute die Boͤrfe
geſchloſſen und erſcheinen Morgen keine Journale. Die heutigen brin-
gen nichts Neues von Bedentung Nach Berichten aus Madrid vom
19. Dez. war dort ſchon wieder von einem Miniſterwechſel die Rede;
Martinez de Ia Roſa hat die ihm zugedachte Stelle als Botfchafter am
Tuilerienhofe angenommen, will ſich aber, bevor er nach Paris abgeht,
noch das Verdienſt um Spanien erwerben, ein neues Cabinet zu bil-
den, oder doch das gegenwaͤrtige ſtark zu modiftciren. Miraftores uͤnd
Iſturiz ſollen die Hauͤptportefeuilles uͤbeknehmen, nemlich das der aue-
wärtigen Angelegenheiten und des Innern. Olozaga ift verfhwunden;
gewiß iſt, daß er Madrid verlaſſen, ungewiß, waͤchen Weg er einge-
ſchlagen hat; nach dem „Heralde“ wäre er nach Portugal entwichen.

— Aus einer Rede des Praͤfecten Rambuteau, gehalten in Palaſt
der Boͤrſe, bei Gelegenheit der Wahl von fuͤnf Mitgliedern zur Ernene:
rung der Handelskammer, ergiebt ſich, daß die Stadt Patis in den
letzten zehn Jahren an 53 Million Fr. zum Abtrag von Communal:
ſchulden und 21 Million auf Erweiterung und Verſchoͤnerung der Stra-
ßen verwendet hat. —
‚ ‚— Die Meinung deutſcher Blaͤtter, Moriz von Haber fei hier, iſt
irrig. ; —44

Toulon, 19. Dez. Das von Tunis am 15. d. abgegangene
Dampfſchiff „Tartare? hat ſehr dringende Depeſchen des franz. Con-
ſuts uͤberbracht, welche gleich nach Paris abgeſaͤndt wurden. Dieſe
Deyeſchen ſollen den zwiſchen dem Bey und Sardinien ausgebrochenen
Zwiſt betreffen. Der „Tartare“ hat ſchon Befehl erhalten fid bereit
zu halten, um gleich nach Ankunft der Antwort der Regierung auf be-
ſagte Depeſchen nach Tunis zuruͤckzukehren. _

St. Petersburg, 16. Dez. Ueber alle diſtinguͤirten zur Zeit
im Auslande ſich aufhaltenden ruſſtſchen Unterthanen, wohin vorname .
lich ſolche gehörig, die liegende Gruͤnde und Baarfonds im Staate be-
ſitzen wird fortwaͤhrend eine genaue Controle, die Dauer ihres dorti-
gen Aufenthalts betreffend, geführt.

Athen, 6. Dez. Am 23. Nov. lief ein ruſſiſches Kriegedampf-
boot in den Piraͤeus ein. Der ruſſiſche Geſandte in Athen, Hr. Ka-
talazi, wurde an Bord gerufen, kaum aber war er aber auf dem Ber-
deck als man ihn belehrte, daß er unter Haft ſei. Er tehrte nicht
an das Land zuruͤck.


 
Annotationen