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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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September (No. 204 - 229)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0873

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No. 218.


isis





Carlsruhe, 14. Sept. Die Kriegsuͤbungen unſeres Armeecorps
54* nun bet größerem Dienſtſtande am moragigen Tage ihren Un
fang.
Reiterei ruͤckte taͤglich auf den Exereierplatz. Jetzt ſind jedoch auch die
Beurlaubten der Infaurerie in foͤlcher Zahl eingeruͤckt, daß die Com-
pagnie ohne die Offtziere 100 Nanı ftark.ift, das Regiment alſo 1,200
Mann und das Leibregiment 1,800 Mann obhne die Offiziere, jedoch
mit Einſchluß der Unteroffiziere und Trommler zaͤhlt. Dadurch finden
die hieſtgen Kaſernen nicht mehr Raum genug, weshalb heute Nach-
mittag ein Bataillon des “-Ibregiments fuͤr fo lange nach Durlach ver-
legt wird. — Das Lager am Scheibenberge, das don der Artiuerie ſeit
dem . bezugen iſt, ſieht taͤglich riele neugierige Beſucher von Karks:
ruhe, Raſtatt, Etttingen und der Umgegend, ' welche dann meift auch
den Platz beſichtigen, der durch das ungluͤckliche Duell zwiſchen Hru.
»Goͤler und Hrn. v. Wereffkin eine ſo traurige Beruͤhmtheit erlaͤngt
bat. — Von morgen an werden unſere Eiſenbahnfahrten auf vier taͤg⸗—
lich vermindert, und wohl mit Beginn der ſtrengen Wintermonate eine
weitere Reduction erfahren, wiewoͤhl bis jetzt eine Verminderung der
Frequenz noch nicht wahrzunehmen iſt. Der praͤchtige Eiſenbahnwagen
der großherzogl. Familie aus der Fabrik der Herren Schmieder und
Mayer erregt allgemeine Bewunderung. Die aͤusnehmend gefchmaͤck
volle und bequeme Ausſtattung iſt durchaus vaterlaͤndiſchen Haͤnden an-
vertxaut worden, ein nener Beweis, daß wir keineswegs genoͤthigt ſind,
zu Fremden unſere Zuflucht zunehmen, wenn wir Awaͤs Ausgezeichne-
tes in irgend einem Feld der Kuͤnſte und Gewerbe begehren.

Frankfurt, 14. Sept. Die fortwaͤhrende Lebhaftigkeit, welche
ſich in unſerer Herbſtmeſſe allenthalben kund gibt, rechtfertigt nicht die
Klagen die man hier und da noch immer uͤber geſchinaͤlekten Abſatz
ausſbricht. Auch die Ledermeſſe hat keineswegs ſo ungünftige Ergebniſſe ge-
babt, als von einigen Seiten vorausgeſagt worden war. Der Markı waͤr
in dieſem Artikel nichts weniger als uͤberfuͤhkt, ſo daß die Preiſe anftatt zu
Inken, vielmehr etwas anzogen und ſich für Sohlleder auf 37 bis 39 Thh.
ftellten; beſonders die ſogenannten belgifchen Leder fanden gute Abnahme.

Würzburg, 14. Sept. Geſteruͤ Mittag nach 1 Uhr ertoͤnte ein
Kanonenſchuß von unſerer Citadelle und uͤber den Bergen welche ſich
Fdoͤſtlich am Maine hinziehen, ſtieg eine weiße Rauchſaͤule empor,
welche ſich bei ziemlichem Winde wie ein Schleier uͤber den ganzen ſuͤd⸗
lichen Hoͤrizont verbreitete, und einen bedeutenden Brand in großer Ent-
ternung anzeigte. Leider iſt, wie man nach einigen Stunden erfuhr,
faſt das ganze Dorf Zeubelried, vier Stunden von hier, ein Opfer
der Flammen geworden. Die thaͤtigſte Huͤlfe der Einwohner und der
benachvarten Orte, welche ſich mit ihren Spritzen ſchleunig eingefunden
batten; war vergeblich, denn der Ort hat großen Waſſermangel! Die
reiche Erndte hatte alle Scheunen gefuͤllt, die Flamme, vom ſcharfen
Suͤdoſt angefacht, griff immer wilder um ſich; die ergriffenen Garben
flogen hoch empor und trugen den Brennſtoͤff in die ferneren Scheunen
und Haͤuſer. Zum Theile verbraunte das Vieh in den Staͤllen, ein
Beweis, daß nur ſehr wenig gerettet werden konnte! — Wie man vor-
Zäufig hoͤrt, iſt das Feuer in einer Scheune ausgebrochen, worin Kin-
der ſpielten; vierzis Gebaͤude liegen in Aſche — Ddie Kirche und etwa
ſteben Haͤuſer ſtehen noch.

Berlin, 10. Sept. Man kann das innige Verhaͤltniß, welches
Fviſchen unſerm Koͤnige und dem Kaiſer voͤn Rußland. herricht, hier
ſetzt deutlich wahrnehmen. Beide beſuchen ſich oft wechſelſeitig, und


_ garfen, ohne daß ſich, wie fruͤhex, große Menſchenmaſſen bei dem Er-
ſcheinen derſelben verſammeln. Ueberhaupt haben in diefer Beziehung
unfere Berliner einen grobſtaͤdtiſchern Cbarakter . angenommen, indem
e den vielen gegenwaͤrtig in hieſiger Reſidenz anweſenden Groͤßen nicht
fehr bemerfbate Aufmertfamkeit ſchenken. Auf die hier lebenden Volen
ſcheint nicht ohne Grund von Seiten der Sicherheitsbehoͤrden ein wach-


ſammeres Auge gerichtet zu ſein. Der Herzog von Leuchtenberg gefaͤllt
allgemein durch ſein edles ritterliches Benehmen und durch fein an-
muthiges Aeußere.
Hannever, 9. Sept. Das Ober⸗Apbellationsgericht zu Celle hat
in dieſen Tagen wiederum eine Entſcheidung in einer politiſchen Eri-
minalunterſuchung abgegeben, die von großer Bedeutung ift. Der YMl-
termann Breufing zu Mrmatr af, vanr Cabinert: zur Criminalunter-
ſuchung denuncirt wegen injurtöojer Aeuͤßerungen in der zweiten Kaͤm—
mer über die Miniſter, in erſter Inſtanz freigeſprochen, in zweiter Ju-
ſtanz zu Gefangnißſtrafe verurtheilt, iſt in dritter und letzter Inſtanz
vom Ober-Abbellationsgerichte freigeſprochen worden! Breufing, das
einzige in ſeinen Auſichten durchaus entfchiedene Mitglied der Stände:
pexſammlung, iſt alſo ferner fuͤr die Staͤndeverſammluͤng wahlfaͤhig ge-
blieben. und das Recht der ſtaͤndiſchen Redefreiheit iiſt annerkannt.
Wenn ein Depuͤtirter, der fich eine Kritik miniſterieller Handlungen er-
Laubt, ſogleich durch eine Criminalunterſuchung und Criminalſtrafe zum
Schweigen gebracht werden koͤnnte, dann vertoͤre freilich das - ganze
ſtaͤndiſche Weſen ſeine ſelſtſtaͤndige Wirkſamkeit. Das hoͤchfie Gericht
hat ſonach die Nothwendigkeit und Geſetzmaͤßigkeit der ſtaͤndifchen Rede-
freiheit in dieſem Maße anerkannt. Zwar kaͤnn der Staategewalt ge:


noch das RNechtsmittel- der Reviſion an einen Urtheiisſenat zur Hand
nehmen, allein dies wird, wie man vorauszuſehen glaubt, eben Fein
anderes Reſuſtat liefern. Uebrigens ſoll der Staatsanwalt in ſeiner dei
der Juſtizkanzlei zu Hannover uͤbergebenen Reviſtonsſchrift ſo bitter aue-
fallend gegen Breuſing gewoͤrden ſein, das Diefer, mie erzaͤhlt wird,
ſich veranlaßt geſehen, wegen dieſer Ausfaͤlle eine Injurienklage gegen
den Staatsanwalt einzubringen.

Paris/ 13. Sept. Die amerikaniſche Kriegsfregatte Mifſvuri“
von 28 Kanonen (für 44 gebohrt), an deren Bord ſich der nach China
beſtimmte Botſchafter der Vereinten Staaten, Hr. Cushing, befand,
iſt am 26. Auguſt auf der Rhede von Gibraltar in Feuer aufgegangen;
die Mannſchaft wurde gerettet; das Gerippe der Fregatte, die bis zum
Waſſerſpiegel abbrannte, iſt am Ankerblatz untergeſunken und erſchivert
fuͤr den Augenblick die Schiffahrt im Hafen.

—— Mit der politiſch commerziellen Miſſion nach China wird es
Ernſt; der Supplementarcredit von 600,000 Franken, den ſich Guizot
durch Ordonnanz hat eroͤffnen laſſen, iſt dazu beſtimmt; die Seeftation
in den chineſiſchen Gewaͤſſern wird auf 2 Fregatten von 32 Kanonen
(Clieopatra und Syrene) und 3 Corvelten gebracht

London, 1Il.Sept. Nach einem Bericht inı M orningchronicte
ſind die Hauptanſtifter der Unruhen in den Grafſchaften Carmarthen
und Cardigan, bekannt unter dem Namen „Rebecca und ihre Töchter“,
nach einem Gefecht, wobei ſie hartnaͤckigen Widerſtand leiſieten del


Madrid, 6. Sept. Heute iſt hier die Nachricht von dem Auoͤ—
hruche der neuen Inſurrection Barcelona’s eingetroffen! Die Regterung
hat dem Brigadier Prim ſogleich das noͤthige Geld und den beiimms,
keſten Befehl zu kraͤftiger Betreibung der Operationen zugeſchickt! e
Heißt, die Regierung beabſtchtige, in Bezug auf den Empfang, welcher
dem Exregenten Eſpartero in England zu Theil geworden, eine: Note
nach London zu ſenden.

Brüſſel, 13. Sept.
Oſtende.

Nom, 5 Sept. Mit der Verordnung gegen die Juden in Ancona
und Sinigagliq (ſiehe Morgenblatt No. 207) hat es feine Richtigkeit,
uur muß dabei bemerkt werden, daß dieſelbe nur eine Erneuerung von
verjaͤhrten Anordnungen iſt. Wer die hieſige Verhaͤltniſſe kennt mird
ſich uͤber ſolche Bekanntmachungen nicht wuͤndern, denn wie ſte fruͤher
nicht mit Strenge befplgrt wurden, ſe wird es jetzt eben fo wenig ge-
ſcheheu.

Der Koͤnig und die Koͤnigin ſind ſchon in


 
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