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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Dezember (No. 283 - 307)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1223

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— No._303-

— — — — — — —⏑⏑










Geſetzentwurf, die Gerichtsverfaſſung des Großherzog-
thums Baden betreffend.


578.

In allen gerichtlichen Strafſachen, deren Entſcheidung nach den 6. 75 bis 77
nicht den Amtggerichten oder den Hofgerichten zulommt, feht das Erlenniniß erfier
Inſtanz dem Herirte⸗ Strafgerichte zu.

Daſſelbe kann jedoch:


weit bei andern Verbrechen nur Zuchthaus, ‚Unter diet Zahten einzutreten

dat;

2) au Fann es, die Rückfalle auegenommen, keine die Dauer von ſechs Jah-
ten überfleigende Arbeitshausfirafe ausſprechen. *
Balt das Bezirfsflrafgeriht nach den Umffaͤnden des einzelnen Falles eine Zu-
kaͤndigleſt na Nr. 1, oder Nr. 2 uberſteigende Strafe für begründet, und glaudt
daf in Beziebung auf die Beweife die geſchlichen Bedingungen der Verurtheilung
vorbanden feien ſo verweist es die Aburtheilung der Sache durch Verſetzung des

Angeſchuldigten in den Anklageſtand an das Hofgericht, ;

; $. 79,

Durch die nad) $. bewirkte Vorlage einer Sache an das Mezirks: Strafgea
richte/ in den Jällen des ð. 75 wird die Zuſtändigkeii des Bezieks Strafgerichis,
und durch die nach $. 78 bewirkte Verſetzung in den Anklageſtand wird ebenfo die
Zuſtandigkeit des Hofgerichts begründet, obſchon das Gericht, an welches biedurch

die Sache wegen der
ſchuldet detrachtet.

2 $. 80. 2

Venn eiu Angelchuldigter gleichzeitig wegen mehrerer Verbrechen vor Oericht

‚ftedt, welche fänmmtiich zum Kreife der Zuſtändigkeit des Amtegerichts oder ſammt-

icch zum Kreife der Zuͤſtandigkeit des Bezirke⸗Strafgerichts gedören, ſo hat im er-

ſteren Falle das Amtegericht, und im letztern Falle das Bezirkoſtrafgericht über alle


überſteigendeuStrafe ergiedt.
$..81. n ;
Gehört von den mebreren Vergehen, wegen welcher dieſelbe Perſon gleichzeitig
vor Gericht ſteht, ein Toeil zur Zuſtändigkeit des Amtsgerichts und ein anderer
Theil zur Zuſtändigkeit des Amtsgerichts und ein anderer Theil zu der des Bezirks-
Strafgerichts, ſo erkennt letzteres auch über jene erſteren. ; .
Es fann j.dom, fofern es binſichtlich derienigen Vergeben, durch welche entwe-
der im All gemeinen, oder wegen der den Umſtänden des einzelnen Falles entſprechen-
den Strafe ſeine Zußändigkeit begründet iſt, den Angeſchuidigten frei prichi, wäh-


find.t, die Aburtheilung der I.Btern an das Anıtsgericht zurückzuwelſen; wenn die-
ſes die Untetſuchung geführt hat. —
Hat das Bezirkoſtrafgericht in Fällen, wo die mehreren Verbrechen theils zur
bezirteſtrafgerichtiichen Zuſtandigkeit gehö en, hinſichtlich der erſteren die Verſetzung
in den Anklageſtand erfannt, ſo ſpricht es dieſelbe auch wegen der letztern aus, in-
—* es in Beziehung auf dieſe eine weitere gerichtlichẽ Verfolguͤng begründet
ndet. ; . . 2
Das Hofgericht kann jedoch ein Verbrechen der letztern Art wieder an das Be-


dürfen ſollte, oder wenn dieß im einzelnen galie ſonſt als zweckmäßig erſcheint.
* $.83. ' **
Väre ein Angeſchulvigter wegen mehrerer Berbrechen von verſchiedenen Ge-
richten zu Freiheitoſtrafen verurtheilt worden, ſo iſt das Erkenntniß; welches die
böhere Strafe erkannte, vorzulegen, damit ſolches letztere nach Maaßgabe der $6.
147 bis 159 des Strafgeſeßbuchs durch Hinzurechnunn emes Theils der nöthigen-
falls zu verwandeinden geringeren Strafe (8. 49 d. St. G. B.) erböhe. *
Wenn dieſe Erhöhung feinen nach den $S. 13, 32 oder 37 des St. G, 8.
noch zuläffigen Strafzuſaß ergibt, ſo bleibt die geringere Strafe unvollzogen.

$; 84. ‘
- Orlangt eine zur Zuſtändigkeit des umtogerichtg oder des Bezirkds Strafs
gerichts gehörige Sache wegen des befreiten Gerichtsſtandes eines Theil-
nehmers an dag Hofgericht, ſo hat daſſelbe auch über die andern Theilnehmer zu
erlennen. f 5 K
! $. 85. !

zußzer den Fällen poli zeiticher uebertretungen, woruͤber das Straf-
geſetzbuch keine Beftimmungen entbält, und außer den in den 56. 230 Nr. 2, 231,
329, 360, 433:1,, 324a., 586. 599, 601 und oͤh? des St. G, B, der poltzeilichen
— Erlebigung vorbevaltenen erden Sfraffäll n, fönnen die Poltzeibehörden auch in
den daͤllen der 55. 29., 221, 317a,, 329 a., 352 und 569 das Erkenntniß geben,







pfern ſie eine, das volizeiliche Strafmaß nicht ůberſteigende Geld⸗ oder Gefaͤngnit-
ſtrafe genügend eradhten. ; } — —

$. 86.

Die Anklagen wegen Ehrenkränkungen, ebenſo die Anklagen wegen unerlaubter
Selbſihülfe, und die Anklage wegen Koͤrperverletzungen, die weder einen bleibeuden
Schaden, noch Lrautbeit oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge baben (68S. 205 und
209 Nr, 4 des St. 8 B.), koͤnnen von den Gelränkten oder Verleßlen, inſofern
der Angeklagte der Gerichtoͤbarkeit des Bürgeruteiſters untergeben iſt (6. 11), au
vor dieſem erboben werden. Der Bürgermeiſter erkennt in ſolchem Falle, vorbe-
haltlich der Beſchwerdefübrung an das Amtsgericht, Gefängniß⸗ oder Geldfrafe,
wovon eiſtere den Zeitraum von 48 Stunden letztere die Summe von fünf Gul-

den nicht überſteigen darf. —

Den Verwaltungsbe hörden bleibt das Kecht, gegen die ihnen untergebenen
öffentlichen Diener im Wege der Dienſtpolizei Geid oder Arreſtfirafen zu erteunen
Ebenſo ſteht ihnen das Erleuntniß über Vergeben der Gefangenen gegen die
2— oder die Disciplinarvorſchriften der Strafanſtalten (St, G, B.
2 is zu.

Carlerube, 20. De;. Dreizehute öffentliche Sitzung der zweiten Kammer
unter dem Vorſitze des erſten Vicepräſidenten Bader. ( Fortſehung.)
Baſſermann fährt fort: 2
Ich kenne wohl die Gründe, mit welchen man dieſe Zuſtände beſchönigt; die
fogenannte Ueberwälzungetheorie ſoll Alles ausgleichen. Nach ihr ſoll der Arb.iter
ſich ſeine Steuer im Arbeitélohn und im Preis ſeiner Produite von den Unterneh-
wern und Berzehrern vergüten laſſen Abex abgeſeben davon, daß dieſe Theorie. —
wäre ſie auch richtig — Nur von rüſtigen Arbeitern gälte, nicht aber von der Un-
abl Schwacher, Alter, von Frauen und Kindern — ſo finden wir das groͤßte Elend
ja gerade unter den eigentlichen Handarbeitern, in Lyon, Gent, @lasgvow, Man-
Lefler, im Erzgebirge u, .. w.. und wer im vorigen Jaͤhre die Noth bet unſern
MWein« und Ackerbauern ſah, die zum Theil jetzt ſchon wieder an manchen Orte


30 ver-

trag über 2
Dieſer iſt, wie ich es wohl fühle nicht durchgreifend. Vollſtändig helfen könnte


Steuern aufgeben müßten. Allein eine ſolche beantrage ich nicht; nicht weil ich an
deren Ausführbarkeit zwe felte, wenn der ernftliche Wille dazu vorhanden wäre, ſon-
dern weil ich das Vorurtheil kenne, welches gegen umfaffende Steuerveraͤnderungen
beſtebt, weil ich die Geneigtheit kenne, an dem beſtebenden ſo wenig als moglich zu
verrücken. Dieſes Vorurtheit, dieſe Geneigtheit, ſo wie ferner die niextwürdige zarie
Schonung, welche die Kapitaliſten von ieber bei den Regierungen gefunden, hudım
denn auch eine Unzahl Gründe gegen die Beſteuerung der Vermogenden auffinden
laſſen. Ich will weder ſie, noch deren ſchon in meiner erſten Notion unternommene
Widerlegung hier wieder olen, ſondern nur erklären, daß wenn ich teine vollſtandige
Veränderung unſeres Steuerſpſtems beantrage, dieß nur aus dem Grunde gefchtey1;,


ner durchgreifenden Veränderung ihre Zuftimmung geben, und weil ich es für Ge-
winn achie, wenn auch nur ein Schritt der Annäherung an das Rechte gewonnen
wird. Mein Antrag geht alſo dahin:
Dieſe bohe Kammer möge eine Bitte an Se. Königliche Hoheit den Groß-
herzog um Vorlage eines Geſetzentwurfs uber Einfuhrung einer Kapitalienſtener
beſchließen⸗ ; | ;
Daß eine Kapitalſteuer ohne inquiſitoriſches Eindringen in die Bermögeneverhält-
niſſe der Familien, ſo wie ferner ohne bedeutende Erhebungstoſten aufnelegt wer-
den kann, ſehen wir an Würtemberg, wo eine Rapitalſteuer feit 1820 veſteyi. Dort
widerlegt der nunmehr dreiundzwanzigiährige Beſtand eines Steuergeſetzes die vie-


bel, die man ſo gerne als Folgen der Kapitalfteuer ankundigt, iſt dort fuhlbar ge-


zu entgeben, noch iſt dex Zinsfuß geſtiegen; im Gegentheit es war nachdem die


der, daß man gerade dieſen niedern Zingfuß als Oruns einer Ermaßung der Steuer
Es wird daher wohl am praͤktiſchſten ſein, wenn dieſe hohe Kammer, in-

meinen auf denſelben Grundſätzen deruhe, wie das wuͤrtembergiſche. Dieſe Grune-
zůge ſind folgende: Die Kapitalſteuer wird von iedem 100 fi. uftivlapitals erbo-
den, und zwar ſind ihr alle Lapitalien der Privaten, Gemeinden, Korporationen,
Stiftungen und anderer öffentlichen und Privatanſtalten in dem uaaße unterwor-


ten Kapitalien zu verſteuern find, Paſſivkapitalien dürfen von der Summe Der at-
tivkapitalien nicht abgezogen werden; der Glaubiger darf dem Schuloner vet einer
Geldbuße und bei Strafe der Nichtigkeit die Bezahlung der Kapitaiſteuer nicht au-


 
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