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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Februar (No. 27 - 50)
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Wien, 26. Jan. Bulletin über das Befinden Seiner Hoheit des
Prinzen Friedrich von Baden:

Der geſtrige Tag verlief ganz fieberfrei, und obne irgend eine krank-
hafte Erſcheinung, mit Ausnahme einer noch vorhandenen Schwäche. In
der heutigen Nacht ſchliefen Se. Hoh. durch mehrere Stunden anhaltend
und ruhig. Das Befinden des hoben Kranken wurde dieſen Morgen ſo er-
wuͤnſcht gefunden, daß man einer baldigen Geneſung mit Beruhigung entge-
genſehen kann. gez · Freiherr v. Türkheim

Tagsbericht.

Aus Franken, 26. Jan. Seit einiger Zeit übt die Nacheenſur
wieder auf eine höchſt auffallende Weiſe ir ſtrenges Amt, indem ſehr
häufig auswärtge Blätter bei ihrer Ankunft auf der Poſt confiscirt
werden. Das Publikum, welches auf dieſe Blätter abonnirt hat, iſt
fehr unzufrieden darüber, und es war ſchon bäufig die Rede davon,
ob man die Poſt wogen Schadenerſatz nicht gerichilich belangen könne.
Unferen Buchhandlungen iſt übrigens der Debit von Zeitſchriften politi-
ſchen Inbalts bei Verluſt ihrer Cone ſſion unterſagt.

Bamberg, 27. Jan. Unſere Bevölkerung, ſo wie die Landleute,
die heute alg an einem Markttage in die Stadt gekommen waren,
ſtrömten von früh 10 bis 12 Uhr in großen Maſſen einem Schau-
ſpiele zu, das die Gerechtigkeit zum waͤrnenden Beiſpiele für Andere
gab. Ein Mö: der, der zur Keſtenſtrafe verurtheilt worden war, wurde
deute am Prarger von 11 bis 12 ausgeſtellt.
Soldat und batte einen Gerichtsdiener erſchoſſen.

München, 28. Jan. Kaum die älteſten Leute erinnern ſich eines
an Wechſeln der ſchnellſten und auffallendſten Art ſo reichen Winters
als der heurige. Den enormen Holzpreiſen gegenüber datf man übri-
gens doch noch zufrieden damit ſein, daß es häufger regnet alg gefrirt.

Bertin, 28. Jan. Eine fröhliche Nachricht für unſere Berliner
iſt die, daß zu Oſtern die Leipziger Allgemeine Zeitung wieder
erlaubt werden wird. Waͤhrſcheinlich wird die Redaction in Zaͤkunft
etwas vorſichtiger werden, urd es ſollen deshalb auch genügende Ver-
ſprechungen gemacht worden ſein.

Vaſel/ 25. Jan. Der klline Rath hat in ſeiner heutigen Sitzung
nach dem übereinſtimmenden Antrag des Kirchenrathes, des Stadtra-
thes, ſo wie der Mehrheit des Juſtizkollegiums! beſchloſſen, in das
Begehren um Geſtattung theatraliſcher Aufführungen am Sonntage
nicht einzutreten.

St. Gallen. Der Kl. Rath hat die Einladung des Standes
Aargau zu einer Conterenz der Nheingrenzkantone wegen von Baden
erhöhten und vermehrten Holzzöllen auf dem Rhein, unter Berufung
auf den Siaatsvertrag wit Baden von 1812, der im Namen der Eid-
7 und nicht einzelner Kantone abgeſchloſſen worden, abge-
ehnt.
Wien, 25 Jan. Heute iſt Se. Hoheit der Prinz Friedrich von
Baden, der ſeit einiger Zeit nicht unbedeutend erkrankt war, von den
Aerzten außer aller Gefahr erklärt worden. *

— Den 26. Jan. Se. k. k. Hoheit der Erzherzog Friedrich von
Oeſterreich, deſſen Abfahrt aus Spithead (England) am 1, d. M.
ſtattfand, ſind nach einer beiſpieltos ſchnellen und glücklichen
Fahrt von 21 Tagen ohne in irgend einem Hafen einzulaufen, am
22, d; M, um 1 Uhr Nachmittags am Bord der k. k. Fregatte „Bel-
lona! im erwür ſchteſten Wohlſein in Trieſt angelangt.

Paris, 24. Jan. Aus Bourges ſchreibt man uns, daß die Ueber-
wachung des Don Carlos weniger ſtreng geworden. Man vermuthet,
ee ſei dies die Folge der Willfährigkeit, welche Don Carlos kund geben
foll, in Unterhandlungen wegen einer Vermählung ſeines älteſten
Sohres mit der Königin Iſabella von Sparien einzutreten.

Paris, 28. Jan Lamartine hat ſich in der geſtrigen Sitzung
der Deputirtenkammer entſchieden losgeſagt von der Parthei der Con-






ſervativen. Er gehoͤrt nun zu den Maleontenten und hält e& mit der
Oppoſition. Das Merkwürdigſte dabei iſt, daß er nicht nur die Poli-
tik des Cabinets vom 29. Ocſober, ſondern auch überhaupt das ganze
ſeit 1830 befolgte Syſtem angreift. Seine Philippika hat zwar Sen»
ſation gemadt, an der Börſe aber iſt darauf hin die Rentenolirung
geſtiegen. Nach Lamarline ſprach Villemain; die Debats meinen, er
habe den Berfaffer des Falls eines Engels zu ſchonend behandelt.
—- Lamartine macht nun gemeine Sache mit Odilon Barrot.

London/ 27, Jan. Man will wiſſen, es ſei entſchieden, daß die
Königin das Parlament doch in Perſon cröffaen ſolle.

Das unglückliche Opfer von M' Nauydten’$s Mordanfall, Herr
Drummond, verſchied inmitten ſeiner Familie und anſcheinend ohne
Schmerz, behielt auch bis zum letzten Augenblicke ſein Bewußtſein.
Die Trauerkunde ward ſoſort ſämmtlichen Miniſtern mitgetheilt, und
durch einen Boten nach Windſor an die Königin geſaudt. Mehre Mi-
niſter begaben ſich alsbald zu Sır R. Peel, der tief ergriffen war und
am Abende dem Diner nicht beiwohnte, welches der Herzog von Wel-
lington ſeinen Collegen gab. Sobald die Königin von Hn. Drum-
mond's Tode Nachricht erhielt, ſandte ſie dem Prinzen Albert, der auf
der Jagd war, einen. Boten, und derſelbe kehrte ſogleich nach dem
Schloſſe zurück, wo für den Abend die übliche Tafelmuſik abgeſagt
ward. Sberſt Drummond, Bruder des Verſtorbenen, iſt dienſtthuen-
der Kammerherr der Könizin. — Was MiNaughten angeht, ſo behält
er ſeine Faſſung und Gleichgültigkeit im Gfängriſſe zitmlich unverän-
dert bei. Die Angabe, daß mehrere Irrenärzte ihn beſacht und für gei-
ſtesgeſund erklärt hätten, war irrig; bloß der Gefängnißwundarzt war
bei iom. Heute vernimmt man, daß ſeit Drummond's Tode fein Aeu-
ßeres ſich ſehr verändert hatz er ſieht blaß und hager aus, und ver-
braͤchte eine ſchlaf⸗ und ruheloſe Nacht. Dem Juſpector erklärte er
ſchon vorgefiern, daß er Niemand, ſei es Freund oder Feind, zu ſchen
und zu ſprechen wünſche. Nach den Ausſagen ſeiner Hauswirthin zeigte
er ſchon vor zwei Jahren Spuren von Geiſtesverwirrung. Er äußerte
ihr wiederholt, daß Teufel in Menſchengeſtalt ihm naͤch dem Leben
ſirebten, und zeigte ihr einſt ein Paar Piſtolen mit dem Bemerken,
daß er ſie gegen ſeine Quäler brauchen wolle. Vor einem Jahre
waͤndte er ſichan die Polizei in Glasgow um Schutz gegen die Toty-
verfolger, welche es auf ſein Leben abgeſehen hätten.

Von der polniſchen Gränze, 24. Jan. Der bei der polni-
ſchen Bank angeſtellte Baron v. S. hat plötzlich von Warſchau aus die
Flucht ergriffen, ohne daß man bis jetzt ſeiner habhaft werden konnte.
Er hatte Mittel gefunden, der Bank und Hın Steinkoler 30,000 Ru-
bel Silber zu eniwenden, ſeine Freunde dutch Vorſpiegelungen gänz-
lich auszupluͤndern, und hinterläßt in Petexsburg 120,000 Rubel Schul-
den und in Warſchau 200,000 5l. Dieſer junge, einer achtbaren Fa-
milie angehörige Mann liefert von neuem den Beweis, wie weit Man-
gel an Grundfätzen und Scheinſucht führen.

Brüſſel, 28. Jan. Wtr vernehuien aus einer guten Quelle daß
Hr. Nothomb die Abſicht hat, das Interim, welches das Porteſeuille
der Juſtiz in ſeine Hände gelegt hat, zu benußen, um dem Könige
eine völlige und gänzliche Amneſtie zu Gunſten der politiſchen
Verurtheilten vorzuſchlagen. Dieſer Act der Milde ſol nur noch
der patlamentariſchen Ratification des mit Holland abgeſchloffenen Bers
trages untergeorbnet ſein und am Tage dieſer Natification felbft ver-
fündigt werden, Dies wäre aber ein eben ſo glücklicher als geſchickter
und wichtiger Act.

Couſtantinopel, 11. Jan. Die Stürme welch? im Lanf vo-
riger Woche wütheten, haben im ſchwarzen Meere fomohl alg ım
Meere von Marmara und im Archipel zaͤhlreiche unglücksfale yerket
geführt, Unter andern ift ein griechiſches Schiff, weldes 90 türliſcht
Soldaten führte, bei den Bardanllen mit Mann und Maus zu Grunde
gegangen.


 
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