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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Oktober (No. 230 - 255)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0985

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No. 246,












Die Revolutionsnacht in Athen.


Die Conferenzprotokolle der Schutzmaͤchte, das Verfahren der frem-
den Geſandten in der Finanzcommiſſion, die geheimen und offenen Un
triebe einiger Diplomaten und ihrer Sendlinge, namentlich die hezahl-
ten Journale der drei Hauptfarben, welches jedes einen andern Kron-
praͤtendenten anzuruͤhmen befliſſen war, hatten Alles vorbereitet, um
eine Volksbewegung fuͤr die Conſtitution zum Ausbruche zu bringen;
bei Hofe hatte man hinreichend Kenntniß von einer beſtehenden Ver-
ſchwoͤrung; nur glaubte man dort noch auf die Mehrzahl der Officiere
und der Mannſchaft unter den Truppen ſich verlaſſen und ſo, obgleich
die letzten deutſchen Soldaten eben erſt aus dem Dienſte geſchieden wa-
ren, mit Vertrauen jedem Ereigniß entgegenſehen zu koͤnnen. Dem Koͤ—
nige war ſchon fruͤher angezeigt worden, daß zu einer Zeit, wo ein mit-
verſchworner Officier die Wache haben wuͤrde, ein Volksauflauf ſtatt-
finden ſollte; endlich wurde am 13. September gemeldet, daß in den
naͤchſten zwei Tagen dieſes Vorhaben zur Ausfuͤhrung kommen wuͤrde.


Kaſernen uͤber Nacht zu verſammeln und die ganze Garniſon in Be-
reitſchaft zu halten. Das Publikum ſchien ſo wenig auf einen Auf-
ſtand vorbereitet, daß man faſt allgemein dieſe Maßregel als uͤbertrieben
verlachte.


Landmann, dem Adjudanten des Koͤnigs angezeigt, daß unweit des
Palaſtes in dem Hauſe des Landwehrebriſten Makrijanni um 10 Uhr
Nachts die Verſchwoͤrer ſich verſammeln wuͤrden, und ein anderer braͤchte
die Nachricht, daß um 2 Uhr das Volk zum Koͤnig ziehen werde, um


. ternacht wurden mehrere Schuͤſſe in der Gegend von Makrijannis Haus
gehoͤrt; man waͤhnte im Palaſt, alle Verſchwornen ſeien feſtgenommen;


ſpaͤter ward gemeldet, daß der Lanzenreiterobriſt Kalergis an der Spitze
feiner Uhlanen die Verfaſſung proclamirt habe. Bald unterſchied man
auch, daß die Infanterie — welche Befehl hatte ſich bei den erſten
Schuͤſſen vor das Palais zu begeben — mit dem Ruf: „es lebe die
Conftitution ! anruͤckte. Der Koͤnig wollte die Artillerie herbeikommen
laſſen; der Hauptmann der Batterie verweigerte aber jede Folgeleiſtung
mit den Worten: „wer hat es befohlen? ich erwarte nur die Befehle
des Commandanten! So ſah ſich denn der Koͤnig auch von dieſer
Waffengattung verrathen und veriaſſen. Ein Verſoch, die Truppen durch
den Kriegsminiſter Wlachopbulos und den Adjutanten des Gardikioti
Grivas, zu haranguiren und zur Pflicht zuruͤckzufuͤhren, mißgluͤckte; ſte
wurden beide vor der Fronte feſtgenommen und erſchienen nicht wieder.
Die Truppen, beſtehend aus 300 Maun Infanterie, 50 Uhlanen,
‚40 Artilleriſten mit 4 Geſchuͤhen und etwa 200 Palikaren ſtellten ſich
vor dem Palaſt auf, daß ſie ihn ſo zu ſagen blokirten. Die ſcharfge-
ladenen Kanonen waren auf die Hauptthore gerichtet: und alle uͤbrigen
Zugaͤnge durch Truppenabtheilungen beſetzt. Anfangs hatte die Infan-
terie bei dem Anruͤcken gegen das Schloß den Koͤnig hochleben laſſen
ſie glaubten lange, ſie feikn beſtimmt den Monarchen zu ſchuͤtzen; nur
mit einiger Muͤhe gelang es den Offtzieren (die aͤlteren verlaͤſſigen Offt-
‚ ‚jiere waren entſendet, die aͤltere Mannſchaft in den Caſernen zuruͤckge-
laſſen) die Soldaten zum Zuruf fuͤr die Conſtitution zu vermoͤgen, in
welchen jedoch ſpaͤter noch maͤnches Lebehoch fuͤr den Koͤnig ſich miſchte.
Erſt einige Stunden ſpaͤter ſammelte ſich ein etwa 4 bis 5000 Men-
ſcchen ſtarker Volkshaufen vor dem Palaſt. ; ; :
(Fortſ. flgt.)





*p Lichtenau, (Amt Rheinbiſchoffsheim) 18. Oct. Wie alle
oͤffentlichen Verhandlungen in Wirthshaͤuſern, als: Notariatsgeſchaͤfte,
Verſteigerungen und befonders Abrechnungen und Zahlungen von Kaſ-
ſen⸗ Verwaltuͤngen an Sonn- und Feiertagen ſtets zur Entweihung der-
ſelben und oft zu den traurigſten Folgen Veranlaſſung geben, beweiſen
erſt kuͤrzlich in unſerer Naͤhe vorgekommene, beklagenswerthe Exceſſe.
Am Sountag den 8. d. M. waren viele ledige junge Leute aus dem
benachbarten! anſehnlichen Dorfe Freiſtett zur Erhebung ihres Lohnes
fuͤr geleiſtete Arbeiten am Rheinbau zu dem Dammmeiſter von Rhein-
biſchöffsheim, welcher zugleich eine Wirthſchaft betreibt, eingeladen,
welche, nachdem ſte ihr Geld erhoͤben und zum Theil verzecht hatten,
mit eingebrochener Nacht in Trunkenheit und großem Tumulte heimkehr-
ten und unterwegs in dem an das Dorf Freiſtett grenzenden Staͤdtchen
Neufreiſtett die Ruͤhe auf alle erdenkliche Weiſe ſtoͤrten; die ledigen Be-
wohner daſelbſt, durch Schimpfworte und thaͤtliche Mißhandlungen zum
Haͤndel aufreizten, ſo daß es auf der Grenze jener Orte unter feiner
wahren Kanonade gegenſeitiger Steinwuͤrfe zu einem heftigen Kampfe
gekommen war. Die herbeigteilte Polizeimannſchaft, welche nicht Mei-
ſter werden konnte, rief den noch im geſelligen Kreiſe im Schwanen-
wirthshaus zu Neufreiſtett weilenden Buͤrgermeiſter, Hrn. Hauß von
Freiſtett eilends herbei, der, kaum auf dem Kampfplatze angekommen,
zur Ruhe und Ordnung ermahnend, von einem der Streitenden am
Halſe ergriffen, mit einem Pruͤgel auf den Kopf geſchlagen und vermit-


und noch gegenwaͤrtig die behandelnden Aerzte
haltung ſeines Auges zweifeln. Auf ſolch' elende Weiſe nun iſt
ein aligemein geachteter, ſonſt ruhiger, beſonnener Mann das ungluͤck-
liche Opfer ſeiner Dienſtpflicht geworden. Alsbald wurden mehrere
Burſche verhaftet und man fteht den Reſultaten der ernſtlich eingeleite-

Xx Wurms, 18. Oct. Geſtern Abend zwiſchen 6& und 7 Ubr
war hier in der Naͤhe der Hauptwache ein kleines Handgemenge zwi-
ſchen Militaͤr und Handwerkern, dem jedoch keine tiefexe Bedeutuna
unterlegt werden darf, als die: daß 30 bis 40 vom Aufſchlagen eines
Baues in die Stadt ziehende Handwerksburſche zu tief ins Glas ge-
ſehen. Da der, in Folge des Zuvieltrinkens gemachte Unfug der Hand-
werker zu ſtark wurde, ſo beordete der Wache habende Offizier einige Mann,
dem Unfuge zu ſteuern; dieſe wurden jedoch von der weintrunkenen Ue-
bermacht infuͤltirt und zuruͤckgedraͤngt, worauf eine Verſtaͤrkung von
der Hauptwache folgte, die, nothgedrungen, vom Saͤbel Gebrauch machte,
und einige — man ſagt fünf — der Handwerker bedeutend verwun-
Man kann dieſen Vorfall, oder vielmehr ſeine Veranlaſſung, die
Trunkenheit, nur bedauern; denn ohne ihn waͤre hier ein ſolcher Wall


Rheindürkheim, 13. Oet. Heute Morgen um 7 Uhr iſt der
Leinreiter Wahl, aus Mainz, der einem von Mainz kommenden Fracht-


der hieſigen Gemeinde, mit ſeinen zwei Pferden im Rheine verungluͤckt.
Die beiden Pferde wurden todt gelaͤndet, die Leiche von Wahl konnte
bis jetzt nicht aufgefunden werden. 2 2*2
Frankfurt, 10. Oct. Heute iſt abermals ein oͤſterreichiſcher Ca-
binetscourrir auf dem Wege nach London hier durchgekommen! Perſo-
nen, welche unterrichtet ſein koͤnnen, wollen wiſſen, ſeine Depeſchen
bezoͤgen ſich auf die grikchiſche Angelegenheit, welche das Wiener Ca-


genommen haͤben ſoll.

Schulzeitung und Gewerbeblatt nehmen fortwährend
Den jetzt


 
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