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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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September (No. 204 - 229)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0881

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HE Tagsbericht.
— Geidelberg, 17. Sept.
Maßmann aus der baieriſchen Pfalz gebuͤrtig iſt die betruͤbende Nachricht
gekommen, daß demſelben, beim Turnunterricht, ein harter Unfall zuͤ—
zuſtieß. Hr. Naßmann wollte ſeinen Schuͤlern die großen Schwinguͤn—
gen auf den Bock zeigen und verenkte fich daͤbei dermaßen das Fußge-
{enf, daß einige Beſorgniß wegen der voͤlligen Wiederherſtellung des
allgemein beliebten Lehrers herrſcht. Hr. Maßmann gedenkt nun,


ſchichte ſeiner Wirkſamkeit auf dem Felde der Turnkunſt herauszugeben.
Carlsruhe, 17. Sept! Die Goͤler⸗Haber'ſche Geſchichte giebt
Loch immer viel zu reden und laͤßt beinahe Feinen andern Gegenſtand
für laͤngere Zeit auftauchen. Naͤtuͤrlich dreht ſich Alles um den Pro-
zeßgang der beiden obſchivebeuden Unterfuchungen: über das Duell'und
die Tumultgeſchichte. Tauſend Vermuthungen und Geruͤchte kreuzen ſich.
Als gewiß vernimmt man jedoch, daß Hr. v. Haber ſeit voͤrgeſtern
Zurch Ausſpruch des Hofgerichts in Raſtadt fuͤr frei erklaͤrt iſt, und in
der geſtrigen Nacht ſein Gefaͤngniß verlaſſen hat. Auch Hr. v. Sara-
chaga hat keinen Zimmer⸗, ſondern uur Stadtarreſt auf Ehrenwort;
die Unterſuchung duͤrfte daher bald ihr Ende erreicht haben. Die Bro-
ſhuͤre des Hrn. v.' Sarachaga auf v Haber’s Schrift ſoll in einigen
Tagen ausgegeben werden uͤnd eine vollſtaͤndige Darſtellung der ganzen
Verhaͤltniſſe enthalten, wie es bisher weder aus Zeitungsherichten, noͤch
einſeitigen Erklaͤrungen zu erſehen war! Man ſieht ihr hier mit groͤß—
ter Spannung um ſo mehr entgegen,
wie Hın. v. Sarachaga’s Ausfagen vor Gericht lauten und e8 bekannt
ift, daß Niemand genauere Auskunft zu geben im Stande ſei.
Mainz, 15 Sept. Es hat ſich diefer Tage zum zweiten Male
im Laufe dieſes Sommers der traurige Fall ereignet, daß in unſerer
naͤchſten Umgegend ein Menſch (diesmal ein Maͤdchen von 10 Jahren)
in Folge des Biſſes eines wuͤthenden Hundes an der Waſſerſcheu ſein
Leben eingebuͤßt hat; der Fall verurſacht einige Beſorgniß, da hier ganz
unserhältnifmäßig viel Hunde zum Vergnuͤßen gehaiteu werden, die
- DHundeftener zu gering und die Äufſicht nicht thaͤtig genug iſt.
Frankfurt, 18 Sept. Officiellen Mittheilungen, voͤn Seiten des
Bemeindevorſtandes und Rabbinats zu Ferufakem, vom 16 Suli zu-
folge, wurde in Palaͤſtina mit den für die dortigen iſraelitiſchen Noth-
leidenden unter den europaͤiſchen Iſraeliten durch ein zu diefem Zwecke
in Amſterdam beſtehendes fogenanntes Comite geſammelten Almoſen-
geldern (wozu auch in Frankfurt a. M. noͤch vor wenigen Wochen wie-
Der bedeutende Beitraͤge gezeichnet wurden), der beiſpieliofeſte Mißbrauch
Letrieben, indem die Gelder nicht ſowohl zur Unterſtuͤtzung der Armen,
Als vielmehr zu deren tyraniſcher Bedruͤckung, wie zur Unterhaltung ei-
nes nur in der Tuͤrkei moͤglichen Spionageſyſtemes u. dergl. verwendet
wurden. Ja, der zur Vertheilung der Geider von Amfterdam aus er.
nannte Beamte Gekih erwirkte ſich für einen Theil eben diefer Gelder
von tuͤrkiſchen Beamten die fonderbare Machtvollkommenheit, die Wi-
derſpenſtigen in der Gemeinde mittelſt der Boſtonade zur Raiſon zu
bringen! Bemerkenswerth und charakteriſriſch iſt noch hlerbei, daß in
einem Erlaß des Rabbinats zu Jeruſalem das Amſterdamer Comite und
deſſen Agenten mit dem Bahne bedroht werden, wofern ſie ihre Geld-
ſammlungen fuͤr die Armen Palaͤſtinas fortſetzten. ; \
Wien, 12. Sept. Die Venedig:Maildnder Cifenbabhn iſt
nun auch don letzterer Hauptſtadt nach Treviglio hin in drei Abtheilun-
gen (vier Meilen lang) angegriffen woͤrden, und noch im Laufe dieſes
Herbftes werden ſich die Arbeiten weiterhin ausdehnen.
Berlin, 14. Sept. Es ſollen unter den hiel anweſenden Fuͤrſten
viele diplamatiſche Arrangements getroffen werden, fagt man. Die Kinz


Prinzen von Waſa ſollen vermaͤhlt werden, um die ſchwediſche Dyna-
ſtie wieder legitim zu machen und deu armen Waſa endlich für den




Verluſt einer Krone zu entſchaͤdigen; der Herzog von Braunſchweig ſoll
eine mecklenburgiſche Prinzeſſin heirathen, um dort die Erbfolge zu ſich-
ern, und die Herzoge von Holſtein⸗Auguſtenburg (die fimmtlich hier
ſind) ſollen den Anſpruch auf die Erbfolge in Heſſen ſtatt der Schles-
wig⸗Holſteins acceptiren — heißt es.
Cuxhaven, 9. Sept. Das heute Morgen von Helgoland ge-
kommene Dampfbvot Elbe bringt von Norderneh die Nachricht mit, daß
das zur Fahrt zwiſchen Bremen und Amſterdam beftimmte neue nieder-
laͤndiſche Dampfſchiſf, Koͤnig Wilhelm Ik Capitaͤn Thormaun, welches
am 3, d. ſeine erſte Ruͤckreiſe von Vegefack nach Bremen antrat, in
den letzten Stuͤrmen in der Gegend von Borkum total verunglückt ſei;
nur die Mannſchaft und die Paffagiere, 80 Perſoͤnen, ſollen geboͤrgen ſein.
Paris, 16. Sept. Telegraphiſche Depelche. Perpignan,
14. Sept. Am 19. hat keine Conferenz (die Unterwerfuͤnq bder be-
dingungsweiſe Uebergabe betreffend; zu Barcelona ftattgefunden; die
Junta gibt vor, ſie koͤnne ſich auf kein Abkommen mit Prim einlaſſen.
Yın 11. hatte die Lage der Stadt ſich nicht verändert. An deinſeiben
Tage iſt der Generalcapitain Araoz mit einer Truppenverftärkung in
der Citadelle eingeruͤckt. Zu Perthuis hoͤrte man am 13. eine ſtarke
Kanonade in der Richtung voͤn Barcelona her. Die Btiefe aus dieſer
Stadt ſind um 24 Stunden zuͤruͤck. 2
— Zum Verſtaͤndniß vorfiehender Depeſche gehört, daß man ſich
erinnere, wie der Oberſt Cologne am 7. Sept. mit Aufträgen der
der Regierung von Madrid nach Barcelvna abgegangen {ftz er über-
brachte Inſtruͤctionen fuͤr den General Prim und ſollte diefen ermaͤch-
tigen, ſich mit den Juſurgenten in Unkerhandlangen einzulaffen; nad
ſeiner Ankunft moͤgen Conferenzen vorgeſchlagen worden fein; die Junta
aber hat ſich vorerſt nicht daͤrauf eingelaffen! Directe Berichte aus
Barcelona vom 9. Sept. beſtaͤtigen, daß ſich Oirona für die Junta
erklaͤrt hat und Amettler von Lerida aus mit einer Abtheilung Trup-
pen gemeine Sache macht mit den Juſurgenten. Sonſt hat man nichts.

— Der Herzog von Nemours iſt mit ſeiner Gemaͤhlin naͤch den
Uebungslager bei Lyon abgereiſt.

— Der Koͤnig Lud wig Philipp befindet ſich gegenwaͤrtig ſo wohl-
daß Perſonen, welche ihn neulich geſehen haben, ausſagen, er habe
ſich um zehn Jahre verfüngt. S, Maj. geht taͤglich mehrere Stuͤliden
im Park von St. Cloud ſpazieren. —4

—Aus Hayti, Anfangs Auguſt, wird von einem Aufſtand der
Neger gegen die farbigen Leute berichtet! An 600 bewaͤffhete Neger hatz
tew in der Ebene, 4 Stunden von dem Hafenort Cayes, eine Stei-
lung eingenommen. ;

— Die letzten Nachrichten aus Algerien beſagen, daß Abdel⸗Kader,
trotz ſeiner vielen Niederlagen, ein Heer von 10,000 Mann zufammen-
bringen kann und die franzoͤſiſche Niederlaſſung in Afrika noch lange
beunruhigen wird. 2 n

— Die Exregentin Marie Chriſtine ſoll unguͤnſtige Nachrichten aus
Spanien erhalten haben; Narvaez ſcheint an Zuͤverſtcht zu verlieren.

Brüſſel, 16. Sept Die Koͤrigin von England wird ſich Montag
nach Bruͤſſel begeben. Dienſtag wird ſte in Ankwerpen zubringen und
Mittwoch die Ruͤckſahrt nach England antreten! Freitaq war ſte in
Bruͤgge / heute geht ſie nach Gent. Den Sonntag wird fie in Ofiende
feiern.
London, 11, Sept. Der Marquis von Douglas und ſeine junge
Hemahlin werden auf den 15. d. M, im Schloß Hamilton erwartet.
Zu ihrem Empfange werden die großartigſten Ahnftalten getroffen. Der
hohe und niedere Adel auf Meilen in der Kunde beabſtchtigen! dem
gluͤcklichen Paare unterwegs entgegen zu kommen und daffelbe zu Pferde
begleiten; es duͤrften ihrer dabei an die 800 Perſonen ſich zufammen


geben und die ganze Woche offenes Haus gehaͤlten werden.


 
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