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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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November (No. 256 - 282)
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— No. 276








Tagsbericht.
+t+ Mannheim, 22. Nov. Es gehoͤrt mehr als Drei-
ſtigkeit dazu, Thatſachen gegenuͤber, die offen vor Augen liegen,
das bisherige Verdaͤchtigungsſyſtem, welches Eorreſpondenten der hieſt-
gen Abendzeitung eingeſchlagen haben, fortzuſetzen. Erſt wurde behaup-
tet, der Vorſchlag Mittermaier als Deputirtern fuͤr Weinheim und
Ladenburg ſei nicht aus reiner Abſicht, ſondern nur deßwegen geſchehen,
um einen andern Candidaten durchzuſetzen, die Stimmen zu zerſplit-
tern; bei der Wahl ſelbſt hat ſich diefe Behauptung als luͤgenhaft er-
wieſen, indem, als der Oberamtmann ſelbſt erklaͤrt hatte, Miterr-
maier werde die Wahl nicht annehmen, gar kein weiterer Candidat
vorgeſchlagen wurde, und nur Heder uͤbrig blieb. Der Erklaͤrung des
Oberamtmanns allein iſt es zuͤzuſchreiben, daß Mittermater. nicht
gewaͤhlt wurde und inſofern iſt es richtig, daß der Vorſchlag Mitter-
maiers dem ſetzigen Deputirten nuͤßte weil Niemand daran dachte,
einen weitern Candidaten in Bereitſchaft zu halten.
Wer den beſten Rath gab und aiſo der beſte Vaterlandsfreund iſt,
wollen wir hier nicht naͤher eroͤrtern, ſondern nur auf die Wichtigkeit
des bevorſtehenden Landtags aufmerkfam machen, wo Syſteme in Mus:
fuͤhrung kommen ſollen, denen Mittermaieremit der Kraft ſeiner
Autoritaͤt das Wort reden koͤnnte. Dabei koͤnnen wir auch die Bemer-
kung nicht unterdruͤcken, daß es ſich bei den Wahlen nicht um Freund-
ſchaftsz und Gevatterſchafts⸗ Dienſte handelt/ ſondern darum: Wer iſt
der Vuͤrdigſte und Tuͤchtigſte? } ‘ ;


Hetker zu ſchaden, koͤnnen wir gar nicht begreifen Die Theaterſtrei-
tigkeit iſt noch zu neu und zu ſehr in Jedermanns Gedaͤchtniß/ als
daß man ſolche Inſinuationen nicht mit Entruͤſiung abweiſen muͤßte
Jedermann weiß, daß Dr. Hecker ſelbſt den fraglichen Streit be-
gann und auf eine Weiſe die freilichn allenthalben
Wuͤrdigung fand, fortfuͤhrte, waͤhrend ſein unbillig provocirter
Gegner die wichtige Angelegenheit mit jener ſichern Ruhe behandelte,
die dem Manne von tuͤchtigem Character und von Humor und wiſſen-
ſchaftlicher Bildung eigen ſind. Wir daͤchten, die Freunde des Ober-
gerichts⸗Advokaten Hecker koͤnnten nichts beſſeres thun als einen ſtillen
Schleyer uͤber die Lorbeeren fallen laͤffen, die derſelbe ſich in dieſem
Streit erworben hat. pla
a : *3 Worms, 22 Nov. Seit vielen Jahren hoͤrt man, vor dem
Beginn des Winters von Raub, Mord u. dgl. Auch in dieſem Jahre
fehlt es bei uns an ſolchen ſchrecklichen Vorlaͤufern der Winterszeit nicht.
Das Finden von Hoſen auf der Straße bei Monsheim, woran Blut-
ſpuren waren / iſt ſchon in Blaͤttern beſprochen worden. Nun fehlt in
Hochheim ein Leinwandhaͤndler ſeit verfioſſenem Donnerſtag und man
hat ſtarke Urſachen zu vermuthen, daß derſelbe auf ſeinem Heimwege
von Abenheim erſchlagen worden ſei. Den Anſtrengungen der Behoͤrden
iſt es jedoch nicht gelungen, beſtimmte Spuren dieſes Verbrechens zu
entdecken. Wenn es ſich beſtaͤtigt, daß ſchon einige Reiſende auf der
Straße angehalten worden ſind, ſo follte man beinahe an das Be-
ſtehen einer Art von Raͤuberbande glauben, wovon man ſich ſchon hie
und da unterhielt. Wir werden in Kurzem ſehen, oban diefer Un-
terſtellung etwas iſt, denn die Polizei iſt ſehr thaͤtig. 398
Wien, 16. Nov. Vor ein paar Tagen iſt ein Courier hier einge-
troffen, welcher die wichtige offizielle Erklarung des Kaiſers
Nikolaus hinſichtlich der juͤngſten politiſchen Vorgaͤnge in Griechen-
landuͤberbrachte. So viel davon verlautet, erklaͤrt der ruſſiſche Mo-
nardı, daß die bedauerliche Umwaͤlzung auf der Halbinſel ganz ohne
ſeine Vorausſicht oder Vorwiſſen geſchehen, und das Cabinet von Pe-
tersburg davon uͤberraſcht worden ſei.
durchaus einen Theil daran nicht genommen, auch im Allgemeinen um
die innern Angelegenheiten des Koͤnigreichs nicht kuͤmmern und bei den



etwaigen Conferenzen zu ihrer Beilegung in London und Paris keine
thaͤtige Rolle uͤbernehmen. Soweit es inzwiſchen die poſttiven Ver-
pflichtungen von Seiten Rußlands gilt, will das petersburger Cabinet
auf ihrer Aufrechthaltung beſtanden wiſſen. Dieſe ſind die Exiſtenz
des Koͤnigreiches ſelbſt, die Unverletzlichkeit der gegenwaͤrtig regierenden
Dynaſtie/ die Aufrechthaltung der Religion des Volks und die Erfuͤl⸗
lung der Verpflichtungen der contrahirten Staatsſchuld. Man ſteht;
wie feſt auch von einer Seite dieſe offene Erklaͤrung Rußlands erſcheint,


ropa vorherrſcht, ſchwerlich entgehen.
— Wir haben hier Nachrichten aus Conſtantinovel vom 31. M.
erhalten. Es gingen ſchlimme Geruͤchte uͤber die Geſundheit des Sul-
tans, der ſeit 8 Tagen nicht oͤffentlich erſchienen iſt. Bekanntlich iſt
dort nicht der Sohn, ſondern der aͤlteſte Prinz des Hauſes Thronfolger,
alſo Abdrul⸗Aziz — ein ktiaͤhriger Prinz. Q N
Paris, 20. Nov Die Koͤnigin Chriſtine von Spanien erhielt vor
einigen Tagen eine Depeſche des Generals Narvaez, worin ſie erſucht
wurde, ihre Reiſe nach Madrid nicht allzu ſehr zu beſchleunigen, da
ihre Anweſenheit daſelbſt waͤhrend den Debatten der Cortes uͤber die
Frage von der Vermaͤhlung der Koͤnigin Iſabella nur zu neuen Ver-
wickelungen fuͤhren koͤnnte. — Hen
— Der Miniſter des Junern und der Kriegsminiſter ſind jetzt uͤber
die vorſpringenden Pavillons des Inſtitutspalaſtes im Streite, welche
letzterer niederreißen laſſen will, um den Quai bloszuſtellen und dein
Geſchuͤtz die freie Beſtreichung desſelben zu ſichern. Der Miniſter des
Innern als Conſervator der geſchichtlichen Denkmaͤler und das Juſtitut
wollen die Niederreißung der Pavillons nicht zugeben; man glaubt je-
doch, daß ihr Einſpruch ohne Erfolg ſein wird.
— Telegraphiſche Depeſche. Bayonne, 18 Nov. Der
franzoͤſiſche Conſul zu Corunna ſchreibt unterm 12. Vovember, daß die
Inſurgenten zu Bigo ſich am Tage zuvor ohne Capitulativnsbedin-
gungen unterworfen haben. Die Nachricht, daß ſich Vigo ergeben hat,
und die Declaration der Majorennitaͤt der Koͤnigin haben zu Coruuna
die lebhafteſte Befriedigung hervorgebracht. 4 4

— Aus Madrid vom 14. November erhaͤlt man die zanz uner-


dergelegt hat; die Urſache dieſes Ereigniſſes wird in den Correſpon-
denzen aus der ſpaniſchen Hauptſtadt nicht angegeben; an Geruͤchten
daruͤber fehlte es nicht; ſie ſind aber nicht zu verbuͤrgen; der Vorgang
muß ſich bald aufklaͤren. — On —

— Heute ſoll Miniſterconſeil in den Tuilerien gehalten werden, um


Eroͤrterung zu bringen. ( — 0

Am l? Nov. war noch nichts entſchieden in Bezug auf die Ca-
pitulation von Bareelona. — Prim iſt am 14 November Abends in
die St adt Figneras eingeruͤckt, Amettler hat ſich mit den Juſurgen-
ten in das Fort zuruͤckgezogen. — 4

Von der ſpaniſchen Grenze, 16. Nov. Aus Bareelona ha-
ben wir Nachrichten vom 14. Die Zwietracht unter den Inſurgenten
hatte ſo weit zugenommen, daß eine Schaar derſelben etwa tanfend


derriß und an deren Stelle die ſpaniſche aufrichtete. >7 w

Trieſt, 14. Nov. Nach griechiſchen Blaͤttern hat Oeſterreich die
Anerkennung der jetzigen griechiſchen Regierung ausgeſprochen! Die Briefe
aus Athen ſind vom 6. November. Das Dampfboot aus Griechenland,
deſſen Ankunft durch die ſeit einigen Tagen herrſchende Bora verſpaͤtet
wurde, laͤuft ſo eben Abends um 7 Uhr ein.! Es bleibt mir daher
heute noch kaum ſo viel Zeit, Ihnen mitzutheilen, daß die Ruhe in
Griechenland nicht unterbrochen wurde. Die Wahley ſind zu Ende.
Fuͤnf Staatsraͤthe, darunter Hr. Schinas, ſind ihrer Stellen entſetzt.


 
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