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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Dezember (No. 283 - 307)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1181

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' No. 293,


1843,

















Landtagsverhandlungen.
Geſetzentwurf, die Gerichtsverfaſſung des Großherzog-
x thums Baden betreffend.
(Fortſetzung.)
Titel Hi
Von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit.

A. Der Buͤrgermeiſter.

8. 1t.
Vegen buͤrgerlicher Streitſachen ſteht in Landgemeinden bis zum Werth von
fänf Gulden, in Städten bis zum Werth vom fünfzehn Gulden den Bürgermeiſtern
das Richteramt zu, ausgenommen gegen Diejenigen; welche nach dem 5. 81. Abſ.
* — auch von der polizeitichen Gewalt des Bürgermeiſters be-
reit ſind.
Mit gleicher Ausnahme kann auch in Stteitſachen von höherem Werthe, wenn
fie den Betrag von vier und zwanzig Gulden nicht überſteigen, bei dem Bürger-
meiſter Klage erhoben werden. ; .
\ * $ 12. 9

Die Bürgermeiſter baben die bei ihnen anhänaig gemachten Streitſachen in-
nerhalb vierzehn Tagen zu exledigen. Sie ſind rücfichtlich des Verfahrens an die
Verſchriften dex bürgertichen Projeßordnung nicht gebunden, müſſen jedoch die Er-
kenntniſſe ſchriftlich erlaſſen. 44 ; ‘ ;

Nur in den Fällen des $ 11. Abf, 2 ſteht demienigen Theile , deſſen Befhwerdes
funıme fünf Gulden oder in Städten fünfzehn Guͤlden überſteigt, die Appellation
an das Amtsgericht zw, welches diefelbe in den für die Beſchwerdeführung im Ti-
tel XLWVEIL. der badiſchen Prozeß- Ordnung heſtimmten Formen erledigt, iedoch,
ſoweit nöthig, nach vorheriger Ergänzung der Verhandlungen. }

13

Die Beſchwerden gegen Erkenutniffe des Brgmfir, ($..12.) ſind innerhalb acht

Tagen mündlich oder fehriftlich bet dem Amtsgericht aufzuſtellen, und nach Wins
ſtäuden zu begründen.
Eine Wüderherſtellung gegen den Ablauf dieſer Friſt findet nur unter den Vor-
ausſeßungen des S. 1204 der brgl. Prozeß⸗Ordnung innerhalb acht Tagen, vom
Aufhoͤren der Verhinderungsurſache an gerechnet, ſtatt. 1 **
514

Wenn der Burgermeiſter eine Sache innerhalb der im 5. 12. beſtimmten vier-
zehn Tage nicht erledigt, und ſelbſt innerhalb weiterer acht Tage, die ihm von dem
Amtsgericht auf deshaib erhobene Beſchwerde anzuberaumen ſind, das Erkenntniß
nicht verkündet, ſo hat das Amlsgerichi die Sache auf Antrag des Klägers zur ei-
genen Verhandiung und Entſcheidung an ſich zu zichen ;

Dan Bürgermeißer fallen alsdann die beim Amtsgericht ſich ergebenden Spor-
teln zur Laſt, inſofern er innerhalb der gedachten achtiägigen Friſt die Verzögerung
nicht gehörig entſchuldigt hat.

B. der Amtsgerichte.

S L5n
Mit Borbehalt der in den SS 11 — 14 enthaltenen Beſtimmungen und mit
Lusnahme der Fälle, wo der Beklagte einen befreiten Gerichtsſtand bei dem Hof-
gerichte hat, bilden die Amitsgerichte die erſte Juſtanz:
4) in allen Strelifachen, welche ſich zum abgekuͤrjten Verfahren eignen (brgl.
Prozeß⸗Ordnung Titel XXXI. bis XXXXVIII. und Titel XLI3)
2) in dem zum ordentlichen Verfahren geeigneten Streitſachen:

x) fofern der Werth des Streitgegenſtandes mit Einrechnung dex bis zum Tag
der Kiage geforderten Zinſen und Früchte weniger als fünfhundert Gulden
beträgt , ‚oder auch ohne dieſe Voxausſetzung, wenn ; *

b). Grunddienftbarfeifen, die nicht in Waid- oder Forſtberechtigungen beſtehen,
Sireitgegenſtand ſind. 2

Die nämliche. Zuſtändigkeit dat der älteſte Hofgerichterath in Bezug guf die

246 der m Kreife angeſtellten Amtsrichter ($.. 28 der büxgerlichen Prozeß-
dnung.)

; 5. 16.
En Beziehung auf das Berfakren der Amtogerichte gelten abweichend von der
Dfirgerl, Prozeß Srdnung folgende Beſtimmungen:

i) Iw den Faͤuen des 5. 359 der der bürgerlichen Prozet Ordnung wird die
Klage nie angebrachtermaßen verworfen, fondern eg kommt, felbſt wenn
diefelbe ſchriftlich übergeben in, ſtets nur die Vorſchrift des S. 248 zur UAns
wendung,. indem der Kläger zur Verbeſſerung der Klage vorgeladen oder

wenn die Voxladung wegen großer Entfernung oder ‚ aus / andern Gründen
nicht angemeffen erfcheint, zu foldjer Verbeſſexung durch ſchriftlichen Beſcheid
Yeranfagt Wudye A . ( — —

2). S wegen des Nichterſcheinens einer Parthei bei einer Tagfahrt zur Fort-

ſetzung der Verhandlung, für welche ſie beſtimmt war, eine weitere Tag-



fahrt anzuordnen, ſo wird die ausgebliebene Parthet nehen der Verfählung
in die Koͤſten der neuen Tagfahrt jugleich zu einer, der Gegenpartei zu be-
zahlenden Verſaͤumnißgebübr von fünf Gulden verurtheilt. a
3) Die nämliche Verurtheilung trifft diefenige Parthet welche ein VBerfäumnif»
Erfenntniß gegen ſich ergehen ließ, und dagegen nach S, 658 um Wieder-
; herſtellung bittet.
O Ini Beweiserkenntniſſe (5. 393) ſo wie in der $. 674 a, gedachten Verfül>
Jung wird/ die Falle des ſchriftlichen Verfabrens (5. 218) ausgenommen,
ftatt der Beſtimmuͤng einer Beweisfriſt eine Tagfahrt anbexaunt wo beide
Theile die ibnen auferlegten Beweiſe und vordehaltenen Gegenbeweiſe bei
Vermeidung des Ausſchluffes anzutreten, und ſoweit ſie in Urkunden beſtehen,
diefe ſogleich in Urſchrift vorzulegen, ſofort, ſpäteſtens aber bei der Btpeis-
erhebung, ibre Beweiseinreden gegenſeitig vorzutragen, uND ihre Erklärun-
gen über die vorgelegten urkunden oder zuaeſchobenen Eide abzulegen haben.
5) Bei der nämlichen Taͤgfahrt iſt über die Beweiseinreden ſogleich zu erkennen,
e8 ſei denn, daß ein darüber angetretener Beweis erſt zu erheben oder zu
deſſen Antreiung eine neue Tagfahrt in Antrag gebracht wäre. Der Richter
fanı jedoch die Beweiſe, gegen welche Einreden vorgebracht ſind, mit einß-
weiliger Ausſetzung des Erkenntniſſes üher dieſe letzteren bis zum Endurtheil,
fuͤrfotgtich erhbeben, in ſofern er ſie nicht alg unzuläffig betrachtet. .
6) Gin Voͤrbehaͤlt der Eideszuſchiebung (S. 5375) findet weder bei dem ſchriftli-
chen, noch bei dem mündlichen Verfahren ſtatt; dieſelbe muß vielmehr in
“ allen.Fällen in der für die Beweigantretung beſtimmten Friſt odex Tagfahrt
” erfolgen; und wenn dieß in der für die Bemeiss und Gegenbeweisantretung
abgehaltenen Tagfahrt geſchieht, ſo iſt die Eidesformel, wo nöthig, (5. 581)
ſogleich richterlich feſtzuſetzen. ; ‘ \
7) Erxfcheint eine Partet nicht in Perfon, und iſt ihr VBertreter nicht mit Spe-
zialvollmacht zur Zuſchiebung, Annahme vber Zurückſchiebung des Eides ver-


‚ {rag der Spezialvollmacht noch eine, vierzehn Tage nicht überſteigende,

. Freift anberaumt; unter dem Bedrohen, daß ſonſt dieſes Beweismittel von
GSeiten des Beweisführers als wieder zurückgenommen oder von Seiten des
Gegners der Eid als verweigert betrachtet werde.

8) Bei Antretung des Zeugenbeweiſes bedaxf es keiner Aufſtellung von Beweis-
artifeln ($. 459,) fondern nur der einfachen Angabe der Zhatfachen, über
wWelche jeder Zeuge vernommen werden ſoll, und ebenſo genügt ſtatt der Auf-
flelluͤng von Fraͤgſtücken (5. 461) die Bezeichnung der Umſtände, über wel-
che maͤn von den Zeugen Auskunft verlangt.

“ 9) Eire beſondere Tagfahrt. (5. 628) oder Friſt (S. 630) zur Beweisanfechtung

\ und Ausführung findet nicht ſtatt. ; | ;

0) Benn nach $. 220 eine Hartbei zum ſchriftlichen Verfahren zugelaſſen ift,
während die andere Parthei für ihre Vorträge mündliches Berfahren beibe-
halten hat, und die erſtere eine Friſt nicht cinhält, ſo ſpricht das Amtsges
richt gegen ſie den Ausſchluß auch ohne Anrufen der Hegenpartet von Amts-
wegen aus; ebenfo in andern Fällen, wenn beim mündlichen Verfahren ci-
ner Varthei zur Vornahme einer Prozeßhandlung augnahmweife eine Friſt

} bewilligt war.

. 41) In gleicher Weiſe wird die gugezeigte Appellation durch das Amtsgericht von

Imtoͤwegen für verfallen erklärt.

42) Gegen die Erkenntniſſe der Amtoͤgerichte über den Betrag der von einer bar-
thei der andern zu erſetzenden Prozeßkoſten findet nur das Rechtsmittel der
Beſchwerdefuͤhrung innerhalb acht Tagen ſtatt.

Fortſ. folgt.)



Tagsbericht. *
Mannheim, 13. Dez. Verfloſſenen Sonntag war hier allge-
mein das Geruͤcht verbreitet, daß zwiſchen Hru. v. Haber und v. Sas
rachaga ein Duell ſtattgefunden habe, in welchem Haber todt auf
dem Vlatze geblieben ſeie. Dieſe Nachricht hat ſich als unwahr erwie-
fen, indem Hr. v. Haͤber derzeit noch wohlerhalten in Mainz ſich be-
fAindei; — — 4 404 8

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Daruiſtadt, 12 Dez. Geſtern Abend um 8. Uhr brachten Vier
Hundert junge Buͤrger und hieſige Einwohner Ihren kaiſerlichen Ho-
heiten dein Caͤfarewitſch Großfuͤrſten Thronfolger von Ruß-
[and und der Cäfarewna Maria Aleyandrowna einen Fackel-
zug mit Muſik und Geſang vor dem groͤßherzoglichen Palais, in wel⸗—
Hem die Atlerhoͤchſten und hoͤchſten Herrſchaften verſammelt waren.
Stuttgart, 10. Deʒ. Geſtern wurde bei einem hieſigen Gewerbs-


 
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