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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Februar (No. 27 - 50)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0141

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Beleuchtung der Frage, vb im Groſtherzogthum Baden
bei dem jegt beſtehenden Preßgeſetz die Klage wegen Pri-
vatbeleidigung zuläßig ſei, wenn die Ceuſur die Druck-
* erlaubniß ertheilt hat.
(Bon Obergerichts⸗Advokat, Aſſeſſor Molitor in Mannheim.)


bracht. Oberhofgerichtliche Jahrbücher, neue Folge 1ter Jabrgang vag:
500. Gegen den Redacteur des Tageblutt $ „Der Schwarzwälder“
war vor dem Großherzoglichen Hofgericht des Oberrheinkreiſes von der


tines für die Großherzoͤgliche Gendarmerie ehrenkränkenden Artikels.
In erſter Inſtanz abgewieſen, appellirie der Kläger an den oberſten
Gerichishof, der Redacteur aber berief ſich, unter andern, auf den
Umftand, daß der Artikel die Cenſur paſſirt habe, wodurch er von al-
ler Verantwortlichkeit befreit ſei. Von Seiten des oberbofgerichtlichen
Herrn Reſpicienten wurde dieſ Schutzrede zur beſondern Erörterung


trachiet für zuläſſiig erklärte, und alſo die befragliche Schutzrede des
Beklagten eff eliv verwarf, ſo hat ſich dasſelbe doch weder über den
Grundſatz ſelbſt, noch über die rechtliche Begründung deſſelben näher
ausgeſprochen. Dagegen haben ſich, Coberhofgerichtliche Jahrbüchet
neue Folge 2ier Jahrgang pag: 71.) die beiden hohen Miniſterien
der Juͤftiz und des Innern für die Zuläſſigkeit der Privatklage auch
Lei erfolgter Druckerlaubniß unter Angabe der Gründe ausdrüglich era


Prarig hat dieſe Anficht ſanctionirt. Dem ohngeachtet muß es erlaubt
bleiben, die Frage einer nähern Püfung vom Standpunkt der Wiſſen-
ſchaft aus zu unterwe:fen. *
Das Preßgeſetz vom 8. Dez. 1831 hatte die Preßfreiheit zu ſeiner
MBafis; im erſten S, heißt es: Alle Cenſur der Druckſchriften, welche
‚„n Großherzegthum Baden herauskommen, oder verbreitet werden, iſt
„aufgeboben.“. Dirfer erſte S. mar die Seele des ‚Sefeßes, in ihm
{ag Die lebendige Kraft, auf welche die Bewegung des Ideenverkebrs
berechnet war, mit allen Wirkungen und Folgen. Die Preßfreiheit
war daher das Prineip und der Maßſtab der Sträflichkeit, und Ver-
antwortlichfeit für den Inhalt der Druckſchriften, und dieſe Sträflich-
* und Verantwortlichkeit war nur auf die Preßfreihtit bedingt, und
berechnet.
- Müt der Verordnung vom 28. Juli 1832 Reg. Blatt Nro. 42 j. I
wurde der erſte 5. des Preßgeſetzes geſtrichen, die Preßfreiheit aufge-
hobın, und an ihre Stelle die Cenſur aller periodiſchen und nicht über
20 Bogen ſtarken Druckſchriften geſetzt. Mit dem Verſchwinden der
Preßfreiheit mußte daher auch die nur auf ſie bedingte und berechnete
Sträflichkeit und Verantwortlichkeit aufhören, wie die freie Bewegung
des menſchlichen Koͤrpers mit allen Wiſ kungen und Folgen aufhört,
wenn man ihm das Leben nimmt., Was demnach von dem entſtalte-
nen frühern PreßgefeB noch übrig geblieben, und durch das Cenſurge-
fcß binzu gekommen iſt nämlich die ganze Preßgeſetzzebung, wie fie
jeßt bei uns beſtehet, beziehet ſich nur auf die Polizei der Preſſe, auf
die Sirafbarfeit der Cenſurumgehnng, auf die Straͤflichkeit des Inhalts
der Aufſätze, welche über 20 Bogen ſtark oder ohne Cenſurerlaubniß
\ gedrudt find, und endlich auf das diesfallſige Strafverfahren, Aber
0n einer Verantwortlichkeit für cenſirte Auffäße kann unmöglich mehr
die Rede ſein; denn: '
“ 4) Die Zurechnung kann nur auf die Freiheit bedingt ſein, die
Freihen aber beſtehet nicht nur in der Freiheit des Wllens; ſondern
‚ aud) in der Freiheit des Erkenntniſſes über die Sträflichkeit der That.
Nun beſtehet freilich ſowohl im Reiche der Preßfreiheit als unter der
Herrſchaft der Cenfur der freie Wille der Urheber einer Druckſchrift,
daß biefelbe erſcheine, aber die Freiheit des Erkenntniſſes beſteht nur
unter der Preßfreiheui, und kann unter der Cenſur nicht beſtehen, weil


es der Schriftſteller dem Erkenntniß des Cenſors überlaſſen muß, ob
der Aufſatz ſträflich ſei, oder nicht, und ihn rur dann der Preſſe über-
geben darf, wenn es die Cenſur erlaubt, d. h. mit andern Worten,
Durch das vom Cenſor im Namen
des Staats gegebene Imprimatur tritt daber der Staat ſelbſt als Ga⸗-
rant für die Unverfänglichkeit ein, er verbürgt dem Urheber ſeine Straf-
loſigkeit, und man kann daher den Schriftſteller oder Redacteur eines
cenſirten Aufſatzes wegen im Geiſte der Gerechtigkeit ſo wenig vor
Gericht ſtellen, als den Einbringer verbotener Waaren, wenn er ſie
an der Eingangoſtation dem Zollbeamten vorgezeigt, und von dieſem
die Einfuhrerlaubniß erbalten hat. Das iſt auch wohl der Grund,
warum ſchon das Bundespreßgeſetz vom 20. Septbr. 1819 Reg. Blatt
Nro. 26 . J. die Urheber eines von der Cenſur paſſirten Aufſatzes
unbedingt von aller Verantwortlichkeit frei ſpricht.
; ‚ . (Fortſetzung folgt.) '



Tagsbericht.

Lahr, &. Febr. Das geſellige Leben dahier hat dieſer Tage einen
neuen Schwung erhalten, ob auf oder ab? läßt ſich mit Beſtimmtheit
noch nicht eniſcheiden. Eine Anzahl Männer nämlich, abhold den freien
Richtungen und Beſtrebungen der Zeit, oder nach hieſigem Sprochae-
brauch, zu den / Gelben“ gehörig oder ihnen zugethan, hat ſich durch
Unterze ichung eine eigene Bierſtube geniethert und ſich, wie verlautet
aͤls eine geſchloffene Gefellſchaft der Gleichgeſtunten proklamirt. So
weit entfernt wir nun auch ſind, über diefen Vorgang irgend ein Ur-
theil abzugeben, ſo will es uns aber doch bedünken, daß eine ſo förme
liche Abſondernng und Abſchließung den Riß in unſern geſelligen Ver-
hältniſſen nur noͤch mehr erweitert und ſtatt der allmäligen und gewiß
zöchſt wünſchenswerthen Annährung und Beruhigung der Gemüther nur
eine grötzere Trennung und Aufreßung herbeigeführt. Namenilich hate
ien wir gewünſcht, daß man von gewiſſer Seite, von welcher die An-
regung und Einladung ausgegangen ſein ſoll, bei der Sache weniger
thaͤtig geweſen oder ihr vielmehr völlig fremd geblieben waͤre. Soll
es ein Vermächniß anderweitiger Wirkfamkeit fein, oder ein Fingerzeig,
um bei der naͤchfolgenden Fortſetzung der letztern zugleich über die
Wahl der Geſellfchaft nicht lange im Zweifel zu laffen, wir wiſſen es
nichi, glauben aber, daß es jedenfalls eine viel würdigere und dankes-
werthere Aufgabe gewefen waͤre, durch allmäliche Beſchwichtiguns der
Wirren an einer augemeinen gefelligen Vereinigung zu arbeiten , als
geradezu Parteizwecken zu dieuen. Ob übrigens das durch Hilfe der
Kunſt ins Leben gerufene Kindlein ſeinen Geburtẽtag lange überleben
wird, wollen wir einſtweilen dahin geſtellt ſein laſſen.

Mainz, 7. debr Heute wurden die zwei Soͤhne des vor ohnges
faͤhr 8 Tagen bei Zahloͤach ermordet gefundenen Peter Rauder von
Bletzenbeim und der Liebhaber ſeiner Tochter hier eingebracht und in
das Gefaͤngniß geſetzt. Sie find, wie man verninmt, auf Befehh der
unterſuchenden gerichtlichen 2** als des an Rauder veruͤbten Morz
des verdaͤchtig, feſtgenommen worden.

— * Febr. Privatbriefe aus Ne w Nork ſchildern die
Lage der Verkinigten Staaten noch weit ſchlimmer, als es die Han-
deloberichte eingeſtehen wollen. „Wir ſind hankerot 14 ſchreibt ein Bru-
der dem andern; „wir können es nicht länger verbergen.“ —
That leuchtet auch die Wahrheit dieſer Behaupung aus den
Verhältniſſen um ſo klarer hervor/ je mehr ſie zerlegt und geſich
werden. —

Nürnberg, debr. Hr. Leinherger, dem $ hier * *
glüct ift, feine Mafddine zur Luftſchifffabrt zu Stande zu *
findet, ſich laut Briefen von da, gegenwärtig IN Vi3 uui —*4
Gluck zu probiren; findet er im B.rhältnif ZUC Größe der
piel guimüthige deichtzlaubigkeit und Commiſeration, ſo kann €




 
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